Peter Grimm / 11.12.2019 / 15:00 / Foto: Walter Kraemer / 64 / Seite ausdrucken

Der nicht mit dem AStA tanzt

Adolf Hitler war bekennender Nichtraucher, möglicherweise sogar immer noch Deutschlands bekanntester bekennender Nichtraucher. Sind Nichtraucher deshalb Nazis? Nicht einmal völlig durchgeknallte Ideologie-Irre würden eine solche Schlussfolgerung öffentlich formulieren. Nicht einmal die von Rauchverboten und Strafsteuern gepeinigten Tabak-Genießer würden solch einen Satz sagen. Die haben sich längst still in ihre kleiner werdenden Reservate zur Pflege der einstmals eingewanderten Genuss-Kultur zurückgezogen.

Ist nun ein Nazi-Sympathisant oder Rechtsextremer, wer das Hitler-Zitat „Der Nationalsozialismus hätte niemals in Deutschland siegen können, hätte ich nicht das Rauchen aufgegeben“ in einen Schaukasten hängt? Zumal dann, wenn er darauf verweist, dass Churchill, Roosevelt und Stalin Raucher waren und zur Vermeidung von Missverständnissen auch noch „Rauchen gegen rechts“ darüber schreibt? Für den AStA der TU Dortmund gehört dies zumindest in die Reihe der „menschenverachtenden Aushänge von Professor Krämer“, deren „sofortige Beendigung“ der akademische Nachwuchs fordert, denn es darf „keinen Platz für rechten Populismus“ geben. Das studentische Tribunal stellte fest:

Der Dortmunder Statistik-Professor Walter Krämer fällt seit einiger Zeit durch verstörende Aushänge in seinem Schaukasten an der TU Dortmund auf. Aktuell finden sich dort u.a. ein Zitat von Adolf Hitler zum Rauchen, eine antimuslimisch-rassistische Äußerung Hans-Olaf Henkels sowie eine geschmacklose Karikatur Greta Thunbergs.“

„Reaktionäre Rasselbande“

Das „verstörende“ Hitler-Zitat kennen Sie schon. Über das Verstört-sein wollen wir hier auch gar nicht spöttisch reden, denn möglicherweise kann einen jungen Menschen, der sich wohlbehütet bis in die Universität hinein nur an einem klaren Gut-und-Böse-Schema orientiert hat, verunsichern, wenn er erstmals mit Abweichungen von diesem Bild konfrontiert wird. Uneinsichtigen das Rauchen möglichst überall zu verbieten, ist schließlich gut, da kann es doch nicht sein, dass sich so ein absolut Böser, wie der verachtenswerte Führer, auch wie die Guten gegen den Tabakkonsum engagierte. Gott sei Dank hat Walter Krämer nicht auch noch auf Hitlers klimafreundlichen Fleischverzicht hingewiesen. Das wäre noch verstörender gewesen. Aber wenn sich auch an deutschen Universitäten die Unkultur der Trigger-Warnungen weiter ausbreitet, würde man die empfindlichen Seelen einfach davor warnen, an Krämers Schaukasten heranzutreten. Kommen wir zu den weiteren Anklagepunkten.

Da war die „antimuslimisch-rassistische Äußerung Hans-Olaf Henkels“. Achtung – Warnhinweis! – hier der Wortlaut: „Es gibt 57 islamische Länder in der Welt. Da muss es ja ein wahnsinniger Zufall sein, dass es in keinem dieser Länder eine Demokratie gibt. Nicht eine.“ Überschrieben ist diese „antimuslimisch-rassistische Äußerung“ übrigens mit „Ein einfacher Signifikanztest …“. Vielleicht war es von Professor Krämer etwas leichtgläubig, anzunehmen, dies würde bei ideologisch gefestigten Studenten hilfreich bei der richtigen Einordnung des Zitats sein. Wer Muslime zu einer Rasse erklärt, um Kritikern an der Islamideologie den Rassismus-Stempel aufdrücken zu können, kümmert sich kaum sensibel um die sachgerechte Anwendung von Worten.

Doch weiter in der AStA-Anklage: Professor Krämer hat doch tatsächlich früher in einem Interview – gar nicht in dem angegriffenen Schaukasten – einmal geäußert, dass er zu Zeiten von Bernd Lucke auch einmal die AfD gewählt habe und erklärt: „Vor Hans-Olaf Henkel und Bernd Lucke, den ich seit vielen Jahren gut kenne, habe ich Riesenrespekt. Die haben meine volle Sympathie.“ Dass dies eine Sympathie auch für Männer ist, die die AfD verlassen haben, weil sie nach ihrem Geschmack zu weit nach rechts abgedriftet ist, ist wahrscheinlich für junge deutsche Ideologen schon ein zu komplexer Gedanke. Deshalb kann man Krämer dafür auch anklagen. Ganz nach dem Vorbild der Genossen in Hamburg, die kürzlich Vorlesungen des Professors Bernd Lucke verhinderten. Und der differenzierte Gebrauch der deutschen Sprache unter Vermeidung ideologisch verbrämter Wortkonstruktionen ist sowieso schon verdächtig und gleich der nächste Anklagepunkt gegen Krämer.

„Wer Herrn Krämer kennt, weiß auch, dass er erster Vorsitzender des höchst umstrittenen Vereins Deutsche Sprache (Sitz in Dortmund direkt neben dem Campus) ist. Dieser Verein, der bekannt für lächerliche Deutschtümelei und rechte Rhetorik ist, rief zu Semesterbeginn mit einer Flyeraktion an verschiedenen Unis zum juristischen Widerstand gegen „sprachpolizeiliche Genderregeln“ auf (die taz berichtete: „Reaktionäre Rasselbande“).“

Wer nun zu einer reaktionären Rasselbande gehört, ist natürlich „völlig unvereinbar mit der TU Dortmund als weltoffene Hochschule“.

Parteifeindliche Wirklichkeit

Normalerweise wäre dies einfach alles nur in höchstem Maße lächerlich. Doch in Zeiten wie diesen sind solche Kampagnen leider oft nur der Auftakt einer Art Treibjagd auf Personen des öffentlichen Lebens, denen die Öffentlichkeit genommen werden soll. Sie sollen möglichst keine ungestörten Auftritte mehr haben, und jeder Veranstalter soll möglichst zurückschrecken, sie einzuladen.

Vielleicht stören sich die Genossen im AStA eigentlich auch gar nicht so sehr an den inkriminierten Aushängen, sondern an dem, was nicht erwähnt wird, nämlich Krämers kontinuierlich kritischem und fachkundigen Blick auf Statistiken und deren interessegeleiteten Fehlinterpretationen. Nachzulesen ist das u.a. regelmäßig auf Achgut.com in Krämers Reihe „Die Unstatistik des Monats“. Jemand, der fachkundig die ideologische Interpretation von Zahlen und Daten zerlegt und so Deutungshoheiten angreift, ist für Ideologen natürlich schwer erträglich. Früher sagte man in den kommunistischen Diktaturen gern flapsig: „Die Wirklichkeit ist tendenziell immer parteifeindlich“. Das ist sie eben auch in postkommunistischen Zeiten. Und wer auf sie hinweist, der bekommt Ärger mit Ideologen und Ideologieabhängigen. Das ist nicht neu und eigentlich auch nicht schlimm. Schlimm ist es nur, welche Macht manche Ideologen inzwischen zur Bestrafung ihrer Gegner haben. Das ist ein Zustand, den es in einer freiheitlichen Demokratie nicht geben dürfte.

Dieser Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

Foto: Walter Krämer CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Andreas Rühl / 11.12.2019

Manchmal habe ich den Eindruck, dass ein jeder, dessen Scheibe nicht vollmatt ist, in den Verdacht tiefrechter Gesinnung geraten kann und tatsächlich auch gerät. Am Ende bleibt dann ein Bodensatz “Nicht-Rechter” übrig, deren IQ im Tiefkühlbereich angesiedelt ist. Wer “Deutsch” sagt, ist schon gerichtet. Wer zu denken auffordert, auch. Wer den Doofen seine Doofheit vor Augen führt, wird geteert und gefedert. Wer sich nicht eindeutig, sondern zweideutig ausdrückt, hat verloren. Wer Wahrheiten nicht als unverrückbare Überzeugungen, sondern als vorläufige Ergebnisse gewisser Versuchsanordnungen und Modelle versteht, ist ganz unten durch. Dass das so kommt, war abzusehen. Die Bildungsmisere wirkt sich erst jetzt richtig aus. Und zwar - offenbar - flächendeckend, Bayern hat nicht mehr und nicht weniger Bekloppte aufzuweisen als Bremen oder Dortmund, auch wenn man in Bayern offenbar noch einen “Fehler” “Fehler” nennt und nicht als Anlass für eine Diskussion über verletzte Gefühle des Fehlermachenden begreift. Heute höre ich, die psychischen Erkrankungen bei Kindern nehmen zu. Wie? Noch mehr? Ist das steigerbar? Allen voran gehen Angststörungen. Kein Wunder, die Welt, vor der diese Kinder abgeschirmt wurden, sie existiert tatsächlich! Einziger Ausweg: nach dem “Saveroom” Schule muss auch die Universität eine von Welt und Wirklichkeit befreite Zone werden. Gnade uns Gott.

Markus Kranz / 11.12.2019

Linksextreme haben ein Problem mit der physischen Existenz von Konservativen. Im Grunde unterscheiden sie sich nicht groß vom IS, nur dass bei den Sozis eben die Konservativen die “Ungläubigen” sind.

Sabine Lotus / 11.12.2019

Jaja, der Onkel Adi. Nichtraucher, Vegetarier, Religionsersatzbauer, Ökofaschist. Und an wen erinnert uns diese Mélange? Kommt uns die Kombi nicht irgendwie bekannt vor? Warum sollte ich diese Faschisten nicht dumme Nazis nennen dürfen, wenn die selbst dafür zu dumm sind, den Sozialismus in der National Sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei zu finden? Hey Supergutdeutsche, ihr wollt Nazijagd und findet auf den Hügeln keinen zum verprügeln? Schaut doch mal in den Unis nach. Da gibt es sie in allen Farben. Oder wie das neuerdings in Neusprech heißt: In BUNT.

Peter Krämer / 11.12.2019

Sehr geehrter Herr Grimm, Danke für Ihren Beitrag. Und man kann nur hoffen, das möglichst viele Mitbürger diese Zeilen lesen, denn damit würde der Asta, von dem was er bewirken möchte, genau das Gegenteil erreichen.

Alexander Schilling / 11.12.2019

Manch einer belächelte ja die Studierenden, die bis in allerjüngste Zeit streberhaft-zielstrebig ihr Studium durchgezogen haben: dieses Lächeln dürfte inzwischen zu dem Standbild eingefroren sein, das ansonsten dem Objektiv des Passbild-Automaten vorbehalten ist.—Die Revolution, die längst ihre Kinder gefressen hat, speit deren Bälge aus: milchbärtige Früchtchen, die einmal mehr etwas voreilig Siegerjustiz im politischen Kampf üben—und damit zweifelsohne ihre Furcht vor dem allfälligen homerischen Gelächter überspielen, wollten sie ‘gendergerecht’ das denkwürdige “Busenattentat” (q.v.) an Theodor W. Adorno nachäffen.

August Klose / 11.12.2019

Die Asta gehören abgeschaft und Studenten, die die Regelstudienzeit um mehr als 2 Semester überziehen, exmatrikuliert.

Hans Reinhardt / 11.12.2019

Der Spruch von Hitler ist gaga (war ja wohl zu erwarten), Herr Henkel hat nur ein Faktum festgestellt und Greta T. geschmackvoll darzustellen ist per se unmöglich. Ein komplettes Unverständnis für Humor, Sarkasmus oder Ironie sind Symptome des “Morbus Greta”, der anscheinend epidemieartig über den Früchten der deutschen Bildungskatastrophe wütet. ,

Robert Bauer / 11.12.2019

Wer Leonhards “Die Revolution entläßt ihre Kinder” gelesen hat, weiß, welche Früchtchen sich an der TU Dortmund tummeln. Berija und der kleine Doktor hätten ihre Freude an dieser revolutionären Garde gehabt.

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