Der nackte Einsiedler, Knusperfrosch und Spam. Ein Nachruf 

Man kann viel über den Tod sagen, und bei weitem nicht nur freundliches. Dennoch, entgegen seiner Gewohnheiten, gerne plötzlich und unerwartet mit seiner Sense an der Türe zu klopfen („Ach, Sie kommen wegen der Hecke?“), muss man ihm hoch anrechnen, dass er seit 1989 – damals holte er den erst zweiundvierzig Jahre jungen Graham Chapman ab – bis jetzt seine knochigen Finger von den Mitgliedern der Monty Python Truppe fern hielt. Immerhin volle dreißig Jahre.

Nun hat er Terry Jones geholt. Der wurde immerhin fast achtundsiebzig, und zumindest seine Familie und Freunde dürften davon nicht besonders überrascht gewesen sein. Seit einigen Jahren war Terry Jones an Demenz erkrankt und aus der Öffentlichkeit verschwunden. 2015 drehte er noch den mäßig lustigen Film „Zufällig allmächtig“ (Regie, Drehbuch, Darsteller), aber danach war Schluss. Die Erkrankung, verbunden mit einem Verlust der Kommunikationsfähigkeiten, ließ Terry Jones verstummen.

Bekannt geworden ist er vor allem durch seine Mitgliedschaft beim Flying Circus, wo der „Ringo der Monty Pythons“ (Volker Bleeck, Kommen wir nun zu etwas völlig anderem, Schüren Verlag Marburg, 2008) als Autor und Darsteller brillierte. Gerne spielte Terry schrille Frauen wie Brians Mutter im „Leben des Brian“, die Betreiberin des Spam-Restaurants oder die Gattin des bei lebendigem Leibe ausgewaideten Organspenders in „Der Sinn des Lebens“ („Hat er etwa wieder einen dieser albernen Zettel unterschrieben?“). Genauso gerne verkörperte er Männer jeglicher Bauart, so wie den Eremit in „Brian“, Sir Bedeveres in „Holy Grail“, den (nackten) Organisten in der Erpressungsshow „Blackmail“, Mr. Creosote, dem ein zum Nachtisch gereichtes Pfefferminzplättchen den Rest verpasst (und der Putzfrau viel zu wischen) oder auch Mr. Milton, den alleinigen Anteilseigner und Besitzer der Whizzo Schokoladen AG, der von Inspektor Praline verhört wird:

„Wir möchten uns hier mit Ihnen über Ihr Produkt mit der Bezeichnung „Die Whizzo-Qualitätsmischung“ unterhalten.“

„Ich verstehe.“

„Was darin ist Knusper Frosch?“

„Ein kleiner toter Frosch.“

„Ist er gekocht?“

„Nein.“

„Was, ein ROHER Frosch?“

„Aber nein! Er hat einen üppigen Überzug aus fünffach zarter, freifach sahniger Schweizer Milchschokolade, umhüllt und liebevoll mit Glukose glasiert.“

„Das mag sein, aber es ist immer noch ein Frosch!“

„Was sonst?“

„Nehmen Sie denn noch nicht mal die Knochen raus?“

„Dann wäre er doch nicht mehr knusprig!“

Bevor er mit John Cleese, Eric Idle, Michael Palin und Terry Gilliam die Monty Pythons gründete, hatte Terry Jones in Oxford studiert. Mitte der 1960er Jahre kam er zum Fernsehen und schrieb Sketche für Comedy Shows wie „The Frost Report“ und „Do not adjust your set“ und „At last the 1948 Show“. Schon während der Zeit bei der „Comedy Machine“ begann er Regie zu führen, zusammen mit Terry Gilliam drehte er „Die Ritter der Kokosnuss“, solo war er für „Das Leben des Brian“ verantwortlich, ebenso für „Der Sinn des Lebens“ sowie, nach Monty Python, eine handvoll weiterer Spielfilme, die mehr („Personal Service“) oder weniger lustig waren. Als Beispiel für letzteres sei „Erik der Wikinger“ genannt, ein Film, der so unlustig war, dass man ihn in Laufe der Jahre immer weiter kürzte; allerdings nicht konsequent genug, es blieben zuletzt noch 75 überflüssige Minuten übrig.

Terry Jones war ein kluger Mann. Er hatte in Oxford Englisch und Geschichte studiert, was sich später auszahlte, indem er Bücher verfasste und historische Dokumentationen drehte und moderierte („Terry Jones im Mittelalter“).

Nun hat Terry Jones seine metabolischen Prozesse eingestellt. „Two down, four to go” (John Cleese). Er würde sich auch nicht mehr bewegen, wenn man ihm 4.000 Volt durch seinen Schnabel jagen täte. Er ist abgeritten zu seinen Ahnen. Wir vedanken ihm viele Stunden feinster Unterhaltung: als Autor, als Darsteller, als Regisseur, als Schriftsteller. Geboren am 1. Februar 1942 in Colwyn Bay, Wales, gestorben am 21. Januar 2020 in London. Immerhin.

Danke Terry!

 

P.S. Und ein Wort an den Schnitter: Es wäre zu begrüßen, wenn jetzt für die verbliebenen Montys erst einmal Ruhe vor dir ist. Sagen wir weitere dreißig Jahre?

 

 

Youtube: A Tribute to the late Terry Jones 1942–2020 https://www.youtube.com/watch?v=3QLAijXp61I

Michael Palin remembers Terry Jones: https://www.youtube.com/watch?v=wpJu0cGV7s4

Terry Jones World Penguin Day BBC: https://www.youtube.com/watch?v=9dfWzp7rYR4

Brians Mutter: https://www.youtube.com/watch?v=DRa0S8Aa78g

Spam, Spam, Spam, Spam https://www.youtube.com/watch?v=_bW4vEo1F4E

 

 

 

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Leserpost

netiquette:

Gregor Erkelenz / 24.01.2020

Graham Chapman wurde 48, nicht 42 Jahre alt (1941-1989).

Uwe Tellkamp / 24.01.2020

Danke, Archi!

Heiko Loeber / 24.01.2020

Ich liebe den Hass und die Hetze, die Monty Python bereits schon Ende der 60er Jahre verbreitet hatten. Was das Qualitätsautoren-Paar Dethlevsen/Dahlke (“Krankheit als Weg”) wohl dazu sagen würde, dass ausgerechnet Terry Jones gegen Ende seines erfüllten Lebens krankheitsbedingt seine Kommunikationsfähigkeiten verloren hat? - Vermutlich hatte er nur wieder einen dieser albernen Zettel unterschrieben, einen Vertrag für die Neuauflage seiner Darstellung des Eremiten in “Das Leben des Brian”. Nur dass er diesmal dafür gesorgt hat, dass er auf keinen Fall das Schweigegelübde brechen wird. Diesen, vertragsbedingt, letzten Film wird ihm jedenfalls keiner zusammenkürzen. Wette, im Fall von Terry Jones hatte der Tod sogar mal eine Ausnahme gemacht und tatsächlich im Sensemann-Kostüm an Terrys Tür geklopft. - Was dessen letztem Wunsch entsprochen haben mag. Terry Jones ist ein EX-Komödiant.

Bernhard Idler / 24.01.2020

Graham Chapman wurde 48 Jahre alt, wenn ich richtig rechne, aber das waren immer noch viel zu wenige. Ansonsten ein guter und wichtiger Nachruf für Terry Jones, danke dafür.

Sabine Schönfelder / 24.01.2020

Mr. Archi W. Bechlenberg at its best!! Folge Ihren Worten an den Schnitter und ergänze: bei uns braucht er in den nächsten 50 Jahren auch nicht reinzuschauen. „Es ist ein Schnitter, bleib mer fort, geh liewer an än anre Ort, dort kannscht dei Messa alle wetze, de Pälzer geht lieber uff de Betze….ein Lied von Schumann, aus seiner pfälzischen Schaffensperiode…

Silvia Orlandi / 24.01.2020

Monty Python werde ich noch im Pflegeheim gucken — See you later best friend…

C. Schwede / 24.01.2020

RIP

Thomas Taterka / 24.01.2020

“Immerhin” . Ich schließe mich dieser Bescheidenheit an. - Sehr liebevoller Nachruf !

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