Die Deindustrialisierung Deutschlands hat begonnen

Zehn Prozent der deutschen Mittelständler sehen sich vor dem Zusammenbruch. Stahlfabriken machen dicht, Papierfabriken stehen vor dem Aus. Der Papierhersteller Hakle ist erst der Anfang. Die Aluminiumindustrie hat ihre Produktion weitgehend stillgelegt. Alarmierend ist auch die Lage von Chemie- und Düngemittelfabriken.

Wir müssen immer wieder darauf hinweisen, dass die Energiemärkte bereits vor dem Ukraine-Krieg aus den Fugen geraten waren. Durch Abbau von Erzeugungskapazitäten (Kohle- und Kernkraftwerke) in ganz Europa und unterlassene Erschließung neuer Öl-, Gas- und Kohlevorkommen sowie einem rasanten, aber politisch gewollten Anstieg der Preise von Emissionszertifikaten vervielfachten sich die Preise von Gas und Strom schon 2021. Der Ukraine-Krieg hat diese Tendenz noch einmal verschärft. 

Der BDI-Präsident Siegfried Russwurm wies auf der Regierungsklausur in Meseberg vom 31. August 2022 darauf hin, dass die Industrie im Verlaufe diesen Jahres 21 Prozent weniger Gas eingesetzt hat. Ein großer Teil ist aber nicht durch Einsparung oder Wechsel zu anderen Energieträgern erfolgt, sondern durch Stilllegung und Herunterfahren der Produktion.

Russwurm: „Das ist kein Erfolg, sondern Ausdruck eines massiven Problems. Die Substanz der Industrie ist bedroht“. Und weiter: „Die Lage ist für viele Unternehmen schon jetzt oder in Kürze toxisch.“ Die Antwort der Bundesregierung ist nicht etwa, wie in Frankreich einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis zu schaffen, sondern man schaut zu, wie eine Fabrik nach der anderen ihre Produktion schließt.

Bemerkenswert ist die Reaktion von Wirtschaftminister Habeck auf der Meseberg-Pressekonferenz. „Die Situation, dass wir günstiges Gas aus Russland bekommen, wird nicht wiederkehren... Das ist keine gute Nachricht, weil sie jeweils in den betroffenen Industriezweigen bedeuten kann, dass dort ein Strukturwandel und... ein Strukturbruch passieren kann. Wir antworten darauf, ...indem wir die arbeitspolitischen Maßnahmen, Kurzarbeitergeld fortführen werden.“ Er will alternative Geschäftsmodelle unterstützen, was einer eleganten Umschreibung von Deindustrialisierung gleichkommt. Die Industriegewerkschaften sollten sich die Passage ab Minute 30 des Videos mehrfach anhören. 

Zehn Prozent der deutschen Mittelständler sehen sich vor dem Zusammenbruch. Stahlfabriken wie in Hamburg und in Bremen machen dicht, Papierfabriken stehen vor dem Aus. Der Papierhersteller Hakle ist erst der Anfang. Die Aluminiumindustrie hat ihre Produktion nicht nur in Deutschland weitgehend stillgelegt – Europa hat nach WoodMackenzie bereits 1 Million Tonnen Aluminium verloren. Alarmierend ist auch die Lage von Chemiefabriken und insbesondere in den Düngemittelfabriken.

Deutschland braucht einen wettbewerbsfähigen Industriestrom

Die Akademie Bergstraße führt eine bedrückende Liste der Opfer der Energiepreisentwicklung auf ihrer Website. Warum muss das eine Akademie machen, wann endlich schlagen unsere Industriegewerkschaften Alarm? Ihre wichtigste Forderung müsste die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Strompreises sein.

Ich hatte mich sehr gefreut, als im Wahlkampf des Jahres 2021 Bundeskanzler Olaf Scholz sein Ziel für das Industrieland Deutschland auf dem Tag der Industrie formulierte: „Mein Ziel ist ein Industriestrompreis von vier Cent“. Heute hat er sich fast verzehnfacht. In Frankreich ist den Industrieunternehmen der direkte Zugang zum preiswerten Kernenergiestrom erlaubt. Für rund 4,5 €ct/kWh können Industrieunternehmen insgesamt 120 Terawattstunden, 25 Prozent der französischen Erzeugung, vornehmlich aus Kernkraftwerken beziehen. Die EU-Kommission hatte eine solche Vorgehensweise schon 2010 abgesegnet. 

Aber wir diskutieren die Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke. Der grüne Wirtschaftsminister bietet einen faulen Kompromiss eines Streckbetriebs von zwei Kernkraftwerken bis zum nächsten Frühjahr an. Er verheimlicht uns, dass die Stilllegung jedes weiteren Kernkraftwerkes die Merit-Order weiter nach links schieben wird und den Strompreis massiv steigen lässt. In der Merit-Order, der Einsatzreihenfolge von Kraftwerken, werden die Kraftwerke nach ihren Erzeugungskosten in ansteigender Form sortiert. Bei steigendem Bedarf werden immer teurere Kraftwerke hinzugeschaltet. Die teuersten sind die Öl- und Gaskraftwerke. Bei einem Betrieb von sechs Kernkraftwerken und der Revitalisierung der Braunkohlekraftwerke würden sich die Stromkosten mehr als halbieren. Das verheimlichen uns Robert Habeck und die gesamte Bundesregierung.  

Wie man sehen kann, ist der Einfluss gesicherter Grundlast durch Kernkraft und Braunkohle in einem Strommarkt mit extrem hohen Gasstrompreisen von fundamentaler Bedeutung zur Bekämpfung des Preisanstiegs. Nicht das Fummeln an der Merit-Order, wie es die Bundesregierung jetzt plant, hilft uns langfristig weiter, sondern die Beendigung der Stromverknappung mit preiswerter Stromerzeugung.

In einem Modellszenario, berechnet nach dem Merit-Order tool des EWI (Energiewirtschaftliches Institut der Universität Köln) halbieren sich die Stromkosten um mehr als die Hälfte, wenn preiswerte Kernkraft- und Braunkohlekraftwerke weiterbetrieben werden170 € pro MWh (17 €ct/kWh)  sind immer noch dreimal so viel wie vor der Energiekrise, aber es würde den Kern des Industriestandorts in Deutschland erhalten lassen. Aber manchmal gewinnt man den Eindruck, dass sich die Politik mit der Erosion des Industriestandortes Deutschland schon abgefunden hat.

Aber wir alle dürfen die Arbeitnehmer in den Industriebetrieben nicht im Stich lassen. Es geht um unser aller Wohlstand. Unterstützen Sie daher die Initiative „Rettet unsere Industrie" der Akademie Bergstraße!

Foto: Volker Debus/Deutsche Wildtier Stiftung CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Oliver König / 07.09.2022

Robert Habeck hat doch gestern erst bei Maischberger erklärt, wie unter Druck geratene Unternehmen ganz leicht eine Insolvenz vermeiden können. Einfach nichts mehr produzieren und verkaufen! Schon ist die Insolvenz abgewendet. Schlimme ist, der meint das völlig ernst. Feste Kosten, Steuervorauszahlungen, Löhne, die weiterlaufen etc. gibt es für diesen ********* nicht.

Fred Burig / 07.09.2022

“Aber manchmal gewinnt man den Eindruck, dass sich die Politik mit der Erosion des Industriestandortes Deutschland schon abgefunden hat.” Nein, Herr Vahrenholt, das ist definitiv der Plan des Schwab’schen - Elite- Nachwuchses! Nur dass es so einfach funktioniert und so schnell in dieser Größenordnung stattfinden kann, dürfte selbst dem “YGL- Macher” überrascht haben. Zu den von ihnen hervorgehobenen Maßnahmen zur Abschaffung preiswerter Energiegewinnung seit einigen Jahren (Kohleausstieg, Stilllegung von Kernkraftwerken u.s.w.), haben die willfährigen Handlanger des WEF, die in wichtige politische Ämter nationaler Regierungen gehievt wurden (in D: Merkel, Scholz, Habeck, Baerbock u.v.m.), die Gunst der Stunde nicht ungenutzt verstreichen lassen. Mit Fake- Pandemie- Lockdowns und jetzt auch mit verlogenen Aussagen zu den Ursachen der Verknappung von Energie und Rohstoffen (Ukraine- Krieg, Putins fehlende Gaslieferungen u.s.w.) haben sie den “beauftragten” wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands so richtig in Fahrt gebracht. Vermutungen, wonach die grünen Regierungspolitiker einfach zu dumm und inkompetent wären, sind zwar richtig, kommen aber nur verstärkend als Ursache für diesen „Wirtschaftskrieg“ und die beabsichtigte Verelendung von Teilen der Bevölkerung in Frage. Die Fäden im Hintergrund ziehen ganz andere Verbrecher. Ausschließlich sie sind auch die Profiteure der Destabilisierung/ Beseitigung des Mittelstandes und der kleinen Unternehmen, wie u.a. in Deutschland, weil sie damit ihre Pläne von gigantischen globalen Unternehmen umsetzen wollen. Die “prominenten” Namen der angeblichen Weltverbesserer und Philanthropen finden sich in den Teilnehmerprotokollen der “Davos- Treffen” des WEF wieder! Also nix mit “abgefunden” oder “zufällig” - “PLAN- Wirtschaft” im reinsten Sinne des Wortes!  MfG

jan blank / 07.09.2022

Es wird sich nichts ändern, solange unsere Qualitätsleitmedien ihre feuchten Jugendträume von 68 an den rotgrünen Wichsvorlagen von heute abarbeiten. Hakle feucht eben. Ach, nee auch schon weg? “Na ja, wenigstens 12 Jahre gut gelebt…” sagte schon H. Göring , nach seiner Festnahme. Und auch heute zählt für die Verantwortlichen nur die eigene Macht und- ganz wichtig- geregelte Versorgungsansprüche( Pension). Was bedeutet, dass eine Deindustrialisierung nicht reichen wird. Das Geld muss auch noch kollabieren. Dann wird die Regierung eben das ganze Land an China übereignen. Um dann selbstverständlich wieder gute Posten zu erheischen. Tobendes Volk?  Sehen Sie sich doch mal typische Neubauquartiere des gehobenen Preissegments in Deutschland an. Schon heute ein schöner hoher Zaun drum. Solche “Gated Communities” kannte ich bisher nur aus der dritten Welt. Und aus genau dieser Welt importieren wir heute schon fleissig das wenig zimperliche Personal für kommende Revolten. Passt doch. Endlich mal action. “Nichts ist schwerer zu ertragen, wie eine Reihe von guten Tagen”, kommentierte ein Herr Goethe schon vor 200 Jahren das Phänomen Wohlstandsverwahrlosung.

Dr. Joachim Lucas / 07.09.2022

Als Hitler in “Mein Kampf” seine “Visionen” vom “Lebensraum im Osten” usw. niedergeschrieben hatte, hats ihm keiner geglaubt. Die in ihrer Radikalität und Realitätsverweigerung ähnlichen Grünen predigen seit Jahr und Tag die Deindustrialisierung. Selbstverständlich ohne zu sagen was dann kommt: Der Zusammenbruch Deutschlands und anschließend “Morgenthau”. Die Verwerfungen für Europa werden gewaltig sein. Auch diesmal hat keiner diese vollkommen wahnwitzigen Visionen ernst genommen. Wie man aber jetzt sieht, geht der Habeck und seine Fanatikertruppe über Leichen. Mit den Grünen wird kein einziges Problem in Deutschland gelöst. Sie sind das Grundproblem! Bevor dieser historische Verrirrung der Menschheit nicht restlos verschwunden sein wird, gibt es für Deutschland nicht die geringste Chance einer Gesundung.

Heimo Waltenberger / 07.09.2022

Wenn man sich selber den Zugang zur Energie abschneidet, darf man sich dann aber nicht wundern, wenn man diese dann nicht mehr vorfindet. Da am Weltmarkt nur begrenzte Ressourcen vorhanden sind, kann man auf die Schnelle diese nicht substituieren. Ich rede hier sehr wohl auch von Russland. Und wir werden sehen, dass der Boykott gegenüber Russischer Energie uns in Europa massiv verarmen lässt, da die anderen Länder die Russland jetzt mit billiger Energie beliefert uns zu einem massiven Wettbewerbsnachteil verhilft.

Helmut Bühler / 07.09.2022

Die Grünen haben sich nicht mit der Erosion des Industriestandorts D abgefunden, vielmehr ist das ihr Ziel. In diesem Punkt sind sich die verschiedenen grünen Strömungen einig. Die Mutter-Erde-Sekte, die den Menschen nur als Parasiten Gaias sieht, will in den unschuldigen Zustand reiner Naturverbundenheit zurück (und ignoriert, dass das ein leidvolles Dasein ist). Die grün bemäntelten Sozialisten andererseits wollen so die Gesellschaft destabilisieren und aus den Trümmern der alten Ordnung das neue Paradies, den “wahren” Sozialismus schaffen. Auf diesem Weg sind sie schon ein gutes Stück vorangekommen und bei der Dummheit der Bevölkerung und deren Duckmäusertum werden sie ihn auch vollenden.

Nico Schmidt / 07.09.2022

Sehr geehrter Herr Vahrenholt, ich stehe mit meiner kleinen Firma vor dem gleichen Dilema und es interessiert kein Schwein. Wir sind die Guten, wir gendern, wir verbrauchen Ökostrom, und wer braucht da noch eine Industrie? Haben Sie in der letzten Zeit die Aussagen von Frau Kempfert gehört? Die Realität wird schlicht und ergreifend ....... geleugnet. Ich wußte bisher nicht, dass man seine Abschlüsse auf eine Tombola gewinnen kann. MfG Nico Schmidt

Thomas Szabo / 07.09.2022

Ich erstatte hiermit online Anzeige wegen Hochverrats gegen die deutsche Bundesregierung. Nancy Faeser lesen Sie mit? Sie können jetzt die Anzeige entgegen nehmen.

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