Arnold Vaatz, Gastautor / 22.12.2023 / 06:15 / Foto: Arnold Vaatz / 90 / Seite ausdrucken

Grüne, lernt von Merkel!

Wenn Ihr Eure Macht erhalten wollt, dann macht es wie Merkel! Was Merkel getan hat, war für sie selbst gut und für Deutschland tödlich. Wenn Ihr aber so rangeht wie Merkel, dann ist das für Deutschland gut und für Eure Plätze auf Euren Ministersesseln auch!

Wenn Euch gerade ein paar Sorgen plagen solltetn, dann heißt es: Nicht verzagen! Am Küchenschrank unseres Vermieters in Ockerwitz bei Dresden hing 1978 eingerahmt ein kleiner Spruch: „Wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her!“. Nun: In eurem Fall heißt das Lichtlein, das ich Euch anzünden will: Lernt von Merkel! Das ist für Euch das Gebot der Stunde.

Was war Merkels absolute Überlebensstrategie, ihr unsinkbares Rettungsboot in allen Lebenslagen ihrer vielen Koalitionen mit all ihrem verschlissenen Führungspersonal? Es ist die unbedingte Priorisierung des Satzes: „Ich bleibe an der Macht“ und – das bedeutet das Wort „unbedingt“ – die  Entschlossenheit, dafür nun jeder, aber auch jeder anderen Zielstellung abzuschwören. 

Folgerichtig begann sie, von Anfang bis Ende alle politischen Grundüberzeugungen der CDU systematisch zu schleifen, wenn das ihr jeweiliger oder für künftig ins Auge gefasster Koalitionspartner zu goutieren versprach. Sie briet die programmatische DNA der CDU und der CSU in der Pfanne ihres unbedingten Machtwillens: Sie beerdigte die Euro-Stabilitätskriterien, ruinierte die Bundeswehr, die Subventionitis trieb sie ins Uferlose: Es begann mit dem EEG, das der Stromkunde zu subventionieren hatte, über die Elektroautos bis hin zu ihren linken Fußtruppen von Amadeu Antonio etc., sie wies den Papst zurecht wie einen Schuljungen (das hätte sie sich mal mit einem Imam erlauben sollen). 

Heftige Kritik hinter verschlossenen Türen

Sie beerdigte die Tarifautonomie und verhöhnte das Lohnabstandsgebot. Sie eröffnete die Jagd auf die gut begründeten Aussagen von Thilo Sarrazin und ließ dem Verdikt Taten folgen: Sie flutete die Staatsgrenzen mit der Behauptung, die Grenzen ließen sich überhaupt nicht schließen, was sich dann im Fall von Corona als dreiste Lüge erwies. Während sie in Frankreich medienwirksam mit Hollande gegen den islamistischen Terror posierte, tat sie in Deutschland, als ginge sie das Geschehen auf dem Breitscheidplatz nichts an und kritisierte in Chemnitz weniger den Mord des zugewanderten Mobs an einem jungen Mann, sondern drosch auf jene ein, die gegen diesen Mord protestierten. Den Chef des BfV, der den Mut hatte, die Dinge nach seinen Beobachtungen beim Namen zu nennen, ließ sie feuern. Die Presse jubilierte. 

Aber bei jedem ihrer Schläge in die Magengrube der Partei, der sie ihre Kanzlerschaft verdankte, gab es – diszipliniert, hinter verschlossenen Türen, in den zuständigen Gremien, selten öffentlich – heftige Kritik: Ihre jeweilige Entscheidung sei das kerzengerade Gegenteil der seit Jahrzehnten geltenden Grundüberzeugungen in der Programmatik der CDU. Wer so argumentierte, erntete nur das Gelächter von Merkels Entourage: „Was sagst du? Unsere Leute wählen uns nicht mehr, wenn wir Merkel folgen? Ja meinst du, die wählen dann rot oder grün? Aber stell’ dich doch nicht dümmer als du bist! Natürlich knirschen sie mit den Zähnen! Aber gerade die, die mit den Zähnen knirschen, wählen NIEMALS Rot oder Grün. Sie wählen UNS oder sie wählen für den Papierkorb. Und wenn sie zu den Rechten überlaufen? Kein Problem! Die Rechten SIND der Papierkorb, sie haben keine Machtoption, so einfach ist das!“. 

Die Koalitionen waren stets groß genug, dass sie zehn oder zwanzig Abweichler locker wegstecken konnte, ohne dass die Mehrheit wackelte. Das entmutigte alle, die ihre politische Karriere nicht für sinnlose Himmelfahrtsvoten aufs Spiel setzen wollten: „Was wir machen, ist zwar Irrsinn, aber wieso soll ich dagegen stimmen? Ich bekomme den Ärger der Kollegen ab, und genügend Gegenstimmen kommen sowieso nicht zustande.“ Diese Abfuhr habe ich -zigmal bekommen, wenn ich Leute zum Widerspruch ermutigen wollte.

Schreckensvision absolute Mehrheit

Heute aber, heute ist die Welt eine Andere! Heute rufe ich den Grünen zu: Wenn Ihr Eure Macht erhalten wollt, dann macht es wie Merkel! Was Merkel getan hat, war für Deutschland tödlich und für sie selbst gut. Wenn Ihr aber so rangeht, wie Merkel, dann ist das für Deutschland gut und für Eure Plätze auf Euren Ministersesseln auch! Während Merkel  die für diese Republik lebenswichtigen Grundüberzeugungen der CDU weggeworfen hat, müsst Ihr nur Euer für diese Republik suizidales ideologisches Museum auf den Flohmarkt schaffen: 

Kämpft! Kämpft für den Eintritt in die saubere, CO2-freie Welt der Kernkraft. Stoppt die illegale Migration. Beendet das Gendergaga und den Kampf gegen die Biologie, die Heterosexualität, die alten weißen Männer und das Kinderkriegen. Lasst die Bauern am Leben und esst Currywurst. Eure Wähler werden niemals deshalb CDU oder AfD oder Wagenknecht wählen, weil diese anderen Parteien schon lange Currywurst essen. Von der SPD bekommt Ihr sogar Zulauf, weil den Ursozialdemokraten in dieser Republik die Wanderschaft ihrer Partei nach Wokistan schon seit Jahren auf den Wecker geht.

Also: Überlegt‘s Euch! Keine Angst vor der Basis. Merkel war mit der Strategie „die Parteibasis kann mich mal kreuzweise“ äußerst erfolgreich. Nur einmal, für einen winzigen Augenblick, glaubte sie, sich zu Tode gesiegt zu haben. Das erzähle ich Euch noch, weil es so lustig ist und weil es zeigt, WIE erfolgreich sie war, diese Strategie. 

Damals unterlief ihr nämlich ein Freudscher Fehlreflex. Es war am Wahlabend, genauer gesagt am 22. September 2013, auf der Jubelbühne in MeckPomm. Sie dachte wieder einmal vom Ende her und sah selbiges dicht vor Augen: Während einer lange Pause zwischen zwei Hochrechnungen drohte eine absolute Mehrheit der Bundestagssitze für die CDU/CSU mit einer oder zwei Stimmen Mehrheit, damit eine kaum abwendbare CDU/CSU-Alleinregierung. Und damit das Ende des Systems Merkel: Nicht mehr Merkel hätte die Fraktion künftig am Nasenring durch die Manege geführt, sondern die Abweichler hätten ihren Marsch nach links gestoppt. Merkel hätte nicht mehr geführt, sie wäre geführt worden – und zwar genau in die ihr verhasste Richtung: eine Katastrophe. Dass jetzt, gerade während sie scheinbar jubelnd angestrengt nachdachte, was in diesem Fall zu tun sei, etliche naive Kollegen auf der Bühne genau das Unglück feierten, das sie auf sich zurollen sah und dazu mit einer Deutschlandfahne herumwedelten, überforderte ihr Nervenkostüm. Das reagierte mit dem erwähnten Freudschen Fehlreflex, der so tief blicken ließ: Sie verbannte die Deutschlandfahne mit angeekelter Miene von der Bühne.

Gegen solche Schnitzer, verehrte Grüne, seid Ihr immun. Erstens wedelt bei Euch niemand mit Deutschlandfahnen, zweitens droht Euch keine absolute Mehrheit. Aber Ihr könnt in euren Ministersesseln überleben, wenn Ihr von Merkel lernt, wie man mit der eigenen Parteibasis verfährt. Sonst nicht.

 

Arnold Vaatz ist ehemaliger Bundestagsabgeordneter und ehemaliger DDR-Bürgerrechtler. Er war von 2002 bis 2021 einer der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Foto: Arnold Vaatz CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Günter Hölzer / 22.12.2023

Alles zu spät, Herr Vaatz, ein EINZIGER hätte genügt, die Fahne wieder auf die Bühne zurückzuholen und nicht mehr aus der Hand zu geben…

Marc Munich / 22.12.2023

Chapeau, Herr Autor!  Nur ist es so, dass das A.M.-Bashing mehr auf die Augen der Betrachter ankommt (guckst du @Didi Hieronymus Hellbeck).  Ob IM Erika einen guten oder schlechten Job gemacht, entscheiden - seit Im Erika - nicht mehr die Wähler*, sondern “diejenigen, die NICHT gewählt sind, aber die Entscheidungen treffen”.  Und in deren Augen machte IM Erika sicher einen geilen Job.    Im übrigen wissen wir ja - seit bzw. laut IM Erika - ohnehin, dass “wir wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie bis in alle Ewigkeit haben”!  16 Jahre auf den bieder-seriösen Habitus dieser willfährigen Befehlsvollstreckerin einer globalfaschistischen Eugenikersekte im Schwabschen Darth Vader-Kostüm reinzufallen, das hat was.  Von Anfang an kein CDU-Aufschrei, kein Widerstand zu spüren, als IM Erika schon seit ihrem Beginn als Umweltministerin systematisch darauf hinarbeitete, die demokratischen Institutionen der BRD und ihren freien Markt über das Vehikel “Klima” bzw. via CO 2 -Regime auszuhebeln.  Die Puzzle-Teile von damals bis heute liegen zwar nicht auf den Straßen von Kalifornien und Davos, dafür aber im WWW.  Die beste PATIN, die die Entscheider je hatten…

Thomas Kurt / 22.12.2023

@Didi Hieronymus Hellbeck: “Der Autor unterstellt Merkel Antrieb und Eigenwillen. Was aber, wenn diese unselige Person lediglich Marionette gewisser Kreise war” Es ist ganz sicher beides. Die Strippenzieher hatten mit ihr die ideale Marionette gefunden: geistig krank, skrupellos und von gnadenlosem Antrieb, den Willen ihrer Auftraggeber umzusetzen, mit dem dieses Ungeheuer vollkommen übereinstimmte und Zweifel an der Erfüllung ihrer Aufgabe nie aufkommen ließ.

Karl Dreher / 22.12.2023

“Was Merkel getan hat, war für sie selbst gut und für Deutschland tödlich.” Das ist absolut richtig und ich verstehe genau deswegen nicht, warum sie vom Bundespräsidenten den höchsten deutschen Verdienstorden verliehen bekommen hat - wofür??? Die “Begründung” des Bundespräsidenten in seiner Laudatio habe ich schlicht als nichtssagendes “Wallawalla” empfunden. Für mich war Merkel mit anderen Worten eine Kanzlerin, die stets darauf achtete, daß sie wie das Fettauge oben auf der Suppe schwimmt - egal wo. Leider haben wir jetzt eine Regierung mit einem Kanzler, der sich phasenweise (sofern ihm dienlich) “nicht erinnert” (“cum-ex”) und Führungsstärke vermissen läßt. In meiner Wahrnehmung unqualifizierte Kinderbuchautoren und “Lebenslaufverschönerer” ebenso wie Partei-Führungspersonal ohne jegliche fachlichen Abschluß läßt er in meinen Augen hilflos weitgehend gewähren. Die F.D.P. prostituiert sich politisch - Hauptsache Machterhalt ist mein Eindruck. Was kommt bei den zukünftigen Wahlen, wenn sich das Frustpotential der Bürger / Wähler bei den Abstimmungen entlädt? Pirna ist das jüngste Beispiel - aber wohl nicht das Letzte.

A. Ostrovsky / 22.12.2023

Also ich würde nicht, wenn ich mit der Politik einer Partei und speziell ihrer Vorsitzenden nicht einverstanden wäre, stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion genau dieser Partei bleiben. Kein Beispiel für mich.

Fred Burig / 22.12.2023

Irgend etwas mit Merkel als positiv oder dem “Kanzler- Eid entsprechend” darzustellen, wäre eine eklatante Verfälschung der Tatsachen! Eidbrüchigkeit von Amts wegen, deutschlandverachtende Äußerungen und Handlungen, Hörigkeit dem WEF u.ä. Great Reset Beschwörern gegenüber und eingefleischte Kommunisten- Denkweise machen sie zur “Unperson” for ever! MfG

J. Harms / 22.12.2023

Für mich persönlich leider nicht sehr glaubwürdig. Der von Mutti kastrierte und degenerierte Klatschhasenverein alias CDU/CSU (von dem sich jedes ZK eine Scheibe hätte abschneiden können) braucht sich nach fast 20 Jahren devoten Speichellecken heute bitte nicht als Kritiker ausgeben. Kein einziger, niemand hat es während der desaströsen Politik der Abrissbirne jemals gewagt aufzumucken. Die Chance des Neuanfang wurde vertan. Diese Partei samt ihrem Vertreter gehört genauso auf den Komposthaufen der Geschichte wie die FDP. Diese Parteien werden NIE wieder meine Stimme erhalten.

Jürgen Fischer / 22.12.2023

Warum sollten die Grünen von Merkel lernen? Die sind vom gleichen (fremdgesteuerten) Fleisch.

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