Ein Brief an Jeff Bezos, den Fürsten von Amazon

Lieber Jeff Bezos,

ich liebe Buchläden. Ich habe mindestens ein Viertel meines Lebens glücklich damit verbracht, in ihnen zu schmökern, zu shoppen, zu träumen, Vorlesungen anzuhören – und auch meine eigenen zu geben. Einmal habe ich mich in den umfangreichen Bücherregalen des „Books and Books“ in Coral Gables, Florida verloren und musste sanft zum Publikum geführt werden, das immer noch geduldig auf den Beginn meiner Lesung wartete.

Ich verliere mich in Büchern, nicht in Sternen.

Mit der Zeit verschwand ein unabhängiger Buchladen nach dem anderen, sie wurden Opfer der Buchhandelsketten. Jetzt, zu Corona-Zeiten, sind viele Läden pleite gegangen oder haben für immer geschlossen.

Und so kam es, dass ich Online-Buchläden lieben lernte. Besonders Ihr Amazon, weil es auch noch so viel anderes Zeug verkauft. Aber ach, ist meine Liebe so unerwünscht, mein Geschäft so unbedeutend?

Der Amazon Bookstore hat potenzielle Bewertungen und Rezensionen für mein neues Buch „Requiem for a Female Serial Killer“ abgelehnt und ich weiß nicht, warum.

Ich liebe Amazons Einfachheit. Alle meine zwanzig Bücher werden online bei Amazon (ebenso wie auch überall sonst) verkauft, sogar die, welche in den 1970ern, 1980ern und 1990ern veröffentlicht wurden, lange bevor Bücher eine Onlinepräsenz hatten oder auf ein Kindle heruntergeladen oder angehört werden konnten.

Wie dem auch sei, vier meiner Bücher („Women and Madness“, „Woman’s Inhumanity to Woman“, „The New Anti-Semitism“ und „An American Bride in Kabul“) haben zusammen ungefähr 800 „Bewertungen“ oder Rezensionen auf Amazon.

Mein neues Buch hat nur 16 „Bewertungen“ oder Rezensionen. Schön. Aber nicht so gut. Und warum? Weil unzufriedene potenzielle Rezensenten mir geschrieben haben (als ob ich Amazon kontrollieren würde), um mir zu sagen, dass ihre Rezensionen abgelehnt wurden und „nicht von diesem (ihrem) Account akzeptiert werden könnten“.

Einer Rezensentin wurde gesagt, dass ihre Kritik „nicht (Amazons) Community Standards entspricht“. Einige potenzielle Rezensenten wurden angewiesen, dass sie erst Dinge im Wert von 50 Dollar bei Amazon kaufen und außerdem beweisen müssten, dass ihre Kopien von Requiem bei Amazon gekauft wurden. Ist das wahr? Sie hatten sie dort gekauft, sie taten, was verlangt wurde, aber trotzdem wurden ihre Rezensionen immer noch nicht gepostet.

Ist das auch anderen passiert?

Die Rezensenten, die mich informiert haben, waren keine Verwandten oder Freunde. Eine war eine entfernte Kollegin, keine Freundin, und ihr wurde schließlich gesagt, dass ein „Bild“, welches sich an ihre Rezension angeheftet hatte, „unakzeptabel“ wäre. Sie hatte kein Bild angehängt. Wer war das? Ich habe dann schließlich jemanden, der mir nahesteht, gebeten, versuchsweise eine Rezension auf der Seite zu posten. Ihr wurde ebenfalls gesagt, dass ihre Rezension nicht annehmbar „von diesem (ihrem) Account“ wäre.

Welchen seltsamen Algorithmus könnte ich beleidigt haben? Könnte das ein politisches Problem sein? Aber was für eins? Wer hat dieses Problem? Die CIA? China? Russland? Zuhälter, die sich vor meiner in Requiem ausführlich vorgetragenen abolitionistischen Haltung zu sexueller Versklavung von Frauen fürchten? Neidische Konkurrenten mit seltsamer Kontrollmacht über Amazon? Wirklich? Ich finde diese Ideen alle ziemlich unwahrscheinlich.

Wurde gerade diese eine Seite gehackt?

Gloria Steinem empfahl das Buch, aber ihr Zitat ist noch nicht auf Amazon. Meine Verleger haben es schon vor fast einem Monat an Sie geschickt, aber es ist immer noch nicht aufgetaucht. „Barnes and Nobles“ zeigt es an. Was könnte Amazons Problem sein?

Sind sie so überlastet? Unterbesetzt? Hinken Sie einfach und bedauernswerterweise hinterher?

Oder ist es etwas, das ich geschrieben oder gesagt habe, entweder in diesem Buch oder vor langer Zeit in einem anderen?

Wer hätte gedacht, dass Sie sich dafür interessieren?

Lieber Jeff Bezos: Können Sie mir bitte helfen? Ich bin hier mit meinem Latein am Ende. Ich weiß, dass sich Bücher online nicht so gut verkaufen, wenn sie nicht so viele Rezensionen haben. Bitte, retten Sie meinen Tag.

Könnte mich bitte jemand anrufen, um diese außergewöhnliche Situation zu klären?

Dieser Beitrag erschien zuerst bei New English Review.

Foto: Phyllis Chesler

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Dr. Elke Schmidt / 22.01.2021

Da ich viele Behauptungen sofort versuche im Netz selbst zu überprüfen, tat ich das auch mit diesem Buch und rief das entsprechende Angebot bei Amazon auf. Es wurde hier ein fake news verbreitet! Es gibt nicht 16 Rezensionen, sondern 15.  Auf jeden Fall werde ich jetzt das Buch bestellen.

Bernd Ackermann / 22.01.2021

Nun ja, die meisten anderen Bücher von Phyllis Chesler haben auf amazon.com auch nicht viel mehr Rezensionen. Bei einem Thema, in dem es um Gewalt und Sex geht, liegt es nahe, dass in den abgelehnten Rezensionen zu viele Begriffe verwendet wurden die bei Amazon auf dem Index stehen, es könnte sich ja ein wokes Schneeflöckchen oder ein guter Christenmensch beleidigt fühlen. Ist ja kein Mensch der da sitzt und die tausenden von Rezensionen prüft sondern nur ein Stück Software. Der verlangte 50 Dollar Einkauf dürfte der Versuch sein gekaufte Rezensionen mit Fake-Accounts zu verhindern, die Chinesen, die ihren Ramsch bei Amazon verkaufen, treiben das ganz wild. Die korrekte Übersetzung für “Prince” wäre übrigens “Fürst”. (Anm. d. Red.: geändert in »Fürst«. Danke für den Hinweis.)

Claudia Maack / 22.01.2021

Es ist bizarr, dass normale Bürger, die wie Michael Kohlhaas an die höhere Gerechtigkeit glauben, sich die Mühe machen, ordentlich formulierte Beschwerden an angeblich Verantwortliche zu schreiben. Das landet ungelesen im Orbit. Interessiert kein Schwein. Nur Lob wird angenommen.  Alles andere ist Querulantentum. Gilt auch für deutsche Medien. Obwohl - die reißen sich manchmal noch zu einer patzig-belehrenden Antwort hin, in der sie dem Beschwerdeführer klar machen, dass er mal ein bisschen in sich gehen sollte, dann werde er schon begreifen, wie blöd seine Einlassungen sind und wie weise das Medium entschieden hat. Das dürfte auch bei Amazon der Fall sein. Die wissen besser, was gut ist für irgendwelche Autoren.

Bastian Kurth / 22.01.2021

Ach, Herr Bezos ist sooo beschäftigt, siehe Nachfolgende Info:Der weltweite Kampf gegen das Coronavirus geht weiter. Denn obwohl es seit einigen Wochen Impfstoffe gibt, stellt die Impfung von Zigmillionen Menschen natürlich eine gigantische organisatorische und logistische Herausforderung dar. Bei dieser Herausforderung will Amazon nun offenbar der neuen US-amerikanischen Regierung unter Joe Biden helfen. Diese hat sich zum Ziel gesetzt, in den kommenden 100 Tagen 100 Millionen Impfungen durchzuführen. Amazon will offenbar in Logistikzentren oder Filialen impfen Wie The Verge berichtet, hat Amazon schon recht genaue Vorstellungen davon, wie man das gemeinsame Projekt durchführen könnte: „Unsere Größe erlaubt es uns, sofort einen bedeutenden Beitrag im Kampf gegen COVID-19 zu leisten, und wir sind bereit, Sie bei diesem Vorhaben zu unterstützen“, wird Amazons globaler Betriebsleiter Dave Clark aus einem Brief an die Regierung zitiert. Demnach sei Amazon bereits mit einem Dienstleister aus dem Bereich Gesundheit zusammengekommen, um künftig Impfungen an hauseigenen Standorten durchführen zu können. An welchen Standorten genau Impfungen vorgenommen werden sollen, wurde nicht weiter ausgeführt. Allerdings stehen dem Konzern jede Menge Möglichkeiten zur Auswahl: angefangen bei hauseigenen Logistikzentren über seine Supermärkte bis hin zu eigenen Buchläden. Amazon könne „schnell handeln, sobald Impfstoffe verfügbar sind“, sagte Clark weiter. Amazon bietet umfangreiche Ressourcen an Und das ist offenbar noch nicht alles: Neben der eigentlichen Impfung vor Ort könne Amazon nach eigenen Aussagen auch an anderen Stellen helfen – etwa indem man Technologien, Informations- oder Kommunikationsressourcen zur Verfügung stelle, wo diese gebraucht werden. Auch mit Blick auf die logistischen Herausforderungen des Impfens, also die Verteilung der verfügbaren Impfstoffe, könnte Amazon helfen: Der Konzern besitzt über ein gut ausgebautes Logistiknetz, das darauf ausgelegt ist, auch zeit

Karl Eduard / 22.01.2021

Amazon treibt auch nur mit dem Zeitgeist und da ist es wie im virtuellen Leben. Wenn irgendwelchen Leuten etwas nicht passt, dann entfachen sie einen Shitstorm, um Amazon zu beeinflussen. Es geht ja auch normalen Buchhandlungen so. Nun bräuchte man als Onlinehandelsplattform vor solchen Spinnern nicht einknicken, tut man es aber doch heißt das, die Geschäftsführung liegt auf derselben Wellenlänge.

Wilfried Cremer / 22.01.2021

Hallo liebe Frau Chesler, Amazon steht, wie der Name sagt, für starke Frauen, nicht für böse. Man ist dort dem Zeitgeist doppelt unterworfen. Also lassen Sie das Zappeln sein!

Gerhard Schmidt / 22.01.2021

Falsch übersetzt: “Prince” heißt in diesem Zusammenhang “Fürst”! Typischer Anfängerfehler, hätte mein Englischlehrer jetzt gesagt… (Anm. d. Red.: geändert in »Fürst«. Danke für den Hinweis.)

Peter Robinson / 22.01.2021

Ich war 20 Jahre lange Amazon Kunde. Ich habe dort ca. 1.500-1.800 EUR im Jahr ausgegeben. Hauptsächlich für Bücher. In 2015 hat sich Amazon - für mich nichts anders als ein virtuelles KAUFHAUS - entschieden politisch aktiv zu werden, Bücher und Lieder zu verbannen. Wie ist das anders als Nazis, die Bücher verbrennt haben? Ein quasi Informationsmonopol, das politische Andersdenkende Berufsverbote erteilt werden. Viel schlimmer als dies, also dass einzelne wenige unliebsame Autoren attackiert werden, ist die Tatsache, dass Millionen wenn nicht weltweit Billionen Kunden nicht hören dürfen was gedacht, geschrieben und gesungen wird.  Es werden somit nicht nur die Autoren attackiert, sondern die Gesellschaft gesamtheitlich. Ohne jegliche juristische und demokratische Legitimation. Und es will keiner gemerkt haben. Und deswegen machen viele noch mit. Weil es bequem ist. Ich habe nur mit großer Mühe mein Konto schließen können - sie wollten eine Kündigung nicht akzeptieren. Seitdem kauf ich wo anders. Ich versuche bei Kleinhändler direkt zu kaufen - die durch Amazons Regime und Geschäftspraxis oft in ihrer Existenz gefährdet werden. Mancher werden diese Maßnahme belächeln - bringt nichts. Doch! Es bringt sehr viel. Ich kann mit Hand auf Herzen sagen. Ich habe diesen Unfug nicht mitgemacht. Sind Sie noch Mittäter?

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