Peter Grimm / 02.03.2019 / 16:00 / Foto: Anne-Sophie Ofrim / 16 / Seite ausdrucken

Gutes Framing, schlechtes Framing

Elisabeth Wehling ist ja bekanntlich etwas ins Gerede gekommen, genauer gesagt ihr „Framing Manual“ für die ARD, in dem sie – zusammen mit ein paar Seminaren – den gebührenfinanzierten Anstalten für 120.000 Euro aus ebendiesem Gebührentopf Sprachregelungen empfiehlt, damit bei Hörern und Zuschauern beim Hören und Sehen der Programme möglichst nicht die falschen Gedanken kommen. Das Werk endet mit Vorschlägen für Slogans, mit denen die Medienanstalten ihr Selbstverständnis auf den Punkt bringen können. Da finden sich sprachliche Leckerbissen wie „Kontrollierte Demokratie statt jeder wie er will“. Allerdings könnte es sich um ein Plagiat von Wladimir Putins „gelenkter Demokratie“ handeln.

Aber auch die Weisheit „Deutsche Filme kann man nicht importieren“, ist schon ihr Geld wert und das Motto „Kein Demokratiekapitalismus. Kein Rundfunkkapitalismus. Kein Informationskapitalismus“ sowieso. Auch wenn es jetzt noch schön wäre, kurz zu erfahren, ob wir für unser Geld stattdessen nun Rundfunksozialismus und Informationskommunismus bekommen, für läppische 120.000 Euro kann man nicht alles verlangen.

Aber uneinsichtige Gebührenzahler und die journalistischen Knechte des Informationskapitalismus nörgelten an der schönen Sprachanleitung herum und veröffentlichten sie auch gegen den Willen der ARD. Deren Vertreter versuchten die Nörgler mit einigen Rechtfertigungen à la „Das war doch nur so eine Idee, die es auf einem internen Papier gab“ zu besänftigen. Und nach ein paar Tagen meldete sich jüngst in einem Interview in der Zeit auch Frau Wehling selbst zu Wort und sagte zunächst – wen wundert’s – Ähnliches wie ihr Auftraggeber:

Noch einmal: Bei dem Papier handelt es sich um ein internes Dokument, das aus dem Kontext gerissen wurde. Viele stören sich an dem Begriff Moral, der darin vorkommt. Ich verstehe, der kann negative Assoziationen wecken, da er ans Moralisieren erinnert, wenn man ihn als Forschungsbegriff nicht kennt. Aber das moral framing, auf das ich mich beziehe, ist ein anerkanntes wissenschaftliches Konzept.“

Framing-Übung in eigener Sache

Das heißt allerdings nicht, dass es auch ein journalistisch passendes Konzept ist, aber egal. Lassen wir uns von Frau Wehling vielleicht von einer praktischen Framing-Übung überzeugen. Da gab es diese böswillige Berichterstattung über den Umstand, dass die Möchtegern-Sprachreguliererin mit ihrem „Berkeley International Framing Institute“ eigentlich nur eine Briefkastenfirma betreibe, weil sie einen nicht vorhandenen Instituts-Betrieb suggeriere und fälschlicherweise Glauben machen wolle, das „Institut“ stünde in Verbindung der berühmten Universität. Im Kopf der meisten Konsumenten dieser Meldung dürfte der Eindruck der Hochstapelei entstanden sein. Schlechtes Framing für Frau Wehling. Die Zeit fragt:

Nicht nur das Papier steht in der Kritik, sondern inzwischen auch Sie und Ihr Berkeley International Framing Institute. Auf dessen Website findet man kein Impressum, keine Adresse, keine Mitarbeiter. Was steckt dahinter?“

Was für eine Gelegenheit, diesem schlechten Bild nun ein gutes entgegenzusetzen, also gutes Framing zu betreiben:

Ich weiß, derzeit kursieren viele verrückte Theorien. Aber alle meine Kunden wissen, das Berkeley International Framing Institute ist meine Marke, unter der ich Beratungen anbiete. Ein Institut mit Räumlichkeiten hat es nie gegeben und das wurde auch nie suggeriert – wie gesagt, es ist eine Marke.“

Nachfrage der Zeit:

„Ich habe mit Menschen gesprochen, die Sie für Interviews oder Veranstaltungen angefragt haben. Manche dachten, ihr Institut sei in den USA angesiedelt, andere in Berlin oder Hamburg. Aber alle gingen davon aus, es sei ein Ableger der renommierten University of California.“

Wehling: „Ich weiß ja nicht, mit wem Sie gesprochen haben. Aber der Name lässt sich besser einordnen, wenn man die Entstehungsgeschichte kennt. Ich forsche seit zwölf Jahren an der Universität in Berkeley. Vor zwei Jahren haben vier Kollegen und ich gemerkt, dass es in Deutschland Bedarf gibt. Wir wollten Workshops zur Framing-Wissenschaft anbieten, alles stand schon, das Konzept, die Marke. Aber dann hatten die Kollegen weniger Interesse an der deutschen Debatte als ich. Also habe ich alleine weitergemacht.“

Also nix Briefkastenfirma! Die anderen Kollegen hatten kein Interesse, aber in Deutschland gab es Sprachregelungsbedarf, also hat sie als letzte Aufrechte weitergemacht. So soll man es wohl verstehen, wenn das gute Framing funktioniert hat. Außerdem haben wir gelernt: Auch das bestklingende Institut kann nur eine Marke sein, die mit einem Institut nichts zu tun hat. Der Name „Institut“ scheint offenbar etwas überbewertet.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

Foto: Anne-Sophie Ofrim GFDL via Wikimedia

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Leserpost

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Andreas Rochow / 02.03.2019

Was sollen die nachträglichen Ausreden? Die Intendantin des Zwangsgebührenfunks täuscht die Abgezockten schon sein mindestens 2 Jahren nach diesen Wehling-Regeln! Die 120.000 € sind es ihr wert. Nun werden wir mit einer verharmlosenden Deutung für “Framing” abgespeist: Es soll ein “Vorschlag” sein. Die hohe Kunst der dämlichen Ausrede, geschult durch eine notorische Hochstaplerin, die vorgibt, Berufe und Qualifikationen zu haben, die es gar nicht gibt! Die Intendantin meidet den Titel des teuren Werkes “Framing Manual” und redet lieber von “Unterlage(n)”. Ganz davon abgesehen, dass “Framing” ein unschuldiger englischer Fachbegriff aus der Kognitionslehre ist, der an dieser Stelle schon wieder mit Täuschungsabsicht verwendet wird. Es handelt sich nämlich genau genommen um eine Manipulationsmethode der psychologischen Kriegsführung des mächtigen Staatsfunks gegen die dumme Masse der Zwangsgebührenzahler zur Herstellung einer gelogenen Wirklichkeit! Es reicht nicht, sich kopfschüttelnd abzuwenden. Dieser Fall gehört vor den Kadi!

Frank Mertes / 02.03.2019

Ich habe inzwischen den Eindruck, mit der Universität Berkeley kann es auch nicht mehr weit her sein, wenn dort solche Lichtgestalten wie Frau Wehling forschen und ein “Markeninstitut” betreiben können. Die Dame ist scheinbar eine echte Konifere. ;-)

Otto Nagel / 02.03.2019

Lieber Bundesinnenminister Seehofer ! Wie Sie wissen,  führe ich das Pullach National Faking Institut, das ist meine Marke. Die Einführung des Begriffes “Prüffall” zur Verwendung in Ihren Staatssicherheitsorganen wurde in meinem Institut, also von mir, entwickelt und zur Verfügung gestellt. Mein neuester Begriff zur Einführung einer kontrollierten Demokratie schon in jungen Jahren war “Freitagsdemonstration zur Klimarettung”. Auch dieser Begriff als Grundlage kindlicher Demokratieentwicklung findet eifrige Verbreitung. Leider ist das angedachte Honorar noch nicht in meinem Institut, also auf meinem Konto, eingegangen. Auf weitere gedeihliche Zusammenarbeit !  Wann kann ich mit einer Überweisung rechnen, da mein Institut, also ich, darauf angewiesen sein könnte . MSG !

Werner Geiselhart / 02.03.2019

Heute heisst es Framing-Institut, früher nannte sowas Propagandaabteilung.

Andreas Bitz / 02.03.2019

Institut, Konferenz, NGO, Stiftung, think tank, Journalisten und Experten die sich als solche bezeichnen: alles der gleiche Lug und Trug. nichts als wohlklingende Namen der Scharlatane. Wobei: Inzwischen sind selbst Parteien (SPD: Medienunternehmen das sich eine Partei leistet) und FHs oder Universitäten sowie akademische Grade suspekt. Trauen kann man nur noch Leuten, die rechtschaffen morgens aufstehen und die Steuern für Wohltaten an die Nichtsnutze erarbeiten.

J. Polczer / 02.03.2019

Statt dem “bösen Begriff” Manipulation in milderer Form wohl Beeinflussung der öffentlichen Meinung steht jetzt das “gute Wort” Framing, da Fremdwort/Anglizismus.

Jens Commentz / 02.03.2019

to frame entspricht dem österreichischem “pflanzen”

Rudolf George / 02.03.2019

Ich ärgere mich mehr über Claus Kleber, der auf meine Kosten jedes Jahr eine halbe Millionen bekommt, um den Zuschauer für minderbemittelt zu halten und uns tagtäglich seine ewig gleiche Ideologiesoße zu servieren.

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