Stefan Frank / 15.03.2022 / 16:00 / Foto: Pixabay / 12 / Seite ausdrucken

Düngemittel vom Toten Meer: Wie Israel hilft, die Welt zu ernähren

Der Ukraine-Krieg führt schon jetzt zu weltweit spürbaren Importausfällen und Preissteigerungen im Energie- und Getreidesektor. Experten befürchten Ähnliches im Düngemittelbereich.

Konsumenten in Europa spüren schon jetzt die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und der westlichen Sanktionen gegen Russland, vor allem beim Tanken und Heizen. Eine mögliche Knappheit, die bislang wenig beachtet wird, betrifft Kaliumkarbonat, das auch als Kalidünger oder mit dem englischen Begriff potash (Pottasche) bezeichnet wird.

Kaliumkarbonat wird vor allem als Düngemittel eingesetzt, findet aber auch zahlreiche Anwendungen darüber hinaus: Es konserviert Lebensmittel, entzieht Kakao oder Wein einen Teil der Säure und wird bei der Herstellung von Glas und Farben, als umweltfreundliches Auftaumittel oder als genehmigter Tabakzusatzstoff für Schnupftabak benötigt.

Als Grundstoff für die Produktion von Düngemitteln ermöglicht Kaliumkarbonat die Landwirtschaft, die uns Menschen – derzeit sind wir acht Milliarden – ernährt.

Es ist deshalb nicht unerheblich, dass Russland und Weißrussland fast 40 Prozent der weltweiten Produktion auf sich vereinen. Ein Teil dieser Produktion, so steht zu befürchten, könnte dem Weltmarkt entzogen werden, und zwar mit möglicherweise verheerenden Folgen für die Versorgung mit Lebensmitteln.

Eine Verknappung dieses wichtigen Produktionsgrundstoffs wäre ein weiteres Problem zu den zwei bereits bekannten: Russland ist der größte Weizenexporteur, die Ukraine der fünftgrößte. Zudem treiben die steigenden Dieselpreise die Produktionskosten der Landwirte weltweit in die Höhe.

Viertgrößter Exporteur der Welt

Nach Angaben der kanadischen Regierung betrug im Jahr 2020 Kanadas Anteil am Weltmarkt von Kaliumkarbonat 31,8 Prozent. Es folgten Russland und Weißrussland mit zusammen knapp 38 Prozent, angeführt vom russischen Konzern Uralkali. Dahinter lag China mit 10,4 Prozent.

Israel produzierte 2020 knapp vier Millionen Tonnen Kaliumkarbonat und hatte damit einen Weltmarktanteil von 5,5 Prozent. Dicht dahinter liegt Jordanien. In der EU gibt es eine Produktion in Deutschland (K+S) und eine in Spanien. Da China ein Nettoimporteur ist, ist Israel der viertgrößte Exporteur der Welt, wenn auch mit großem Abstand zu den drei großen.

Israel und Jordanien schöpfen beide ihr Kaliumsalz aus derselben Quelle: dem Toten Meer. Das Unternehmen auf der israelischen Seite namens Dead Sea Works gehört zum israelischen Konzern ICL Group (Israel Chemicals), der auch in anderen Ländern, darunter Spanien, tätig ist.

Auf der jordanischen Seite ist die Arab Potash Company (APC) aktiv. Die 1956 gegründete Arab Potash Company ist eines der wenigen international bekannten jordanischen Unternehmen und der mit Abstand größte Arbeitgeber und Steuerzahler in dem strukturschwachen Land.

Eines der längsten Fließbänder der Welt

Dead Sea Works wurde 1930 von Mose Nowomeisky unter dem Namen Palestine Potash Company gegründet. Nowomeisky hatte schon zu Zeiten des Osmanischen Reichs am Toten Meer Experimente durchgeführt, um festzustellen, ob sich das Wasser wirtschaftlich nutzen lässt.

Im August 1929 erhielt er vom britischen Hochkommissar im damaligen Mandatsgebiet eine 75-jährige Konzession, nachdem er zuvor die Finanzierung gesichert hatte. 1951 wurde das Unternehmen verstaatlicht, Ende der 1990er Jahre wieder privatisiert.

Touristen, die heute von einem der Hotels am südwestlichen Ufer des Toten Meeres auf das Wasser blicken oder darin baden, wissen oft nicht, dass es sich dabei um die „Saline Nr. 5“ der Dead Sea Works handelt. Da der Meeresspiegel wegen des Versiegens des Jordanzustroms jedes Jahr um einen Meter sinkt, sind große Teile des Toten Meeres heute ausgetrocknet.

So wäre es auch vor den Hotels der Fall – und dadurch wohl keinen Tourismus am Toten Meer –, würden die Dead Sea Works nicht Wasser über einen Kanal dorthin leiten. In der Saline verdunstet das Wasser, Salzstücke (Carnallit) sinken zu Boden und werden von einem Schwimmbagger eingesammelt und zur Weiterverarbeitung in die Fabrik bei Sodom gebracht.

Der daraus gewonnene Kalidünger ist weiß, wird aber teilweise rot eingefärbt, um auch für Kunden, denen diese Farbe besser gefällt, attraktiv zu sein. Über ein Fließband – mit 18 Kilometern Länge eines der längsten der Welt – wird der Dünger zu einem Bahnhof transportiert. Das Fließband wurde extra auf einem Gerüst errichtet, um die Routen der dort lebenden Tiere nicht zu behindern.

Güterzüge bringen den Dünger dann entweder zum Hafen von Aschdod (für den Transport nach Westen) oder nach Eilat (für den Transport nach Osten). Von dort wird er in fast alle Länder der Welt exportiert.

Weitere Erfolgsgeschichte des Zionismus

Vor dem derzeitigen politischen Hintergrund kommt diesem Export große Bedeutung zu. Gegen Kalidünger aus Weißrussland haben die EU und die USA bereits Sanktionen verhängt. Ob solche auch gegen Lieferungen aus Russland ausgesprochen werden, ist noch ungewiss. Ein Ausfall wird auf jeden Fall Folgen haben.

Russland und Weißrussland „sind ein entscheidender Kalilieferant nicht nur für Europa, sondern auch für Afrika, den Nahen Osten und Indien. Sogar Brasilien importiert einen erheblichen Teil seines Kalis aus diesem Teil der Welt“, sagt David Laborde, leitender Forscher am Washingtoner International Food Policy Research Institute. Die nächste Ernte könne vielerorts leiden, befürchtet er.

Obwohl Kalidünger aus dem Toten Meer – also aus Israel und Jordanien – weniger als zehn Prozent der weltweiten Produktion ausmacht, könnte er noch viel wichtiger werden, als er es jetzt schon ist. Freilich ist zu hoffen, dass es zu einer Knappheit erst gar nicht kommen wird.

So oder so, das Unternehmen Dead Sea Works ist in der Region am Toten Meer der einzige Arbeitgeber, der langfristige berufliche Stabilität bietet. Nach eigenen Angaben sichert es die wirtschaftliche Existenz von über 30.000 Familien im Negev.

Dass dort, am tiefsten Punkt der Erde, buchstäblich aus dem Nichts etwas geschaffen wurde, das nicht nur für Israel, sondern für die gesamte Menschheit so immens wichtig ist, ist eine weitere Erfolgsgeschichte des Zionismus.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

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Gabriele Klei / 16.03.2022

“Es ist deshalb nicht unerheblich, dass Russland und Weißrussland fast 40 Prozent der weltweiten Produktion auf sich vereinen. Ein Teil dieser Produktion, so steht zu befürchten, könnte dem Weltmarkt entzogen werden, und zwar mit möglicherweise verheerenden Folgen für die Versorgung mit Lebensmitteln.” Erst mal Danke für hochinteressanten Artikel.  @ Dr. Brosowski, Danke f. interessanten Kommentar. Apropos Dünger:  Mir scheint hier tut sich eine Marktlücke auf für das Teutsche Land, wo nach DIN bald nichts mehr geht, bis aufs…......?.........Pinkeln!  Also nichts wie los um die Düngemittel Marktnische zu erschließen. Ja, und jetzt kommt mir noch was… Könnte es denn sein, dass sich hinter dem Ukrainekonflikt nichts andres verbirgt, als der Wunsch gewisser Kreise, sich auf Kosten Andrer auf Rang 1 der Weltwirtschaft zu pinkeln ? Ich meine Russland und Weißrussland wären ja jetzt als Konkurrent in Sachen globaler “Düngung” schon mal weg.

R. Reiger / 15.03.2022

Folge von Klimapolitik, Corona Lockdowns, alles schon letztes Jahr:  Energiepreise und Düngemittel: Erdgas ist die billigste Quelle für die Synthese von Ammoniak. Dies macht 70 bis 90 % der Produktionskosten aus. Die Erdgaspreise sind schon 2021 (!!!) um über 300 % gestiegen, was zur Schließung von Stickstoffanlagen in der EU geführt hat. 09.2021: Der europäische Dünger-Gigant Yara kündigte an, die Ammoniumproduktion wegen der hohen Kosten um 40 % zu reduzieren. 12.2021: Yara hat die Ammoniakproduktion wieder hochgefahren, da in den vergangenen Wochen die Preise für Stickstoffdünger kräftig gestiegenen sind. Ende 2021: Das russische Finanzministerium hatte bereits im November mitgeteilt, den Export von Stickstoff- und Phosphatdüngemitteln stärker zu regulieren, um den russischen Markt besser zu versorgen und die Preise für die Bauern zu drücken. Zuletzt zu Ammoniumnitrat, Phosphor und Kali: Auf Russland entfallen immerhin 13 Prozent des Welthandels mit Dünger-Zwischenprodukten und 16 Prozent des Handels mit fertigen Düngemitteln. Sehr schwerwiegend sind die Folgen bei Ammoniumnitrat, denn Russland bestreitet insgesamt 40 % der weltweiten Exporte. Außerdem ist Russland mit 17 % des weltweiten Handels ein wichtiger Lieferant von Phosphaten bzw. Phosphordünger. Auch die globale Kaliversorgung ist gefährdet. Hier kommt Russland ebenso wie Weißrussland auf rund 20 % der globalen Handelsmenge, also zusammen auf 40 %. Die Probleme sind somit viel elementarer: Welthungerhilfe: Schon 2021 (!!!!!) sind die Preise für Lebensmittel weltweit teils um 28 % gestiegen. Für viele arme Länder kann der Preisanstieg zu Hungersnöten führen. Das zeigt der aktuelle Nahrungsmittel-Preisindex der FAO. Die Gründe: Logistische Probleme, hohe Energiepreise und teure Düngemittel. Die Preisanstiege tragen dazu bei, dass weltweit bis zu 811 Millionen Menschen hungern und über zwei Milliarden an Mangelernährung leiden werden. Es wird die Hölle auf Erden: Gut wenn Israel hier hilft.

Claudius Pappe / 15.03.2022

Das Kali Embargo war schon lange bevor Putin zu den Waffen griff, wie vieles andere auch…..........................nun hat man aber einen Schuldigen gefunden. ( darf ich sowas auf der Achse noch schreiben ? ....oder muß ich zuerst die Lügenbock * ’ #” ( ) in huldigen ?

Arne Ausländer / 15.03.2022

Mit Kali versorgte auch die DDR “die Welt”, v.a. über die Kali-Kippanlage im Wismarer Hafen. Um die Schließung des Kali-Bergwerks in Bischofferode gab es 1993 die ersten großen sozialen Kämpfe nach dem Anschluß der DDR und der Übertragung der formal volkseigenen Betriebe an die westdeutsche Konkurrenz. Aber in Zielitz bei Magdeburg läuft der Abbau weiter, von den Gruben im Westen ganz abgesehen. Also, wenn hierzulande selbst Kali knapp werden sollte, sind wir wohl längst an anderen Mängeln verstorben.

Dr. Gerd Brosowski / 15.03.2022

Ein schöner Artikel, der in vielerei Hinsicht Mut macht. Bis weit ins zwanzigste Jahrhundert hinein dürften die Deutschen in ihren Hausgärten Selbstversorger in Sachen Kaliumkarbonat (Pottasche) gewesen sein. Denn dieses kommt reichlich in der Holzasche vor, und sie wurde jeden Tag vorm Feuermachen im Garten oder in den Balkonpflanzen vertreut; es gehörte dies zu meinen Aufgaben als Kind. Heute dürfte dies alles unmöglich sein: Nicht nur fehlen die Holz-und Kohleöfen in den Wohnungen; auch dürften die Grünen Taliban Gründe finden , um dem selbständigen Umgang des Bürgers mit seiner Holzasche durch eine ihrer zahllosen Vorschriften ein Ende zu bereiten.

R. Reger / 15.03.2022

Und weil das Zeug aus Israel kommt, spielen dann auch Umweltbedenken keine Rolle mehr. Das läuft wohl unter “smarter” Umweltzerstörung. Anstatt die eigene Landschaft zu zerstören, überlässt man das anderen Ländern und importiert das Produkt, bestimmt irgendwie auch CO-neutral (siehe auch unter Atomstrom, Biodiesel, Holzpallets für Energiegewinnung, Kohle,  Braunkohle).

S. Marek / 15.03.2022

@ S.Buch, man sieht, daß Sie ein falsches Verständnis des Begriffs “Zionismus” und dessen Bedeutung haben.

Thomas Holzer, Österreich / 15.03.2022

@S.Buch, ja natürlich, da haben Sie schon recht, aber ich denke, Herr Frank spielte mit diesem Satz auf die ungeheure Innovationskraft Israel’s an.

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