Roger Letsch / 08.08.2022 / 16:00 / Foto: Imago / 76 / Seite ausdrucken

Der Staat muss auch mal nehmen

Der Tagesthemen-Kommentar ist eine Institution in der zwangsfinanzierten ARD. Und ein Tummelplatz für ökonomische Analphabeten wie Sabrina Fritz vom SWR.

Der Tagesthemen-Kommentar ist eine Institution in der zwangsfinanzierten ARD. Hier kann der moralisch gefestigte Journalist jede Objektivität ablegen, auf Recherche und Ausgewogenheit verzichten und so richtig vom moralischen Leder ziehen. Nicht dass er dies sonst nicht auch täte, doch beim Kommentar steht wirklich auch Meinung drauf, wo Meinung drin ist. In der Sendung vom 5. August durfte Sabrina Fritz vom SWR ihren Senf aus der Tube drücken. Es ging mal wieder um eines der Lieblingsthemen der Regulierungs- und Umverteilungsfraktion, die sogenannte Übergewinnsteuer.

„Der Staat muss auch mal nehmen“, sagt Sabrina Fritz, und jene Ökonomen, die verlangten, der Staat solle nicht immer in den Markt eingreifen, würden wohl übersehen, dass der Staat dies ohnehin stets tue. „Milliarden für Elektroautos oder neue Medikamente oder günstige Bahnfahrten… merken Sie etwas?“, fragt Fritz, „in all diesen Fällen gibt der Staat etwas und alle sind ganz leise. Wenn er aber etwas nimmt, ist der Aufschrei groß. Zumindest bei der Wirtschaft oder allen, die ihr nahe stehen.“

Da ich kein E-Auto habe, ungeimpft bin und auch das 9-Euro-Ticket mir nichts nützt, darf ich wohl widersprechen. Um ehrlich zu sein: Ich bin nur noch müde und über alle Maßen frustriert, angesichts des ökonomischen Analphabetismus in diesem Land. Dass der in den sogenannten „öffentlich rechtlichen“ Medien grassiert, verwundert mich allerdings nicht wirklich. Geht es dort doch alles andere als öffentlich und schon gar nicht immer mit rechten Dingen zu, wie die aktuelle Causa der RBB-Chefin Schlesinger zeigt. Auch sie hat die Worte Walter Ulbrichts schrecklichen Angedenkens wohl anders verstanden, als sie gemeint waren: „Genossen, aus unseren volkseigenen Betrieben Sendeanstalten ist noch viel mehr rauszuholen!“

Doch ich schweife ab. Es geht um Grundsätzlicheres. Der Staat, liebe Frau Fritz, ist nämlich ein Hungerleider, weshalb er im besten Fall zum Dienstleister und im schlechtesten, leider häufigsten Fall zum Wegelagerer werden muss. Jeden Euro, Dollar oder Yen, über den er verfügt, muss er vorher seinen Bürgern aus der Tasche ziehen oder – mit der Absicherung auf zukünftige Griffe in eben diese Tasche – sich leihen. Mit anderen Worten: Der Staat nimmt immer! Ob aus der Gegenwart oder der Zukunft. In gewissen, stets zu hinterfragenden Grenzen ist dies auch akzeptabel, doch wenn der Staat behauptet, dies mit dem Ethos eines Robin Hood zu tun und den Raub gerecht zu verteilen, lügt er. Muss er doch selbst bei allerfreundlichster Unterstellung seine stets größer werdende Räuberbande aus der Beute versorgen.

Jene, die der Wirtschaft „nahe stehen“

Dass es in jüngster Zeit gerade die Lobbys der Energiewende und der Impffluenzer geschafft haben, am Lagerfeuer dieser Räuberbande zu sitzen, würde ich deshalb nicht gerade als Zeichen staatlicher Großzügigkeit bezeichnen. Es ist nicht sein Geld, welches die wärmenden Flammen nährt. Auch ging das alles nicht leise ab. Frau Fritz hört lediglich nicht zu, wenn die ihrer Grundrechte und Lebensgrundlagen Beraubten zu Protesten auf die Straße gingen und weiter gehen werden. Das Framing, was man von Leuten, die auf die Barrikaden gehen, zu halten habe, liefert die ARD gern frei Haus.

Womit wir bei jenen sind, die der Wirtschaft „nahe stehen“, was zwar nach Kontaktschuld klingen soll, jedoch lediglich die Beraubten von den Räubern unterscheidet, welche von den staatlich garantierten Subsidien leben und nicht davon, wie gut es der Wirtschaft geht. Zu nennen wären da sowohl der Politikbetrieb als auch die Senderfamilie, bei der Frau Fritz seit Jahren (sechs davon in den USA) untergeschlüpft ist. Wer den Eindruck erweckt, der Wirtschaft nicht nahe zu stehen, sollte weder auf mein Verständnis, noch meine Aufmerksamkeit hoffen.

„Der Staat kann aber nicht nur geben, er muss auch mal nehmen! Vor allem wenn enorme Aufgaben wie Klimarettung und Aufrüstung vor der Tür stehen.“

Klimarettung und Aufrüstung gehen hier eine sonderbare, höchst widersprüchliche Symbiose ein. Der Krieg, vor allem der gegen die ökonomische Vernunft, hat uns gerade die Tür eingetreten, und das Klima werden wir alleine retten müssen. China hat soeben sämtliche Zusammenarbeit mit dem Westen in diesem deutschen Herzensprojekt aufgekündigt, und unsere Aufrüstung ist ein Witz. Man muss sich nur vergegenwärtigen, zu wem und wie Frau Fritz da über was spricht. Die ARD bekommt den Staatssprech einfach nicht aus dem Schädel, selbst wenn sie zu echten Menschen, zum zahlenden Publikum spricht, statt eine Grußadresse an das WEF zu verlesen.

Wo der Ausblick vortrefflich und der Champagner kalt ist

Klimarettung ante portas? Millionen Deutsche Haushalte werden binnen weniger Monate ihre Energie nicht mehr bezahlen können. Aufrüstung? Millionen Bürger rüsten gerade ab und streichen Urlaube, Anschaffungen und schmelzen gezwungenermaßen ihre wenigen Ersparnisse ab. Dieses Geschwafel von „gesellschaftlichen Aufgaben“, die vor der Tür stehen, kommt vom behaglichen Brückendeck, wo der Ausblick vortrefflich und der Champagner kalt ist und man dem Unterdeck weismacht, die im Maschinenraum hätten es unberechtigterweise schön warm.

„Und deshalb finde ich einen größeren Beitrag der Öl- und Gasindustrie durchaus legitim. Ihre Gewinne sind nicht durch unternehmerisches Risiko oder tolle Erfindungen entstanden, sondern durch einen Krieg, politische Fehlentscheidungen und eine Pandemie.“

Stichwort Übergewinnsteuer also. Was tun die schon, diese Heizer! Das Feuer in den Kesseln brennt doch von allein, niemand geht ins Risiko – abgesehen natürlich vom Risiko des Geschäfts ganz allgemein, weil man nie weiß, welche neuen Grenzwerte, Steuern, Ausstiegsszenarien oder Verbote sich die Politik als nächstes einfallen lassen wird. Niemand erfindet „tolle Dinge“ – genau wie Maurer, Klempner, Pfleger, Bäcker oder Müllfahrer, die zwar nie ein neues Geschlecht, eine rechte Verschwörung oder eine kulturelle Aneignung entdeckt haben, den Laden aber dennoch am Laufen halten, ohne dass dies auf dem Brückendeck Beachtung fände. Nur das mit den politischen Fehlentscheidungen ist korrekt. Und zwar bei Krieg, Pandemie und dem ganzen Rest.

„Die [Öl-]Industrie kann einfach zusehen, wie die Milliarden aus dem Bohrloch sprudeln. Energie brauchen wir aber alle, deshalb muss entweder auf die Preise ein Deckel drauf, oder ein Teil der Gewinne kommt wieder der Allgemeinheit zugute.“

Das ist genauso irrig wie die Aussage, die Aufgabe des Maurers bestünde darin, dem Putz beim Trocknen zuzusehen und zeigt die weit verbreitete Unkenntnis der Komplexität weitgehend unsichtbarer Prozesse, welche Milch in Tüten, Jacken auf Kleiderbügel oder Benzin zu Tankstellen bringen. Über viele Jahre waren die Preise stabil, doch nun, angesichts von zerplatzten politischen Seifenblasen, durch Covid-Maßnahmen zerstörter Lieferketten und vielen ideologisch determinierten Verknappungen, sind sie das eben nicht mehr, und die vernachlässigte Infrastruktur – in Deutschland eine zentrale staatliche Aufgabe – macht es unmöglich, kurzfristig Alternativen zu suchen.

Der Sargnagel für jede Wirtschaft

Das enge Korsett staatlicher Lenkung tut sein Übriges. Statt die Information zu nutzen, die in einem erhöhten Preis steckt, verlangt Fritz, der deutsche Staat solle genauso reagieren, wie die DDR-Plankommission oder die französischen Terroristen im Jahr 1793, als das berühmt-berüchtigte Maximum ausgerufen wurde. Auf die Höchstpreise folgten die Bestrafungen für das Horten von Waren und die Höchstlöhne, nichts davon war geeignet, die Gesellschaft zu befrieden, im Gegenteil. Preise festzuschreiben, ohne zu begreifen, wie sie zustandekommen, ist der Sargnagel für jede Wirtschaft. Mit „frei“ und „Marktwirtschaft“ hat das dann längst nichts mehr zu tun.

Doch zurück zu den „sprudelnden“ Öl- und Gasquellen, von denen wir letztere jedoch auf keinen Fall im eigenen Lande haben wollen. Jeder Preisanstieg bedeutet auch unmittelbar einen Zugewinn für den Finanzminister, der mittels des größten Batzens des Steueraufkommens, der Umsatzsteuer, unmittelbar und proportional mehr einnimmt. Wie wäre es also statt mit einer Übergewinnsteuer zunächst mit einer Übersteuer-Steuersenkung?

„Bei der Übergewinnsteuer geht es um Gerechtigkeit“ salbadert Sabrina Fritz zum Abschied, und man kann das innerlich gereckte Fäustchen fast schon sehen. Doch immer, wenn die Rede von „Gerechtigkeit“ ist, muss man sich fragen, was ist „gerecht“ und was ist nur Gerede.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog „Unbesorgt“.

Foto: Imago

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Rudhart M.H. / 08.08.2022

Verschont mich bitte mit Gelaber von irgendwelchen Unbeleckten, denn egal wohin man schaut, es strotzt nur so von naiven Kindern, dümmlichen “Abwählern” , die nie und nimmer ein Abitur von 1900 geschafft hätten und von Studienabbrechern, die dann zu Küchenhilfen avancieren , ohne auch nur eine Ausbildung oder Lehre anzustreben. Wir haben eine Riege von Ministern und BT-Vices, die jeder Beschreibung spotten. Dämlicher , unbedarfter und geistig behinderter kann man nicht sein, aber gerade dies ist die Voraussetzung um überhaupt bfür solche Posten nominiert werden zu können. Es bedarf dringend einer Überprüfung der Eignung und dies sowohl in fachlicher Hinsischt als auch hinsichtlich der sittlich-moralischen Eignung und nicht zuletzt auch des eigentlichen gesundheitlichen Zustandes, wenn ich die Schlafattacken unseres geliebten und verehrten Fachministers für Gesundheit so recht bedenke.

Paul J. Meier / 08.08.2022

Als Flachwitz des Jahres ginge das noch durch, aber dass jemand ernsthaft äußert, dass in einem Staate, wo mit die höchsten Steuern und Sozialabgaben weltweit abgepresst werden, dass dieser auch mal nehmen muss, das ist an Chuzpe nicht zu überbieten! Und eine Ohrfeige für alle Steuer- und GEZ-Gebühren-Zahler! Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem jeder meint sich alles herausnehmen zu können, wenn er nur die eigene Bevölkerung damit trifft! Das endet nicht gut!

Thorsten Beyer / 08.08.2022

Naja, es ist doch verständlich, wenn diese Propaganda-Offizierin der Staatsmedien möchte, daß der Staat tiefer in die Taschen der Fleißigen und Klugen greift. Propaganda kostet halt, vor allem wenn man die Mittäter mit Pfründen, Völlerei und Verschwendungssucht locken muss.  Teure Hotels, teure Restaurants, Champus, Nutten/Callboys und Koks - damit die Stimmung auch gut bleibt… Sowas muss halt bezahlt werden, das verstehen die blöden Arbeiter und Bauern doch wohl, oder. Also machen! Und jetzt haben wir noch garnicht vom Durchschnittsveridenst der ARD/ZDF/Politkasper gesprochen, der deutlich oberhalb von 8.5kEuro Brutto pro Monat liegt - soviel würden diese miesen Luschen in der freien Wirtschaft niemals erwirtschaften können. Von der “vorzüglichen” Rente mal ganz zu schweigen. Man wird diese Leute bald noch mehr angehen, als bisher schon, wenn sie sich auf der Straße blicken lassen….

Julian Schneider / 08.08.2022

Diese Frau ist keine ökonomische Analphabetin, sondern eine lupenreine Sozialistin und Marxistin - wie 90 Prozent der “Medienschaffenden”. Die meisten sind nur leider zu ungebildet und zu blöd, um es selbst zu bemerken.

Lutz Herrmann / 08.08.2022

Mein Opa war auch so einer. Die Beamten kosten den Staat kein Geld, hat er immer gesagt. War natürlich selbst verbeamtet. Seinen Job erfüllt mittlerweile ein Fahrkartenautomat bzw. ein QR-Code auf’m iPhone.

T.Brecht / 08.08.2022

Bei den ÖR gibt es nur noch bekloppte ist aber die Frage warum die auf die Zwangszahler so unkontrolliert mit ihren geistigen Flatulenzen losgelassen werden ? Schlesinger reicht wohl nicht die wollen unbedingt den letzten deutschen zum Wutbürger machen die dann irgendwann vor der Tür stehen. Wer sich die ÖR-Anstalten noch antut hat die Kontrolle über das eigene Resthirn verloren.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Roger Letsch / 09.12.2024 / 14:00 / 21

Die Hunter Biden Story ist noch nicht zu Ende erzählt

Joe Biden hat nicht nur seinen Sohn, sondern sich selbst begnadigt, indem er den Zeitraum so ausdehnte, dass all seine dubiosen Geschäfte abgedeckt sind, in…/ mehr

Roger Letsch / 16.11.2024 / 10:00 / 29

Ein letzter Gruß aus der Biden-Küche

Derzeit verstummen die Medienmacher auf CNN und MSNBC wortreich – mit der Wahl Trumps ist ihre Bedeutung dahin. Joe Biden scheint sich recht wohlzufühlen in…/ mehr

Roger Letsch / 01.11.2024 / 12:00 / 20

Die Presse trifft Vorbereitungen für das Undenkbare

In den USA fahren einige der publizistischen Harris-Unterstützer ihren Aktivismus plötzlich zurück. Offenbar wollen sie im Falle eines Trump-Wahlsiegs unabhängiger wirken, als sie bislang waren. „Etwas…/ mehr

Roger Letsch / 22.10.2024 / 06:15 / 74

Kamala Präsidentin? Für Kanzlerin würde es reichen!

Während in den USA die Wahlumfragen denkbar knapp sind, glauben die Deutschen zu mehr als zwei Dritteln an einen Sieg von Kamala Harris. Dies ist…/ mehr

Roger Letsch / 21.10.2024 / 14:00 / 16

Kamala Harris: Hält die Teflonschicht?

Aus Europa herübergeschwappte Plagiatsvorwürfe gegen Kamala Harris hinterließen keine großen Reputationsschäden, dafür sorgen die ihr wohlgesonnenen Medien. Ansonsten verspricht sie Friede, Freude und Eierkuchen – geht…/ mehr

Roger Letsch / 10.10.2024 / 12:00 / 37

Die unerklärliche Kandidatin Harris

Kamala Harris beantwortet Fragen zu sich selbst mit so inhaltsreichen Sätzen, wie: „Ich bin offensichtlich nicht Joe Biden." oder „Ich bin nicht Donald Trump.“ Aber…/ mehr

Roger Letsch / 29.09.2024 / 10:00 / 99

“L” für Loser: Niemand mag schlechte Verlierer

Nach dem Eklat im Thüringer Landtag verstärkt sich die Schlussfolgerung vieler Wähler, dass sie von „diesem System“ nichts mehr zu erwarten haben, weil es stets…/ mehr

Roger Letsch / 17.09.2024 / 06:05 / 91

Das zweite Trump-Attentat: Keiner traut keinem mehr

Der erste Mordversuch an Donald Trump verschwand so gründlich aus der veröffentlichten medialen Realität wie die Fotos des Ereignisses. Jetzt gab es einen zweiten Anschlag. Ron…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com