Rainer Bonhorst / 19.01.2021 / 16:00 / Foto: Pixabay / 49 / Seite ausdrucken

Der Fußball und die Rangfolge der Beleidigungen

Man muss kein Fußball-Fan sein, um zu wissen, dass dieser Mannschaftssport unsere Gesellschaft spiegelt, ihre Stärken und ihre Problemzonen. Vom christlichen Leben kennen wir die Rangfolge der Sünden, von der Todsünde bis hinab zur lässlichen Sünde. Der Fußball hat jetzt die verwandte Frage aufgeworfen, ob es eine Rangfolge der Beleidigungen gibt. Ganz konkret geht es um die Frage, ob eine rassistische Beleidigung in ihrer Schwere allen anderen Beleidigungen den Rang abläuft.

Im konkreten Fall handelt es sich um das Beleidigungspaar „Scheiß-Afghane“ einerseits und „Hurensohn“ andererseits. Was wiegt schwerer? Die Verächtlichmachung eines Spielers mit afghanischem Migrationshintergrund durch den Scheiß-Zusatz oder die Herabwürdigung einer Spielermutter als Sexarbeiterin?

Diese Problematik, die nach dem Spiel von Union Berlin gegen Bayer Leverkusen Schlagzeilen machte, ist mehr als ein Fußballproblem. Es fordert unsere Gesellschaft insgesamt heraus. Vor allem die politisch korrekte „Woke-Cummunity“ wird immer wieder mit diesem Thema konfrontiert. Man ist einerseits bunt und einwanderungsfroh, andererseits entschieden pro Frau. Was hat also Vorrang, Migranten vor Beleidigungen zu schützen oder Frauen vor Herabwürdigung?

Blutdruck auf beiden Seiten schnellte in krisenhafte Höhen

Krisenhaft zugespitzt hat sich diese Frage vor fünf Jahren beim Kölner Silvester, als Migranten massenhaft Frauen und Mädchen sexuell belästigten. Diese Krise hat Alice Schwarzer, die Seniorin der Frauenemanzipation, zu der Warnung veranlasst, die Fremdenliebe dürfe nicht auf Kosten der Frauensolidarität gehen. Die Folge war eine heftige Debatte in der Community, die damals das Wort „woke“ zwar noch nicht kannte, es heute aber in Anspruch nehmen würde.

Von einer – wenn auch milderen – Krisensituation kann man auch im Falle des fußballerischen Beleidigungs-Themas sprechen. Union Berlin hat eins zu null gewonnen, was Bayer Leverkusen nicht gefiel. Der Blutdruck auf beiden Seiten schnellte in krisenhafte Höhen, sowohl bei Nadiem Amiri (Leverkusen) als auch bei Florian Hübner (Union). Als Folge dieser Blutdruck-Erhöhung sei das Wort „Scheiß-Afghane“ in Richtung Amiri und das Wort „Hurensohn“ in Richtung Hübner gefallen. Letzte Beweise gibt es wegen fehlender Geständnisse nicht. Aber die Worte hängen krisenhaft im Raum.

Dann doch besser Frauenfußball

Der DFB, der sich einschaltete, hat die Frage der Rangfolge dieser Beleidigungen für sich beantwortet. Er zeigt sich entsetzt über die mögliche rassistische Beschimpfung und verweist den Hurensohn offenbar in die zweite oder dritte Bundesliga der Beleidigungen. Das hat vielleicht damit zu tun, dass es mehr Indizien für die rassistische als für die antifeministische Beschimpfung gibt. Entscheidender dürfte aber sein, dass der Kampf gegen den Rassismus („black lives matter“) zur Zeit gesamtgesellschaftlich Vorrang hat. Die Frauen müssen in diesem Wettbewerb erst einmal zurückstehen.

Beim Frauenfußball liegen die Dinge anders. Denn auch im Fußball folgen Frauen, was Blutdruck und Reizbarkeit betrifft, eher dem Beispiel Merkel und nicht, wie die Männer, dem Beispiel Trump. Hinzu kommt, dass Afghaninnen im Fußball keine große Rolle spielen und die Beleidigung „Hurentochter“ im deutschen Sprachschatz nicht vorkommt.

Wer also der in diesem Text beschriebenen Problematik aus dem Weg gehen möchte, sollte sich lieber Frauenfußball als Männerfußball anschauen. 

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Burkhard Mundt / 19.01.2021

Die Schmähung “Scheiss Bayern” ist im Fussball nicht selten. “Zieht den Bayern die Lederhose aus” oder Bananenwürfe gegen ExBayern-Torwart Kahn sind bzw. waren Bundesligaalltag. Was sich Schalker und BVB’ler gegenseitig zurufen, ist auch nicht immer salonfähig. Also, habt euch nicht so. Richtige Fussballer reichen sich spätestens nach dem Duschen die Hand und “Schwamm drüber” . “Hurensohn”, “Bastard”, “Kartoffel” , “Nazi” sind oft Beleidigungen gegen die Ur-Deutschen. Wer regt sich darüber auf? Die üblichen Verdächtigen bestimmt nicht…

Hjalmar Kreutzer / 19.01.2021

Das ist doch aber eine ganz klare Hierarchie: Der „Hurensohn“ und „Alda, isch f*** Dein Mudda“ sind liebenswerte kulturelle Eigenheiten noch nicht so lange hier Lebender, während der Sch***-Afghane oder gar Sch***k*n***e eine schwerste Erschütterung der bunten weltoffenen vielfältigen toleranten Sportwelt und Gesellschaft verursacht. Sofort mit Hubschraubereinsatz zum Generalbundesanwalt ausfliegen! Wie einfach und kraftvoll war da doch früher ein gegenseitiges einfaches „A***lo***“, ein Anranzer beider Trainer: „Benehmt Euch gefälligst!“ und gut war‘s.

Robert Wallmacher / 19.01.2021

Du bekommst den Fußballer von der Straße, aber nicht die Straße aus dem Fussballer.

Mathias Bieler / 19.01.2021

Als am 19.12. beim Fussballspiel M’gladbach-Hoffenheim der Spieler Marcus Thuram (ziemlich schwarze Hautfarbe ) seinem Gegenspieler Stefan Posch (ziemlich weisse Hautfarbe) aus nächster Nähe ins Gesicht gespuckt hat,lies man sich in den ÖR verbal gerade mal zu einem “ekligen Vorfall” herab. Anders herum wäre es sicherlich Rassismus gewesen.

Claudius Pappe / 19.01.2021

Piefke….........Moffe….............................” liebevolle ” Bezeichnung unserer südlichen und nordwestlichen Nachbarn für uns Bio- Deutsche

Christoph Kaiser / 19.01.2021

Beleidigung gehört vollständig aus dem Strafgesetzbuch getilgt!

Werner Arning / 19.01.2021

Hurensohn ist eine alte Nummer. Deswegen kommt doch kein Hund von hinter dem Kachelofen hervor. Wegen: „Ich fick deine Mutter“ spitzt er bestenfalls die Ohren. Du „Scheiß-länger-hier-seiender“ hätte schon größere Sprengkraft. Schlimmer wäre „du Trump-Versteher“ oder „Kapitol-Besteiger“, oder „du Merkels Toyboy“, oder „du Lauterbach“, oder „du Siff-Maske“, oder „du Quoten-Fußballer“. Meine Herren, etwas mehr Phantasie bitte.

Frank Stricker / 19.01.2021

Ich tippe auf Fakenews, der wollte bestimmt nicht “Scheiß-Afghane” sagen, sondern “Schwarzer-Afghane”. Das zählt in einigen Schichten ganz offiziell zu Rauch und Genuß-Mitteln.

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