Gastautor / 23.02.2023 / 16:00 / Foto: FORTEPAN/ Urbán Tamás / 74 / Seite ausdrucken

Bundeswehr: Länger Schlafen für Deutschland

Von Martin Toden.

Was die Bundeswehr am dringendsten braucht, sind Männer und Frauen mit Kampfkraft, Kampfwillen und Kampfbefähigung. Mit den Eigenschaften Durchhaltefähigkeit und Leidensfähigkeit. Die zeitgeistige Schneeflöckchen-Werbung hat wiederum zur Folge, dass in der Truppe massenhaft Leute sitzen, die zu allem Möglichen taugen, aber nicht zu Soldaten.

Das Thema, welches die Bundeswehr aktuell und in den nächsten Jahren am intensivsten beschäftigen wird, ist der Personalmangel. Die neueste Idee der Personalentwicklung (PE) in der Truppe ist es, die Freiwillig Wehrdienst Leistenden bis 8 Uhr schlafen zu lassen, weil das frühe Aufstehen zu vielen vorzeitigen Abbrüchen führe. Wenn die Truppe diesen Weg weitergeht, wird sie an diesem zentralen Thema scheitern. Aus meiner Sicht ist die Diskussion über die Wiederscharfstellung der Wehrpflicht dabei nur ein Scheingefecht. Das Problem liegt ganz woanders.

Die Bundeswehr begeht gleich mehrere Fehler, die als klassische „Todsünden“ der Personalentwicklung gelten.

Die erste Todsünde ist stets, wenn eine Organisation nicht weiß, welchen Personalbedarf sie tatsächlich hat. Dies betrifft nicht nur die reine Zahl, sondern auch die Qualifikation, Verfügbarkeit und Motivationslage der potenziellen neuen Mitarbeiter. In Bezug auf Anzahl und Qualifikation scheint das bei der Bedarfsformulierung halbwegs zu stehen, was die Bundeswehr verlauten lässt. Damit hört es aber auch schon auf.

Da solche „weichen“ Faktoren wie Verfügbarkeit, Motivation und Flexibilität bei der Formulierung des Bedarfs nicht oder nur unzureichend betrachtet werden, mündet das zwangsläufig in die zweite Todsünde:

Der Personalbedarf. Und hier langt die Bundeswehr voll zu. Die Truppe spricht mit ihrer Nachwuchswerbung die komplett falsche Zielgruppe an. Man betrachte hierzu nur die Werbeplakate, die man in der Öffentlichkeit zu sehen bekommt. Sanitäter, Logistiker, IT-Nerds, maximal Protokollsoldaten. Gerne weiblich, farbig und immer gegendert. Nimmt man das für bare Münze, sucht die Bundeswehr nach woken Etappenhengsten und -stuten (ich übertreibe bewusst – mir ist klar, dass auch Sanis im Einsatz harte Jobs machen, das ist hier nicht mein Punkt). Dazu kommt die Selbstdarstellung als moderner Teilzeitbetrieb mit Kindergarten und Kühlschrank.

Schwemme an woken Warmduschern

Was die Bundeswehr am dringendsten braucht, wird nirgends erwähnt: Männer und Frauen mit Kampfkraft, Kampfwillen und Kampfbefähigung. Mit den Eigenschaften Resilienz, Durchhaltefähigkeit und Leidensfähigkeit. Viele – sehr viele davon. Dafür werden Sie nirgendwo eine Werbung finden. Die zeitgeistige Schneeflöckchen-Werbung hat wiederum zur Folge, dass in der Truppe massenhaft Leute sitzen, die zu allem Möglichen taugen, aber nicht zu Soldaten. Es etabliert sich eine Kultur in der Bundeswehr, die dem woken Zeitgeist der unterdrückten Minderheiten frönt und sich nicht entblödet, sich Themen wie Mülltrennung, Klimaschutz und gegenderte Dienstgrade auf die Tagesordnung zu schreiben. Das strahlt auf alle Bereiche aus, die dadurch alle beeinträchtigt und behindert werden.

Ein weiterer Punkt wird dabei auch übersehen: Die „echten“ Soldaten in der Truppe fühlen sich von der Schwemme an woken Warmduschern veräppelt. Man nimmt sich gegenseitig nicht mehr ernst und arbeitet dann auch schon mal gern gegeneinander. Unter dem Stichwort BAAINBw (Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) finden sich zu diesem Thema viele Einträge.

Dies ist schlussendlich der dritten Todsünde der Personalentwicklung geschuldet: Die Qualität der Personalentwickler im Verteidigungsministerium und Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr ist unterirdisch schlecht. Sowohl die aktiven Soldaten als auch die Reserve werden irgendwie in SAP am Leben gehalten, aber nicht entwickelt oder geführt. Diesbezüglich gibt es eine goldene Regel in der Personalentwicklung, die in der Bundeswehr offenbar vollkommen unbekannt ist: „First class hires first class. Second class hires third class.“ Solange die Bundeswehr-Führung keine erstklassigen PE-Leute einsetzt, muss die Truppe weiterhin Gendersternchen zählen.

Warum reite ich auf dem Gender-Thema herum? Ganz einfach: Ein weiblicher Soldat, der sich nicht „mitgemeint“ fühlt, wenn seine Kompanie mit „Kameraden!“ angesprochen wird, oder der Mühe hat, um 5 Uhr aufzustehen, sollte lieber bei der nächsten Kreisverwaltung anheuern. Die Sicherheit Deutschlands hat in meinen Augen absoluten Vorrang vor woken Schwachmatismus-Themen. Wenn die Truppe sich weiter mit solchem Irrsinn befasst, wird sie nie mehr zu einer schlagkräftigen Armee werden.

 

Martin Toden (59) ist studierter Personalentwickler, Reserveoffizier der Bundeswehr und blickt auf fast 40 Jahre zivile und militärische Führungserfahrung zurück. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Foto: FORTEPAN/ Urbán Tamás CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Robert Korn / 23.02.2023

Ich lebe im Allgäu. 69/70 habe ich meinen 18monatigen Wehrdienst in Marburg/Lahn geleistet, Funker im Fernmeldebataillon. Mit anstrengender infanteristischer Grundausbildung und fortgesetztem gefechtsnahen Dienst. Wenn ich jetzt die sehr gelegentlichen Ausmärsche aus den umliegenden Kasernen sehe, graust es mich: Eine Hand an der Limoflasche, die andere am Handy, lahmes Wanken. Dazu alle paar Kilometer ein Fahrzeug für Getränke und Fußkranke. Mit DER Truppe ist niemand gedient. Und dazu Frauen in “Kampf"einheiten, meistens Dicke. Schließt den Laden und gebt das Geld für was Sinnvolles aus.

Thorsten Maverick / 23.02.2023

Ich war nach Bundeswehrmaßstäben auch ein Weichei. Mich hat vor allem das Mobbing innerhalb der Truppe gegen die Rotärsche angekotzt. Diesen ganzen Drill fand ich schrecklich. Das hat alles nichts gebracht. Man muß da auch zwischen der kämpfenden Truppe und dem Rest unterscheiden. Ich war dann in den 80ern in der Instandsetzung und habe LKWs repariert. Da hätte es auch gereicht, wenn wir um sieben aufgestanden wären. Viele Wehrpflichtige haben da einen guten Job gemacht, und der Druck durch Vorgesetzte war absolut kontraproduktiv. Das waren zum größten Teil Idioten, die im richtigen Leben nichts fanden (Schleswig-Holstein, genauer Lauenburg). Das ist jetzt auch genau das Problem der Bundeswehr. Da geht niemand hin, der etwas kann. So jemand wandert aus. Es geht nicht ohne Dienstpflicht, weil man sonst nur Bodensatz bekommt. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mich bei dem Haufen zu verpflichten, auch nicht für 10.000 DM im Monat. Es gab genau einen OFw, der gut war. Einzelkämpfer, Fallschirmspringer etc., Zahlmeister der Kompanie, total ruhig, war kompetent, hatte es nicht nötig, den Hermann zu machen, Absolute Ausnahme. Deshalb finde ich die schweizer Milizarmee gut. Da sind Leute in der Führung, die im normalen Leben etwas leisten. Die kennen sich, und sind motiviert, ihre Heimat zu verteidigen.

holger bemmann / 23.02.2023

danke !!!! endlich redet einer klartext. die verantwortlichen sollen mal youtube glotzen : deutsche waffen und ukrainische soldaten, das ist vorbildlich , so sieht eine fähige armee vor.

Hans Ludwig Jacoby / 23.02.2023

Bei uns hieß es früher immer : Die Bundeswehr ist dazu da, den Feind solange hinzuhalten, bis Soldaten kommen. Gilt wohl heute auch noch. Ich selbst bin Kriegsdienstverweigerer, Zivildienst im Krankenhaus 73-74, 18 Monate, 2 Tagschichten, 12 Tage und 2 Tage frei. Ab morgens sechs Uhr.

Steffen Huebner / 23.02.2023

Wozu brauchen “wir” überhaupt eine Armee?  Wir sind doch bereits besiegt und besetzt, wer sollte denn da Deutschland jetzt noch angreifen? Die deutsche Bevölkerung geht doch schon arbeiten, um die Kriege anderer Länder zu bezahlen. Reicht das nicht?

giesemann gerhard / 23.02.2023

Gegen die kriminelle Russensoldadeska haben wir eh keine Chance. Wehe, die Ukrainer halten uns die nicht vom Leibe. Früher mal waren sie selbst dabei, wenn es darum ging, die Gegend kurz und klein zu ficken, jetzt geht s zum Glück für uns anders. Aber erst müssten die Russen die Polen, die Slowaken, die Tschechen, samt ...*Innen und Konsorten aufarbeiten, all diejenigen, die ihnen bis vor noch gar nicht so langer Zeit die Stange hielten - ein echter Fortschritt, oder? Und weder die Amis noch die Briten schießen uns von hinten und von oben in Arsch und aufs Dach - Alhamdulliläh. Hätten sie damals schon nicht tun sollen, dann wäre heute Ruhe mit dem Russ’. Dafür haben wir jetzt den Moslem im Lande, der an jeder Ecke hockt und feixt. Porca miseria. Alles wird gut, wenn nicht, dann eben nicht.

Boris Kotchoubey / 23.02.2023

Respekt! Ich habe 20 Kommentare gelesen und nur 3 davon waren pazifistisch. Ich habe mindestens 10 bis 12 erwartet. Offensichtlich habe ich AchGut-Leser unterschätzt und bitte jetzt um Verzeihung.

Karl-Heinz Boehnke / 23.02.2023

Die Bundeswehr war nie zu ernsthaftem Kampf gedacht, selbst gegen die Volksarmee alleine hätte sie nie eine Chance gehabt. Als wir 1972 dort über die dringlichsten Bedarfsarten belehrt wurden mit 1. Munition, 2. Treibstoff, 3. Verpflegung, sah ich hinunter zu meinen Füßen, die nach wenigen Kilometern Marsch regelmäßig verletzt wurden in Schuhwerk, das ich noch aus Wehrmachtsbeständen kommend wähnte. Die Großgeräte für den jährlichen Transport vom Norden zur Übung im Süden waren schon zur Hälfte vorgesehen, auf halber Strecke abgestellt werden zu müssen. Wenigstens diese Planung ging auf. Auch Munition war immer genug da und das rechtzeitige, ausreichende Essen schmeckte gut.

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