Gastautor / 07.10.2011 / 08:42 / 0 / Seite ausdrucken

Eine Lanze für Koch-Mehrin

Von Rolf W. Puster

Seit das ARD-Magazin „Panorama“ kürzlich darüber berichtet hat, dass die Europa-
Abgeordnete Koch-Mehrin seit fast zwei Jahren bei den Sitzungen im Petitionsausschuss des
Parlaments fehlt – dem einzigen Ausschuss, dem sie als Vollmitglied angehört –, werden
unschöne Attacken gegen die notorisch ‚schön‘ genannte FDP-Politikerin geritten. Ihr Fehlen
wird quer durch die deutsche Medienlandschaft als ‚Schwänzen‘ diffamiert, und die „Welt“
sieht sich durch diese Enthüllung sogar zu dem Urteil berechtigt, dass sich die ‚Vorzeigefrau
als Blenderin entpuppe‘.
Nehmen wir an, der ARD-Bericht gibt die Fakten korrekt wieder. Haben wir dann Grund, uns
in Ton und Inhalt dem dadurch ausgelösten hämischen Kesseltreiben gegen Frau Koch-
Mehrin anzuschließen? Meine Antwort lautet: Nein! Es sieht nämlich nur vordergründig so
aus, als läge hier ein Fall von Pflichtvernachlässigung vor, erschwerenderweise begangen in
einem ohnehin fürstlich dotierten, keine nennenswerten Anforderungen stellenden Job. Diese
Oberflächensicht ist zugeschnitten auf kleinbürgerliche Neidinstinkte, und die so geweckten
Affekte können gegen die FDP als Hort des Neo-Liberalismus instrumentalisiert werden (ein
Verdacht, der angesichts des Umstandes, dass die investigative Energie von „Panorama“ den
Stein ins Rollen gebracht hat, geradezu auf der Hand liegt).
Also wieder einmal ein Fall von wohlfeilem FDP-Bashing, nur ein medialer Routinezug ohne
tiefere Bedeutung? Abermals: Nein! Es geht um etwas Größeres, Edleres! Nicht um die
Diskreditierung der Splitterpartei FDP, sondern um die Diskreditierung einer zentralen
liberalen Einsicht: „So lange das Parlament tagt, sind Eigentum und Freiheit in Gefahr.“ (So
oder ähnlich haben englische Whigs es auf den Punkt gebracht.) Der heimliche und
eigentliche Zielpunkt der Koch-Mehrin-Kampagne ist demnach nicht ein Zuwenig an
deutscher Arbeitsmoral, sondern ein Zuviel an britischer Freiheitssensitivität.
Denken wir die Sache noch kurz zu Ende. Hätten wir mehr Koch-Mehrins in unseren
nationalen wie europäischen Gremien und Parlamenten, Menschen also, die zum Dank dafür,
dass wir sie überflüssigerweise durchfüttern, uns wenigstens nicht durch politische Arbeit das
Leben schwer machen, so ginge es uns allen besser. Die Einbuße an ‚Eigentum und Freiheit‘,
die von einigen hundert arbeitsscheuen Drohnen ausginge, wäre weitaus leichter zu
verschmerzen, als die bienenfleißige Betriebsamkeit, welche uns unproduktive Bürokratien,
produktivitätshemmende Paragraphen und produktivitätsvernichtende Entscheidungen ohne
Ende bescheren.
Der wackere Frank Schäffler kämpft gegen die Folgen eines politisch hypertrophen
Eurozentralismus – die verkannte Silvana Koch-Mehrin packt hingegen mit ihrer subtilen
Subversivität das Übel bei der Wurzel. Daher: Ehre, wem Ehre gebührt!

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