Hallo Facebook! Wir müssen jetzt mal etwas klären

Das unter dem unvergesslichen Titel „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ bekannt gewordene, kontroverse Gesetzgebungsvorhaben von Justizminister Maas zur Attacke auf die Meinungsfreiheit in den sozialen Medien befindet sich nach der 1. Lesung im Bundestag in den Ausschüssen. Die Koalition wird versuchen, dieses Gesetz noch vor dem Ende der Legislaturperiode durchzupeitschen. Spürbare Änderungen oder gar den Entwurf eines besseren Gesetzes wird es nicht geben.

In der Begründung zu dem Gesetz findet sich folgender interessante Satz:

„Niemand muss hinnehmen, dass seine legitimen Äußerungen aus sozialen Netzwerken entfernt werden.“

Eine Regelung zu diesem Punkt sieht das Gesetz nicht vor. Möglicherweise geht der Justizminister davon aus, dass sich Ansprüche gegen eine ungerechtfertigte Löschung und/oder Sperrung bereits aus dem schon jetzt geltenden Recht ergeben. Urteile, die diese Fragen behandeln, sind mir nicht bekannt.

Markus Hibbeler ist Fotograf. Er hat 5000 Facebook-„Freunde“ und, Stand 26.05.2017, knapp 22.000 Abonnenten. Mitte Mai veröffentlichte der auf seiner Facebook-Seite, wie er dies öfter tut, einen längeren Text zu Meinungsfreiheit und Zensur, der auch auf einem Blog veröffentlicht wurde.

Und zwar nachdem Facebook diesen Text löschte und Hibbeler für 7 Tage sperrte. Der entfernte Text (bei Löschung 2000 likes, 1000 mal geteilt) bewegt sich ganz und gar innerhalb der Grenzen der verfassungsrechtlich gewährten Meinungsfreiheit, es gibt nicht einmal Sätze oder Passagen, die auch nur annähernd fragwürdig sein könnten. Der Text steht auch in jeder denkbaren Hinsicht in Einklang mit den „Gemeinschaftsstandards“, den „Nutzungbedingungen“ und den „Facebook-Grundsätzen“. Wenn Justizminister Maas, wie oben zitiert, Recht hat, und ich pflichte ihm insoweit völlig bei, muss Hibbeler sich dies nicht bieten lassen. Hamed Abdel-Samad hat zu diesem Vorfall auf seiner Facebook-Seite folgendes geschrieben:

“Markus Hibbeler ist für 7 Tage gesperrt. 
Er ist ein weltoffener Photograph, Blogger und Journalist. Er ist kein Ideologe. Er schreibt nur seine Meinung zum Islam und Migration im Rahmen seines Rechts auf Meinungsfreiheit. 
Die Demokratie, die eine unbequeme Meinung eines Markus Hibbeler nicht aushalten kann, ist schwach und nicht wehrhaft.
Ein Justizminister, der unliebsame Meinungen erwürgt, verstößt gegen Artikel 5 und ist somit nicht mehr tragbar. 
Lieber Herr Maas, wenn Sie glauben, dass das Zensieren von kritischen Meinungen die Demokratie stützt und den inneren Zusammenhalt des Landes garantiert, dann irren Sie sich gewaltig. Nicht Hibbeler ist eine Gefahr für die Demokratie, sondern ein Justizminister, der sich nicht an die Verfassung hält!
Solidarität mit Markus ist Verteidigung des Grundgesetz und somit Pflicht jedes Demokraten!”

Auch darüber hinaus stößt diese Löschung und Sperrung von Facebook in den sozialen Medien auf erhebliche Resonanz. Es ist Zeit, hier endlich für (Rechts-) Klarheit zu sorgen. Himmelfahrt hat Markus Hibbeler mein Anwaltsbüro beauftragt, gegen Facebook vorzugehen. Heute, am Freitag, ist unsere Abmahnung in Irland eingetroffen. Hibbeler verlangt die Wiederherstellung des gelöschten Textes und die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung von Facebook, den Text weder bei Hibbeler, noch bei Dritten, die ihn geteilt haben, erneut zu löschen oder Hibbeler wegen der Veröffentlichung dieses Textes bei Facebook zu sperren. Die Frist endet in einer Woche. Handelt Facebook nicht wie verlangt, klagen wir. Weil Markus Hibbeler hier einen Kampf nicht nur für sich, sondern für Viele führt, würde er sich sicher über eine Subventionierung des Verfahrens freuen.

Häufig wird die These vertreten, es gebe keine Handhabe gegen Facebook, das Unternehmen habe „Hausrecht“ und könnte löschen, was es wolle. Dem ist nicht so.

Am Ende ist es beinahe sekundär, wie ein möglicherweise nötiger Prozess ausgeht. Denn sollten deutsche Gerichte nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens zu dem Ergebnis kommen, es gäbe keine Anspruchsgrundlage, dass Justizminister Maas und ich mithin falsch liegen („Niemand muss hinnehmen, dass seine legitimen Äußerungen aus sozialen Netzwerken entfernt werden.“), dann wäre das geklärt und der Gesetzgeber, der einen solchen Zustand unmöglich tolerieren kann, zum unverzüglichen Handeln aufgefordert. Die Spiele können beginnen!

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Joachim Nowak / 27.05.2017

Na da bin ich aber mal gespannt, wie Facebook und ein eventuelles Gericht darüber entscheiden werden. Da Facebook ja krampfhaft versucht jegliche Rechte an allen Postings und gar persönlichen Fotos via AGB`s an sich zu reissen - stellt sich ja nun die Frage, in wie weit überhaupt noch Rechte in Form von Persönlichkeitsrechten, oder auch Recht auf das eigene geistige Eigentum gesichert sind. Vom Datenschutz müßten wir zwar allesamt Reden, aber das macht ja auch niemand mehr und findet es ja vollkommen OK, daß dann alle Großen der Branche für alle staatlichen Dienste die Türen auf Daten- & Stammdatensätze offen hält - selbst auf diese, die dann man nicht einmal veröffentlicht, sondern nur ins Profil eingibt. Es ist ja LEIDER eine “gelebte Realität” (In Perversion), daß Facebook von jedem schön brav die Telefon & Handynummer wissen möchte und dann noch mit der “Garantie”, daß diese ja nur auftaucht, wenn man es will. Nun frage ich mich, weshalb dann die Internet & Softwareriesen NICHT gesetzlich dazu verdonnert werden einen großen und deutlichen WARNHINWEIS bringen zu MÜSSEN, daß sie mit den Daten handeln und diese auch jedem Staat zuschustern….! Ich werd sogar auf einem Senfglas davor gewarnt, daß der Senf enthalten könnte…..^^

Elmar Schlürscheid / 27.05.2017

Bravo Herr Steinhöfel, immer feste druff! Nichts gefallen lassen!

JFLupus / 27.05.2017

Sehenden Auges und trotz zahlreicher Mahner: das schweigende, feige deutsche Volk geht schnurstracks auf eine Diktatur der Gutmenschen zu. Das wir schlimmer als Orwell es sich hätte ausdenken können. Principiis obsta! JETZT müssen wir Einhalt gebieten, mit allen Mitteln. Sonst werden unsere Kinder zu Recht fragen, warum wir nichts unternommen haben.

Hans J. Zerche / 27.05.2017

So ist es richtig !  Anscheinend wollen deutsche Justizminister regelmäßig die Breite ihres enormen Fachwissens, das sie bei der Vertei-digung des Rechtsstaatens schonungslos einsetzen, in die Bücher der Branche einbringen. So, als würden die “Organe der Rechtspflege” dauernd in einem Wettstreit der geistigen Überlegenheit sein. Nach dem Motto, wer hat den größten… und besten… Kopf. Da Herr Maas von ganz unten kommt, völlig von der Rechtspraxis unbeleckt war, ist sein Gestaltungsdrang besonders auffällig. Wenn er schon nie eine Klage schrieb oder einen Urteilstext auswertete,  dann muss und soll es sein Bilderrahmen auf dem Flur seines Ministeriums sein. Hängt dort auch der von Frau Deubler-Gmelin?  Die hat GazGerd Schröder rausgeworfen. Nachdem sie den Präs. Bush Jun. einen “Nazi” nannte und keine Chance bekam, die dumme, sehr dumme öffentliche Äußerung ungeschehen zu machen. Heute hätte sie bei Frau Merkel eine große Chance.  Die Watschen gegen Pres. Trump wirbeln momentan im Sekundentakt. Den “Nazi Trump” kriegt man als Pflichtübung.

Klaus Schneider / 27.05.2017

Da bin ich ja mal auf den weiteren Verlauf der Angelegenheit gespannt.

Stefan Teschner / 27.05.2017

Viel Glück und gutes Gelingen - halten Sie uns auf dem Laufenden..

Martin Wessner / 26.05.2017

Verlangen Sie 50 Millionen Euro Schadensersatz im Falle der ungerechtfertigten Löschung, Herr Steinhöfel. Soviel Waffengleichheit muss sein.

Karl Helger / 26.05.2017

Was war das für eine Zeit, in der linke Demonstranten bei Demos eingekesselt wurden und anschließend dagegen - häufig zurecht - klagten. Inzwischen sind diese Linken Minister und kesseln die anderen ein, die es ihrer Meinung nach so verdient haben. Bin gespannt, ob die linken Gerichte so humanistisch wie die konservativen seinerzeit sein werden.

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