Vera Lengsfeld / 23.08.2017 / 16:42 / Foto: Johann H. Addicks / 20 / Seite ausdrucken

CDU entsorgt die westlichen Werte

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) hat es während eines Vortrags in Berlin en passant ausgeplaudert: Unsere emanzipatorischen Errungenschaften gelten nicht mehr, sondern nur noch das, was nach Verhandlungen mit Migranten  „am runden Tisch“ übrigbleibt. Nach seinem launigen Beispiel soll es mir als Frau zwar künftig noch erlaubt sein, meine Fingernägel zu lackieren, aber in der Öffentlichkeit hätte ich Kopftuch zu tragen.

Nein, so deutlich hat er das nicht gesagt, aber genau das steckt in den verklausulierten Textbausteinen, die Altmaier am Dienstagabend auf Einladung des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW und des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung von sich gegeben hat. Für aufmerksame Beobachter sind die Sätze allerdings nicht überraschend. Sinngemäß steht das im  „Impulspapier der Migrant*innen- Organisationen zur Teilhabe an der Einwanderungsgesellschaft“, das im November letzten Jahres anlässlich eines Gipfels mit „Migrant*innen-Organisationen im Kanzleramt im Beisein von Kanzlerin Merkel vorgestellt wurde. Die Forderungen in diesem Papier laufen auf eine Abschaffung der alten Bundesrepublik hinaus.

Von Integration ist in diesem Papier nicht mehr die Rede, nur noch von „interkultureller Öffnung“ der Gesellschaft und ihrer Organisationen und Institutionen. „So wird Teilhabe von Individuen, Bevölkerungsgruppen und Organisationen an Entscheidungs- und Willensbildungsprozessen strukturell verankert als Teilhabe am Haben und am Sagen. Vielfältige interkulturelle Perspektiven werden von vornherein stärker einbezogen. Dadurch können Zugangsbarrieren für Menschen mit Einwanderungsgeschichte abgebaut und Dienstleistungen diskriminierungsfrei, kultursensibel und effektiver angeboten werden.“ So würden „Verteilungskämpfe“ zwischen denen, die immer da waren und denen, die neu hinzukommen, verhindert.

Staatsministerin Aydan Özoğuz (SPD) hatte es kurz zuvor, am 21. September 2016,  in einem „Strategiepapier“ bereits auf den Punkt gebracht: „Wir stehen vor einem fundamentalen Wandel. Unsere Gesellschaft wird weiter vielfältiger werden, das wird auch anstrengend, mitunter schmerzhaft sein. Unser Zusammenleben muss täglich neu ausgehandelt werden.“

Emanzipatorische Errungenschaften werden zur Disposition gestellt

Nun zieht Altmaier nach, wenn auch vorsichtiger. Die letzten Überreste der originalen CDU sollen nicht zu sehr verschreckt werden. Zwischen „Alteingesessenen“ und „Neuen“ solle eine gemeinsame „Leitkultur“ ausgehandelt werden. Großzügig gesteht Altmaier noch zu, dass ein Land sich „mit seinen wesentlichen Eigenschaften präsentieren“ dürfe, schließlich müssten die Migranten wissen, „ wie es funktioniert“. Alles andere ist offensichtlich Verhandlungssache. Integrationsbeauftragte der Unionsfraktion, Cemile Giousouf, hat schon verkündet, wie es künftig laufen soll. Sie sagte im „Tagesspiegel“: „Das wird mit allen am runden Tisch ausgehandelt.“

„Migrationsexperten“, etwa der Rat für Migration, ein Zusammenschluss von Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, so der „Tagesspiegel“, drängen seit Jahren auf ein "Leitbild" für die Einwanderungsgesellschaft. Dafür sei aber ein Austausch über gemeinsame Werte zwischen alteingesessenen und neuen Deutschen nötig. Welche „gemeinsamen Werte“ es für aus tribalistischen, frauenfeindlichen, homophoben Gesellschaften stammenden Migranten und selbstbestimmten, emanzipierten Frauen geben soll und was bei solchen „Verhandlungen“ unter den runden Tisch fällt, dazu sagen Altmaier und Giousouf vor der Wahl noch nichts.

Aber alle Wähler sollte sich bei der Wahl genau überlegen, wen sie mit ihrer Stimme unterstützen. Nun stellt auch die Merkel-Altmaier-Giousouf-CDU - wie schon zuvor SPD, Grüne und Linke - die emanzipatorischen Errungenschaften zur Disposition, für die Generationen im Westen erfolgreich gekämpft haben.

Foto: Johann H. Addicks CC BY-SA 3.0 Link">via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Karl Kaiser / 24.08.2017

Die Zeit ist noch nicht reif. Noch gilt die Gleichung: Wer AfD wählt, bekommt Rot- Grün oder noch etwas schlimmeres. Aber die Desillusionierung schreitet fort.

Volker Kleinophorst / 23.08.2017

Wieso müssen wir denn mit “Dazugekommenen” etwas aushandeln? Wem es hier nicht gefällt, der sollte woanders hin oder AM BESTEN erst gar nicht kommen. Was uns die Parteien da servieren ist ein Unverschämtheit. Damals zur Grenzöffnung habe ich schon geschrieben: “Das ist Bürgerkrieg mit Ansage”. Und wie man sieht, die Politik freut sich drauf.

Rupert Drachtmann / 23.08.2017

Man kann ja mittlerweile nicht mehr davon sprechen dass das war 2015 geschehen ist eine Art von “Unfall” war oder gar “Überrumpelung”. Im Gegenteil.  Es erfolgte nachfolgend keine Kurskorrektur. Mittlerweile traut man sich sogar offen darüber zu sprechen die Bundesrepublik wie sie bisher abschaffen zu wollen. Und dies ohne politischen Schaden fürchten zu müssten.  Der Grundstein ist gelegt. Man kann ja gerne eine grosse Party feiern wollen. Mal sehen wer für diese Ziele in Zukunft noch bereit sein wird in diesem Land Steuern zu zahlen.

C. J. Schwede / 23.08.2017

Danke auch für diesen Hinweis. Ein weiterer Grund die CDU, gerade als Frau, nicht zu wählen.

Heinz Bannasch / 23.08.2017

Kultur der Beliebigkeit. Wenn ich Herrn Altmeier richtig verstehe, dann bleibt es den Migranten überlassen, ob sie Darwins Evolutionstheorie oder die Lehre des Koran, nachdem “Allah der Töpfer” den Menschen aus Lehm geformt hat, anerkennen. Da keiner unserer Politiker in der Lage ist, eine auch nur ansatzweise zivilisierte Definition unserer Kultur abzugeben, zitiere ich hier was Karl Popper dazu sagt: “Nichts ist so kennzeichnend für die europäische Kultur wie die Tatsache, dass es sich um eine wissenschaftsbeflissene Kultur handelt”

Karla Kuhn / 23.08.2017

Altmeier und wie Merkels “Freunde” alle (hat sie noch welche?) heißen, werden sich umgucken, wenn der islamische Terror auch vor den teuren Limousinen nicht mehr halt macht.  Ich wundere mich nicht mal mehr, daß dieser Mann so etwas von sich gibt.  Er möchte sicher auch gerne seinen Sessel noch nach der Wahl behalten, sofern Merkel wieder ans Ruder kommen sollte. Ihre letzten beiden Sätze, Frau Lengsfeld, sollte sich jeder Wähler zu Herzen nehmen und danach handeln.

Wolfgang Richter / 23.08.2017

„Impulspapier der Migrant*innen- Organisationen zur Teilhabe an der Einwanderungsgesellschaft“ entlarvt doch schon alles, denn es ist der völlig falsch gewählte Titel, kommt vor allem aus der falschen Richtung. Richtig hätte es z. B. heißen können “Impulspapier der schon länger hier Lebenden zu Möglichkeiten der IOntegration von Zuwanderern”, aber soweit reicht das Denken der Berliner Granden wohl nicht, Und wenn man bedenkt, daß die meisten der zuletzt zu uns gekommenen islamischen Graubens sind, dann hat man offenbar den Kern dieser Religion schon verinnerlicht und sich voraus eilend schon mal unterworfen. Statt dessen könnten man von unseren Kultur Vorderen noch etwas Lernen, z. B. “Wem die Regeln in der Region, in der er sich aufhält, nicht zusagen, der sollte sie verlassen.” in etwa so schriftlich verfaßt von einem Herrn Johann Wolfgang von Goethe, falls den noch jemand von den selbstherrlichen, aber ungefragten Umgestaltern der Gesellschaft kennen sollte. Stellt sich nocht die Frage, ob u. ggf. warum Sie, Frau Lengsfeld, dieser ihre Werte wschon lange aufgegebenen Partei noch angehören.

Helmut Driesel / 23.08.2017

Man stelle sich einmal vor, die Aktivisten des Runden Tisches hätten sich 1990 mit vergleichbaren Forderungen an die westdeutsche Öffentlichkeit gewandt. Ost-Anwalt Krause und Chefeinkäufer Schäuble wären wohl nie zu einem ersten Gespräch zusammen gekommen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Vera Lengsfeld / 13.05.2024 / 16:00 / 17

Im Moralgefängnis

Das Virus, das unsere Gesellschaft befallen hat, heißt Moralitis. Es ist ein kulturelles Virus, das die Gesellschaft schädigt, wie ein biologisches Virus den Körper. Wahrlich,…/ mehr

Vera Lengsfeld / 12.05.2024 / 12:00 / 13

Harald Martenstein auf Schloss Ettersburg

„Und sind wir auch regiert von Nieten, wir lassen uns das Lachen nicht verbieten“.  Schloss Ettersburg ist immer eine Reise wert. Nachdem der Musenhof Anna…/ mehr

Vera Lengsfeld / 21.04.2024 / 10:00 / 34

„Der General muss weg!” Der Fall Siegfried Buback

Als ich noch in der DDR eingemauert war, hielt ich die Bundesrepublik für einen Rechtsstaat und bewunderte ihren entschlossenen Umgang mit den RAF-Terroristen. Bis herauskam,…/ mehr

Vera Lengsfeld / 11.03.2024 / 16:00 / 20

Wie rettet man eine Demokratie?

Warum lässt die schweigende Mehrheit zu, dass unter dem Schlachtruf, die Demokratie und das Grundgesetz zu verteidigen, beides ausgehöhlt wird? Was man ganz einfach tun…/ mehr

Vera Lengsfeld / 10.03.2024 / 16:00 / 9

Eine Schulung im Denken

Denken ist ein Menschenrecht, aber wer beherrscht die Kunst des Denkens? Warum ist Propaganda so wirksam und für viele Menschen so schwer zu durchschauen? Volker…/ mehr

Vera Lengsfeld / 06.02.2024 / 12:00 / 38

Wie man Desinformation umstrickt – und noch schlimmer macht

Wenn man gewisse „Qualitätsmedien" der Fehlberichterstattung und Manipulation überführt, werden die inkriminierten Texte oft heimlich, still und leise umgeschrieben. Hier ein aktuelles Beispiel.  Auf diesem Blog…/ mehr

Vera Lengsfeld / 04.02.2024 / 15:00 / 20

Die Propaganda-Matrix

Die öffentlich-rechtlichen Medien und die etablierten Medien leiden unter Zuschauer- und Leserschwund, besitzen aber immer noch die Definitionsmacht. Das erleben wir gerade wieder mit einer Propaganda-Welle. …/ mehr

Vera Lengsfeld / 02.02.2024 / 06:05 / 125

Wie man eine Desinformation strickt

Am 30. Januar erschien bei „praxistipps.focus.de“ ein Stück mit dem Titel: „Werteunion Mitglied werden: Was bedeutet das?“ Hier geht es darum: Was davon kann man davon…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com