Peter Grimm / 03.04.2023 / 14:00 / Foto: Tibor Végh / 48 / Seite ausdrucken

Die neuen Grenzen der Volljährigkeit

Früher war es leichter: Mit 18 Jahren war man volljährig und wahlberechtigt. Im modernen Deutschland darf man schon mit 16 wählen, ist aber erst mit 80 mündig genug, frei über seine Heizung zu entscheiden.

Wenn man schon so viele Jahresringe gesammelt hat, dass man von neuen deutschen Medienmachern straflos zum alten weißen Mann abgestempelt werden kann, nervt man seine Umgebung gern mal mit Erinnerungen. Beispielsweise an die Zeit, als man volljährig wurde. Es war ganz einfach. Die Volljährigkeit hatten die Babyboomer mit ihrem 18. Geburtstag erreicht. Mit 16 hielten die deutschen Gesetzgeber diese jungen Menschen damals für immerhin schon so erwachsen, dass sie sich Tabakwaren kaufen und in der Kneipe Bier oder Wein bestellen durften. Mit 18 dann konnte man eigenverantwortlich all die Entscheidungen treffen, zu denen ein Erwachsener berechtigt war.

Das waren damals  im Westen bedeutend mehr als im Osten. Dort sagte der Volksmund, dass DDR-Bewohner erst mit 60 (Frauen) bzw. 65 (Männer) wirklich volljährig würden, weil sie dann das Rentenalter erreicht hatten und als Rentner in den Westen reisen durften. Das ist alles längst Geschichte. In den Jahrzehnten nach dem Ende der SED-Herrschaft wurde die Reisefreiheit und Freizügigkeit für alle erwachsenen Deutschen zur Selbstverständlichkeit, wie die Inanspruchnahme anderer Grundrechte auch. Das endete zwischenzeitlich leider vor drei Jahren. Zwar können inzwischen alle Grundrechte wieder in Anspruch genommen werden, aber die Selbstverständlichkeit ist dahin. Die Erfahrung, wie leicht eine Regierung der Bevölkerung elementare Grundrechte mit einem Infektionsschutzgesetz entziehen und durch vormundschaftliche Regelwerke ersetzen kann, hat sicher viele Nachwirkungen, die noch nicht klar erkennbar sind, aber das ist ein anderes Thema. Festzuhalten bleibt, dass auch die Volljährigen in Ost wie West viele Monate lang nicht wie erwachsene, mündige Bürger behandelt wurden, sondern wie Mündel.

Nun regiert ein Bündnis, das sich selbst zur Fortschrittskoalition erklärt hat. Und zum Fortschritt gehören offenbar auch neue Grenzen der Volljährigkeit. So sollen die Sechzehnjährigen nach dem Willen der Koalitionäre in Zukunft auch auf Bundesebene wahlberechtigt sein. Ganz neu ist das nicht, denn kommunales und Landtags-Wahlrecht haben die Sechzehnjährigen in einigen Bundesländern schon.

Begründet wird dies damit, dass Sechzehnjährige heutzutage reif genug fürs Wählen seien. Das mag ja sein, aber es mutet merkwürdig an, dass die Regierenden im Jahr 2007 der Ansicht waren, mit 16 wäre man noch nicht reif genug, eigenverantwortlich zu entscheiden, ob man rauchen möchte, was Sechzehnjährige bis dato laut Jugendschutzgesetz konnten. Wer aber zu unreif ist, Risiken und Nebenwirkungen des Tabakkonsums zu erkennen, soll reif genug sein, die Konsequenzen einer Wahlentscheidung abschätzen zu können? Halten die Regierenden eine Entscheidung bei Parlamentswahlen, die einst als „Hochamt der Demokratie" gepriesen wurden, inzwischen für belangloser, als die Frage, ob man zur Zigarette greift oder nicht?

Egal. Sechzehnjährige sollen künftig auch den Bundestag wählen dürfen. Eine entsprechende baldige Wahlrechtsänderung  hat jüngst bekanntlich Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) wieder angemahnt. Also mit 16 kann man künftig wählen und dann mit 18 alle anderen Lebensentscheidungen eines Erwachsenen treffen? Nicht ganz. Neue Altersgrenzen treten ins Leben. Über seine Heizung darf man künftig nämlich erst ab 80 frei entscheiden.

Jüngeren schreibt dann der Staat vor, welche Heizungen eingebaut werden dürfen und womit geheizt werden darf. Zumindest soll in Robert Habecks aktuellem Entwurf eines Heizungs-Gesetzes stehen, dass achtzigjährige und ältere Hauseigentümer von der Umsetzung der neuen Regeln befreit seien.

Diese neue Art von Volljährigkeit könnte Schule machen. Vielleicht werden auch weitere Verbots- und Regulierungs-Verordnungen mit Altersgrenzen garniert. Werden von den nächsten Vorgaben und Verboten dann auch schon fast Sechzigjährige verschont? Oder sind das vergebliche Hoffnungen eines älteren weißen Mannes, der die Heizungs-Volljährigkeit noch lange nicht erreicht hat?

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Leserpost

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T.Plath / 03.04.2023

Die Grünen wollen offenbar, dass Millionen von Bürgern zukünftig Notverkäufe ihrer Immobilie tätigen müssen und dann quasi - weil der Preis dann rapide fallen wird (vielleicht ist die Immobilie in ländlichen Gegenden dann sogar gar nicht mehr verkäuflich)  ganz legal enteignet, jedenfalls massiv finanziell geschädigt werden.  Wer sich die immensen Gesamtkosten von leicht über 100.000 Euro oder mehr nicht leisten kann, muß verkaufen, wenn er oder sie einen derart hohen Kredit nicht abzahlen kann. (Die angekündigten Zuschüsse werden wie üblich eher sehr klein und nicht wirklich hilfreich sein).  Fußbodenheizungen sollen erforderlich sein für die neue Technologie, d.h. der gesamte Estrich in sämtlichen Geschossen muß aufwendig rausgestemmt werden, alte Heizungen entfernt, neue Fußbodenheizungen installiert, neue Leitungen installiert, die neue Wärmepunpe installiert, die alte Heizungsanlage ausgebaut und entsorgt, neue Bodenfliesen oder Parkett neu installiert - da können Kosten bis leicht über 100.000 Euro oder deutlich mehr anfallen. Und dann kommt natürlich noch die weitere zusätzliche Dämmung des Hauses . Das kostet dann natürlich extra.  Na, Prost Mahlzeit! Gut haben es nur die über 80 Jährigen, den ich es übrigens gönne, dass sie diesen Irrsinn nicht mitmachen müssen.  Schade nur, dass alle anderen ganz massiv geschädigt werden.  Sie müssen das lieb gewonnene Kleinod zwangsweise verlassen, wenn sie nicht gerade kürzlich im Lotto gewonnen haben und sich auch keinen teuren Megakredit leisten können, der Jahrzehnte abzuzahlen ist. Auch der normale Mieter einer Wohnung ist betroffen.  Da kann man sich schon mal ausrechnen, wie die Mieten steigen werden.  Das kleine Deutschland will so die große Erde retten. Danke Grüne! Vielen, vielen Dank! Und in anderen Ländern bauen sie fleißig weiter eine Menge Kohlekraftwerke und haben weiter ihre bewährten Heizungen. Probleme hat dann allein Deutschland.  Wir sollten wirklich aufwachen und solche Parteien nicht mehr wählen.

A.Schröder / 03.04.2023

Volkes Wille. Mehr gelebte Demokratie geht nicht auf dieser Welt.

Dieter Grimm / 03.04.2023

Wir haben eine Gastherme und einen Kombikessel für Pellets/Scheitholz. Niemals wird mir ein Bildungsferner, bar jeder Vernunft und Strohdummer Politiker befehlen mit was ich heizen soll. Ich bin 65 Jahre und ich, nur ich bestimme mit was ich heize. Gnade Gott demjenigen der mir das verbieten will. Denn dann geht es Auge um Auge und Zahn und Zahn. Wer mir Böses will und antut, dem werde ich ebenfalls Böses antun. Die Zeiten des Duckens und der Unterwürfigkeit unter diesem Menschenfeindlichen Grünen Terrors sind vorbei. Ich werde mich zu wehren wissen.

Bernd Oberegger / 03.04.2023

Sehr geehrter Herr Grimm, Ihre Kritik am Phantastischen ist nicht zielgenau. Man nimmt eben an, dass 80jährige überhaupt nicht mehr so genau wissen, ob sie eine Heizung im Haus haben. Der Gevatter winkt hier der Ampel mit einer Lösung. Die Mündigkeit sollte überhaupt mit der Altersgrenze von 60 Jahren beendet werden und ihr Beginn in Richtung Kinderbetten geschoben werden. So beugt man auch gemeinschädlichen Ausbrüchen von Altersamnesie vor.

Arthur Sonnenschein / 03.04.2023

Ohne die Änderung des Wahlalters wäre schon 1972 und 76 eine Regierung jenseits der SPD möglich gewesen. Die Sache funktionierte wie gewünscht.

Klaus Schmid / 03.04.2023

Spannende Frage: Der 80-jährige stirbt und seine 75-jährige Frau erbt seine Hausanteile. Nach Habeck-Gesetz muss sie jetzt die Wärmepumpe einbauen. Grüner Irrsinn.

Helmut Driesel / 03.04.2023

  Man kann nur davor warnen, die unüberlegte Heizungspolemik ernster zu nehmen als nötig. Es ist jedem von 14 bis 80 möglich, über seine eigene Situation und Optionen in Ruhe nachzudenken. Ein Fehler ist es aber, grundsätzlich davon auszugehen, dass die gegenwärtigen Bauarten von Wärmepumpen als Heizungsersatz für Gas, Öl oder Kohle dienen können. Das können die nicht, vielleicht in Niedrigenergiehäusern oder später einmal. Wenn die Regierung will, dass 65% des Wärmebedarfs umweltgerecht (sage ich mal) erzeugt werden, dann muss sie ein Gas in die Häuser liefern, das dem entsprechend erzeugt wurde. Oder sie muss grünen Strom ausreichend billig und zu mindestens 65%  liefern. Im Prinzip kann dann jeder mit 35% Kohle, Gas oder Öl heizen und zu 65% mit Strom, Holz oder Öko-Gas. Das Stromheizen meine ich direkt, nicht mit Wärmepumpe, weil das sonst eine Sache für Luxusliebhaber wird. Also immer, wenn kein grüner Strom da ist oder nicht genug, dann wird mit den klassischen fossilen Energieträgern geheizt. Nur so geht es nämlich. Und auf diese geniale Weise bleibt auch der Schwarze Peter immer bei der Regierung, bzw. bei den Versorgern. Ich weiß aber jetzt nicht, ob das so schlau geplant und ausgedacht ist, oder ob die Schlaumeier in den Ministerien dann von den Früchten ihrer Genialität überrascht werden. Also, keine Panik auf der Titanic!

Fritz kolb / 03.04.2023

Alleine die Begründung für diese 80 Jahre Altersgrenze, ist zugleich abwertend, Menschen-unwürdig und diskriminierend. Weil die eh bald sterben. Wahrscheinlich auch so eine kranke Kopfgeburt von dem Herrn Graichen, der in vieles verstrickt scheint beim grünen Mist.

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