Merz hat insofern Recht, als er postuliert dass die meisten Menschen keinen Sinn für Naturkatastrophen haben und so eine Art Fernsehzuschauermentalität entwickelt haben. Bestes Beispiel waren die, die bei der Tsunami-Katastrophe in Südostasien gebannt auf das sich zurückziehende Wasser gestiert haben, anstatt ins Landesinnere zu flüchten. Einige wurden dann gerettet, weil sie von einem kleinen Mädchen, dass Tsunamis gerade im Schulunterricht durchgenommen hatte, gewarnt wurden.
Fluthilfe und Flüchtlingshilfe, das ist nun wirklich kein signifikanter Unterschied. Aber ich habe irgendwo gelesen, dass Bürgerinitiativen dort vor einigen Jahren ein Rückhaltebecken für kritische Situationen bei Starkregen verhindert hätten. Und in den allerersten Berichten im Fernsehen über die Ereignisse hat ein Einsatzleiter gesagt, es hätten sich viele Leute geweigert, ihre Häuser rechtzeitig zu verlassen. War das Querdenkerpropaganda? Ich habe eigentlich das Vorurteil, in diesen katholischen Wohlhabenden-Gegenden gibt es gar nicht so viele Quer- und Falschdenker. Der Wohlstand macht gleichgültiger, auch gegen elementare Naturgewalten. Ich weise ja nicht, wo der Herr Merz wohnt und wieviel Katastrophenvorsorge er treiben muss, aber ich glaube, wenn er wirklich mehr erreichen wollte, als ein Mannersatz in einer Weiberwirtschaft zu sein, dann hätte er das längst geschafft. Für ein Weichei, das die Ausübung von Macht eher fürchtet, bleibt gewöhnlich die Rolle des ungefragten Ratgebers übrig. Aber wem sage ich das hier auf der Achse der Klugscheisser und Gutenratgeber.
So ist es. Aber man stelle sich nur mal vor, man wuerde mit der Eigenverantwortung und den Konsequenzen daraus Ernst machen und da muss man nicht einmal die Katastrophe bemühen. Man wuerde zum Beispiel dann auch das Scheitern mangels individueller Limits akzeptieren und vor allem die daraus folgenden Konsequenzen. Der Vorteil des “nicht selbst denken muessens” wird ja um den Vorteil des staatlichen “Auffangens” erweitert und wenn man das weiss, verhält man sich auch entsprechend. Im uebrigen geht es bei der, allerdings ohne grossen Widerstand, abkonditionierten Eigenverantwortung nicht nur um die der Buerger, sondern auch um die der Amts - und Funktionstraeger, die hier offenbar aehnlich versagen wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Auch hier fehlt es an jedweden Konsequenzen, das heisst, vdie Konsequenzlosigkeit ist zum anerkannten Prinzip erhoben worden. Niemand haftet fuer sein Tun oder Unterlassen, angefangen bei Politik ueber Wissenschaft bis hin zur Justiz, den Medien und faktisch auch den Beamten. Sämtliche Feststellungen von wem auch immer bleiben folgenlos und wiederholen sich Jahr fuer Jahr. Insoweit verhält sich der Buerger durchaus systemkonform. Ob man Merz zu denen zaehlen kann, die politisch tatsaechlich fuer Freiheit und Verantwortung stehen, ist zumindest fraglich. Bewiesen hat er hier noch nichts, denn als erstes Ziel haette er sich dann Merkel vornehmen muessen, die ganz sicher auf der anderen Seite steht.
Merz kommt ab und zu ans Tageslicht, wenn es nicht weh tut. Und wenn der Bürger ein Amt mit über 330 Mitarbeitern und einem Budget von über 250 Mio€ zum Katastrophenschutz ausstattet, wo versagt er? Wir versagen, denn wir bezahlen immer mehr Staatsdiener, es kommt immer weniger dabei raus und keiner wehrt sich. Im Gegentei. Der Bürger glaubt, wir brauchen mehr davon.
“Eigeninitiative ist lediglich erwünscht, wenn sie staatlichem Handeln und der Regierungslinie vorauseilt oder dieses für einen kleinen Moralbonus noch übertrifft” - Bingo, Volltreffer, ein guter Bürger ist der, der intuitiv ahnt, was die Obrigkeit wünscht und in seinem Verhalten dies an den Tag legt, bevor diese per Notstandsgesetz leider, leider die Zügel anziehen muss. Der greise und weise MP aus dem Muschterländle hat das auch sehr treffend ausgedrückt: Zur Demokratie gehört zuallererst Gehorsam!
Auch Merz liegt nichts an Bürgern, die eigenständigen Denken und Handeln - jedenfalls nicht im politischen Normalbetrieb, also außerhalb von Katastrophen. Denn der politische Normalbetrieb entscheidet über die Deutungshoheit. Und die wird Merz nicht an die Bürger delegieren wollen. Das würde nicht nur seine weitgehende Bedeutungslosigkeit offenbaren.
Herr Merz will uns sagen, wir müssen als Bürger mehr auf eigene Wahrnehmungen setzen und diesen auch vertrauen. Ein Beispiel aus der Vergangenheit: wird Klopapier gehamstert sind Arschlöscher an der Regierung und deren Entscheidungen sind Scheiße. Kingt alles hart, muß aber so deutlich gesagt werden dürfen. Werden dagegen Eintrittskarten für Schlagersendungen im Lande rar, ist alles in Ordnung.
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