Gestern im Reichstag.Als ich mit meinem Besuch von der Kuppel in die Fraktionsebene herunter kam, sah ich einen CDU-Presseaufsteller, der vor einer Stunde noch nicht dagewesen war. Ein paar gelangweilte Journalisten saßen herum, ein Kameramann prüfte den Lichteinfall. Mir war sofort klar, dass diese Vorbereitungen getroffen wurden für ein Interview mit dem „Gesundheitsexperten“ der CDU Jens Spahn, der es am Vortag durch Forderungen nach einem Zweibettzimmer für Kassenpatienten in die Medien geschafft hatte.
Richtig, als wir vor dem Fahrstuhl standen und die Türen sich öffneten, stürmte Spahn in froher Erwartung, life vor die Presse treten zu dürfen, heraus und rannte dabei meine französische Freundin um, die halb so groß ist, wie er. Spahn schien es gar nicht zu bemerken, jedenfalls eilte er ohne ein Wort der Entschuldigung weiter.
Ein Hinterbänkler, der es ins Scheinwerferlicht geschafft hatte, braucht anscheinend keine bürgerlichen Rücksichten mehr zu nehmen.
Was war die Botschaft, die Spahn für einen Augenblick ins Gerede gebracht hat?
Zweibettzimmer für alle Kassenpatienten, höchstens drei Wochen Wartezeit für einen Facharzttermin und Sterne für keimarme Krankenhäuser!
Donnerwetter! Da muss man schon „Gesundheitsexperte“ sein, um solchen Unsinn von sich zu geben. Was hat der Mann getan, um auch nur ein rudimetäres Wissen über die Zustände im Gesundheitswesen zu erlangen?
Zweibettzimmer für Schwerstkranke, mit denen Spahn argumentiert, sind längst die Regel. Die Terminvergabe der Ärzte ist nicht Sache der Politik, die Krankenhauskeime sind es auch nicht.
Warum kümmert sich Spahn nicht um die wirklichen Probleme, die im Gesundheitswesen überreichlich vorhanden sind?
Wirksame Maßnahmen, um die Kostenexplosion einzudämmen, etwa indem man die Finanzierung von Mehrfachuntersuchungen abschafft, die kostenlose Mitversicherung von im Ausland lebenden Familienangehörigen in Deutschland lebender GKV-versicherter Ausländer beendet? In Deutschland werden Familienangehörige aus 16 Ländern kostenlos behandelt. Eine Tatsache, die der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist, weil sie von Politik und Medien wie eine geheime Verschlusssache behandelt wird.
Statt Kosten zu senken, schlägt Spahn munter eine weitere Kostenspirale vor, die eine substantielle Beitragserhöhung erfordern würde.
Kein Wunder, der Mann ist noch nicht eine Minute in seinem Leben produktiv gewesen. Als er 2002 in den Bundestag kam, war er der jüngste Bundestagsabgeordnete aller Zeiten, was ihn so beeindruckte, dass er jeden Kollegen persönlich darauf hinweisen musste.
Was soll aus solchen Polit-Krüppeln werden, wenn sie eines Tages kein Mandat mehr ergattern können? Politikberater? Aber wer will schon solche „Experten“?