Vera Lengsfeld / 15.03.2016 / 18:57 / 13 / Seite ausdrucken

Das Politik-Kartell schaltet auf stur

Am Tag nach der für alle etablierten Parteien desaströsen Wahl ist das Signal unmissverständlich: Wir machen weiter, wie bisher. Das Ergebnis wird einfach in eine 80 Prozent Zustimmung zur Allparteien-Koalition umgedeutet.  Einen ähnlichen Erfolg hatte bisher nur die SED aufzuweisen, die ihre politischen Konkurrenten einfach in die Nationalen Front gezwungen und entmündigt hat.

Kanzlerin Merkel, die eine „schwarz-rot-grünen Koalition... in der Flüchtlingsfrage geschmiedet hat“, wie Jacob Augstein jubelt, hatte keine Gewalt nötig. Sie musste sich lediglich als „alternativlos“ verkaufen, um anziehend auf die Parteifunktionäre aller Couleur zu wirken. Die Gleichschaltung erfolgte ganz von selbst und so perfekt, dass man sich fragt, wie das gehen soll, wenn Cem Özdemir aus dem Erfolg der AfD den Schluss zieht, die „demokratischen Parteien“ müssten noch „enger zusammenrücken“ und noch mehr „zusammenarbeiten“. Es passt schon jetzt kein Blatt Papier mehr zwischen die schwarz-rot-grünen Funktionäre. Unterschiedliche Politikangebote sind von gestern. Helldeutsche Politik spricht mit einer Stimme. Bleibt nur die Vereinigung zur Demokratischen Einheitspartei Buntlands. Merkel, wie Augstein unbedarft ausplaudert, sie sei bisher „die richtige Frau in der falschen Partei“, steht dann endlich an der richtigen Stelle. Auch sonst ist alles im Lot.

In Zeiten, wo die Grünen Spenden von der Rüstungsindustrie annehmen können, ohne dass es jemanden aufregt, am wenigsten die Mitglieder der einstmals pazifistischen Partei,  sind „Parteien und Programme... Schnee von gestern“, freut sich Augstein.

Man muss ihm bescheinigen, dass er wenigstens ehrlich ist, eine in Helldeutschlands „Elite“ eher selten anzutreffende Eigenschaft. Augstein spricht auch aus, was die meisten CDU- Mitglieder nicht einmal zu denken wagen: „Für die CDU als Partei ist es verheerend. Aber sie hat nun ja erst recht keine Wahl mehr... Stück für Stück hat die Kanzlerin die alte Staats- und Volkspartei beinahe aller Werte beraubt.“

Nun müssten die Parteifunktionäre der Kanzlerin zu folgen, um an der Macht beteiligt zu bleiben. Tun sie es nicht, droht Merkel- Verlust. An dieser Stelle wird es gruselig. Immer wenn die Personalisierung der Politik die Parteienvielfalt ablöste und dazu aufgerufen wurde, wie Augstein es tut, der Führerin zu folgen, wurde es ungemütlich in Deutschland.

Wie sehr die Kanzlerin ihre Wähler verachtet, hat sie eher unabsichtlich auf der Pressekonferenz am Morgen nach der Wahl deutlich gemacht:„ Es gab Menschen, die haben gar nicht zugehört und sind wählen gegangen und haben einfach Protest gewählt“, sagte sie in die Mikrofone.
 
Die Kanzlerin sieht uns nicht als mündige Bürger, die sich ihres Verstandes bedienen, sondern als unaufmerksame Kinder, die nicht hören wollen, was ihnen von oben vorgebetet wird. Das Volk, der große Lümmel, wählt Protest, obwohl Politik und Medien ihm seit Monaten eingehämmert haben, wie gefährlich es ist, einer Partei die Stimme zu geben, die vom politischen Einheitsangebot abweicht. Täglich wurde in einem propagandistischen Dauerfeuer die Gefahr von rechts beschworen, es wurde sogar klar gemacht, dass man sich mit der NPD auf eine Stufe stelle, wenn man sein Kreuz bei der AfD mache. Dass  sie damit ihre eigenen Wähler beleidigen, kommt dem Parteien-Kartell nicht in den Sinn. Denn alle Parteien, einschließlich der Grünen und der Linken haben Wähler an die AfD verloren.
 
Es wurde laut über die angebliche Verachtung der demokratischen Institutionen geklagt, von Mandatsträgern und Funktionären, die seit Beginn der „Flüchtlingskrise“, nein, der „Eurorettung“,  tatenlos dem Gesetzesbruch und den Bruch von Verträgen und Vereinbarungen durch die  Regierung zusehen. Dabei ist es umgekehrt: nicht wer Gesetzes- und Vertragsbruch kritisiert verachtet die demokratischen Institutionen, sondern wer Gesetze und Verträge bricht, um seine Politik mit allen Mitteln durchzusetzen.
 
Monatelang hat der Souverän versucht, seine Stimme hörbar zu machen: auf Demonstrationen, mit Massenpetitionen, mit Briefen an die Abgeordneten, mit Kommentaren unter die öffentlichen Verlautbarungen. Nichts davon erzielte eine Wirkung beim Parteienkartell. Eine von mir initiierte Petition gegen die Finanzierung der linksextremen, gewaltbereiten Antifa, die von  16 000 Petenten unterstützt wurde, wurde vom Familienministerium keiner Antwort gewürdigt. Als die TTipp- Gegner eine Resolution mit fast 200 000 Unterschriften im Kanzleramt abgeben wollten, blieben die Tore verschlossen. Das Politikkartell hat sich von den Bürgern abgekoppelt. Es wird dabei von den Medien, die ihre kritische Kontrollfunktion weitgehend aufgegeben haben, unterstützt. Nun hat der Souverän bei der Wahl gesprochen, aber auch das wird einfach ignoriert.
 
Wer so skrupellos jede demokratische  Mitwirkung der Bürger unterbindet, spaltet die Gesellschaft und riskiert die Radikalisierung. Das Politikkartell agiert so abgehoben und schlafwandlerisch, wie die Machthabenden vor dem Ersten Weltkrieg, der heute der überflüssige genannt wird, weil er keine anderen Ursachen hatte als die Ignoranz und die Inkompetenz der herrschenden Klasse. Es bleibt zu hoffen, dass es gelingt, die heutigen Somnambulen zu stoppen, ehe sie unser Land, Europa und vielleicht die Welt in einen neuen Abgrund stürzen.
 

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Leserpost

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Bernd Fischer / 15.03.2016

Sie haben die “Linkspartei” vergessen die sich dem sogenannten Klassenfeind be­din­gungs­los unterwirft. So sind sie die “Linken” , die noch nicht einmal die Ängste ihrer eigenen Anhänger im Focus haben. Die Spalter der Gesellschaft sind erkannt.  

Andreas Horn / 15.03.2016

Ja, Fr. Lengsfeld, warum merkt es aber die Masse ( noch?) nicht? Wie kann man gegen diesen Demokratiebruch, das staatsgewollte brechen von Gesetzen, Fehlinformationen, obrigkeitshörige Behörden und auch Gerichte tun, ohne sich zu radikalisieren? Wo ist das Organisationsmedium, welches zum friedlichen Systemwandel, zum Eintreten für Demokratie und Freiheit aufruft, Volksabstimmungen in die Wege leitet? Das Volk ist einfach zu satt, noch geht es den meisten gut. Es ist wie beim Roulette, gerade hatte man noch gewonnen, nun verliert man, aber man hat ja noch genügend Chips für das nächste Verliererspiel… Ich liebe Ihre analytischen Betrachtungen, leider werden wir wohl den Becher bis zur Neige leeren müssen, auch wenn es ein Schierlingsbecher ist.

Thomas Schenk / 15.03.2016

Die Deutschen sind nicht bekannt dafür, dass sie auf die Straße gehen und protestieren um Gehör zu finden. Man ist hierzulande sehr duldsam. An der Wahlurne sieht es schon etwas anders aus, wie wir gerade gesehen haben. Die Frage lautet: Haben wir für dringend notwendige Grundsatzentscheidungen über den weiteren Weg unseres Landes (Massenmigration, Euro, Gender-Mainstreaming) noch genug Zeit zu warten, bis in allen Parlamenten wieder eine funktionstüchtige Opposition vorhanden ist? Der “Zug Deutschland“ rast mit hoher Geschwindigkeit in eine Richtung, die immer weniger Bürgern in unserem Land behagt. Je länger das so bleibt, desto schwieriger wird es noch umzukehren. Einige im “Zug” sind bereit die Notbremse zu ziehen, werden aber von den “Zugführern” daran gehindert. Die Mehrheit hat es sich in den Sesseln bequem gemacht, obwohl ihnen beim Blick aus dem Fenster ob der eingeschlagenen Richtung mulmig wird.

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