Der Sonntagsfahrer: Mein Virenschleuderkurs

Meine konsequente Bevorzugung des Automobils als Fortbewegungsmittel wird in diesen Tagen gewissermaßen von einem höheren Sinn überwölbt, insbesondere, da ich nicht zur Gründung von Fahrgemeinschaften neige: Die Viren und Bakterien in meinem Brumbrum sind allesamt alte Bekannte, ganz im Gegensatz zu denen, die in öffentlichen Verkehrsmitteln herumschweben. Endlich ist meine Neigung zum Individualverkehr kein Zeichen für meine phallischen Sehnsüchte, sondern schlicht gesundheitlich das Gebot der Stunde, sprich eine seuchenhygienische Präventionsmaßnahme. Bahnfahren? Gemeingefährlich! Bus? Verantwortungslos! U-Bahn: Vorhof zur Hölle!

Ich gleite mit meinem Brumbrum durch die große Stadt mit ihrer biologischen Vielfalt so sicher wie in einem Faradayschen Käfig durch das Gewitter. Die Zahl der Verkehrstoten befindet sich ja ohnehin schon auf einem neuen Tiefststand, sie liegt um etwa das Zehnfache unter dem einer normalen Grippe-Epidemie, wie ich inzwischen erfahren durfte. Der Aufenthalt hinterm Steuer ist also einer der sichersten Häfen, die es zur Zeit gibt, die zusätzliche Verwendung einer Gesichtsmaske schützt außerdem vor Radarfallen, die am Straßenrand heimtückisch ihren Opfern auflauern. 

Der Deutsche verbringt laut Statistik rund zwei Jahre und sechs Monate seines Lebens im Auto, aus gesundheitlichen Gründen empfiehlt es sich meines Erachtens, diese Aufenthaltsdauer deutlich zu verlängern. Wichtig ist auch, dass jedes Auto lediglich von einer Person genutzt wird, was ich instinktiv schon immer bevorzugt habe, weil Beifahrer nicht nur Viren, sondern auch schlechte Nerven mit sich führen.

Ferner neigen sie zu unnötigen Pinkelpausen auf langen Strecken, was nicht nur den Reiseschnitt ruiniert, sondern auch ein Einfallstor für die auf öffentlichen Bedürfnisanstalten gedeihende Flora und Fauna bietet. Autobahntoiletten gelten als artenreiche Biotope und  als schützenswerte natürliche Lebensräume für wildlebende Tiere und Pflanzen nach Habitat Richtlinie 92/43/EWG.

Nachhaltige Resistenzen gegen meinen rollenden Zoo

Mein Volvo ist natürlich auch voll von solchen Wundern der Natur und erdgeschichtlich dem Yellowstone-Nationalpark vergleichbar. Da ich ihn seit 25 Jahren besitze, habe ich längst nachhaltige Resistenzen gegen meinen rollenden Zoo entwickelt. 107 Keime befinden sich im Schnitt auf einem Auto-Lenkrad. Zum Vergleich: Auf dem Sitz einer öffentlichen Toilette sind es nur zwölf. Aber: Die auf dem Lenkrad sind meine eigenen. 

Die Polster sind besonders in der feuchten Jahreszeit ein idealer Nährboden für Keime und Pilze. Doch sämtliche Hunde, Katzen und Pferde, die mit meinem Altwagen transportiert respektive von ihm als Zugwagen befördert wurden, waren mit mir jahrelang persönlich befreundet, warum ich auch ein auskömmliches Verhältnis zu ihren Fellbewohnern entwickelt habe. 

An Essensresten finden sich überwiegend Rindswurst-Kleinteile der Frankfurter Metzgerei Gref-Völsings nebst diversen Senfsorten sowie Reste der dort mobil dargebotenen, absolut empfehlenswerten Fleischbrühe. Den Laden gibt es seit 1894, und ich lege meine Hand für die Gutartigkeit der blinden Passagiere aus der Hanauer Landstraße 132 ins Feuer. Einige sind auch in den Kofferraum umgezogen, dort lassen sich im deutschen Durchschnitt übrigens 154 Bakterien pro Quadratzentimeter finden. Da ich meinen Volvo auch zum Entsorgen der Gartenabfälle nutze, gehe ich allerdings davon aus, dass mein Kofferraum eine Vorbild für verdichtetes Wohnen ist.

Bliebe noch die Klimaanlage, für die ich eine radikale Lösung gefunden habe. Da sie ohnehin nichts als Ärger machte, hab ich das Ding samt der darin befindlichen Pilzkolonien kurzerhand abgeklemmt und öffne stattdessen das Schiebedach. 

Fremde Autos kommen derzeit nicht in die Tüte. Carsharing ist total abzulehnen: Firmen wie Car2Go reinigen ihre Fahrzeuge beispielsweise erst nach 60 Vermietungen, ein klarer Fall fürs Gesundheitsamt.

Der Bankautomat war resistent gegen meine Handschuhe

Die Frage ist jetzt nur noch, wie man sicher ins Auto und auch wieder heraus kommt. Die finanzielle Lage von Achgut.com treibt mich beispielsweise jeden Samstag zum Lotto-Kiosk. Mit so ein paar Milliönchen aus dem Jackpot könnten wir die Menschheit noch viel mehr ärgern, als so schon. Jeder Euro, den der Leser für diese Seite spendet, heißt ja bekanntlich Freude schenken, nirgendwo steht das Verhältnis von Aufwand und Ärgernis in einem so optimalen Verhältnis wie bei Achgut.com. Das aber nur nebenbei, bevor wir alle dahingerafft werden, wollen wir doch noch ein bisschen Spaß haben. Und damit zurück zum Kiosk.

Sabine hatte gehört, dass Handschuhe ein probates Mittel gegen verseuchte Aufzugknöpfe und Geldautomaten seien, ich also ab zum Schrank und ein paar Winterhandschuhe rausgekramt. Angesichts der Börsen-Nachrichten ging ich zuerst bei der Bank vorbei, solange es die noch gibt. Der Bankautomat war allerdings resistent gegen meine Handschuhe. Der Touchscreen reagierte erst auf meinen entblößten Zeigefinger. Ich empfehle deshalb als Kompromiss Stetson-Roadster Handschuhe ohne Finger, zumal die in jeder Hinsicht verkehrstüchtig sind, nehmen sie doch „die Feuchtigkeit Ihrer Handinnenflächen nach kurvenreicher Passstrecke auf“.

Ich habe dann die Kohle sicherheitshalber nachgezählt, also schon wieder einen Anfängerfehler begangen, schließlich sind Geldscheine weitgereist. Möglicherweise hat ein Chinese damit im Outletcenter Metzingen seinen letzten Boss-Anzug erworben. Im Laufe meines kurzen Ausflugs in die Welt der Viren ist mir im Kiosk dann noch die Bildzeitung mit den Überlebenstipps auf den kontaminierten Fußboden gefallen. Ich habe sie aufgehoben und anschließend versonnen in der Nase gebohrt, also ein komplettes seuchenhygienisches Desaster angerichtet. Erschöpft habe ich mich dann hinters Lenkrad fallen gelassen, den Türknopf runtergedrückt und erst mal tief durchgeatmet.

Isolierte Populationen, hieß es in einer Talkshow, haben bei Pandemien und Epidemien die größten Überlebenschancen. Ich erwäge deshalb, meinen Lebensmittelpunkt endgültig ins Auto zu verlegen. Wer kein Auto besitzt kann sich übrigens alternativ von der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Da gibt Dir keiner mehr die Hand.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Bibliothèque nationale de France Agence de presse Meurisse via Wikimedia Commons

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Eva Schwabe / 01.03.2020

Köstlich. Auch wenn mir das Lachen im Halse stecken blieb: Bei all den täglichen Schaudernachrichten hat mich dieser Beitrag bestens unterhalten, merci.

Christiane Sende / 01.03.2020

Dirk Maxeiner, you made my day!!!

Franck Royale / 01.03.2020

Die Ureinwohner in Amerika waren auch mal so eine weitgehend isolierte Population. Dann kamen die Europäer, und mit ihnen alle möglichen Infektionskrankheiten wie Pocken, Masern, Mumps oder Grippe. Was, davon ist mancher Historiker überzeugt, die Eroberung Amerikas begünstigte. Schließlich gingen bis zu 95 Prozent der Bevölkerung zu Grunde. Deswegen: trainieren Sie lieber ihr Immunsystem, Herr Maxeiner :-)

Bernd Nehmeyer / 01.03.2020

Eloquent wie immer sprechen sie mir aus der Seele. Danke lieber Sonntagsfahrer, mein Morgen ist gerettet!

Rainer Berg / 01.03.2020

Der Artikel beruhigt mich doch sehr, da ich auch Einzelfahrer bin. Übrigens - ‘Hilfe mein Hund…’, ist gut als Fitnessstudio für Lachmuskeln geeignet.

H. Schmidt / 01.03.2020

Hähä, genau so ist es. Das Auto ermöglicht Individualverkehr, macht unabhängig und vermeidet mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Man fängt sich keine Seuchen ein, und wird auch nicht von Asylanten bedrängt oder angepöbelt. Und sowas wollen die Grünen abschaffen. Ab 30 Grad Temperatur sollen auch die Viren schneller die Biege machen. Sieht man auch auf z.B. auf gisanddata.maps.arcgis.com welche die Ausbreitung des Virus darstellen soll. In den meisten warmen Ländern ist nicht viel mit diesem Virus. Somit wäre dann quasi ein Klimawandel mit Temperaturen nach oben sicherlich auch förderlich. Und sowas wollen die Grünen auch abschaffen. Die Asiaten geben sich in der Regel nie die Hand sondern machen ihre Wai-Begrüßung. Sollte man bei uns auch einführen um das ständige Händeschütteln und Kontakt zu vermeiden. Man kann sich ja nicht nach jedem Händeschütteln erstmal ne Tube Ethanol Gel in die Hand kippen. Auch das Masken tragen hat in Asien inzwischen schon fast modische Züge da es die in verschiedenen Ausführungen gibt. Meisten sind die Masken dort auch viel sinnvoller als bei uns, da in vielen Großstädten PM 2.5 Werte häufig über 100 liegen. Dagegen ist Deutschland ein Frischluft Paradies außer für die Umwelthilfe und J. Resch natürlich. Wobei, bei uns würde sich kaum jemand so ein Ding vors Gesicht hängen. Da würden gleich wieder die Ausgrenzungs-Antifaschisten ihren Senf ablassen. Oh, es gibt noch viel mehr dazu zu sagen, aber weil bei uns ja alles im Griff ist, lt. Politikern, außer den hier schon oft gelesenen “Peanut-Problemchen” kann es ja nach dem Abgrund locker weiter gehen. Zur Not hilft ja dann wenn alle die Hände zur Raute formen und beten das der Krug an ihnen vorbei geht.

Wilhelm Lohmar / 01.03.2020

Müssen Sie nicht, schon aus beruflichen Gründen, ab und zu eine Flugreise antreten? Und was man da so alles über die entsprechende Belastung der Kabinenluft hört und liest.

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