Thilo Schneider / 29.05.2020 / 14:00 / Foto: Timo Raab / 48 / Seite ausdrucken

Deutschland dankt der Kanzlerin

Die „Welt“ hat die Deutschen befragt. Zu ihren Ängsten. In der Corona-Zeit. Also, jetzt nicht alle und nicht persönlich, sondern das hat das Allensbach-Institut getan. Also, auch nicht alle. Aber doch immerhin knapp 1.000 repräsentative Deutsche. Mit Tennissocken in den Sandalen. Oder mit Fahrradhelm in der Fußgängerzone. Oder wie immer die aussahen. Die „Welt“ hat das Ergebnis aber gedruckt.  

Herausgekommen ist Folgendes: 44 Prozent der Deutschen sehen dem nächsten Jahr „mit Befürchtungen“ entgegen und immerhin 27 Prozent „mit Skepsis“ statt Sepsis. Aber es sind ja noch sieben Monate hin, vielleicht tut sich dann auch noch etwas bei den 22 Prozent Optimisten, die Allensbach ausweist. 7 Prozent nehmen es übrigens, wie es kommt. Ich erwähne die nur, damit die 100 Prozent voll sind, Allensbach hat die Ärmsten unter den Tisch fallen lassen, wo sie sich vielleicht wehgetan haben.

Etwas gesunken ist bei den Deutschen Feiglingen die Angst, sich zu infizieren. Waren es im April noch 44 Prozent, die damit rechneten, bald röchelnd am Atemgerät zu hängen, sind es jetzt nur noch 31 Prozent. Vielleicht hat es aber auch die fehlenden 13 Prozent mittlerweile erwischt, und die liegen jetzt im Spital mit einem Schild um den Hals mit der Aufschrift: „Seht Ihr? Ich habe es Euch ja gesagt, dass das keine Nuss-Allergie ist!“ 

70 Prozent der über 1.000 Befragten rechnen damit, dass es wirtschaftlich in den nächsten 12 Monaten übel wird, 46 Prozent fangen da vorbildlich bei sich persönlich an, 12 Prozent meinen, dass es sie echt richtig übel erwischt. Jeder Fünfte – also 20 Prozent – träumt davon, von Kurzarbeit oder Betriebsschließungen betroffen zu sein.

Ob die Befragten wohl Aluhut-Träger sind?

Nichtsdestotrotz jubeln 75 Prozent aller Befragten für die Regierung und sind ganz hingerissen, wie supi die Kanzlerin das hingezimmert hat, lediglich bei den Teufeln der AfD maulen 62 Prozent deren Wähler über die Wohltaten der größten Koalition aller Zeiten. Die überwiegende Mehrheit der überwiegenden Mehrheit findet die Kanzlerin toll, ihr dicht auf den Fersen ist der Franken-Markus aus Bayern mit 70 Prozent, erst dann folgt, von 32 Prozent gelobt, Armin Laschet. Schätzungsweise antworteten 68 Prozent auf die Frage, wie zufrieden sie mit Armin Laschet sind, mit der Gegenfrage: „Armin Wer?“

Das Robert-Koch-Institut genießt das große bis sehr große Vertrauen von 69 Prozent der Befragten, 23 Prozent finden das RKI nicht so prall und 8 Prozent hatten anscheinend keine Lust, sich zu äußern oder kannten das RKI nicht. Das Allensbach-Institut für seltsame Fragen fragte, ungefragt übersetzt, auch danach, ob die Befragten Alu-Hut-Träger sind. 56 Prozent stritten dies ab. Ich frage mich, ob es sich bei diesen 56 Prozent um die gleichen Leute handelt, die Merkel und das RKI richtig klasse finden, aber das geben die Daten nicht her. 27 Prozent haben unumwunden zugegeben, dass an „Gerüchten“ „etwas dran sein könnte“, 17 Prozent wissen es nicht, wollen aber gelegentlich nachsehen. Oder warten noch, was die Stimmen in ihrem Kopf oder ihrem Fernseher ihnen sagen.

Dachschaden und ein Schluck aus dem Kanister mit dem Lack

Während 76 Prozent der AfD-Wähler unter den Ausgefragten glauben, „hinter den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie stecke etwas ganz anderes“, sind es bei der SPD nur 8 Prozent, was im Übrigen ziemlich exakt auch der Menge entsprechen dürfte, die in der SPD Saskia Esken richtig klasse, kompetent und sympathisch finden. 86 Prozent aller Befragten fordern mehr und bessere Schulausstattungen, 84 Prozent wollen außerdem mehr Investitionen ins Gesundheitssystem. 0 Prozent haben sich dazu geäußert, wie das funktionieren soll, ebenfalls 0 Prozent haben angegeben, ob sie bereit sind, dafür höhere Steuern und Sozialabgaben zu zahlen. Vielleicht hat Allensbach aber auch keine Bonusfragen mit einem schönen Preis bei der richtigen Antwort gestellt.

Falls Sie übrigens erwartet haben, dass die größte Angst der Deutschen, die allergrößte Angst, das, was die Deutschen am allermeisten fürchten, die „Folgen des menschengemachte Klimawandel“ sind, so müssen das Allensbach-Institut und ich Sie nicht enttäuschen: Der „Sorgenkatalog“ (das ist der Katalog, aus dem man sich seine Sorgen aussuchen kann, wenn man gerne welche haben möchte) weist genau diese Angst als Verkaufsschlager aus. Sorgen um den eigenen Arbeitsplatz rangieren unter „ferner liefen“, anscheinend wurden aber auch keine Messebauer, Künstler, Veranstalter und andere Selbstständige aus dem Veranstaltungs- und Gastronomiesektor befragt.

Ich habe den Eindruck, dass 75 Prozent aller Befragten einen repräsentativen Dachschaden mit einem guten Schluck aus dem Kanister mit dem Lack hatten. Die Bundeskanzlerin kann jedenfalls sehr zufrieden mit den Umfrageergebnissen sein. Dass diese nicht immer zwingend mit den Umfragen selbst zusammenhängen müssen, hat das „Orakel vom Bodensee“ ja schon nachgewiesen. Und immerhin genoss die SED bei der letzten Kommunalwahl der DDR 1989 ja auch noch eine überragende Zustimmung von 98,85 Prozent. Es ist für die Bundesregierung also noch Luft nach oben. 

(Weitere Umfragen unter einer Person auch unter www.politticker.de)

Foto: Timo Raab

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Arthur Dent / 29.05.2020

Auch wenn nach Statistiklehre 1000 Befragte schon ein recht repräsentatives Ergebnis versprechen, sehe ich doch einige Faktoren, die das Ergebnis verzerren. Die Umfragen werden meines Wissens telefonisch an Festnetzanschlüssen gemacht, somit ist die Auswahl schon einmal verzerrt in Richtung ältere (Festnetz) und nicht berufstätige (zuhause erreichbar) Menschen. Weiterhin werden kritische Menschen weniger bereit sein wildfremden Menschen am Telefon ihre Meinung kund zu tun, als vertrauensselige Menschen. Und schon ist die Auswahl schief. Ähnliches gilt für Befragungen in Fußgängerzonen (eher städtisches als ländliches Publikum und eher nicht berufstätig) und so weiter.

Dietrich Herrmann / 29.05.2020

Solchen Umfragen glaube ich schon lange nicht mehr. Meiner Meinung nach alle frisiert ins Positive für das Merkel-Regime.

Gudrun Dietzel / 29.05.2020

Herr Schneider, Dachschaden und der Schluck aus dem Kanister mit dem Lack waren Spitze. Ich mache mir inzwischen einen Spaß daraus, den Leuten, mit denen ich irgendwie ins Gespräch kommen kann, zu sagen, daß dieser ganze Corona-Quatsch Blödsinn ist. Heute bekam ich spontane Zustimmung von der Netto-Verkäuferin. Manche Leute artikulieren ihre Gegenmeinung, also sie sind bereit zum Kampf mit mir, aber die meisten Menschen stutzen, schweigen und schauen betreten vor sich hin. Ich habe mich entschlossen, dieses Schweigen als pure Angst zu werten. Das sind diejenigen, die solche Umfragen nach oben schnellen lassen. Wetten?

giesemann gerhard / 29.05.2020

Lassen wir sie reinrumsen, die Pfeifen, mir doch egal.

Horst Schmitt / 29.05.2020

Lieber Herr Schneider, Sie hätten bei der Beschreibung des vermutlich befragten Personenkreises auf jeden Fall noch die Dauer - Maskenträger erwähnen sollen. Das sind diejenigen, die z.B. weit vor Betreten eines Supermarktes und lange danach ihren Mundschutz - anscheinend nicht ohne einen gewissen Stolz - auf dem Parkplatz tragen. Manche sogar alleine in ihrem PKW. Oder bei Spaziergängen im Wald. Es ist zum Auswachsen!

Jörg Langheinrich / 29.05.2020

Wie repränsentativ ist es denn 1000 Leute von 82 Mio zu befragen? Andererseits der deutsche Michel möchte anscheindend die Merkel bis zu ihrem seeligen Ableben als Kanzlerin haben. Die kann noch so eine miese Politik machen, der Michel findet Merkel klasse. Egal ob es ihn ans Portemonai geht oder er den Job verliert, ob seine Kinder nur nach Halbbildung erhalten oder die Strompreise explodieren. Schuld haben andere nur nicht die Mutti. Deutschland ist gelebtes Mittelmaß. Wer jung und noch nicht verblödet ist sollte woanders sein Glück suchen.

Elke Popken / 29.05.2020

Ergänzend: Unser “uckermärkisches Schwergewicht” wird Corona noch eine Weile weiterlaufen lassen. Einen besseren Sündenbock für ihre politischen Fehlentscheidungen kann sie gar nicht finden! Frau Schönfelder hat das ja sehr früh hier kommuniziert und sie hatte recht! Was hätten die wohl bei einer tatsächlichen Pandemie (Ebola) veranstaltet?! 16 unterschiedliche Regelungen, dämliche Erklärungen über nicht vorhandene Schutzkleidung im deutschland 2020?! Ich persönlich kenne niemanden der offiziell Corona hat oder daran verstorben ist! Wie auch!!! Bei meinem Fleischer gestern eine Riesenschlange im vorgeschriebenm Abstand vor der Tür, einige mit Sitzhocker! Mein Mann: “Wir essen heute und die nächste Zeit die antibiotikakotellets Vom Aldi. Ich bin doch kein Idiot!” Anschließend beim Weltverbesserer Rossmann: Verkäuferinnen ohne Mundschutz und vorgeschriebenemSicherheitsabstand am Auspacken und Schwatzen. Ich wurde aber sofort von einer gerügt, weil meine Nase nicht bedeckt war. Auf die Frage hin, warum ich meine Nase bedecken soll und sie erst gar keine Maske trägt, grinste mich die dämliche Tussi an und meinte: ” Wir brauchen keine Maske tragen, ist ja unzumutbar den ganzen Tag, aber sie bedecken jetzt gefälligst ihr Nase.” Daraufhin schob ich ihr meinen vollen Einkaufwagen vor die Füsse: ” Na, dann packen sie mal schön alles wieder in die Regale, wenn ihr Verstand dafür reicht, Amazon liefert frei Haus!”

Thomas Brox / 29.05.2020

“Ich habe den Eindruck, dass 75 Prozent aller Befragten einen repräsentativen Dachschaden ... “. Die 75% ergeben sich aus Staatssektor plus Sozialhilfe-Empfänger plus XY-Beihilfe-Empfänger plus XY-Subventionsempfänger plus Sozial-Asyl-Industrie (eine ähnliche Verteilung gilt auch für die frühere “Tätigkeit” von Rentnern und Pensionären). Selbst der Einschlag eines 10-km dicken Asteroiden könnte die deutschen Beamten-Privilegien nicht erschüttern - erst recht nicht so ein lächerlicher Shutdown. Es ist natürlich ein klein wenig bedenklich, wenn anscheinend nur noch 25% der Befragten produktiv tätig sind. Aber das ist egal: Das Geld kommt ja vom “Staat” . Stimmt ja auch, die elektronische Notenpresse der EZB läuft schon auf Hochtouren. Zitat [NZZ: Der 1850-Milliarden-Rettungsplan der EU: ... ]: “Zusammen mit dem bereits beschlossenen Hilfspaket von 540 Mrd. € stelle die EU fast 2400 Mrd. € zur Verfügung, um gegen die Folgen der Pandemie vorzugehen.”

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