Vera Lengsfeld / 17.07.2009 / 14:10 / 0 / Seite ausdrucken

Doppeltagebuch 1989/2009-17. Juli

„Bild“ meldet den Tod Herbert von Karajans. Das „Neue Deutschland“ berichtet über die Grundsteinlegung für Halle-Neustadt vor 25 Jahren. Halle Neustadt spiegele die erfolgreiche Politik wieder. Das ist Realsatire. Ach nach 25 Jahren ist Haneu, wie es im Volksmund genannt wird, eine reine Schlafstadt geblieben. Genormtes Einerlei, soweit das Auge reicht. Untergebracht sind hier vor allem Chemiearbeiter, manche stammten aus den Dörfern, die abgerissen werden mussten, damit die sozialistische Stadt entstehen konnte. Diese Bewohner hielten anfangs Kaninchen, Hühner oder sogar Schweine auf dem Balkon, bis das verboten wurde. In teilen von Haneu ist das Trinkwasser so schlecht, dass strikt untersagt wird, Kinder davon trinken zu lassen. Für sie wird kostenlos Selters zur Verfügung gestellt. Mineralwasser, wie wir es heute kennen, gab es in der DDR noch nicht. Nachdem die ersten Bewohner an Quecksilbervergiftung, verursacht durch kontaminiertes Trinkwasser, gestorben waren, wurde der Ortsteil Silberhöhe im Volksmund in Silberhölle umbenannt.
Nach dem Mauerfall und dem Verschwinden der DDR wird Haneu ganz schnell zum Slum. Heute hängt die Neustadt wie ein Mühlstein am Halse Halles.

„Bild“ beschäftigt sich heute mit einem linksextremistischen Flyer, der in brutaler Weise zu Gewalt gegen Soldaten aufruft. Auffällig ist die gute Druckqualität des Machwerkes. Nachdem die DDR als Zahlmeister nachhaltig ausgefallen ist, scheint es der Szene dennoch nicht an Geld zu mangeln. Der Verdacht besteht, dass der Steuerzahler den Druck bezahlt hat, über den Umweg eines der zahlreichen Programme „gegen rechts“. Wenn das so ist, hätte sich wieder einmal Lenins Spruch bewahrheitet, nachdem die Bürgerlichen selbst die Stricke bezahlen, an denen man sie aufhängt. Nur, dass der Steuerzahler im Unklaren darüber gehalten wird, was mit seinem Geld geschieht. An Deutlichkeit lässt das Blatt nichts zu wünschen übrig: „Ab Oberstleutnant: Schienbein treten, Ohrfeige, Auto abfackeln. Ab General: nicht zögern. Reinhauen. Und zwar richtig.“ So neu, wie „Bild“ glaubt, ist der Hass nicht, der uns hier entgegenschlägt. Wir begegnen ihm auf den „revolutionären“ 1. Mai-Demos. Wir begegnen ihm aktuell in der Diskussion um die rechts-, linksextremistische Gewaltspirale in Friedrichshain. Von den Linken wird laut Mitgefühl für das Opfer der rechtsextremen Schläger gefordert, gleichzeitig aber eiskalt jedes Mitgefühl für die Opfer linksextremer Gewalttaten nicht nur abgelehnt, sondern regelrecht verteufelt. Nach wie vor gibt es eine Schieflage in der Debatte. Linksextremistische Gewaltakte werden immer noch mit einem gewissen Verständnis beschrieben und verniedlicht. So lange es dieses Verständnis gibt, wird die linke Gewalt nicht verschwinden. Linke Verdikte werden unhinterfragt übernommen. Wenn die Antifa die Disco „Jeton“ zum Tummelplatz von Rechtsradikalen erklärt, so wird das in den Mainstream- Medien nachgeplappert. Obwohl man sich sagen könnte, dass selbst wenn ein „Rechter“ dort Gast gewesen sein sollte, das noch lange nicht heißt, dass es sich um einen „Treffpunkt“ handelt. Die Erfahrung lehrt, dass wer einmal am Pranger steht,  wie unberechtigt auch immer, nicht wieder so schnell davon weg kommt.
Die intolerante, dogmatische linke Szene ist zwar längst marginalisiert, ohne jeden Rückhalt in der Bevölkerung. Sie beherrscht aber nach wie vor die Medien. Leider.

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