Peter Grimm / 29.03.2023 / 06:15 / Foto: StopWatchingUs / 94 / Seite ausdrucken

Das nachhaltige Merkeln der Ampel-Führung

Gestern Abend gab es zwei Nachrichten, die wie füreinander gemacht schienen: Im Ampel-Deutschland soll Ex-Kanzlerin Merkel die ganz selten vergebene allerallerhöchste Auszeichnung erhalten, während die Regierungskoalition ihr großes Verhandlungstheater mit einem Nicht-Ergebnis beendete, das der bald heiligen Angela alle Ehre gemacht hätte.

Ob nach tage- und nächtelangen Koalitions-Krisensitzungen, EU-Verhandlungen oder manchen der berüchtigten Ministerpräsidentenkonferenzen im selbstgemachten Corona-Ausnahmezustand – Angela Merkel trat am Ende oft vor die Presse, um mit einem sedierenden Halbsatz-Dauerfeuer wenig originelle Entscheidungen zu verkünden, bei denen nur ein Fazit blieb: Alles bleibt auf ihrem Kurs und der folgt der besseren Moral und Weltanschauung, da sollen Zweifler gar nicht erst nach Argumenten und Legitimation fragen. So ähnlich funktionierte es bei der jüngsten Koalitionsrunde auch, nur dass die drei Ampel-Parteiführer verschiedener Geschlechter die Inhaltsleere ihrer Beschlüsse nicht so einschläfernd wegstammeln konnten wie die frühere Kanzlerin. 

Ein wenig anders als früher war es auch, dass Kanzler Olaf Scholz noch kurz vor der Präsentation der Ergebnisse überraschende und wegweisende Beschlüsse angekündigt hatte. Überraschend war dann allenfalls, dass nach den zwei Tagen Verhandlungen nichts weiter als ein „Weiter so“ mit ein paar kleinen Modifikationen verkündet wurde. Am Sieg einer ideologischen Weltsicht über den gesunden Menschenverstand ändert das nichts. 

Worauf hat man sich denn nun geeinigt? In ZDF-Prosa wurde berichtet: 

„Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben nach dreitägigen Verhandlungen eine Einigung in mehreren Streitfragen erzielt. SPD-Chef Lars Klingbeil sprach am Dienstagabend in Berlin nach Beratungen des Koalitionsausschusses von einem „Bündel an Maßnahmen" bezogen auf einen schnelleren Ausbau der Infrastruktur, Anpassungen beim Klimaschutzgesetz und der Umrüstung von Heizungen. Klingbeil, Grünen-Chefin Ricarda Lang und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner zeigten sich zufrieden mit den Ergebnissen. 

Klingbeil sagte, vorgesehen sei, Planungs- und Genehmigungsverfahren „massiv zu beschleunigen". Das Klimaschutzgesetz solle effizienter gestaltet werden, um es besser erreichbar zu machen, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral werden kann. Bei der „Wärmewende" mit dem Umbau von Heizungen solle für soziale Gerechtigkeit gesorgt werden." 

Es bleibt bei der Vorreiter-Rolle

Die Grünen dürfen also weiter ihre Steckenpferde reiten. Über die Zukunft der Heizungen wird noch mal geredet, bevor dann wirklich Heizungsarten verboten werden. Der FDP wird ein wenig Straßenbau zugestanden, das meiste Geld fließt aber in den Bahn-Ausbau, und zur Finanzierung wird die Lkw-Maut angehoben. Solche Abgaben-Erhöhungen sind in Zeiten einer starken Inflation eine wirklich interessante Idee. Dass der größte Warnstreik der Bundesrepublik etwas von den kommenden sozialen Konflikten ahnen ließ, wenn Deutschland auf dem Inflations-Kurs bleibt, haben die Unterhändler bei ihren intensiven Gesprächen vielleicht nicht mitbekommen. Wahrscheinlich fühlt sich die Bundesregierung hier auch nicht zuständig, obwohl ja ihr eigenes Staatsunternehmen bestreikt wurde. 

Ja, der Koalitionsausschuss hat natürlich noch viel mehr beschlossen, denn „Klimarettung" und „Energiewende", Wärmedämmung und „energetische Sanierung" werden noch besser, schneller und effizienter vorangetrieben. Deutschland bleibt in seiner Vorreiterrolle bei der Rettung der Welt, auch wenn das Erreichen der sogenannten Klimaziele jetzt etwas anders als bisher abgerechnet werden soll. So oder so ähnlich konnte man die Verkündungen der drei Ampel-Parteiführer verstehen. Ja, auch der Ausbau der „erneuerbaren Energie" wird natürlich weiter forciert, während die FDP-Steigbügelhalter dieser rotgrünen Politik nicht mehr wagen, überhaupt noch zu erwähnen, dass man zum Erhalt der Versorgungssicherheit und zur Dämpfung der Energiepreise die letzten drei Kernkraftwerke weiterlaufen lassen könnte. 

Mag sich die Ampel auch ein bisschen Streit über einzelne Maßnahmen gegönnt und einen Verhandlungsmarathon zelebriert haben, so ist man sich in der Alternativlosigkeit des grundsätzlichen Kurses einig, wie weiland die Gefolgschaft von Angela Merkel. 

So ließ inhaltlich die Nachricht, dass die ehemalige Bundeskanzlerin mit dem „Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik in besonderer Ausführung“ die höchstmögliche staatliche Auszeichnung erhalten soll, beinahe mehr aufmerken. Diese Auszeichnung hatten bislang nur Adenauer und Kohl erhalten. Helmut Schmidt hatte Orden in alter hanseatischer Tradition abgelehnt, nach der man sich für Pflichterfüllung nicht auszeichnen lässt. Gerhard Schröder hatte man die Auszeichnung offenbar nicht angetragen. Aber er hat sich ja dafür von seinem Freund Wladimir Putin fürs politische Wirken auskömmlich belohnen lassen. 

Ein Orden für Nachhaltigkeit

Viele haben sich nach der gestrigen Auszeichnungsmeldung gefragt, wie man eine Regierungschefin, die entscheidend für den Niedergang der Bundesrepublik verantwortlich ist, auch noch ehren kann. Wahrscheinlich war es ihre Nachhaltigkeit. Denn der Koalitionsausschuss hat gezeigt, dass auch ohne Merkel weiter gemerkelt wird. Sie hat, auch was die Ignoranz von Kompetenz angeht, Maßstäbe gesetzt und wirklich würdige Nachfolger gefunden. In Sachen Inkompetenz haben sie ihre Mannschaft noch übertroffen. Nur bei der Präsentation von Weiter-so-Nichtergebnissen wirkt das Merkeln der Ampel-Führer noch ein wenig ungelenk. 

Wenn die Ex-Kanzlerin vom Bundespräsidenten am 17. April ausgezeichnet wird, sind Deutschlands letzte Kernkraftwerke gerade abgeschaltet worden, trotz einer Energiekrise. Wird sie das freuen, wenn sie mit ihrer alten Gefolgschaft feiert? Nach Medienberichten ist zu den Feierlichkeiten niemand von der gegenwärtigen CDU/CSU-Führung eingeladen. Warum auch? Ihre Politik setzen ja andere fort.

Foto: StopWatchingUs CC0 via Wikimedia Commons

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Horst Jungsbluth / 29.03.2023

Die höchste deutsche Auszeichnung für die “Abrissbirne aus der Uckermark”? Vielleicht bewirkt das sogar etwas Positives, dass viele Menschen mal gegen etwas vorgehen, was erfolgsversprechender sein kann, als der tägliche Krampf gegen “Das Klima”:  Die Abschaffung (fast) aller Ordensverleihungen!

Hartmut Laun / 29.03.2023

++ Sonntag die dritte Etappe des Grand Prix (Schach) der Frauen in Neu-Delhi. Mittendrin im Drama, aber raus aus dem Turnier ist Elisabeth Pähtz. Die deutsche Nummer eins(...) Zwar hatten die indischen Veranstalter jemanden zur Begrüßung abgestellt, aber der setzte die Spielerinnen unbegleitet in ein Taxi. In der “Vergewaltigungshauptstadt” Neu-Delhi fühlten sich die Frauen unsicher. ++ Erst dachte ich, hier wird über den Weg vom Flugplatz in eine deutsche Großstadt, durch die bekannten Viertel, unter Vermeidung der Messerstech - Bahn oder dem Busverkehr zum Hotel geschrieben. Neu-Delhi ist in Deutschland überall. Danke Frau Merkel. Wenn einem soviel Gutes widerfährt, das ist schon einen großen Orden wert.

Thomas Schmied / 29.03.2023

“Nachhaltig”, ja. Merkel hat Deutschland durch ihre Grenzöffnung nachhaltigen Schaden zugefügt. 2015 war die Pervertierung der innerdeutschen Grenzöffnung von 1989. Diese hat Merkel eigenmächtig und gegen geltendes Recht vollzogen. “Wir schaffen das!” - Sie haben es geschafft! Merkel hat während ihrer Herrschaft auch Unsummen deutschen Steuergeldes vernichtet und maßgeblich mit dafür gesorgt, dass Geldpolitik und Wirtschaft heute derart in Schieflage geraten sind. Bevor Merkel sich vom Hof blasen ließ, setzte sie mit Herrn Haldenwang und Herrn Harbarth noch zwei gefärbte Korken auf Verfassungsschutz und Bundesverfassungsgericht, damit diese Institutionen bei kommenden Schandtaten nicht aufmucken, wie es ihr Job gewesen wäre. Auch Olaf Scholz ist Merkels faules Ei. Wenn eine Räuberbande ein Königreich übernimmt, finden sie in den Truhen auch Orden und allerlei Klunker vor, die sie sich aus Spott dann gegenseitig umhängen. Das war schon immer so.

Heiko Stadler / 29.03.2023

@Heidi Falkenberg: Karl-Marx-Orden und 100 wertlose DDR-Mark würden gut zu Merkel passen.

Leo Hohensee / 29.03.2023

Hallo Herr Grimm, eine “Gegenauszeichnung” muss her, quasi ein Gegenorden. Wir müssen einen Preis ausloben, eine Auszeichnung für “das beste MERKELN” (in der Höhe, in der Breite, in der Tiefe, in der Produktion von Worthülsen). Der Preis muss dokumentieren hervorragendes Wirken für den ” Sieg ideologischer Weltsicht über den gesunden Menschenverstand (Ihre Worte)! Die Geehrten müssen jeweils nicht anwesend sein, die feierliche Proklamation müsste aber musikalisch begleitet werden - sagen wir - von der Nationalhymne / der Internationale / dem Wolgalied / oder dem aktuellen Werk von Reinhard Mey “Nein meine Söhne geb ich nicht ” - beste Grüße

Heiko Stadler / 29.03.2023

Bei Ebay gibt es die unterschiedlichsten Orden zu Preisen zwischen 10 und 200 Euro. Auch wenn das billig ist, halte ich es für rausgeworfenes Geld.

Ralf.Michael / 29.03.2023

Heute Billig, Morgen Teuer ??........Blech, bekommt man bei Ebay nachgeworfen ! Der ” Pour le Mérite ” eines meiner Altvorderen ist da wenigstens etwas wert !

Burkhard Mundt / 29.03.2023

Nachtrag: Ordensverleihung am 17. April, kurz nach Abschaltung der letzten drei verbliebenen AKW. Ja, es muss jetzt schnell gehen. Denn nach dem 17.April werden die erwartbaren Folgen des Merkelismus für die Wahlschafe schmerzliche Realität. Das ist dann kein günstiges Klima für eine Ordensverleihung an die Verursacherin. Beim “Wir schaffen das” kriselt es bereits, wie die aktuelle Kriminalitätsstatistik beweist.

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