Burkhard Müller-Ullrich / 29.12.2021 / 12:00 / Foto: Pixabay.de / 104 / Seite ausdrucken

Hausverbot für Reitschuster, Platzverweis für Broder

Ein kurzer Blick hinter die Kulissen der Bundespressekonferenz, einer Berliner NGO mit der Lizenz zum Ausgrenzen. Jetzt hat sie zwei Querulanten gemaßregelt, Reitschuster und Broder.

Die Bundespressekonferenz ist eine sehr deutsche, geradezu bundesrepublikanische Einrichtung. In den meisten Ländern der Welt werden Regierungspressekonferenzen von den Regierungen veranstaltet, und Journalisten, die daran teilnehmen und die goldenen Worte der Regierenden im Original erhaschen wollen, müssen sich bei irgendwelchen Regierungsstellen akkreditieren lassen.

In der Bundesrepublik Deutschland möchte man zeigen, dass die Presse ganz besonders unabhängig ist. Deshalb ist die Bundespressekonferenz ein privater Journalistenverein, der als Veranstalter jener Begegnungen von Medienvertretern und Regierungsvertretern fungiert, bei denen gefragt und manchmal auch nachgefragt werden darf. 

Die Mitgliedschaft in diesem Verein wird durch dessen Satzung geregelt. Dort heißt es:

„Der Verein ist ein Zusammenschluss deutscher Parlamentskorrespondenten, die aus Berlin und/oder Bonn ständig und weit überwiegend über die Bundespolitik berichten. Die Korrespondententätigkeit muss hauptberuflich als angestellte(r) Redakteur(in) oder freie(r) Journalist(in) für Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Wochen- und Monatszeitschriften, Nachrichtenagenturen, Presse- und Informationsdienste oder elektronische Medien ausgeübt werden, die ausschließlich gegen Entgelt verbreitet werden und einer sachlichen Information der Öffentlichkeit über das politische Geschehen dienen. Den in Satz 2 aufgeführten Medien sind Hörfunk- und Fernsehanstalten sowie Online-Medien gleichgestellt.“ 

Der Kanzlerkorrespondent als Rausschmeißer

Unter Berufung auf diese Statuten und unter Absehung von deutscher Rechtschreibung hat der Vorsitzende des Mitgliedsausschusses Joerg Blank, seines Zeichens „Kanzlerkorrespondent“ bei der Deutschen Presse-Agentur, dem freien Journalisten Boris Reitschuster kürzlich dessen Rauswurf mitgeteilt, weil er seine „Tätigkeit aus Berlin oder Bonn für eine Firma, die in Deutschland ansässig ist, ausüben“ müsse. Jedoch: „Ein aktuelles Impressum der Webpage http://www.reitschuster.de weißt (sic!) eine Firma und Tätigkeit in Montenegro aus.“ 

Tatsächlich wohnt Reitschuster in Montenegro an den warmen Gestaden des Mittelmeers, und man kann es den Blanks und dem ganzen Berliner Bundespressekonferenzvorstand durchaus nachfühlen, dass ihnen dieser Umstand schlechte Laune macht. Dank der modernen Möglichkeiten der Luftfahrt vermag Reitschuster aber durchaus seiner Tätigkeit als aufmerksamer Besucher von Regierungspressekonferenzen in Berlin nachzugehen. 

Allerdings geht es bei dem Versuch, Reitschuster auszuschließen, zweifellos und eindeutig um einen politischen Feldzug gegen einen kritischen Kollegen. Dafür gibt es Indizien genug – von der Schmutzkampagne der „Süddeutschen Zeitung“ im Februar dieses Jahres über „Spiegel“ und „T-Online“ („Reitschuster fiel dort regelmäßig mit skurrilen Auftritten und Fragen auf“) bis zu dem voreilig jubilatorischen Bericht im Deutschlandfunk „Reitschuster kein Mitglied mehr“. 

Fakten! Fakten! Fakten?

Wenn aber ein Satzungsparagraph aufgeboten wird, um jenseits von politischer Missliebigkeit eine Ausschlussbegründung zu konstruieren, dann darf man wohl erwarten, dass es da betonharte Fakten und glasklare Regeln gibt, die für alle gelten. Letzteres ist Journalisten, die bekanntlich immer für Recht und Gerechtigkeit kämpfen, ein Herzensanliegen: Der Ruf nach Gleichbehandlung gehört zur Grundausstattung des freiheitlich-demokratischen Wörterbaukastens. 

Zufällig geriet uns dieser Tage das Mitgliederverzeichnis des „Bundespressekonferenz e.V.“ in die Hände. Und welches Erstaunen befiel uns angesichts von zahlreichen Domizil-Angaben außerhalb Deutschlands, die im Gegensatz zu Reitschusters Montenegriner Adresse offenbar ganz unproblematisch sind: zum Beispiel das „Luxemburger Wort“, „Servus TV“ in Österreich oder die US-amerikanischen Medien „Wall Street Journal“, „Bloomberg“, „Reuters“ sowie „Associated Press“. 

Und da wir schon bei der genauen Lektüre sind: Unter den Mitgliedern tummeln sich Dutzende von Kollegen, auf die mitnichten zutrifft, dass sie „aus Berlin und/oder Bonn ständig und weit überwiegend über die Bundespolitik berichten“ und „einer sachlichen Information der Öffentlichkeit über das politische Geschehen dienen“.

Etwa eine ganze Riege von Klima-Propagandisten der Firma „Clean Energy Wire“ in Berlin, die unter der Devise „Journalism for the energy transition“ ihre Angebote kostenfrei zur Verfügung stellen. Oder ein Haufen Karteileichen, die seit langem entweder gar nichts oder nichts im Zusammenhang mit deutscher Bundespolitik publiziert haben. Oder Leute, die sich unter dem Mantel obskurer Mediendienste wie beispielsweise „golem.de“ angemeldet haben, einem multimedialen Magazin für IT-Experten. 

Wir sparen uns hier, die Namen all derer aufzuführen, die schon seit Jahren auf einen Brief von Joerg Blank warten, in dem er mitteilt, „dass durch Wegfall der in § 2 festgelegten Mitgliedschaftsvoraussetzungen Ihre Mitgliedschaft beendet ist“.

Auf den Chefredakteur von „T-Online“, Dr. Florian Harms, der noch nie als Parlamentskorrespondent tätig war, trifft es allemal und exemplarisch zu. Genauso wie auf Moritz Döbler, Chefredakteur der „Rheinischen Post“, der sich seit seiner Zeit als Berliner Bürochef von „Reuters“ eine nostalgische Anhänglichkeit für die Bundespressekonferenz bewahrt hat. Aber das ist sechzehn Jahre her. 

„Wir kennen Sie!“

Neu ist, dass die Bundespressekonferenz inzwischen proaktiv agiert. Es ist einfacher, jemand nicht aufzunehmen, als ihn später auszuschließen. Unser „elder statesman“, Henryk M. Broder, stellte Anfang des Jahres einen Antrag auf Aufnahme in die Bundespressekonferenz. Es dauerte einige Wochen, bis er einen Zwischenbescheid bekam: Man berate über seinen Antrag und werde demnächst entscheiden.

Am 4. Mai war es so weit. Joerg Blank, Vorsitzender des Mitgliedsausschusses, teilte Broder das Ergebnis der Beratungen mit:

„Wir alle kennen Sie als viel beachteten Kommentator, Kolumnist und Publizist. Jedoch ist für die Entscheidung über eine Mitgliedschaft ausschlaggebend, dass die Satzungskriterien erfüllt sind. Und diese schreiben eine weit überwiegende Korrespondententätigkeit über Bundespolitik vor, die hauptberuflich ausgeführt werden muss. Leider sehen wir diese Punkte bei Ihnen nicht erfüllt und müssen daher Ihren Antrag ablehnen.“

Der Mitgliedsausschuss der BPK lässt sich nicht hinter die Eiche führen. Irgendwie muss der Vorsitzende Joerg Blank herausgefunden haben, dass Broder hauptberuflich für eine transnistrische NGO arbeitet, die gebrauchte Teebeutel recycelt, und nebenbei, also nicht hauptberuflich, Anleitungen für den Bau von Papierfliegern für ein mazedonisches „Do-it-Yourself“-Magazin schreibt. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als anzuerkennen, dass die BPK seinen kleinen Schwindel durchschaut hatte.

Nun ist Reitschuster raus und Broder kommt nicht hinein. Die Bundespressekonferenz bleibt sauber und porentief rein.

Foto: Pixabay.de

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Hjalmar Kreutzer / 29.12.2021

„Wir alle kennen Sie als viel beachteten Kommentator, Kolumnist und Publizist.“ Für einen Vorsitzenden eines Journalistenvereins, also von Leuten, deren erlernter Beruf es sein sollte, professionell mit der eigenen Sprache umzugehen ein merkwürdiger Agrammatismus.  „... als viel beachtetEN KolumnistEN und PublizistEN“, würde ich meinen. Typisch deutsch ist diese ganze Delegation der Abrichtung zu staatskonformem Verhalten an öffentlich-rechtliche Körperschaften wie Kammern, Krankenkassen, Berufsverbände, Stiftungen, NGO u.a. e.V. Nur Berufskollegen können als Funktionäre von Verbänden ihre Berufskollegen wirkungsvoller vors Knie treten, als jegliche Staatsmacht.

Dieter Grimm / 29.12.2021

4. Deutsches Reich. Noch Fragen ? Ich habe dazu keine mehr. Die Fakten der letzten 2 Jahre, die Säuberungen , der Austausch kritischer Beamter, die Leiden eines jeden Demokraten unter diesem totalitären Regime. Seien es nun Künstler, Wissenschaftler,Lehrer oder seien es ganz normale Bürger. Es gibt bei der Errichtung dieses neuen faschistoiden Reiches definitiv keine Gegenargumente. Alles läuft genau so ab wie vor 85 Jahren. Deutschland wird in Dunkelheit fallen und das Böse wird die Macht bis zum totalen Untergang unserer Heimat übernehmen.

Silke Müller-Marek / 29.12.2021

Man reiche während der Bundespressekonferenz noch Tee und Gebäck und fertig ist die stressfreie Kuschelrunde. Man ist ja unter sich zum gemütlichen Plausch unter gleichgeschalteten JA-Sagern und Speichelleckern. Journalisten sind jedenfalls keine anwesend. Gibt ja keine mehr, die diesen Beruf wirklich ausüben. Die BPK ist eine weitere regimetreue Veranstaltung, kennen wir bestens aus den fernsehschaffenden Medien. Stets das gleiche blabla. Reitschusters und Broders sucht man vergeblich im Land der “Meinungsfreiheit”.

Curt Handmann / 29.12.2021

Na, darauf wird jung Thilo sich aber mal richtig einen Ordentlichen kredenzt haben! Ob der siebeng’scheite Bub wohl auch schon auf seiner Eminenz Schwab’s Chorknaben-Förderliste steht?

Sebastian Weber / 29.12.2021

Nur gut, dass es bei dem erlauchten Journalistenkreis der Bundespressekonferenz nicht auf Rechtschreibkenntnisse ankommt, denn da “weißt” (sic) der gute Joerg Blank Lücken auf ...

Klaus Keller / 29.12.2021

Ich hoffe der Verfassungsschutz beobachtet diese mutmaßlich terroristische Organisation. Die sich offensichtlich die Einschränkung der Pressefreiheit zum Ziel gesetzt hat. PS Wenn ich es richtig verstanden habe treten dort hin und wieder Politiker auf. Ist das denen nicht peinlich?

Reinmar von Bielau / 29.12.2021

Sollen sie doch in ihren eigenen Propagandalügen und ihrem Mief ersticken. Sie können, auch wenn sie es versuchen, alternative Medien und Berichterstattungen nicht mehr verhindern, ohne den letzten Schein der Demokratie endgültig abzustreifen. Die Montagsdemos zeigen immer größere Wirkung, die Menschen haben die Schnauze voll von der andauernden Panikmache und Bevormundung und davor haben unsere Politclowns ihrerseits Angst.

Thomas Brox / 29.12.2021

Vorauseilender Gehorsam im Dummland - das ist aber nichts neues. Die private Presse hängt schon längst am Tropf der fetten Staatsmacht: Direkte Subventionen ( Zustellung von Print-Medien), indirekte Subventionen (Anzeigen), Zensur-Gesetzte (NetzDG,  ... ) inclusive Bussgeldern, Genehmigungen und Lizenzierungen (Medienstaatsvertrag), Wohlwollen staatlichen Amtspersonen, und so weiter. Über die zwangsfinanzierten, parasitären Staatssender braucht man sowieso kein Wort zu verlieren. ++ Unter dem rot-grünen Beamtenregime wird die Zensur und Überwachung noch weiter verschärft. Damit der zahlende Untertan nicht weiter verwirrt wird durch die Senkung seines Lebenstandards und die zahlreichen gut gemeinten Verbote. Wo gehobelt wird ... .

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