Endlich wird die Butter teurer!

Es ist leider nicht alles in Butter mit der Butter. Vielmehr steht dieses edle Nahrungsmittel emblematisch für die Krise unserer Landwirtschaft und die Paradoxien der Weltwirtschaft. Denn die simple Tatsache, daß sich der Butterpreis innerhalb eines Jahres fast verdoppelt hat, wirft Fragen auf, die über das rein Ökonomische weit hinausgehen. Zum Beispiel die: Wie wichtig ist uns Butter?

Jeder kennt die deutschen Redewendungen: „sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen“ oder „Butter bei die Fische geben“. Butter erscheint hier als etwas Kostbares und Wesentliches, und genau das ist sie von alters her. Der Ausdruck „gute Butter“, der aus Not-Zeiten stammt, verweist darauf, daß hier von echter Butter und nicht von Margarine oder irgendwelchen anderen Ersatzfetten die Rede ist.

In unserer Brot- und Butter-Kultur gehört – im Gegensatz etwa zur mediterranen Olivenöl-Kultur – der Buttergeschmack zu den grundlegenden gustativen Wohlfühlfaktoren. Nicht nur Weihnachtsplätzchen und Christstollen müssen nach Butter schmecken, auch die Haute Cuisine kommt nicht ohne dieses Element aus, das beim Montieren von Saucen seine geheimnisvolle Bindewirkung entfaltet.

Butter hat fast magische Eigenschaften

In der Tat besitzt Butter ja fast magische Eigenschaften, die die Menschen wohl schon vor Jahrtausenden entdeckt haben. Daß sich durch Schlagen von Milchrahm die flüssige Fett-in-Wasser-Emulsion in eine feste Wasser-in-Fett-Emulsion verwandelt, ist ja ein ähnlich wunderbarer Prozeß wie die Vergärung von Traubensaft zu Wein. Obwohl sich dieser Prozeß unter großtechnischen Bedingungen enorm beschleunigen läßt, hängt er völlig von der Verfügbarkeit des Rohstoffs Milch ab.

Die Milch aber wurde hierzulande in letzter Zeit so billig gehandelt, daß man schon von Verachtung sprechen kann. Eine absurde Subventionspolitik führte sogar dazu, daß die Bauern für jeden Liter, den sie nicht verkauften, Geld bekamen. Folglich haben sie die Kuhbestände reduziert. Jetzt schwingt das Pendel in die Gegenrichtung, und zwar umso stärker, als sich ein Wandel der herrschenden Ernährungsideologie abzeichnet: die Margarine-Mode geht zuende; Butter gilt als „bio“ und ist wieder im Kommen.

Verschärft wird die Lage durch die steigende Nachfrage beim größten Butterimporteur der Welt: der Volksrepublik China. Unter dem Horizont der Globalisierung tut sich auch bei eigentlich typisch nordeuropäischen Produkten Überraschendes. Wer ahnt beispielsweise, daß Ägypten fast genausoviel Butter produziert wie die Niederlande? So ersetzen die Absurditäten der Weltwirtschaft die Absurdität der europäischen Butterberge von einst. Die Moleküle des Butteraromas lassen sich mittlerweile auch in der Retorte erzeugen. Wir sind nicht einmal mehr sicher, ob die Basis aller Kultur wirklich die Agrikultur ist. 

Foto: Collectie Willem van de Poll Flickr via Wikimedia Commons

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Leserpost

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N. Mueller / 06.09.2017

Die Wahl der Überschrift erschließt sich mir nicht. Anscheinend ist der höhere Preis mehr der Nachfrage denn der höheren Qualität geschuldet. Im übrigen ist es ein Irrglaube, dass höherer Preis mit höherer Qualität einhergeht.

Gert Gebhard / 06.09.2017

«Die Milch aber wurde hierzulande in letzter Zeit so billig gehandelt, daß man schon von Verachtung sprechen kann. » Was auch mit einer massiven Überproduktion zu tun hat, die wiederum durch eine groteske Überzüchtung der Milchkühe bis hin zu Leistungen von 40-60 Liter pro Tag - bis zur frühen Schlachtung nach ca. fünf Jahren - gefördert wurde.

Herbert Dietl / 06.09.2017

Früher sagte man -Gute Butter-, wenn man Butter meinte.  Und wie Sie sagen, in der Tat, Butter ist ein edles Nahrungsmittel. In Verruf gebracht durch die Margarine Lobby, assistiert von den Propagandisten der Cholesterin Saga.

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