Wenn viele Tüten Chemikalien zusammenkommen und untereinander agieren und aufeinander reagieren, bilden sich immer Ordnungssysteme. Das ist bei Einzellern so wie auch bei den hochentwickelten Säugetieren. Aufklärung und Wissenschaft sind auch immer in Teilen Instinkt gesteuert. Unsere Instinkte bilden ein unsichtbares Schutzschild, das über lange Zeiträume unser Überleben gesichert hat. Also keine vorschnelle negative Bewertung. Die Parole „sich gut fühlen“ wird gezielt von ganz anderen Leuten ausgegeben und in ganz anderer Absicht.
Konnte Wöhler auch Vogelgesang oder eine Liebesbeziehung synthetisieren? Es findet keineswegs eine gedankliche Idealisierung der Natur statt, vielmehr ist die"Naturwissenschaft” ein solches Konstrukt. Die Menschen erfahren vielmehr die Natur(insbesondere Tiere) und sehen, wie persönlich und personenähnlich sie ist, im Vergleich zur technisierten Stadtumgebung. Sicher ist der Missbrauch dieses Empfindens durch Marketing Agenturen schäbig, macht aber die ursprüngliche, individuelle Wahrnehmung nicht zunichte. Sie sind ein Relativist der übelsten Sorte und tragen zur Erosion edelster Werte bei, die über Jahrtausende mühsahm entwickelt wurden.
Liebe Frau Steinkirchner, Danke fuer die Korrektur. Da kam halt der Arzt durch. Novartis hat mit Romantik sowenig am Hut wir Pfizer, Roche oder Merck, und Georg Phillip Friedrich von Hardenberg war auch kein Pharmazeut ;-)
@Uwe Zind Es ist richtig, daß solch eine Formulierung verstörend wirkt. Und für die Bewertung von Menschenleben wirklich verheerend. Es geht wohl in dieser Bemerkung darum zu zeigen, daß in Lebewesen wie dem Menschen chemische Prozesse ablaufen, die man verstehen kann. Und daß die Chemie nur einen Bruchteil dieser Substanzen erzeugt.
Die Behauptung ...,dass alle Lebewesen im Grunde genommen kaum mehr als eine Tüte Chemikalien sind, die reagieren, sich verändern und Abfall produzieren.” ist ein schwerer Kategorienfehler. So betrachtet: Wer braucht Menschenrechte für eine Ansammlung Chemikalien? Das ist Menschenverachtung.
Unser Gefühlsleben, gesteuert durch Instinkte, die in der Steinzeit sinnvoll waren, ist unfähig, mit Aufklärung und Wissenschaft umzugehen. Der Umgang mit Wissenschaft und Aufklärung wiederum ist enorm anstrengend, nicht jedem zugänglich und fühlt sich emotional nicht gut an. Der Zeitgeist fordert uns unentwegt auf, nur zu tun, was sich “gut anfühlt”; intellektuelle Disziplin ist absolut uncool. Das katastrophale Ergebnis sehen wir hier und in vielen anderen Bereichen.
Zu Gunter Frank: Kleine Korrektur einer besserwisserischen Lehrerin: Es heißt doch “Novalis” und nicht “Novartis”?
Lieber Herr Warner, als Arzt und Autor von Ernährungsbüchern kann ich Ihnen nur zustimmen. Nur eine für das Verständnis wichtige Korrektur: die Verklärung der Natur als neuer Gott kommt nicht aus der Romantik. Die wollte Traditionen bewahren. Novartis forderte sogar die Rückkehr zur Ständegesellschaft. Nein, diese neue Religion ist ein dümmlicher, aber gefährlicher Irrweg, der sich auf die Aufklärung bezieht und diese missbraucht. Besonders Fahrt nahm sie auf, als um 1900 der neue Mensch postuliert wurde, frei von den Zwängen der Tradition (und damit auch der Biologie). Man durfte mit allem brechen, auch mit dem Anstand, wenn es höheren Zielen dient. Selbstredend sehr attraktiv für totalitäre Systeme, die dies dann auch dankend aufgriffen. Diese Naturverklärung war eine der Grundsäulen des Nationalsozialismus, der 1933 sofort eine Reichsvollkornkammer einsetzte. Heute kommt sie linksgrün daher. Es sind dieselben Mechanismen. Bon Appétit Ihr Gunter Frank
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