Dirk Maxeiner / 05.12.2021 / 06:00 / Foto: Jacob Levin / 50 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Elchtest für Deutschland

Vor rund 25 Jahren kippte eine Mercedes A-Klasse beim „Elchtest“ um. Ausgerechnet die Schweden entlarvten die mangelnde Stabilität des teutonischen Mustermobils – und zeigen auch heute, wie man einen demokratischen Totalschaden vermeidet.

Vor rund 25 Jahren kippte eine Mercedes A-Klasse beim „Elchtest“ um. Zu den häufigsten Unfällen mit tödlichem Ausgang sorgt nämlich das schwedische Nationaltier: Elche bevorzugen asphaltiertes Terrain, besonders im Winter und des nachts, wenn der Weg durchs Dickicht besonders mühsam ist. In Schweden treiben sich 290.000 Elche rum, jeder davon bis zu 800 Kilo schwer und mit einer Schulterhöhe von über zwei Metern. 

Tester einer schwedischen Zeitschrift absolvierten ein dort übliches Manöver, einen doppelten Spurwechsel, bei dem nicht gebremst wird. Es simuliert das Ausweichen vor einem plötzlich auftauchenden Elch, wie es in Skandinavien durchaus geläufig ist. Das Ergebnis: Der hochbeinige neue Mercedes kippte um. Die Bilder des Probanden in stabiler Seitenlage gingen um die Welt. Die früher sehr sorgfältigen Vorab- und Langzeit-Tests wurden offenbar nicht in ausreichendem Maße gemacht und die Kunden traten als Versuchskaninchen an ihre Stelle.

Die Kippneigung erwies sich als konstruktionsbedingt und bescherte Mercedes den größten Image-Gau seiner Geschichte, lediglich vergleichbar der Klageschrift des amerikanischen Verbraucheranwalts zu Heckmotor-Fahrzeugen: "Unsafe at any Speed". Mercedes begriff die Sprengkraft der Bilder ihres zertümmerten Kleinwagens zu spät und kassiert einen herben Image-Verlust. Die Produktion wurde schließlich sogar für drei Monate gestoppt, um das Fahrwerk nachzubessern. Seitdem ist der Begriff „Elchtest“ geradezu legendär und von ähnlicher internationaler Verständlichkeit wie "Vorsprung durch Technik".

Das Wort, bis dahin völlig unbekannt, ist inzwischen fest in unseren Sprachgebrauch eingegangen. Es findet sich sogar unter „Elchtest, der“ im Duden wieder. Der Elchtest gilt inzwischen als Synonym für eine Prüfung, bei der todsichere Produkte und Verfahren oder kluge Menschen saudumm versagen. In den letzten 24 Monaten erreichte diese Verhaltensweise einen Höhepunkt, der allenfalls von der gespielten Orgasmus-Szene in "Harry und Sally" übertroffen wird.

Der alte Römer Plinius berichtete übrigens erstmals vom Elchtest, er lag nur mit den Umständen ein wenig falsch. Der Elch, so Plinius, habe an den Beinen keine Gelenke, „weshalb er sich im Schlaf nicht niederlegt, sondern an einen Baum lehnt, den man ansägt, wenn man ihn listig fangen will“. So ähnlich wie den hoch gebauten Markus Söder mit den unelastischen Beinen, der vor ein paar Tagen wieder schlecht geträumt hatte und behauptete: „Leider nehmen die Corona-Infektionen gerade bei Ungeimpften dramatisch zu." Dazu zeigte er eine Grafik, wonach die Sieben-Tage-Inzidenz der Ungeimpften bei 1469 lag und jene der Geimpften bei gerade mal 110. Und dann kam ein listiger Welt-Journalist aus dem Tann und sägte Söders Baum einfach um:

Jene Behörde, die diese Daten erfasst, das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), kennt offenbar oft gar nicht den Impfstatus der Infizierten. Auf Anfrage von WELT teilte ein Sprecher beispielhaft für die Woche vor dem 24. November mit, in dieser Zeit seien insgesamt 81.782 Corona-Fälle gemeldet worden – 9641 Personen davon hatten einen vollständigen Impfschutz, 14.652 keinen. In 57.489 Fällen sei der Impfstatus „unbekannt“.

Die Schweden sind im pandemischen Elchtest die Kontrollgruppe

Politische Analogien drängen sich geradezu auf, die pandemische Lage hat das Potenzial, als finaler Elchtest für die Demokratien in die Geschichte einzugehen, wobei Deutschland naturgemäß unter besonderer Beobachtung steht. Wenn der Kommissar einen besonders fieses Delikt aufklären will, schaut er sich zunächst einmal die Akte mit den üblichen Verdächtigen an:  Meistens ist da nix dabei, aber auf die Deutschen kann man sich verlassen.

Es ist schon eine lustige Parallele, dass seinerzeit ausgerechnet die Schweden die mangelnde Stabilität der deutschen A-Klasse entlarvten – und auch heute zu denen gehören, die den schneidigen Herrschaften zeigen, wie man einem unvorhergesehenen Hindernis ausweicht, ohne mit einem demokratischen Totalschaden zu enden. Die Avantgarde des Pandemie-Winterfeldzuges operiert flink wie Windhunde, gibt sich zäh wie Leder, und ist hart wie Kruppstahl. Wer die Schweden hingegen verstehen will, der muss ein kurzes Wort kennen: „Lagom“. Die Schweden meinen damit  „nicht zu viel und nicht zu wenig“. Die Kultur des Landes ist auf Ausgleich ausgerichtet. Man ist stolz, man ist selbstbewusst, man weiß, was man will und was man kann. Aber man macht kein großes Aufheben darum. Die Schweden sind im pandemischen Elchtest sozusagen die Kontrollgruppe – und werden deshalb am liebsten noch nicht einmal ignoriert.

Die demokratische Einstellung der deutschen A-Klasse kippt derzeit jedenfalls genauso schnell um wie weiland das Mercedes-Mobil, allerdings kann man inzwischen nicht mehr von einem Unfall reden. Die Leute am Steuer wollen es jetzt nämlich erst recht wissen. Sie geben noch mehr Gas und glauben dadurch den Überschlag verhindern zu können. Wild entschlossen haben sie auch noch den Airbag in Gestalt des Bundesverfassungsgerichtes stillgelegt, so ähnlich wie bei der Energiewende-Geisterfahrt die Atomkraftwerke.

Ein Signal der Hoffung und des Optimismus

Und weil alle dabei mitgewirkt haben, traut sich keiner auszusteigen, weil er ja dann als Verräter und Kameradenschwein dastehen könnte. Da ich immer schön konstuktiv sein will und man den Aspekt der Lebenshilfe nicht vernachlässigen sollte, empfehle ich den Betroffenen die schöne Aussteiger-Seite "Mafianeindanke", mit vielen weiterführenden Tipps.

Jedenfalls geben Medien, Behörden, Institutionen, Verbände, Gewerkschaften, also fast alle, nochmal richtig Gas – bis der Elch durch die Windschutzscheibe kommt. Der nächste Massen-Elchtest im Fahrtenbuch der deutschen Geschichte steht bevor.

Aber ich möchte nicht defätistisch enden, sondern ein Signal der Hoffung und des Optimismus aussenden. Es kommt aus dem Osten des Landes, dort, wo der Dunkeldeutsche längst schon wieder Batterien für die Taschenlampe hortet. Der letzte Überschlag ist dort noch ganz gut in Erinnerung, automobil- und denktechnisch ist man dort den westdeutschen Qualitätsintellektuellen weit voraus, bei vielen Ossis ist das ESC serienmäßig vorhanden. Und die Thüringer Allgemeine sorgte Mitte der neunziger Jahre für den Beweis: Der Trabant bestand den Elchtest.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

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Leserpost

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Andy Malinski / 05.12.2021

Nun ja - so toll ist das hochgelobte Schweden nun auch wieder nicht ... die jahrzehntelange Sozen-Indoktrination mit der “Volksheim”- Propaganda bringt bei der dortigen Bevölkerung gerade das nächste Umdrehungslevel an den Start: Die RFID-Chip-Implantation.

Franz Klar / 05.12.2021

@M.Mueller : Sehr richtig ! Massnahmen wie Friseurverbot wird den Demokratiefeinden das geben , was ihnen gebührt . Sozusagen als Erkennungsmerkelmal in der Öffentlichkeit , umgekehrt reziprok zum Scheren der Kollaborateurinnen 1945 in Frankreich . Auch das könnte beim differenzierten Demokratie - Elchtest Rechtsstaatsystem M.Mueller© helfen.

Michael Schauberger / 05.12.2021

Ein sehr schönes Essay! Allerdings kann man den Vergleich zwischen Schweden und Deutschland, womöglich sogar mit jedem anderen Land auf der Welt, was strenge Maßnahmen durchführt, auch anders herum sehen: Wenn diese Pandemie lediglich der Motor eines fiesen Vorhabens von Weltwirtschaftsforum & Co. und die Gen-Therapie, die man eupehemistisch “Impfungen” nennt, der Sprit sind, wozu muß man dann noch eine Bevölkerung knechten, die freiwillig (!) bargeldlos bezahlt, sich jede ÄPP aufs Smartphone holt, ungeachtet dessen, ob man sie damit hervorragend überwachen kann, und -von sich aus!- jedes halbe Jahr brav zum “Boostern” wackelt? Nur die Deutschen mal wieder, mit ihrer störrischen Minderheit, die sich dem Wahnsinn und Aberwitz versagen, die will man zum Einknicken bringen, indem man ein ganzes Volk in Geiselhaft nimmt. Wahre Demokratie, Herr Maxeiner, kommt ohne irgendwelche Zwänge und Vorschriften aus, die mitunter jedes Detail in unserem Leben bestimmen. Dem demokratischen Geiste inhärent ist eine gewisse individuelle wie auch kollektive Unabhängigkeit, ein blinder Fleck sozusagen auf der Überwachungskamera, da wir ja alle wissen: wer weiß, daß überwacht wird, verhält sich automatisch anders. Oder ist den Schweden ihre eigene Überwachung bereits in Fleisch und Blut übergegangen? Ingesamt bin ich skeptisch, ob sich eine derart komplexe Situation simplifizierend herunterbrechen läßt. Aber unterhaltsam war es allemal, und dafür ein Dankeschön.

S. Gerhard / 05.12.2021

@Albert Pflüger: Vielen Dank für Ihre freundliche Reaktion auf meinen Beitrag. Übrigens, auch auf tichyseinblick.de gab es von einem Leser schon einen Hinweis darauf, dass Krankenschwestern nicht nach dem Impfstatus fragen dürfen.

Gerhard Schmidt / 05.12.2021

“Impfstatus unbekannt” - Guter Filmtitel für die spätere Aufarbeitung der Jagd auf “Corona”-Ungläubige…

Sascha Hill / 05.12.2021

Ich weiß nicht, ob ich den Optimismus teilen kann. Dieses “gallische Dorf” im Osten, wird politisch und medial ziemlich runtergemacht. Und vieles bleibt bei den Schafen hängen. Und das, obwohl viele die Regierung und sogenannten Medien kritisch sehen. Sachsen wird als Hinterwäldler Land dargestellt, als dümmstes Land, als zutiefst rassistisches Land. Diese Dauerberieslung von Lügen, keimen. Viele sind auch gar nicht mehr offen für Fakten/Argumenten, selbst wenn die Fakten von offiziellen Stellen kommen. Ob bsp der Bildungsmonitor oder aber, die wahre Bedeutung der neuen BKA-Zahlen. Man ist nicht mehr offen für Fakten. Das Deutschland immer mehr verdummt und wir momentan einen Massenimport von Ungebildeten haben, macht die Sache nicht besser. Höchstens für den Niedriglohnsektor, wahrscheinlich auch ein Grund, warum gerade “große” Deutsche Unternehmen so für die Willkommenskultur sind. Nunja, ich wünschte, ich könnte optimistisch in die Zukunft blicken, doch allein mir fehlt der Glaube.

Stephan Bujnoch / 05.12.2021

Als dies passierte, war ich in München beim Wettbewerber in einer “technisch-politischen Erklärfunktion” tätig und augenblicklich kam mir ein “ach du liebe Sch____” über die Lippen. Mir war sofort klar, was passieren würde: jeder Auto fahrende Journalist (oder jedenfalls jeder, der sich dafür hielt) sah sich genötigt, möglichst alle Autos auf ihre Kippfreudigkeit zu prüfen. Dabei kam natürlich raus, daß Geländewagen - wer hätte das gedacht - besonders kippaffin waren. Positiver Nebeneffekt war die allerschnellste Durchdringung des deutschen Marktes mit der Stabilitätsfunktion, was die mediterranen Kollegen im ACEA nur sehr begrenzt lustig fanden. Daß die montierten A-Klassen zur Nachrüstung im badischen Kippenheim abgestellt wurden, darf man schon als unfreiwillige Situationskomik sehen!

Manfred Knake / 05.12.2021

@Jan Häretikus: Coronabedingte Haarprobleme lassen sich mit mit einem Haarschneider oder auch Trimmer lösen. Lässt sich millimetergenau einstellen. Das Schneiden - im Selbstversuch - dauerte nur wenige Minuten. Und dann für draußen Mütze drüber und gut ist….

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