Nicht die Moderne rast, es ist die Postmoderne, die überschnappt! Ein sehr gewichtiger Unterschied!
Da lacht der Philosoph! Schade dass nur die wenigsten in diesem Land der Tradition der alten Philosophen fröhnen, und die Dummheit um sich greift. Wieviel wenige werden diesen Artikel verstehen, wollen? Da, ist der Hund begraben!
Enttäuschung .... Offen gesagt: Sätze wie “Alleine die Verkehrsüberwachung ist ein Repressionssymptom: 20 Millionen Straßenschilder prägen Deutschland, alle 28 Meter steht eines, mit jedem Atemzug wird jemand geblitzt, mit jedem Wimpernschlag gibt es einen Strafzettel wegen Falschparkens, 9 Millionen Bürger haben inzwischen Punkte in Flensburg, der Staat drangsaliert mit seinen in Büschen kauernden Polizisten selbst brave Muttis auf Ausfallstraßen.” (*) sind der beste Hinweis, diese geistige Schmalspurphilosophiererei nicht zu kaufen. Nichts gegen sein eigentliches Anliegen, das man ja nicht teilen muss - aber mit solchen Plattitüden empfiehlt er sich sicher nicht. So platt geht es weiter mit “Das Paternalisten-Repertoire macht weder beim Fahradhelm-Befehl noch beim Rauchverbot halt, es erzwingt selbst das nervende Alarmpiepsen im Auto, wenn man seinen Gurt nicht gleich anlegt. Der Konformismus des Guten duldet nicht einmal die kleine Freiheit.” Da kommt jemand nicht vom Bildzeitungsstil los. Angesichts der Überschrift als Manifest frage ich mich, ob ich hier vielleicht die ganz feine Klinge seiner Ironie übersehen habe. Immerhin liest man dann noch “Ihm ist die Notwendigkeit zum Fortschritt völlig klar, aber ebenso klar ist ihm die Notwendigkeit der Tradition.” Wenn das der Höhepunkt des “Manifests” ist Kurzum: Hoffentlich ist dieser Auszug nicht repräsentativ für das Buch. Schade ums Papier. (* kurz mal auf sachlicher Ebene erwidert: Die Kontrolldichte gerade in D ist marginal und wenn man alle so parken ließe, wie sie wollten, dann wäre für die Schwachen in der Gesellschaft, nämlich Kinder, Alte, Kranke mit Gehhilfen kein Platz mehr - Wenn das sein Begriff von konservativ ist, dann sind entweder Herr Weimer oder ich irgendwo falsch abgebogen; das kann man mit 5-jährigen im Kindergarten deutlich komplexer besprechen als von ihm dargestellt)
Sehr geehrter Herr Weimer, ein wunderbarer Text, auch mir aus dem Herzen geschrieben! Vielen Dank!
Uta Buhr, 17.01.2018 Volle Zustimmung zu diesem sehr weisen und erhellenden Artikel über die geschichtliche Abstinenz vieler Bürger dieses Landes, die offenbar noch nie gehört haben, dass es vor 1933 und nach 1945 auch noch deutsche Geschichte gab. Im allgemeinen halte ich mich von den Quasselrunden in ARD und ZDF fern. Eine Ausnahme war die Letzte Sendung von “Hart aber fair”, in dem Sie, Herr Weimer, der einzige Lichtblick inmitten bevormundender und besserwisserischer “Diskutanten” wie beispielsweise Peter Altmaier und Malu Dreyer waren. Ihre sachliche und souveräne Art des Dialogs ist mir in angenehmer Erinnerung geblieben. In Ihnen hat die Achse einen ebenso sachkundigen wie glaubwürdigen Autor gefunden. Ich freue mich auf weitere Artikel von Ihnen.
Schön, wahr und gut. Allerdings denke ich, dass die “offene Gesellschaft”, die sich evolutionär entwickelt (und das Primat der Vernunft voraussetzt) und die Popper abgrenzte von den revolutionären, gemeint: ausgedachten, erfundenen, nach “Plan” gemachten Ordnungen oder Gesellschaften, mithin den auf Ideologien beruhenden und auf sie ausgerichteten Gesellschaften, nichts mit dem zu tun hat, was Sie unter “offener” Gesellschaft Popper unterzwirbeln wollen. Das, was wir jetzt erleben, ist das genaue Gegenteil von dem, was Popper wollte. Das alles fallibel ist, heisst ja nicht, dass alles Alte falsch ist, sondern es heisst, dass auch alles Neue falsch ist. Oder richtig. Falsch und richtig sind die falschen Kategorien. Am Falschen festzuhalten, ist falsch. Ebenso wie das Neue anstreben, nur weil es neu ist. Denn nur, weil es neu ist, ist es nicht richtig. Die krankhaften Versuche, überkommene Werte “umzuwerten”, Versuche, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts von Ideologen unternommen und zum Teil in die Tat umgesetzt wurden, Abermillionen von Menschenleben gekostet haben und viel Leid und Not und Zerstörung nach sich gezogen haben, sind ganz gewiss nicht im Popperschen Sinn gewesen. Eine “offene Gesellschaft” im Sinne Poppers verwirft nicht und “wertet” nicht ständig “um”, sondern entwickelt sich, mal in die eine Richtung, mal in die andere. Dazu gehört eine fortwährende Kontrolle, ob das, was sich entwickelt, allen den größten Nutzen bringt. Da aber insbesondere der Staat gar nicht weiß und wissen kann, was dem Menschen am meisten nutzt, geschweige denn, was ihn glücklich macht, ist es dem Staat gerade verwehrt, diese Kontrolle vorzunehmen. Das muss jeder einzelne tun und sein Handeln danach ausrichten. So verändert sich Gesellschaft. So ist sie “offen”. Was wir jetzt erleben und erleiden ist derselbe Versuch wie zu Beginn der sogenannten Moderne, den “neuen Menschen” zu formen, ob dies der neue sozialistische, ökologische, “deutsche”, gegenderte Mensch ist, ist nebensächlich. Allein die Idee zu haben, Menschen in diesem Sinne zu formen (Ursprung ist der Unhold Rousseau), ist schon verwerflich, auf den “Wert” dieser Idee oder Ideologie als solche kommt es gar nicht an. Gleichwohl bin ich bei Ihnen (und bei Popper).
Was soll denn – um nur eines der vielen schlechten Beispiele, die der Autor anführt, zu nennen – der Gedanke, dass die Verkehrsüberwachung ein Repressionssymptom wäre? Ist das Rasen auf Ausfahrtsstraßen, ist das Falschparken etwa in Ordnung? Schaue ich mir an, wie rücksichtslos, gemeingefährlich und vernunftlos sich etliche Verkehrteilnehmer trotz der vielen Schilder und Punkte in Flensburg verhalten, komme ich doch eher zu dem Schluss, dass es sich hier um ein Symptom dafür handelt, dass Menschen in bestimmten Situationen selbstsüchtig handeln und nicht einsichtsfähig sind, so dass entsprechende „Freiheitsverluste“ einfach erforderlich sind.
Konservative “glauben nicht an ein Ende der Geschichte, sondern an immer neue Anfänge aus Geschichte.” Der beste Beleg, dass diese Kernerkenntnis nicht nur eine intellektuell daherkommende Redewendung, sondern die Grundlage unseres heutigen Lebens ist, ist unser Grundgesetz. Denn dieses ist (wie auch andere Verfassungen) gleichermaßen Essenz aus einer mehrhundertjährigen Geschichte der politischen Philosophie und die Grundlage unseres heutigen Lebens (unterteilt in die beiden Hauptrubriken “Grundrechte” und “Staatsaufbau”). Es ist durch die Tragödie und Katastrophe der Nazi-Diktatur, so könnte man meinen, aus dem Blick geraten, dass das Grundgesetz nicht auf spontanen Einfällen der “Väter des Grundgesetzes” beruht, sondern eben auf mehrhundertjährige Geschichte. Diese gilt es zu erhalten, bewusst zu machen und als Ausgangspunkt für “immer neue Anfänge aus Geschichte” zu machen. Das kann ganz in dem Popper’schen Sinn geschehen, also durch eine offene Debatte, die das Kernmerkmal einer offenen Gesellschaft ist. Unser Grundgesetz gibt nicht vor, zu welchem Ende unsere zukünftige Geschichte führt; alles, was es vorgibt, ist die Art und Weise, wie wir zu den “immer neuen Anfänge(n) aus Geschichte” kommen. In diesem Sinne ist das Grundgesetz nicht nur un-ideologisch, sondern anti-ideologisch. Das ist gleichermaßen wichtig wie notwendig. Denn ich sehe (im Gegensatz zu Herrn Weimer) nicht, dass “sich die westliche Welt ihrer Ideologien entledigt” hat. Das wird auch auf absehbare Zeit nicht geschehen. Denn Ideologien haben einen entscheidenden Vorteil gegenüber der (auch vom Grundgesetz geforderten) offenen Gesellschaft (im Popper’schen Sinn! nicht in ihrer verballhornten Sicht von Grenzöffnung): Ideologien machen die Welt übersichtlich, letztlich einfach! Das ist ein in der Tat großer Vorteil gegenüber der offenen Gesellschaft. Auch der intellektuelle Aufwand der Ideologie-Theologen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Denkfaule, eingebildete Schein-Denker und Dumme leicht unter den simplen Phrasen, die jede Ideologie bereit hält, versammeln lassen. (Das gilt für Ideologien mit und für solche ohne Gott.) Ideologien sind Zerstörer der Geschichte, mit Ausnahme des kleinen Ausschnitts der Geschichte, der sie hervorgebracht hat. Die offene Gesellschaft nach Popper und im Sinne unseres Grundgesetzes benötigt die Geschichte als Ausgangspunkt der Gestaltung von Gegenwart und Zukunft. Die Schlüsselrolle fällt daher dem Konservativen zu.
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