Ulrike Stockmann / 16.11.2022 / 13:00 / Foto: Achgut.com / 25 / Seite ausdrucken

Die Modenschau der Polit-Promis. Mehr Batik!

In schwachen Momenten frage ich mich, ob ich nicht lieber wieder über Mode schreiben sollte. Wie man dabei sogar die politische Dimension miteinbezieht, zeigte gerade die dpa, als sie die Batikhemden der G20-Teilnehmer auf Bali lobpries.

Ich muss gestehen, dass mir in letzter Zeit das Kommentieren der politischen Zustände in unserem Land mehr und mehr Unbehagen bereitet. Mein zartes Gemüt ist einfach nicht robust genug, um unverdrossen Protagonisten beim Regieren zuzusehen, die mit schlafwandlerischer Sicherheit jedes Problem in eine Krise verwandeln. In schwachen Momenten frage ich mich, ob ich nicht lieber als Klatschreporterin arbeiten sollte. Promis, Partys und keine unerfreulichen politischen Inhalte.

Dann denke ich zurück an meine Zeit als Autorin eines Modeblogs, für den ich vor ein paar Jahren von der Berliner Fashion Week berichtete. Rückblickend wird mir folgendes klar: Das gewissenhafte Beschreiben aktueller Kollektionen, die Beurteilung von Dichtung und Wahrheit der Designer sowie das Destillieren der Atmosphäre einer Modenschau erforderten ein ähnliches Fingerspitzengefühl wie jenes, das für die Begutachtung des Polit-Zirkus vonnöten ist. Wie aber sollten Modeartikel auf einer politischen Plattform wie Achgut Bestand haben können?

Ein dpa-Artikel, veröffentlicht auf Zeit Online, lieferte mir die Antwort. Man begutachte einfach die Kleidung der Politiker. Oder besser gesagt, die Mode der Polit-Stars. Betreffender Beitrag der Deutschen Presseagentur ist ein regelrechtes Meisterstück des stilvollen Kommentars eines Auflaufs unserer Reichsten und Mächtigsten. Und Schönsten. Genauer gesagt, geht es um den glanzvollen Auftritt einiger Staatsoberhäupter beim G20-Gipfel, der gerade auf der traumhaften Urlaubsinsel Bali stattfindet.

„Es gab Beifall und anerkennende Pfiffe“

Beim Auftakt am gestrigen Dienstag „entzückten“ laut Bericht der kanadische Premierminister Justin Trudeau und sein frisch gewählter britischer Kollege Rishi Sunak in Bali-Batik die Journalisten. Denn beim festlichen Abendessen im Garuda-Wisnu-Kencana-Kulturpark seien einige Herren in landestypischen Batikhemden erschienen.

Der namenlose, aber begeisterte Autor der dpa beschrieb das Spektakel wie folgt:

Im Pressezentrum des Gipfels, wo der Empfang der Gäste durch den indonesischen Präsidenten Joko Widodo übertragen wurde, löste der Gang zweier Spitzenpolitiker über einen langen roten Teppich Verzückung aus. Zunächst setzte Kanadas Premier Justin Trudeau in einem magentafarbenen Hemd einen ersten Höhepunkt. Es gab Beifall und anerkennende Pfiffe der Journalistinnen und Journalisten. Allerdings toppte dann der neue britische Premierminister Rishi Sunak die Begeisterung noch: Er entschied sich für ein rotes, enganliegendes Hemd.“

Fashion-Week-Feeling beim Staatsbankett, so macht Politik Spaß! Wie der geneigte Leser außerdem erfährt, zeigte auch der russische Außenminister Sergej Lawrow situatives Gespür und erschien in Blau. (Sein Chef Wladimir Putin war nicht anwesend, hatte aber bereits 2013 beim APEC-Gipfel zusammen mit US-Außenminister John Kerry die Latte hochgelegt, wie dieses Foto zeigt). Saudi Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman und seine Delegation „wählten für das Abendessen ein traditionelles Gewand“. US-Präsident Joe Biden habe sich entschuldigen lassen und Olaf Scholz, Sie ahnen es bereits, „zog ein klassisches weißes Oberhemd vor“. Politik in der Nussschale.

Derartigen Jubel vermögen politische Taten in der heutigen Zeit nur noch selten hervorzurufen. Gut, wenn wenigstens die Stylisten ihren Job machen. Ich für meinen Teil werde mich jetzt jedenfalls näher mit den verblüffend geschmackvollen Etuikleidern Annalena Baerbocks, der krawattenlosen Eleganz Robert Habecks und den Designerpullis unseres Bundeskanzlers beschäftigen. Ein Studium ihrer Outfits ist vielleicht gewinnbringender als eine Analyse ihrer Äußerungen.

 

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Dietrich Herrmann / 16.11.2022

Scholz sollte besser immer passend im Schlafanzug auftreten.

Talman Rahmenschneider / 16.11.2022

Lob an achgut: “In Polen sind Raketen russischer Bauart eingeschlagen und haben zwei Menschen getötet”. Fast die gesamte Medienlandschaft hatte “Bauart” weggelassen, angeführt von Herrn Z., der sofort tönte bzw. log, in Polen sei eine russische Rakete eingeschlagen. Ich halte fest: Jemand scheint einen WK zu wünschen, aber nicht unbedingt Russland. In einem Punkt hat Putin Recht: Herr Z. muss weg mit seinem Regime.

Volker Kleinophorst / 16.11.2022

Mao Jacke mit Kragen

Silas Loy / 16.11.2022

Oh, Kleider machen Leute! An den Klamotten werdet Ihr sie erkennen! Die neue Schlipslosigkeit z.B. ist ein immanentes politisches Signal, ein niederschwelliges Angebot, eine volkstümliche Ranschmeisse. Ähnlich wie die grassierende Duzerei. Auch so eine Distanzlosigkeit, bei der übrigens der weniger Mächtige den Sicherheitsabstand einbüsst. Kein Hund lässt sich übergriffig den Bauch streicheln ohne sich zu wehren, und das hat schon seinen Grund. Die Kleider*innen der Kulturstaatsministerin sind ein weiteres, ein blendendes, Beispiel für textilen Exihibitionismus. Da wird schon gleich optisch die persönliche Summe gezogen. Die Graue Maus, die vorher im Kanzler*innenamt ihr Unwesen getrieben hat, verriet sich subtiler mit ihren immergleichen 0815-Hosenanzügen aus zweitklassigen Stofflichkeiten (vergleichen sie das mal mit Lagarde!) und ihrem Unsinn für Farbkombinationen, z.B. eine knallblaurosa Jacke (mit muffig schwarzer Bügelfaltenhose und undefinierbaren Schuhlichkeiten) auf dem (erdbeer-)Roten Teppich, dass es nur so quietschte. Hatte Kohl noch Anzüge an, weil man ja nun irgendetwas anhaben muss und seine Frau die Schlipse dazu auswählte, war der Genosse der Bosse schon einen Schritt weiter und hüllte sich nachholbedürftig und öffentlichkeitswirksam in feines italienisches Tuch. Sehr geehrte Frau Stockmann, schreiben Sie ruhig über Mode, in der Szene werden Sie aber nichts Neues finden, nur ein paar hilflose Letzte schrille Schreie, die Mode ist tot, aber in der Politik sind inmitten aller Belanglosigkeiten wenigstens ab und zu echte Geisterbahnmomente praktisch garantiert.

Jörg Haerter / 16.11.2022

Das Frauen auf Äusserlichkeiten abheben, ist bekannt. Aber selbst das nimmt einen nicht mehr wunder, the show must go on! Endspiel ist angesagt, in fast allen Bereichen.

Arne Ausländer / 16.11.2022

Sollte man nicht auch den schier übermenschlichen Mut der Politiker anerkennen, wenn die sich nach Bali, in die höllisch-heißen Tropen wagen? Wo doch schon das milde Mittelmeerklima tödlich ist - nach der Expertise von Extinction Rebellion und der klebrigen Letzten Generation.

Gabriele Klein / 16.11.2022

“Zunächst setzte Kanadas Premier Justin Trudeau in einem magentafarbenen Hemd einen ersten Höhepunkt. Es gab Beifall und anerkennende Pfiffe der Journalistinnen und Journalisten.” Hmmm, Klamotten mal beiseite, und zurück zu “Beifall” und “Pfeifkonzert”  lwie erkennt man eigentlich den Unterschied zwischen einem Pfiff der Anerkennung und einem der Verachtung? Das wäre jetzt meine Frage an den namenlosen, begeisterten Autor der dpa.

Ludwig Luhmann / 16.11.2022

“In schwachen Momenten frage ich mich, ob ich nicht lieber als Klatschreporterin arbeiten sollte. Promis, Partys und keine unerfreulichen politischen Inhalte.”—- Ohne Epsteinereien? *Gähn*—- (Kennen Sie eigenlich “The Seduction of Inga” (1968)? Vielleicht das schönste Lied der beiden Bs aus Abba.——-> Inga Theme (From “Inga II: The Seduction Of Inga” Soundtrack) ... Viel Spaß ...

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