Roger Letsch / 29.10.2021 / 12:00 / Foto: Σ" / 126 / Seite ausdrucken

Eine linke Ikone sieht doppelt rot

Der bald 93-jährige Noam Chomsky, Abgott der linken Welterklärung, hält Ungeimpfte für potenzielle Killer und schlägt vor, sie „abzusondern".

Sie werden vielleicht nach der Relevanz für deutsche Verhältnisse fragen, wenn ein 93-jähriger emeritierter MIT-Professor, mal wieder autoritäre Sprüche klopft. Was geht uns das an? Eine Menge, denn das autoritäre Borstenvieh in der Politik säuft überall aus dem gleichen Trog, und die Begründungen und Gedanken von Noam Chomsky, einem Abgott der linken Welterklärung, sowie seine schrägen Vergleiche findet man allenthalben in Wortgefechten, Parlamentsreden, Verschärfungsforderungen und Freiheitseinschränkungen. Noam Chomsky ist ein Phänomen, ein Medienguru, ein Heilsbringer geradezu, und er weiß, wie er sich seinen Anhängern verkaufen muss, um immer in der Sonne seiner weisen Ratschlüsse zu stehen.

Zwar ist das hier nicht das Thema, aber wer seine Wirkmacht psychologisch untersuchen will, der schaue sich mal dieses Interview mit ihm an, in dem er Zuschauerfragen beantwortet. Was man nicht alles von ihm wissen will! Filmkritik, Impfung, Aliens, Blockchain… Wer ein echter Guru oder Religionsstifter ist, der hat Antworten für alle Aspekte der Realität. Hinter Chomsky läuft eine ganze Armada politischer und kultureller Institutionen her, um des Meisters Wort Realität werden zu lassen.

Doch kommen wir zu den Ideen Chomskys, an denen sich mein liberaler Geist gerade heftig geschnitten hat. Wieder eine Interviewsituation, wieder prasseln die Fragen auf ihn ein, wieder heißt es „Meister, was sollen wir tun?“. Es geht – wie könnt es anders sein – um Covid und um die Mandatierungen der Impfung. Die Bauchschmerzen mit diesem autoritären Übergriff des Staates sind beiderseits des Atlantiks erheblich, ebenso wie der Kadavergehorsam staatsgläubiger Lefties, alles Punkt für Punkt auszuführen, was die Obrigkeit verlangt. Ob es sich nun um die Panikmache à la Lauterbach oder die cringe (Jugendwort des Jahres immerhin) Rhetorik eines Joe Biden handelt, ist dabei unerheblich. Den gordischen Knoten „Machtmissbrauch durch Mandatierung“ (immerhin sieht er die Gefahr) versucht Chomsky mit einem Vergleich durchzuschlagen. Sich nicht impfen zu lassen, sei wie eine rote Ampel zu überfahren. Das könne man machen, aber dann müsse die Gesellschaft sich eben wehren. Und um dem Ampelrowdy gleich den richtigen Stempel zu verpassen, legt Chomsky nach:

„If people want to feel free to kill others, sorry, community has a right …the workforce has a right to defend themselves against them. If you want to feel free to kill others, go somewhere else.“

Der Autofahrer an der Ampel ist ja zumindest offensichtlich „bewaffnet“. Aber ob jemand ohne Impfung tatsächlich „scharf geladen“ im Sinne einer Covid-Infektion ist, darf doch sehr bezweifelt werden. Die Selbstermächtigung zur Gewaltanwendung, wie Chomsky sie versteht, richtet sich also gleich mal gegen Menschen, die bewaffnet sein könnten! Lassen wir das besser nicht den Anwalt von Alec Baldwin hören!

An der Stelle wurde sogar mal der Moderator des Videos etwas skeptisch und wandte ein, das Virus könne ja von Geimpften wie von Ungeimpften übertragen werden. Das sei unwahrscheinlich, meint Chomsky und niemand ist da, der ihm diese statistisch grundfalsche Behauptung um die Ohren haut. Wir lernen: Wahrscheinlichkeiten kommen nur ins Kalkül, wenn man sie zur Begründung staatlicher Zwangsmaßnahmen braucht.

Ungeimpfte „Killer“ absondern?

Chomskys Vergleich der Impfmandate mit der Straßenverkehrsordnung ist dem Moderator des Interviews nicht als merkwürdig aufgefallen. Doch seit wann wird aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, wer eine rote Ampel überfahren hat? Darf man dann nicht mehr in Restaurants, Kinos, zur Arbeit oder ins Flugzeug steigen? Ist es nicht vielmehr so, dass man – falls erwischt – die Strafe bezahlt, vielleicht ein Fahrverbot aussitzt und damit hat sich’s? Müssen Ampelverbrechern für den Rest ihres Lebens Kugeln ans Bein geschmiedet werden? Hier hinkt mehr als nur der Vergleich.

Doch Chomsky kommt jetzt erst richtig in Fahrt. Die Frage nach der praktikabelsten Lösung des „Problems Ungeimpft“ ist gestellt.

„They should have the decency to remove themselves from community. If they refuse to do that, then measures have to be taken to safeguard the community from them. Then comes the practical question that you ask: „how can we get food to them“. Well, that’s actually their problem. If they really become destitute then you’d have to move in with some measure to secure their survival, just as you do with people in jail. The issue is if people say „i want to be a killer, i don’t want to stop at a red light“, fine, do somewhere, you not endangering the community.“

Absondern müssten sich diese ungeimpften „Killer“, und wenn sie dies nicht freiwillig tun, dann müsse man eben Maßnahmen ergreifen. Ist wie bei einer Verkehrskontrolle, nur anders. Und die Versorgung der Abgesonderten? Ist deren Problem, meint Chomsky. „Unseres“ ist es nur in dem Sinne, wie man sich ja auch um Gefangene kümmern müsse. Bei Chomsky brennt nicht mal mehr ein rotes Ampellicht, da ist offensichtlich die Hauptsicherung durchgebrannt.

So oder ähnlich äußert sich die Politik natürlich allenthalben, auch wenn bisher nur Australien so weit gehen wollte, „Absonderungslager“ für solche Zwecke einzurichten. Interessant ist das „wir“ in Chomskys Formel, auch wenn es nicht explizit genannt wird. Er bleibt sehr unbestimmt im „have to be“, das „wir“ macht sich nicht gern die Hände schmutzig mit solchen polizeilichen Maßnahmen. Er ist sich aber doch sehr sicher, das Recht zu haben, in dieser Weise zu raten. Niemand hat ihn ermächtigt, aber das „wir“ würde sich nur zu gern auf ihn berufen. Chomskys Ideen könnten in den Herzen neoautoritärer Covid-Regime einen Ehrenplatz einnehmen wie die Ideen Rousseaus in denen der Terroristen der Französischen Revolution.

Unterdessen in der Realität

Während Noam Chomsky die Ampelsünder und Impfverweigerer aus der Gesellschaft treiben möchte, ändert die CDC – die amerikanische Gesundheitsbehörde – gerade langsam, aber sicher die Regeln für die Mitgliedschaft in der „Gemeinschaft der Rechtgläubigen“. Und weil die verdammungswürdige Verschwörungstheorie von heute die Realität von übermorgen abbildet, meldet CNN: „Immungeschwächte benötigen möglicherweise eine vierte Covid-19-Impfung“. Zum Glück ist Amerika weit genug weg, und was dort stattfindet, gemeldet, angedeutet oder beschlossen wird, hat überhaupt nichts mit uns hier in Deutschland zu tun. Passen Sie nur immer schön auf, liebe Leser, dass Sie weiterhin dazugehören. Nicht dass man Sie eines Tages noch absondern muss. Es wird dann nämlich Ihr Problem sein.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

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Leserpost

netiquette:

Armin Reichert / 29.10.2021

Die Grammatik für seinen Verstand hat offensichtlich am Ende nur das leere Wort produziert.

Dietrich Herrmann / 29.10.2021

Dann sollten sich die potenziell Abzusondernden so langsam mal bewaffnen.

Dietrich Herrmann / 29.10.2021

Weiß der Herr eigentlich, dass er sich damit selbst zum Erz-Faschisten stempelt? (Internierungslager, Konzentrationslager…) Demenz ist das nicht, sondern ganz was Anderes.

Jochen Brühl / 29.10.2021

Das scheint ja ein geistesverwandter von Jürgen Habermas zu sein. Ich glaube, der ist auch 93. Jahre alt. Ist der Facebook und Twitteraccount von diesem Chomsky auch schon gelöscht oder ist das jetzt eine zu naive Frage?

Frank Baumann / 29.10.2021

Ist doch schön, wenn mal jemand die Wahrheit sagt. Ist hier eine freie Wahl vorgesehen: Lager oder Fußfessel? Und heute Abend gehe zu einem linksgrünen Stuhlkreis, wo sich alle in nachhaltiger Umgebung gegenseitig glaubhaft versichern, wie heldenhaft sie 1933 Widerstand geleistet hätten.

Olaf Hüffner / 29.10.2021

Der Vergleich Chomsky´s hinkt. Er suggeriert, dass jeder der eine rote Ampel überfährt ein Mörder (“Killer”) ist. Es müssen in einem Rechtsstaat Kausalitäten dargestellt werden. Fakt ist, dass Geimpfte genauso wie Ungeimpfte - egal um welche Impfung es sich handelt - Krankheitserreger weitergeben können. Keine Impfung ist zu 100% in der Lage, Infektionen und ggf. Erkrankungen zu verhindern. Sie kann nur die Wahrscheinlichkeit schwerer Verläufe bei Erkrankten oder die Menge an Erregerausscheidungen bei Geimpften verringern. Zu einer wissenschaftlichen Abwägung gehört auch das Risiko von einfachen und schweren Nebenwirkungen in eine Impfung mit einzubeziehen, d.h. ist die wissenschaftlich nachgewiesene Wirkung der Impfung in einem medizinisch vertretbaren Verhältnis zu den Risiken der Nebenwirkungen darstellbar.  Sollte das nicht der Fall sein und überwiegt politische Einflussnahme ist die Frage, wer hier rote Ampeln überfährt und der “Killer” ist.

Richard Loewe / 29.10.2021

Chomsky war der Guru eines meiner Linguistikprofessoren und ich habe ihn (beide) schon früh verachten gelernt. Ich frage mich immer, wie es kommt, daß selbst gebildete Menschen auf solche Scharlatane reinfallen. Chomsky hat einfach das vielen unangenehme “collective” durch das warme “community” ausgetauscht und hält dadurch das marxistische Gulag am Leben. Für alle, die ein wenig Hoffnung brauchen: bitte die Governor-Wahlen in Virginia verfolgen. Die galten für die Democrats als nicht verlierbar. In Amerika ist die Kollektivismus am gehen - dank DJT.

Helmut Driesel / 29.10.2021

  Na ja, in dem Alter macht sich ein Jude Sorgen, dass er so wenig vom religiösen Glauben seines Volkes gehalten hat. Soweit ich informiert bin, haben die Juden aber keine Hölle, sie rotten im Falle göttlicher Ungnade einfach unerlöst in ihren Gräbern dahin. Also mich an seiner Stelle wurde das beruhigen.

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