Die Augsburger Allgemeine erklärte es am Samstag zur Exklusivmeldung: „Angesichts der Personalnot bei den Streitkräften werden im Bundesverteidigungsministerium nach Informationen unserer Redaktion Überlegungen immer konkreter, Ausländer in die Bundeswehr aufzunehmen. Offenbar wird im Berliner Bendlerblock sogar diskutiert, ausländischen Rekruten im Gegenzug zum Eintritt in die Truppe einen deutschen Pass anzubieten. Tenor: Wer bereit sei, für Deutschland sein Leben zu lassen, habe auch die Staatsbürgerschaft verdient.“
Das will man gleich kommentieren, entsteht doch im Kopf sofort das Bild von einer deutschen Fremdenlegion. Andererseits meldet sich das Gedächtnis mit dem Verdacht, so etwas schon einmal gelesen oder gehört zu haben. Ist also die Exklusivmeldung über Fremdenlegionäre für Deutschland doch nur eine olle Kamelle?
Nach kurzer Suche im Internet findet sich nach all den Artikeln diverser Medien, die die obige Meldung der Augsburger Allgemeinen auswerten, tatsächlich diese mehr als eineinhalb Jahre alte Überschrift in der Welt: „Bundeswehr wirbt um Schulabbrecher und Ausländer“. Unter dieser Schlagzeile aus dem Dezember 2016 wird davon berichtet, dass Staatssekretär Gerd Hoofe im Auftrag von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine „Personalstrategie der Bundeswehr“ erarbeitet hat. Ein wesentlicher Inhalt sei die „Öffnung der Bundeswehr für neue Zielgruppen“. Dazu werde man auch die Möglichkeiten „der Öffnung für EU-Staatsbürger als Soldaten“ prüfen.
Also ging es seinerzeit nur um EU-Bürger. Die Pläne, über die die Augsburger Allgemeine ihre Mutmaßungen anstellt, scheinen darüber hinaus zu gehen. Insbesondere, wenn man mit dem deutschen Pass Bewerber in die Truppe locken will. Damit könnte man dann auch im Nachhinein das Soldatengesetz einhalten, das die deutsche Staatsangehörigkeit beim militärischen Dienst vorschreibt.
Ernsthaft diskutierte Idee?
Eine offizielle Bestätigung bekam die Augsburger Allgemeine für ihre Meldung allerdings nicht:
„Auf Anfrage unserer Redaktion sagte eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums: ‚Die Bundeswehr wird aufwachsen. Hierfür brauchen wir qualifiziertes Personal. Wir prüfen daher alle möglichen Optionen sorgfältig durch.‘ Zu Einzelheiten wollte sich die Sprecherin mit Verweis auf den laufenden Prozess nicht äußern.“
Dafür erfährt der Leser, wie ungelegen eine Diskussion über eine Öffnung der Bundeswehr gerade für die CSU wäre, weshalb auch Verteidigungspolitiker von CSU und SPD um Stellungnahmen zu dieser Idee gebeten werden. Die Reaktionen waren erwartbar: Natürlich sei das eine interessante und bedenkenswerte Idee, heißt es bei beiden, der CSU-Vertreter muss allerdings doch ein paar Bedenken in Bezug auf das besondere Treueverhältnis zwischen Staat und Soldat geltend machen. Besonders informativ war das nicht, diente aber vielleicht als Beleg, dass die angenommene Idee der Ausländerwerbung in der Tat eine im politischen Raum ernsthaft diskutierte Maßnahme ist.
Ist sie das nun? Bei der zitierten Nachricht handelt es sich ja anscheinend mehr um Spekulation als um gesicherte Information. Plausibel wäre es durchaus. Um deutscher Polizeibeamter zu werden, also die deutsche Staatsgewalt, wenn nötig auch im wörtlichen Sinne, muss man in vielen Bundesländern längst kein Deutscher mehr sein, nicht einmal EU-Bürger. Laut Polizeitest.de kann in Schleswig-Holstein, Hessen, Bremen und Hamburg jeder, der sich legal im Lande aufhält, Polizeibeamter werden. In den meisten anderen Bundesländern ist es für EU-Bürger problemlos möglich, für andere gibt es mehr oder weniger großzügige Ausnahmeregelungen. In Baden-Württemberg können sich Bürger ausgewählter Staaten, genau wie Deutsche, um Aufnahme in den Polizeidienst bewerben. Zu diesen Staaten zählen auch Algerien, Albanien, Kosovo, Irak und Russland.
Berliner Erfahrungen
Die Erfahrungen, die man in Berlin insbesondere mit türkischen und arabischen Polizeischülern an der Polizeiakademie gesammelt hat, könnten eigentlich ernüchternd wirken. Nicht nur der Umstand, dass offenbar kriminelle arabische Clans versuchten, einige ihrer Sprösslinge in den Polizeidienst zu schicken, machte im Herbst letzten Jahres Schlagzeilen. Auch die klare Diagnose eines Polizeiausbilders gelangte damals an die Öffentlichkeit:
„Deutschen Kollegen seien von Schülern ‚Schläge angedroht‘ worden. Er habe ‚wirklich Angst vor denen‘. Die Klage des – wirklichen oder vermeintlichen – Ausbilders gipfelt in dem Fazit: ‚Das wird ’ne Zwei-Klassen-Polizei, die korrupt nur sein wird.“ Und: „Das sind keine Kollegen, das ist der Feind. Das ist der Feind in unseren Reihen.“
„Der Feind in unseren Reihen“ sollte eigentlich kein erstrebenswertes Modell sein, doch die Werbung um mehr Migranten im Polizeidienst, gern auch mit Abstrichen bei den Einstellungsvoraussetzungen, ist in Deutschland weiterhin vielerorts politisches Programm. Die Berliner Vorgänge seien eben, wen wundert es, „Einzelfälle“.
Doch jetzt ging es ja um die Bundeswehr. Da wird dann bestimmt im Vorfeld besser überprüft, als bei der Berliner Polizei, denn der „Feind in den eigenen Reihen“ ist auch beim Militär alles andere als erstrebenswert. Wenn schon die Panzer und Schiffe nicht richtig fahren, die Hubschrauber und Flugzeuge nicht richtig fliegen können, dann sollte doch wenigstens in der Mannschaft alles stimmen.
Eine ernste Frage
Aber gibt es nicht auch Vorteile, wenn man nun wirklich unter den vielen, vielen Ausländern, die zu uns gekommen sind, um Rekruten werben würde? Manche der vielen jungen Männer zeigen ja schon tagtäglich ihre Kampfbereitschaft auf deutschen Straßen. Die könnten sie in der Truppe vielleicht sinnvoller einsetzen. Und bei dem einen oder anderen Auslandseinsatz wäre durchaus auch eine heimatnahe Verwendung möglich. Aber das sähe dann wirklich nach einer deutschen Fremdenlegion aus. Dieser hässliche Name ginge gar nicht. Wie wäre es stattdessen mit „Willkommenslegion“?
Aber genug mit solch unernsten Gedanken. Die Idee, die Willkommenskultur auch innerhalb der waffentragenden Vertreter der Staatsmacht und in der Bundeswehr auszurufen, könnte leider am Ende nur allzu ernst gemeint sein. Warum muss man von dem sinnvollen Grundsatz abweichen, dass jemand, der den deutschen Staat vertritt, auch dessen loyaler Bürger sein sollte?
Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de