Chaim Noll / 22.05.2023 / 06:15 / Foto: Imago / 121 / Seite ausdrucken

Grünes Waterloo: Die jungen Leute spielen nicht mehr mit

Wenn sich eine so winzige, machtlose Gruppe wie die jungen deutschen Juden mit einer gewichtigen Macht wie Claudia Roth anlegt, mit der hinter ihr stehenden Partei und der derzeitigen Bundesregierung, kann man von Mut reden. Als ich das Video sah, mit der jämmerlich um Duldung bettelnden, bestürzt nach Luft schnappenden Staatsministerin Claudia Roth, begann ich wieder zu hoffen.

Lohnt es, noch ein Wort über Claudia Roth zu verlieren? Die über Parteiliste und verfehlte Personalpolitik ins Amt gehievte Altlast der Grünen wäre an sich kaum ein Schulterzucken wert. Von höherem Denken war sie nie angefochten, „tragbar“ ist sie schon lange nicht mehr. Sie steht für ein verjährtes Modell, den mühsam hinter „Israelkritik“ verborgenen Antisemitismus der Grünen. Seit sie auf der letzten documenta antisemitische Stürmer-Fratzen mit deutschen Steuergeldern subventioniert hat, ist sie in jüdischen Augen nichts anderes als ein geschminkter, in bunte Lappen gehüllter Zombie. 

Die Kulturstaatsministerin ist am vergangenen Freitag, 19. Mai 2023, auf einem jüdischen Jugendfestival in Frankfurt am Main vom Publikum „ausgebuht und ausgepfiffen“ worden, meldet die Bild-Zeitung (während Spiegel, Süddeutsche & Co. den Vorfall selbstverständlich verschweigen). „In Videos ist zu hören, wie manche Gäste 'Runter von der Bühne!' (…) rufen. Plakate wurden hochgehalten, die die Ablehnung gegenüber Roth deutlich zum Ausdruck brachten.“ 

Doch es geht nicht um sie. Um ihretwillen würde ich nicht mal den Finger aufs Keyboard setzen. Was sich in dem Frankfurter Vorfall zeigt, ist ein Hauch von Hoffnung, etwas, woran wir schon nicht mehr geglaubt haben: das plötzliche Erwachen der jüdischen Jugend in Deutschland. Es gibt sie kaum noch, nur zehn Prozent der 90.000 in den deutschen Gemeinden erfassten Juden sind Jugendliche, also etwa 9.000, die den in die Millionen gehenden jungen Muslimen und anderen aktiven Judenhassern fast wehrlos gegenüberstehen.

Die deutschen jüdischen Gemeinden schwinden dahin. Ihre Demographie ist deprimierend, die Hälfte ihrer Mitglieder über 60 Jahre alt. Kinder gibt es immer weniger, sie müssen in einigen Städten schon im Kindergarten von bewaffneten Leibwächtern beschützt werden. Mitglieder des jüdischen Sportclubs Makkabi werden regelmäßig attackiert, falls sie irgendwo ihr Sweatshirt mit dem Logo des Vereins sehen lassen. Gemeindehäuser und Synagogen gleichen Festungen. Vom offenen Tragen der Kipa oder anderer Zeichen des Jüdischseins raten Polizei und jüdische Funktionäre in deutschen Städten dringend ab. Die um gute Beziehungen zur Staatsmacht bemühten Gemeindeoberen würden dem unvorsichtigen Träger im Notfall auch kaum beistehen, sondern ihm eher vorwerfen, dass er mit seiner „Provokation“ Empfindlichkeiten bei den neuen Herren der Schulhöfe und Nahverkehrsmittel verletzt hat.

Spekulieren auf weitere Prämien für Wohlverhalten

Wenn sich eine so winzige, machtlose Gruppe wie die jungen deutschen Juden mit einer gewichtigen Macht wie Claudia Roth anlegt, mit der hinter ihr stehenden Partei und der derzeitigen Bundesregierung, kann man von Mut reden. Die Plakate deuten auf eine vorbereitete Aktion. Das jugendliche Publikum wusste, dass der Zentralrat der Juden in Deutschland, oft servil bis zum Suizidalen, die große Geldverteilerin trotz des documenta-Skandals zur Veranstaltung einladen würde.

Es ist die Logik von Josef Schuster und Konsorten, jede Ungeheuerlichkeit, selbst offenen, an die NS-Zeit erinnernden Judenhass von Seiten der Regierenden hinzunehmen, wenn dafür ein paar Millionen herausspringen. Das Budget des Zentralrats soll deutlich erhöht werden, auf 22 Millionen jährlich – wollen wir beten, dass einiges von diesem Geld den kränkelnden Gemeinden und hilfsbedürftigen Juden in Deutschland zugute kommt. Die Funktionäre werden sich ihren Anteil zu sichern wissen. Wie die Einladung der bekannten Antisemitin zeigt, spekulieren sie auf weitere Prämien für Wohlverhalten.

Doch die jungen Leute spielen nicht mehr mit. Oder wenigstens nicht mehr so brav wie früher. „Roth konnte die Buh-Rufe nicht ignorieren“, schreibt die Bild-Zeitung. Die in die Enge getriebene Rednerin reagierte mit einer zugleich dreisten wie unterwürfigen rhetorischen Volte: „Ich nehme die Kritik an, weil wir eine starke und eine bunte und eine mutige Demokratie sind.“ Diese Frau hat keine Würde und kennt keine Scham. Zu Recht wurde ihr läppischer Versuch, sich selbst zum Symbol der Demokratie in Deutschland zu erklären, von den jungen Juden mit Pfiffen beantwortet. 

Das Video zeigt in den Augen der eisern ihre Parolen schwingenden Grünen-Rednerin dann doch etwas wie Furcht. Ihr Lächeln wirkt verzweifelt, ihr gepolstertes Gesicht vor Schreck erstarrt. Die wenigen Juden sind für das Ansehen Deutschlands immer noch ein entscheidender Faktor. Um den Ruf des „bunten Deutschland“ ist es geschehen, wenn dort keine Juden mehr leben können. Oder wollen. Denn diese alimentierte, geduldete, bemitleidete, auf Gedenkfeiern herumgeschleppte winzige Minderheit hat einen Willen. Zumindest die jüngeren unter ihnen. Meine herzlichen Grüße aus der Ferne. Als ich das Video sah, mit der jämmerlich um Duldung bettelnden, bestürzt nach Luft schnappenden Staatsministerin Claudia Roth, begann ich wieder zu hoffen.

Quelle: bild.de

 

Chaim Noll wurde 1954 unter dem Namen Hans Noll in Ostberlin geboren. Seit 1995 lebt er in Israel, in der Wüste Negev. Chaim Noll unterrichtet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit an der Universität Be’er Sheva und reist regelmäßig zu Lesungen und Vorträgen nach Deutschland. In der Achgut-Edition ist von ihm erschienen "Der Rufer aus der Wüste – Wie 16 Merkel-Jahre Deutschland ramponiert haben. Eine Ansage aus dem Exil in Israel".

Foto: Imago

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Mathias Rudek / 22.05.2023

Sie sprechen mir aus dem Herzen Herr Noll.

Rolf Mainz / 22.05.2023

Frau Roth steht wie kaum eine andere Person für überholte, ideologisch zutiefst verkrustete, maximal abgehobene und egozentrische Gedankenwelt. Von einem Staat lebend, den sie (tatsächlich?) verachtet - dessen Wohltaten jedoch gern annimmt. Sie wird weder verstehen noch akzeptieren können, wenn sie auf solchen Widerstand trifft. In ihrer eindimensionalen Welt der einzig wahren “Haltung” (ihrer eigenen nämlich) kann so etwas wie Meinungsvielfalt (“Vielfalt” also im eigentlichen Wortsinne, keine verkappte Beschönigung unkontrollierter Zuwanderung in Sozialsysteme…) gar nicht vorkommen. Wer sie ablehnt oder nur hinterfragt, der muss in diesem Sinne per se im Unrecht sein. Frau Roth samt Genossen wird sich nicht mehr ändern, da geht es ihr wie anderen Fanatikern der deutschen Historie vor ihr. Und zu den Übergriffen auf jüdische Mitmenschen und deren Eigentum im aktuellen Deutschland: bitte nennen Sie “Ross und Reiter” in diesem Zusammenhang. Ich kenne keinen einzigen tatsächlich Deutschen, der so etwas unternähme. Die Anfeindungen und Angriffe stammen zum allergrössten Anteil aus dem Kreis von Zuwanderern, welche die Ablehnung anderer Religionen (vor allem des Judentums) von daheim mitbringen. Dass diese Übergriffe nun in Westeuropa erfolgen, ist traurig genug, es sollte jedoch nicht denjenigen beihelfen, welche diese traurige Realität und deren Urheberschaft verzerren wollen.

A.Schröder / 22.05.2023

Juden lösen die Revolution in Deutschland aus. Das geht garnicht. Jetzt übertreiben Sie aber, Herr Noll. Gleich morgen wird geschlossen Grün gewählt. Schließlich steht das Motto, Hanf für alle.

Sabine Heinrich / 22.05.2023

Ich beziehe mich auf Ihren letzten Satz, sehr geehrter Herr Noll. Meine Wahrnehmung war eine ganz andere.  Ich sah eine unerschütterte, ihre Floskeln - begleitet von peinlich-künstlicher Gestikulation - rausschreiende Person. Peinlich, verlogen und dummdreist wie immer. - Warum der Vorsitzende des Zentralrats der Juden sie auch noch eingeladen hat (das las ich in einem Medium, das ich mir leider nicht gemerkt habe) - ist einfach nur widerlich. So viel A….kriecherei - abscheulich! Die mutigen jungen Juden sollten den - ich nenne ihn einfach einmal so - Verräter der eigenen Interessen gleich mit ausbuhen.

Wilfried Cremer / 22.05.2023

Lieber Herr Noll, wenn statt Stürmer-Fratzen simple Mohammed-Gesichter aufgefahren worden wären, hätte man millionenfach reale Fratzen-Menschen von Berlin bis nach Karatschi Mordaufrufe grölen hören. Und beschwichtigende bis verständnisvolle Worte aus dem Mund des kleinen grünen Teufels resp. der Partei der Heuchelei.

Peter Holschke / 22.05.2023

Skandal im Sperrbezirk! Der “Jude” wird frech. Wenn dass der Führer wüsste! ... Sorry, der alte braune Ungeist ist in Deutschland nicht überwunden und lebt unter bunten Gewändern munter weiter. Manchmal steht er auf der Bühne. Ein “Judenproblem” besteht allerdings nicht mehr, man hat es ja seinerzeit endgelöst. Ironie der Geschichte, bald hat Deutschland ganz andere Minderheitenprobleme. Den Holocaust halte ich für ungesühnt. Im Übrigen empfinde ich es von Israel sehr lässig und kulant, dass sie keine Atombombe auf Deutschland geschmissen haben.

Rupert Drachtmann / 22.05.2023

Ja das war schon sehr gut. Toll auch dass er eine entsprechende Verbreitung fand. War ja noch sehr moderat. Eier hab ich keine fliegen sehen. Dieser Eier für den offenen Protest vermisse ich bei meinen Landsleuten. Offener Widerspruch gerade dort wo es zu Auseinandersetzungen kommt, nicht nur auf dem Stammtisch der ohnehin gleichgesinnten. Und die Rehe Teilnahme an öffentlichen Protesten, so wie es auch vielfach zur Corona Zeit geklappt hat.

Gabriele Kremmel / 22.05.2023

Bravo! Ihr Artikel, Herr Noll, hat mir heute morgen seit langem ein spontanes Lächeln ins Gesicht gezaubert. Man hat sie nicht auf dem Radar (und hört und liest selten von ihnen), aber es gibt sie noch, die jungen deutschen, selbstbewussten Juden.

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