Man begegnet in diesem Zusammenhang ja auch häufig dem Argument, ohne Religion drohe der unweigerliche Sitten- und Moralverfall. Dabei gibt es Studien die zu einem gegenteiligem Schluss kommen. Religiös erzogene Kinder sind oftmals weniger generös und im Stande Mitleid zu empfinden als ihre atheistischen Pendants. Das zeigt sich sowohl in mehreren Religionen als auch Kulturkreisen. Schaut man in die Vergangenheit der meisten Religionen wird auch klar wieso. Religion in seiner Diffusität ist nur ein beliebiges Werkzeug der “Macht”, flexibler als jedes Billy Regal. Am Beispiel der Christentums anwendbar von Inquisition, Hexenverbrennung bis Drittes Reich zu Kardinal Woelki. Hauptsache nah an der Macht, moralische Selbstüberhöhung und mögliche Heiligsprechung inklusive. Der Kampf gegen Physik, Logik und Fortschritt verkommt da fast zur Petitesse.
Der Autor schteibt: “Deswegen schafften es westliche Staaten, ihre Religionen eher zu domestizieren und deren Dogmen weitgehender zu marginalisieren als muslimische Gemeinwesen. Von den theologischen Besonderheiten des Christentums hing dies nicht ab. ” Insgesamt sind das interessante neue Aspekte, aber der Autor weiß wohl gar nicht, was Religion im eigentlichen Sinne ist: Gottesverehrung, die Art der Gottesanbetung. Außerdem vernachlässigt der Autor einen ganz entscheidenden Einfluss: den des Judentums in Europa. Ich komme aus der alten Handels- und Seefahrerstadt Hamburg. Als im 16. Jahrhundert die sephardischen Juden nach Hamburg kamen und in Hamburg ein offenes und tolerantes Gemeinwesen vorfanden, wie später die Hugenotten, da ging es wirtschaftlich in Hamburg wieder kräftig bergauf. Es war in Europa von entscheidenderen Bedeutung, bei allen Vorteilen der geografischen Lage, dass es in Europa Religionen gab, die nicht im anderen Menschen den Feind sahen. Außerdem sollte sich der Autor mal mit der Pirenne-these beschäftigen, und warum das Christentum so brutal und theokratisch wurde, also der Katolizismus sich so weit vom Urchristentum des Jesus entfernt hatte: es war der brutale Eroberungs- und Kampf ums Überleben, den die christlichen Reiche, allen voran Byzanz führen mussten. Hätten unsere christlichen Vorfahren uns nicht mit Waffengewalt verteidigt, Europa wäre islamisch geworden und die Geschichte der Menschheit wäre komplett anders verlaufen, ich möchte mir das gar nicht vorstellen. Nein, die Kombination Judentum und Christentum in Europa war die entscheidendere in Kombination mit der Antike, die im Übrigen schon im antiken Rom das Gesetz herausgab: deorum offensae diis curae zusammen mit dem pax Romana der Kaiser Augustus und Tiberius. Europa fußt auf zivilisatorischen Prinzipien und einer Christlich-jüdischen Tradition, die von der Privatsache der Religion bzw. von Gottes- und Menschenbildern ausgehen, die Gewaltlosigkeit fordern (Bergpredigt).
Aufklärung und Moderne konnten nur entlang des Erbes christlicher Prägung entstehen. Das Christentum und sein Denken prägten das Weltgefühl und die seelische Verfasstheit, die nunmal nicht voraussetzungsfrei in die Welt kommen, weit über reine Äusserlichkeiten hinausgehen und Folgen hatten und haben. Wir können aktuell live und in Farbe bestaunen wie die Entchristlichung des Westens mit der Rückkehr primitiven Aber- und Opferglaubens in Form von Kulten aller Art (Klima, Natur etc) einhergeht. Hier erodiert auf breiter Front die zivilisatorische Basis, weil der Kompass, der zu ihr führte, verloren geht.
Sehr interessante Herleitung der ehemaligen Vorreiterrolle des sog. Westens! Allerdings vermisse ich Hinweise auf die wissenschaftskonservierende Rolle der Benediktinerklöster zwischen 800 bis 1200 n.Chr. sowie auf die emanzipatorische Wirkung eines Hr. Luther in Bezug auf die damals alles bevormundende Kirche. Ohne diese beiden Zündfunken (“Ora et labora” sowie “hier stehe ich, ich kann nicht anders!”) hätte sich eine Aufklärung auch nicht ausbreiten können.
Alle Religionen haben einen (evolutionären ?) Sinn, denn sonst wären sie schon im Eozän ausgestorben. Die eine oder die andere erreicht dieses Sinn-Ziel besser als andere. Allerdings liegt in der Sinn-Ziel-Dichotomie schon eine Unwucht - und die ist auch nicht ohne! Nimmt man an, dass die Religion die man hat das ERgebnis einen rationalen Entscheidungsprozesses ist, dann kommt man nicht umhin, Religionen nach irgendwelchen Kriterien zu reihen. Und danach erst ergibt sich die Wählbarkeit einer Religion. Der Wald-und-Wiesen-Atheist sollte jetzt aber nicht meinen, er können das anhand der “europäischen Werte” tun. “Erfolg bis ans Ende der Welt” zu haben ist dafür aber auch kein Kriterium. Also was dann? Vielleicht kann man die Relgionen nach dem Verhältnis zum Göttlichen einteilen in solche, die den Menschen als den (vollwertigen) Freund des Göttlichen und umgekehrt sehen, solche die eine Partnerschaft postulieren und solche, die den Menschen als Sklaven und Produkt haben. Die Richtung der Reihung sollte dabei unmittelbar klar sein. Und so ergibt sich die folgende idealtypische Reihung: Christentum, Konfuzianismus und fernöstliche Religionen, Shamanismus und schließlich Islam. Dass sich Allah den Eintritt ins Paradis abzwingen lässt, durch erweiterten Selbstmord kann nur verstanden werden durch die dortigen Zustände: jedes Drama von Ionesco ist wünschenwerter. Und ebenso spricht nicht dagegen, dass den Europäern nicht mehr ganz klar ist, was ihr eigentliches Alleinstellungsmerkmal ist. Denn für Atheisten sind alle Religionen (vielleicht außer dem Sozialismus) einerlei, weshalb er keine Unterschiede mehr zu erkennen vermag. Ihm hat sich Gott abgewandt.
Ich stimme ihnen nicht zu. Die christliche und jüdische Prägung ist der Garant für Erfolg!. Das bedeutet nicht das säkulare Gesellschaften oder andere Glaubensformen keinen Erfolg haben. Siehe China oder ölreiche arabische Länder. Trotzdem besteht ein großer Unterschied den eben genau die jüdisch-christliche Ethik liefert. Bedenken sie das die 10 Gebote die Basis für fast alle Gesetze unserer Welt sind.
Nein…................. Ich bin Agnostiker, das mal vorneweg und doch froh das es Christen gibt. Wer sich mit dem Christentum beschäftigt, erkennt das es diese Religion war die den Aufstieg des Westens ermöglichte und damit auch den Asiens im Schlepptau. Nicht unbedingt Kulturell, Asien hatte eine Wissens-Kultur, sondern was Freiheit und Wissenschaft anging. Natürlich tat sich das Christentum auch damit zuweilen schwer, ein ganz normaler Prozess eben denn alles durchlaufen muss. - Aber was in der Frage immer vergessen wird,......... ....... was wäre wenn es das Christentum in all seinen Formen nie gegeben hätte ? Würden wir vielleicht noch Menschenopfer darbringen, gäben bei uns noch Thor, Odin oder Druidenpriester den Weg vor ? - Niemand kann sich das noch vorstellen, aber es gibt keine Menschheit ohne Glauben .........an was auch immer und ihren Glauben hatten Bspw. die Germanen schon lange vor dem Christentum. Ob das Christentum alles richtig machte, wohl nicht, aber es liess uns die Möglichkeit ......uns zu dem zu Entwickeln was wir heute sind. - Ohne das Christentum mit seinem roten Faden, der Nächstenliebe, was existierte Heute an dessen Stelle ? Ich als Atheist, oder eben Agnostiker, hätte ich “ohne” die Freiheit das zu sein, oder würde ich wie im Islam dafür ermordet oder mit dem Tod bedroht ?
Sehr geehrter Herr Heller, mir gefällt es nicht, dass Sie Klimaschutz, Mülltrennung und Gendersterne der Spiritualität zuordnen. Spiritualität orientiert sich nach meinem Verständnis an uralten Lehren und je mehr die Wissenschaft erforscht um so mehr passen deren Ergebnisse mit diesen Lehren zusammen. Beispiel: Urknall und Beginn der Schöpfung (Anstoßen der Evolution). Alles andere ist Politik, die mitunter sinnvoll, mitunter rein ideologisch ist.
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