Rainer Bonhorst / 22.04.2019 / 10:00 / Foto: Mvkulkarni23 / 48 / Seite ausdrucken

Die Brexit-Ursache hat einen Namen: Merkel

Sonnige Ostern an der Themse. Fröhliche Menschentrauben vor den Pubs. Munteres Treiben am Twickenham Rowing Club. Wenn in und um London die Sonne lacht, gibt es kaum einen attraktiveren Ort, um das Leben zu genießen. Und genau das tun die Engländer dieser Tage. Hier im wohlhabenden Süden des Königreichs hat die Mehrheit für den Verbleib in der Europäischen Union gestimmt. Aber man ist offenbar entschlossen, sich vom Brexit nicht die heitere Stimmung verderben zu lassen. Und wenn ich die fröhlichen Freiluft-Zecher und Plauderer so betrachte, da drängt sich mir die Frage auf: Wozu brauchen die eigentlich Brüssel?

Das sieht John, der Rechtsanwalt, dem ich – nicht ganz ernsthaft – diese Frage stelle, aber ganz anders. Er hält, wie die meisten Londoner, den Brexit für einen kostspieligen Fehler. Und er weiß auch, wem er die Verantwortung für diese Entwicklung vor die Füße legt. Mein Vorschlag: aufdringliche Brüsseler Bürokraten, Abneigung gegen Polen und hier und da auch gegen Deutsche? John winkt ab. Nein, die eigentliche Ursache der Brexit-Entscheidung hat in seinen Augen einen weiblichen Namen: Angela Merkel.

Es geht den Engländern vor allem um die grenzenlose Einwanderung, sagt er. Als Angela Merkel die Grenze des stärksten EU-Staates für eine Million Menschen aus einem sehr fremden Kulturkreis öffnete, da brachte sie für viele Briten das Fass zum Überlaufen. Die Furcht, dass sie als EU-Mitglied die Kontrolle über ihre Grenzen verlieren könnten, wurde übermächtig.

Also, Angela Merkel als unfreiwillige Brexit-Helferin? John ist nicht der Erste, der mir das sagt. Harald, ein Deutscher, der seit vielen Jahren in England lebt und arbeitet, gibt dem Brexit den gleichen Namen: Angela Merkel. Unsere Kanzlerin hat also möglicherweise eine Menge wiedergutzumachen, wenn Theresa May mit ihr über die künftigen Beziehungen spricht.

Ist das deutsche Kontingent hörbar geschrumpft?

Aber erst einmal sind Osterferien, und die Kontinentaleuropäer strömen trotz der Brexit-Wolke, die über dem Kanal schwebt, nach London, der größten und für viele auch interessantesten Stadt Europas. Doch irgend etwas stimmt nicht. Irgend etwas fehlt. Richtig: Man hört französisch, spanisch und natürlich polnisch. Wo aber sind die deutschen Töne, die sonst immer die touristische Sprachszene dominieren? Täusche ich mich oder ist das deutsche Kontingent hörbar geschrumpft? Sind die sonst so kräftigen deutschen Töne auffallend rar? Es war schon merkwürdig, dass auf der Fähre, auf der es sonst immer von Autos mit deutschen Kennzeichen wimmelt, diesmal nur ein halbes Dutzend Landsleute ihre Wagen aufs Schiff kutschierten. Und später auf der Autobahn und der Landstraße: kaum etwas vom üblichen Germanen-Strom zu sehen.

Könnte es sein, dass den Deutschen der Brexit-Schock derart in die Glieder gefahren ist, dass sie sich nicht mehr auf die Insel trauen? Wahrscheinlich täusche ich mich. Was ich beobachte, hat ja nur anekdotischen Wert. Wahrscheinlich sagt die Statistik etwas anderes. Andererseits würde ich mich nicht wundern, wenn meine Landsleute unter Insel-Schock litten. Die Deutschen sind zwar Wandervögel, aber eben auch Fluchttiere. Sobald sie etwas wittern, was ihnen nicht ganz geheuer ist, suchen sie das Weite. Diesmal wittern sie Brexit und suchen vielleicht noch mehr den Süden auf. Dabei ist dieser Tage der sonnige Süden ein Londoner.

Sollte also Angela Merkel nicht nur indirekt für den Brexit sondern auch für eine deutsche Insel-Fluchtbewegung verantwortlich sein? Wie auch immer: Wahrscheinlich wüsste sie auch in diesem Fall nicht, was sie hätte anders machen sollen.

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Anders Dairie / 22.04.2019

Wenn PUTIN die EU kaputtmachen wollte, und das ist denkbar, müsste er ihren Bossen raten England quasi “abzusprengen”.  Zudem Deutschland gleich mit, Indem er rät, möglichst viele alte Bürger durch neue Menschen zu ersetzen.  Je fremder und desintegrierbar , umso besser.  Letzteres funktioniert bei der halben EU.  Bis auf die, die sich von PUTIN niemals wieder raten lassen wollen.  Gegen die eröffnet Brüssel diverse Strafverfahren.

Jan Kandziora / 22.04.2019

Was wäre denn im Spätsommer 2015 die Alternative gewesen? Tore dicht? Super, kann das bosnisch-serbische Pulverfaß durchzünden. Was dann? Wieder Bomben auf Belgrad? – Nyet. – Merkel hat mit Aufnahme der Perspektivlosen in Deutschland den Druck aus der Sache genommen. Ankreiden kann man ihr nur das Bad in der Budapester Menge. Es war innenpolitisch begründet, sie hat Grünen und SPD wieder mal ihr Thema geklaut. Grandios falsch war die Nicht-Kommunikation der außenpolitischen Gründe dieser Entscheidung. Die Menschen in Europa hätten das besser verstanden als den Menschrechts- und Nächstenliebe-Klamauk, der stattdessen aufgeführt wurde. Wollte Merkel nicht? Wollte Cameron nicht? Hollande wollte sicher nicht.

Ulv J. Hjort / 22.04.2019

Das war mir von anfang an klar . Merkel hat den volksentscheid zum Brexit zu verantworten . Ist aber im allgemeinen trubel untergegangen . Ohne die hirnrissige zuwanderungspolitik , wære die EU heute noch komplett . Es geht hier nicht um Bruessel ,sondern um die einheit Europas . Dass das system bruessel dringend reformiert werden muss ,ist fuer mich auch klar . Und genau hierbei wird uns Britannien schmerzlich fehlen ! Aus meiner , dænischer sicht , haben wir einen guten freund und handelspartner verloren . VIELEN DANK FRAU MERKEL !!!

Antonio Ponzio / 22.04.2019

caro signor Rainer, ich als Italiener denk genau wie sie. Tante Salut Antonio.

Gert Köppe / 22.04.2019

Merkels Name steht für Vieles. aber leider für nichts Positives. Natürlich auch für den Brexit. So dumm wie die deutschen Michel sind die Briten nicht. Aber Merkel steht auch für “Murks am Fließband”, vermurkste Energiepolitik, teure Eurorettung, katastrophale Asylpolitik, beschämende Außenpolitik, desaströse Zustände der inneren und äußeren Sicherheit, fortschreitender Verfall der Infrastruktur, Zerstörung der wichtigsten Industriezweige, ideologischen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, drastisches Versagen in der Bildungspolitik und im sozialen Wohnungsbau, zementierte Altersarmut, gleichgeschalteten Staatsfunk und Desinformation der Bürger, zunehmenden Judenhass, systematische Demontage der Demokratie, für Verlogenheit, Klientelpolitik, Starrsinn, Nichtregieren, Handlungsunfähigkeit, Machtgier und für unsägliche “Aussitzer-Qualitäten”. Sie steht mit Sicherheit NICHT für Einsicht, Vernunft, Verantwortung, Konsequenzen, Weitsicht, Mitbestimmung, Freiheit, Schutz der eigenen Bevölkerung, Vertragstreue, schnelle Problemlösungen und dem Grundgesetz. Das es hier immer noch so viele Merkel-Befürworter und Wähler gibt ist erschreckend und unfassbar. Sicher glauben diese Leute sich Vorteile erhaschen zu können, wenn sie auf der “Merkel-Welle” mit schwimmen. Doch für jede Welle ist das Ende schon vorbestimmt, spätestens wenn sie auf das nächstgelegene Ufer trifft. Könnte durchaus sein, das manch Einer dann zusammen mit Merkel, irgendwo im Nirgendwo versandet. Wohlverdient natürlich. Für mich ist Merkel mit das Schlimmste was Deutschland, nach 1945, passieren konnte. Nur die heutige SPD kann da noch mithalten. Den Briten wünsche ich einen fröhlichen Brexit. Den Anderen hier noch viele eiserne Nehmerqualitäten. Wenn sich keiner wehrt, dann wird er/sie sicher noch reichlich brauchen.

Günter Leidig / 22.04.2019

Ja, die Briten waren schon länger unzufrieden mit der EU, ob berechtigt oder nicht. Ja, die britischen Politiker haben beim Votum die eigene Bevölkerung etwas hinter das Licht geführt - und waren wahrscheinlich selbst überrascht, dass für den Brexit gestimmt wurde. Ja, es war und ist ein ungeheueres Theater, das sich in den letzten Wochen abgespielt hat und noch immer abspielt. Aber nein, Merkel hat nicht die alleinige Schuld am Brexit, doch ihr Anteil könnte nicht unerheblich sein.

Tobias Meier / 22.04.2019

Seit dem Brexit-Referendum waren wir insgesamt fünf mal in Großbritannien, das sechste Mal ist in Planung. Egal ob EU-Mitglied oder nicht, wir fühlen uns dort immer wohl und willkommen. Am Liebsten würden wir für immer da bleiben. Abgesehen davon glaube ich, dass die Briten langfristig von ihrem Austritt wirtschaftlich profitieren werden.

Jürgen Schnerr / 22.04.2019

Ob das Abstimmungsverhalten der Briten was mit dem Flüchtlingsstrom 2015 ff zu tun hatte, kann ich mangels intensiverer Kontakte nach UK bzw. vieler Aufenthalte dort nicht einschätzen. Aber eines ist für mich offensichtlich. Die deutschen MSM schießen seit Jahren aus allen Rohren gegen Osteuropäer, die sich der Flüchtlingsverteilung widersetzen, gegen die USA seit Trump Präsident ist, obwohl der im Gegensatz zu den Clintons und Obama noch keinen Angriffskrieg ausgelöst hat, gegen UK seit dem Votum für den Brexit und nicht zuletzt gegen Russland. Die Berichterstattung ist einseitig, aggresiv und von oben herab. Mit Frankreich macht man es etwas subtiler, man nimmt es nicht ganz für voll. Meine Feststellung dazu ist nun, diese Länder waren einmal die ersten Opfer des deutschen Angriffs im 2. WK und zum anderen die späteren Siegermächte. Die deutsche Hybris, nunmehr im linksgrünen Mäntelchen, ist nach 70 Jahren wieder da; am deutschen Wesen soll die ganze Welt genesen!

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