Wenn Sie in Italien sind, vergessen Sie nicht dass ein Negativ-Test erforderlich ist. Als Ausländer dürfen Sie dann auch ungespritzt ins Restarant. Italiener müssen gespritzt oder “genesen” sein. Mir würde unter diesen Bedingungen der Appetit vergehen, da kann die Pizza noch so lecker sein. Dann lieber Smørrebrød zu menschlichen Bedingungen.
„Von der Zubereitung einer Pizza zu Hause sollte man absehen, weil es ein handelsüblicher Backofen niemals auf jene Hitze von 350 bis 400 Grad bringt“ Da sind sie nicht mehr auf dem Stand der Technik. Unser handelsüblicher Backofen kommt auf 350 Grad. Zusammen mit einem einfachen und dünn ausgerollten Hefeteig (auch kein Hexenwerk) geling eine hervorragende Pizza. Also nur Mut!
In den 70ern war ich mit meinen damaligen Kumpels Stammgast in der Pizzeria Pinocchio in der Mertensgasse der Duesseldorfer Altstadt. Vor dem Eingang befand sich die “Pizza Werkstatt” mit einem Holz geheizten , wo man den original italienischen Pizzabaeckern bei der Zubereitung zuschauen konnte. Das Innere des Restaurants war einfach rustikal, aber immer, besonders zu spaeter Stunde, voll besetzt. Meine besonders geschaetzten Geschmacksrichtungen waren die Quattro Stagioni mit Artischockenboeden, Frutti di mare und Tuna. Die Frutti di mare versetzt mit viel Knoblauch, der schon beim servieren in die Nase stieg. Dies war auch die Zeit, als ich mich selbst als Pizzabaecker versucht habe. Es stimmt, dass die Zubereitung des erforderlichen Hefeteigs einen ziemlichen Aufwand darstellt. Aber, auch wenn mein damals handelsueblicher Elektrobackofen wahrscheinlich nicht “die erforderlichen 350-400 Grad erreicht hat, waren meine Gaeste miit dem Ergebnis eigentlich recht angetan. 1971 dann meine erste grosse Urlaubsreise mit meinem im selben Jahr neu erworbenen VW Kaefer (Standard mit 34PS? nach Italien. In Varazze (zwischen Genova und Savona) machte ich mich nach Ankunft auf die Suche nach einem Pizza Restaurant. Doch welche Enttaeuschung: keine Pizza im ganzen Ort. Einheimische klaerten mich spaeter auf, dass Pizza eine Armeleutespeise sei. Die von den Betroffenen aus Kuechenresten zusammengestellt wuerde. Womit sich mal wieder das alte Sprichwort bewahrheitet hat: was dem Einen sin Uhl, ist dem annern sin Nachtigall.
Die Pizza gilt nach wie vor und ganz offiziell als ein Lebensmittel. Darüber hinaus aber, und das eigentlich vielmehr, ißt sie ein Zustand, und zwar einer, den ich “die sich immer stärker ausgebreitet habende Pizzaisierung über das Gros gesellschaftlicher Felder” nennen möchte. Oder, um es kurz zu machen: Für mich ißt sie vor allem eins, nämlich eine Kultur zurück auf die Bäume. Aber wer se mag und auch gut verträgt…bon appétite.
Gestern abend sendete der BR zwei Tatorte aus den Siebzigern mit Gustl Bayrhammer, was war das damals für ein von “Haltung” und politischer Korrektheit unbeschwertes Leben! Vielleicht sollte man daran denken, falls es tatsächlich mal zu einem “Zeitenwandel” käme (die Hoffnung ist minimal), die gesamten Archive des ÖR zu durchforsten, um alle Machwerke der “neueren Zeit”, die von Belehrung und permanenter Indoktrination strotzen, unwiederbringlich zu löschen, und nur einzelne Ausschnitte zur Warnung späterer Generationen zu erhalten, mit Warntexten versehen, was einmal in Deutschland für eine Entwicklung möglich war. Und zur Pizza und dem Rest: Es ist dem Autor natürlich unbenommen, nur “original italienische” Pizza, am Ursprungsort zu verzehren, aber man sollte es nicht übertreiben mit dem Trend, alles müsse “echt” und “original” sein, um mit Genuß verzehrbar zu sein. Dahinter steht auch wieder nur ein Geschäftsmodell, das auch durch die vielen “Kochshows” im TV noch befeuert wird. Das fängt an bei den Kochgeräten, die von Firma X sein müssen, der Super-Duper Kaffeemaschine mit allen Finessen, und geht über das Steak “vom Metzger/Bauern meines Vertrauens”, bis zum speziellen, aus Italien importierten Speck bis zu den ganz besonderen Semmelbröseln (die natürlich nicht so heißen dürfen). Dann braucht man einen “Barista” als Coach, um einen Kaffee zusammenzubrauen, und eine eigene Sommeliere für das Mineralwasser. Die tolle Kaffeemaschine ist in ein paar Wochen ein Quell wunderbarer Schimmelkulturen und voll ranzigen Kaffeefetts, wenn man nicht regelmäßig aufwendige Reinigungsprozeduren vornimmt (die Geld in die Tasche der Hersteller spülen), egal wie teuer der eingefüllte Kaffee auch war. Aber Hauptsache, man fühlt sich gut dabei. Einen Hefeteig zu machen, ist überhaupt nicht kompliziert, und mein Küchenofen bringt nach Einlegen von ein, zwei gut trockenen Holzscheiten locker über 300°C. Der ganze Lieferdienst-Mist samt Fertigfraß ist natürlich eine Seuche…
Schön, dass die gute alte Tradition der Italienbesuche seit den Zeiten des Duce nichts an Attraktivität eingebüßt hat. Wer fährt nicht gerne geimpft nach bella Italia, um sadistisch berichten zu können, wie schön es in einer Diktatur ist, von der man fast nichts mitkriegt, wenn man nur immer an den richtigen Stellen, die Augen und Ohren verschließt und den OR-Sklavenpass selbstverständlich lässig servil zum Vorzeigen bereit hält. Nichts soll schließlich die Illusion stören und zur Klasse der Etablierten zu gehören hat etwas mächtig Beruhigendes. Der Duce heißt jetzt Draghi von Schwabs Gnaden - und die echte Pizza lässt den Ignoranzbereiten das süße Leben genießen, bis zum nächsten “das konnte ja niemand ahnen!”. Friede den Hütten!
Da wäre mir die Anfahrt etwas lang. Sowas können sich nur Snobs wie Don Alphonso oder der Autor leisten. Zwar habe ich das beste Essen meines bisherigen Lebens in einem kleinen Restaurant in der Altstadt von Pisa gegessen, aber ansonsten lautet meine Devise “De gustibus non est disputandum”.
Leserbrief von mir: Ich bereite meine Pizza gerne nach Art der sizilianischen Cosa Nostra. Deren Teig allein ist schon ein Gedicht. Er gelingt mir immer, nicht gerollt, sondern gepresst. Er musste auch gelingen, weil hinter dem Pizza Bäcker ein Lakai vom Capo stand, mit seiner Garotte. Das ist also mein Teig. Schön belegt, weniger ist mehr, und dann ab in den Weber Grill, auf den 300 Grad vorgeheizten Pizzastein. Gerne auch im Winter. An der Wand hinter dem Grill habe ich ein paar rote Zöpfe hängen. In diesem Sinne, allen Achgut Recken einen schönen Sonntag.
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