Gastautor / 05.04.2020 / 06:10 / Foto: Večer (Slovenia) / 43 / Seite ausdrucken

Corona – Feind des Sports

Von Thomas Ihm.

Vor meinem Haus im Badischen trainiert eine junge Spitzensportlerin. Sie ist in der Lage, eine 3 Kilogramm schwere Kugel 14 Meter weit zu stoßen oder einen 1 Kilogramm schweren Diskus über 50 Meter weit zu werfen. Das geht in unserer Wohnstraße natürlich nicht. Also malt sie sich einen Kreis auf den Asphalt, nimmt ein zusammengeknotetes Handtuch, dreht sich mit großer Anmut in dem Kreidekreis und lässt das Handtuch fliegen. Natürlich steckt sie dabei niemanden mit Corona an.

Aus virologischer Sicht sind Kugelstoßerinnen, Diskus- oder Speerwerferinnen unbedenklich. Schon in normalen Zeiten hält man aus Gründen des Selbstschutzes von ihnen Abstand. Aus infektionspolitischer Sicht ist ihnen die Ausübung ihres Sportes auf einem Sportplatz allerdings untersagt. Sport ist gerade der große Kollateralschaden der Pandemie.

Mitten im Monat März ging ich mit meiner Frau ein letztes Mal auf den Golfplatz. Der Himmel war blau, unser Gewissen war rein. Allein auf manikürten Wiesen schlugen wir mit mäßigem Erfolg auf unsere viel zu kleinen Bällchen. Alles war gut.

Plötzlich kam ein anderer Spieler auf uns zu, wedelte mit seinem Smartphone und rief erregt: „Merkel verbietet das Golfspielen!“ Ich hielt das für Fake News, denn ich hatte die Rechtsverordnung der baden-württembergischen Landesregierung gelesen. Darin hieß es wörtlich: „Geschlossen werden demnach: Fitnessstudios und sonstige Sportstätten in geschlossenen Räumen.“

Es war also ganz klar, was die Regierung in Stuttgart wollte: ein Verbot von Indoor-Sportarten, bei denen das Infektionsrisiko groß ist.

Eine Regelung, der jeder Sinn fehlt

„Fake News“, rief ich dem Golfer zu. Erstens habe die Merkel keine Befugnis, diese liegt in unserem föderalen Staat bei den Landesregierungen. Und zweitens hat der Ministerpräsident Kretschmann Sport im Freien eben nicht verboten. Und drittens gibt es gerade Fake News ohne Ende. Eine Regelung, der jeder Sinn fehlt, musste einfach falsch sein.

Irrtum. Golf wurde am Tag darauf tatsächlich verboten. Obwohl das Wetter sehr schön war und das Gras sehr grün. Seit Corona ändern sich die Dinge: Wenn Merkel etwas sagt, dann folgen ihr jetzt die Landeschefs auf dem Fuße. Und die Rechtsverordnung von gestern ist nicht die Rechtsverordnung von morgen.

„Die Bevölkerung in die Bude einsperren, dafür gibt es keine virologische Begründung.“ Das sagt der Virologe Alexander Kekulé bei Anne Will. Dauer-Wohnungsinsassen drohe sonst der Psycho-Koller. Kekulé betont, jeder müsse zwischendurch raus, an die frische Luft. Solange sich da keine Gruppen versammeln würden, sondern das im Alleingang oder innerhalb der Familie geschehe.

Nicht verboten ist der Jagdsport

Aber die Landeschefs sehen es plötzlich anders. Im neuen Text der Stuttgarter Staatskanzlei heißt es, geschlossen werden „alle öffentlichen und privaten Sportanlagen und Sportstätten, insbesondere Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen“. Hier wurde also der Begriff „in geschlossenen Räumen“ durch eine Formulierung ersetzt, die durch ein „insbesondere“ den Anschein größerer Genauigkeit erweckt, aber tatsächlich alles meint, also auch Golfplätze, Tennisplätze oder Leichtathletikplätze.

Nicht verboten ist der Jagdsport, denn sonst müsste man alle Wälder schließen, öffentliche wie private, insbesondere Fitnesspfade und ähnliche Einrichtungen. Denn für den Jäger ist der Wald eigentlich eine Sportanlage. Aber: Die Fitnessanlage in unserem Stadtpark ist geschlossen. Wer außerhalb der Geräte Liegestütze macht, kommt straffrei davon, innerhalb der Einrichtung ist dieselbe Körperertüchtigung jetzt eine Ordnungswidrigkeit.

Corona macht Sport nicht unmöglich. Ich kann weiter in meinen Fitnesskeller gehen, so lange ich der Landesregierung nicht verrate, dass ich eine private Sportstätte betreibe. Laut Verordnung müssten wir den Raum jetzt eigentlich zuschließen. Schließlich heißt es eindeutig: private Sportanlagen, insbesondere Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen.

Corona ist eine seltsame Pandemie. Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte gelang es einer Idee, die Menschen gleichermaßen aus den Kirchen wie den Bordellen zu vertreiben. Noch seltsamer ist die Bereitschaft der Bürger, sich leichten Herzens von Freiheiten, Traditionen, Gewohnheiten und Rechten zu trennen.

Wo ihrer drei beisammen stehn,
Da soll man auseinander gehn.

Dies schrieb Heinrich Heine. Schon vor Corona gab es Zeiten, in denen Versammlungen oberhalb der Pärchengröße als Gefahr galten.

Vertrauet Eurem Magistrat,
Der fromm und liebend schützt den Staat
Durch huldreich hochwohlweises Walten;
Euch ziemt es, stets das Maul zu halten.

Aus „Wir schaffen das“ wurde „Ihr macht das“

Nachzulesen in dem Gedicht: „Erinnerung aus Krähwinkels Schreckenstagen“. Die Sportverbände nehmen es hin. Die Vereinsvorstände fügen sich. Die Sportler improvisieren. Obwohl das Sportverbot willkürlich ist und auf gar keinen Fall gesund. Unter normalen Umständen wäre jetzt die Zivilgesellschaft dem Staat in den Arm gefallen. Sie könnte es auch jetzt noch tun. Die Sportverbände und -vereine sind sehr gut in der Lage, ihr Training so zu organisieren, dass das Abstandsgebot eingehalten wird.

Etliche Sportarten ließen sich weiter ausüben, wenn man die Regeln entsprechend an die Situation anpasst. Gerade in den Sportvereinen gibt es einen wachen Sinn für Fairness, Regeltreue und Kameradschaft. Fußballer könnten jetzt Weitschüsse üben, Kampfsportler Trockenübungen machen, Leichtathleten und Tennisspieler müssten auf das gemeinsame Duschen verzichten. Sport in Zeiten von Corona ist nicht nur möglich, er ist auch nötig. Gerade für Kinder und Jugendliche wäre das ein Segen.

Doch der Staat ist nicht interessiert. Legislative und Judikative stehen eh schon an der Seitenlinie. Zivilgesellschaft und Subsidiarität sind nun auch suspendiert. Die Exekutive spricht jetzt direkt zum Bürger, die Gesellschaft als vermittelnde Instanz bleibt außen vor. Aus „Wir schaffen das“ wurde „Ihr macht das“. Die eine Lösung gilt für alle. Eine Vernunft, die differenziert, existiert zur Zeit nicht. Und der Sport, der uns in diesen leeren Tagen guttun würde, darf eben nur noch außerhalb von Sportanlagen ausgeübt werden. Zur Not dreht man sich im Kreidekreis und wirft ein Handtuch auf die Straße.

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Adam West / 05.04.2020

Zwischenzeitlich existierte die absurde Regelung in NRW, dass ich nicht mehr auf den Golfplatz durfte, wo ich gewöhnlich mindestens 250 Meter Abstand zum Vordermann halte, die Gastronomie des Platzes aber zwischen 08:00 Uhr und 18:00 Uhr hätte besuchen können, wo kaum 2,50 Meter Abstand möglich waren. Inzwischen ist natürlich alles zu. Aber das Verbot alleine über den Golfplatz zu gehen, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Peter Midasch / 05.04.2020

Obrigkeitshörigkeit: Neben dem Hochmut eine typisch deutsche Eigenschaft. Hat schon für großes Unglück auf der Welt gesorgt.

HaJo Wolf / 05.04.2020

Merkel und ihre Handlanger in den Ländern nehmen Corona zum Vorwand den Test, wie weit sie mit diktatorischen Aktionen gehen können ohne Widerstand zu erzeugen. Die Realität beweist: Angst ist die Macht der anderen.  Zuerst wird, unter Zuhilfenahme von „Experten“ und gleichgeschalteten Medien ein Zustand irrationaler Massenängste erzeugt, dann wird immer rigider „regiert“. Der erste Test, die „Klimakatastrophe“ und die völlig sinnfreie Abschaltung der sicheren Energieversorgung, hat nicht ausgereicht: kein Mensch ging auf die Straße, kein nennenswerter Widerstand.  Jetzt also Test Nummer zwei. Verschwörungstheorie? Warten Sie nur ab, liebe Mitleser… Bin gespannt, was als Test Nummer drei kommt.

Karsten Dörre / 05.04.2020

Corona zeigt, wie sehr sich der freiheitsliebende Bürger Diktatur wünscht. Denn das schwierige Denken wird anderen überlassen.

Marion Sönnichsen / 05.04.2020

Hallo Herr Ihm, gestern war ich am Rosenschneiden, als eine, nur eine!,  Joggerin vorbei lief. Ich hatte es schon geahnt, parfümiert, nehme an die Kleidung wurde mit Sportfunktionswachmittel gewaschen. Es dauerte ca. eine halbe Stunde bis dieser Sport-Duftstoff verflogen war und ich wieder frische, Chemikalien-freie Luft einatmen konnte. Welches Fitnessstudio, welche Kampfsport-Schule, welche Schulsporthalle, welches Yogastudio ist denn heute noch Duftstoff-frei? Dazu kommt, dass die Räume oder Yogamatten und sonstige Gerätschaften regelmäßig mit Raumsprays oder gut riechenden synthetischen Düften, die auch noch als permanent Spreng-Moleküle konstruiert sind, eingesprüht werden. Es soll ja nicht nach Schweiß riechen, sondern permanent gut, und die Mühe zu Lüften macht sich keiner mehr; mit Raumsprays geht es schneller. Und das gemeinsame Duschen mit all den unerträglichen Geruchsbelastungen der Duschgele, Haarshampoos und Deos würde ich schon als Körperverletzung bezeichnen. Gesund ist das tiefe einatmen dieses Chemikalien-Cocktails sicher nicht. Ich meide diese Chemikalien-Cocktail-Buden wie die Pest, der Gesundheit zu liebe. Wie sagte man früher im Osten: „Sport frei“. Mit wäre lieber: „Sport Duftstoff-frei“. Das wäre dann auch wieder gesund.

Ferdinand Ritter / 05.04.2020

Wo denken Sie hin! Wenn eine simple Abstandsregel für den Sport gereicht hätte, dann hätte man das ja auch dem nichtversorgungsrelevanten Einzelhandel zugestehen müssen, usw. Nein, wir leben in dem Land, in dem das Kind mit dem Bad ausgeschüttet wird ...

Rainer Niersberger / 05.04.2020

Eines von etlichen Merkmalen des Totalitarismus ist die zwangsläufig gewollte Aufhebung jeglicher Differenzierung, weil exakt diese Differenzierung auch und gerade in derartigen Zeiten die wesentlichen Voraussetzungen “Gleichheit” und “Kollektiv” aufheben muesste. Man wuerde, ohne “rot” zu werden, behaupten, dass eine sozial ohnehin fragwürdige Privilegierung! des Golf zu Massen an Spielern zumindest beim Abschlag und auf den Gruens führen wuerde und schon passt es wieder. Entscheidend ist die Ausnahmslosigkeit oder die Unterwerfung aller unter einen Befehl und die sozialistische Ideologie, dass besser Alle verelenden, als auch nur Teile sich davon selbst ausnehmen zu lassen. Dass FueherInnen ihre Macht nur so am Besten demonstrieren, dass sie alle beherrschen und selbst Unsinniges mit absoluter Folgschaft anordnen, ist geradezu der Kern dieses Systems. Im Wesentlichen funktioniert es ja auch schon ziemlich gut, wobei die heutzutage wieder geruehmte Disziplin hier eine ziemlich ambivalente Tugend ist, denn die Grenzen zwischen einer tatsaechlich freiwilligen, vernünftigen, individuellen Selbstdisziplin als Folge eines aufgeklärten und! kritischen Geistes und einer mehr oder weniger subtil einsozialisierten, nicht wirklich als solche erkannten Fremddisziplin sind fließend. Insoweit ist auch das allgemeine Regierungslob fuer das Verhalten der Suedostasiaten, speziell natuerlich China, mindestens zweischneidig. Die Naehe zur Dressur und Konditionierung fuer alles Moegliche liegt auf der Hand.

Heiko Stadler / 05.04.2020

Hier dürfte der sozialistische Gemeinschaftssinn am Werk sein. Wenn schon Hotels, Restaurants, Friseure und Reisebüros pleite gehen, dann muss das auch für Betreiber von Sportanlagen gelten.  Schließlich gilt ja: Erst wenn alle pleite sind, sind alle gleich. Und das Wichtigste: Diätenen- und GEZ-Erhöhung sind nicht in Gefahr.

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