Bundespressekonferenz: Ich muss draußen bleiben! Zutritt nur für Gehorsame? 

Ab sofort dürfen nur noch Geimpfte und Genesene auf der Bundespressekonferenz der Bundesregierung persönlich gegenübersitzen. Das bedeutet faktische eine Einschränkung der ungehinderten Berichterstattung.

15 Millionen Menschen sind nach Schätzungen in Deutschland nicht geimpft. Ein großer Teil von ihnen dürfte auch nicht den Genesenen-Status haben. Gerade für diese Menschen ist es in meinen Augen sehr wichtig, dass sie im öffentlichen Raum eine Stimme haben. Dass ihre Sorgen, Ängste und Fragen artikuliert werden. Und sich die Bundesregierung nicht davor drücken kann, mit ihnen auseinandergesetzt zu werden. 

Die Bundespressekonferenz hat gestern mitgeteilt, dass ab sofort die 2G-Regel für Teilnahme an den Konferenzen gilt – quasi rückwirkend, denn die Regelung wurde erst um 9.32 Uhr an die Mitglieder versandt. Genau 28 Minuten vor der Bundespressekonferenz mit Gesundheitsminister Jens Spahn. Was, wenn ein Ungeimpfer oder Nicht-Genesener schon auf dem Weg war? Sei’s drum – die meisten Dauergäste waren zumindest auf den ersten Blick anwesend.

In einem Schreiben des Vorstandes an die Mitglieder heißt es:

  • BPK- und VAP-Mitglieder erhalten – ähnlich wie beim Deutschen Bundestag – einen Sonderaufkleber für den Mitgliedsausweis (bitte die Ausweise mitbringen).
  • Die 2G-Zugangskarten für Fotografen behalten ihre Gültigkeit, es ist keine neue Überprüfung notwendig.
  • Kamerateams erhalten nach Kontrolle des 2G-Status eine personalisierte Zugangskarte.

Weiter steht da: „Der Status als geimpfte Person ist vorrangig in digitaler Form mittels CovPass-App oder Corona-Warn-App nachzuweisen. Die Karten und Aufkleber werden vor dem Pressesaal ausgegeben.“ 

Damit sind Nicht-Geimpfte und Nicht-Genesene sowie Kollegen, die intime Details über ihre Gesundheit für sich behalten wollen, von der Teilnahme an den Bundespressekonferenzen vor Ort ausgeschlossen. Es wird nicht einmal eine Frist gewährt, damit Journalisten zumindest die Wahl haben, sich noch impfen zu lassen, um einen Ausschluss von der direkten Teilnahme zu vermeiden.

Nachfragen kaum möglich 

Mitglieder der Bundespressekonferenz und des Vereins der Auslandspresse können zwar weiter online Fragen stellen. Diese Möglichkeit ist aber nicht vergleichbar mit den Möglichkeiten, die ein Fragen vor Ort ermöglicht. Insbesondere weil das Nachfragen kaum möglich ist. Auch werden Online-Fragen teilweise benachteiligt drangenommen: Heute früh kamen etwa bei der Bundespressekonferenz mit Jens Spahn einige Kollegen zweimal mit einer Frage zum Zuge – während meine Online-Frage nicht drangenommen wurde (siehe hier).

Auch für mich bedeutet diese Neuregelung, dass ich nicht mehr vor Ort an den Bundespressekonferenzen teilnehmen kann. Keine mündlichen Fragen. Kein echtes Nachhaken. Kein echter Dialog. Für die Millionen Leser meiner Seite bedeutet das, dass sie ihre Stimme in der Bundespressekonferenz zwar nicht verlieren, diese aber massiv eingeschränkt wird in ihren Möglichkeiten. Gerade hatte ich mich noch gefreut, dass Bemühungen, mich aus der Bundespressekonferenz auszuschließen, offenbar auf Eis gelegt wurden. Nun erfahre ich: Ich bin faktisch doch draußen. Zumindest teilweise.

Die 2G-Regelung ist umso merkwürdiger, als gerade erst RKI-Chef Lothar Wieler – übrigens auf meine persönliche Frage direkt aus dem Saal – eingestehen musste, dass es neue Erkenntnisse gibt, wonach die alte Behauptung des RKI nicht mehr haltbar sei, dass Geimpfte nicht mehr wesentlich zum Geschehen der Pandemie beitragen. Der Arzt und Epidemiologe Friedrich Pürner, früher Chef des Gesundheitsamtes im bayerischen Landkreis Aichach-Friedberg, sagte im Interview mit mir (das in Kürze erscheinen wird), 2G mache keinen Sinn, auch aus der Logik der offiziellen Politik heraus – weil auch Geimpfte das Virus weiter geben, und weil sie eben nicht auf dieses getestet würden. Bei 2G, so Pürner sinngemäß, gehe es nicht um Infektionsschutz, sondern um die Bestrafung von denen, die sich dem Impfgebot widersetzen und ungehorsam zeigen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass trotz 2G weiterhin FFP2-Masken getragen werden müssen –  medizinische reichen nicht aus. Die Tragepflicht gilt allerdings nur für die unten im Saal. Die Regierungssprecher oben auf der Tribüne dürfen weiter „oben ohne“ sprechen. Ungetestet. Warum, wenn die Lage so ernst ist, dass man selbst mit Test ohne Impfung nicht mehr in den Saal darf? Insofern ist die Frage: Was bezweckt die Bundespressekonferenz mit dieser neuen Regelung? 

Störung in Life-Passagen

Nachdem sich die Regierung wegduckte, gestand RKI-Chef Wieler gestern auf meine Nachfrage ein, dass Geimpfte doch eine wesentliche Rolle für das Epidemie-Geschehen spielen. In Live-Übertragungen kam es bei der Passage zu Störungen, und auch die großen Medien schweigen. 

Durch diese werden zudem auch intime Details über die Gesundheit von Journalisten öffentlich gemacht. Daraus, ob jemand anwesend ist oder nicht, kann nun das ganze Land Rückschlüsse über Dinge ziehen, die in freiheitlichen, funktionierenden Demokratien mit einem Minimum an Datenschutz niemanden außer ihm selbst und seinen Arzt etwas angehen. Im Zweifelsfall erfolgt die Öffentlichmachung via Liveübertragungen im Fernsehen.  

Ich überlege nun, durch meinen Anwalt prüfen zu lassen, ob ein Ausschluss von Nicht-Geimpften und Nicht-Genesenen von der direkten Teilnahme rechtmäßig ist. Allerdings habe ich angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung in Deutschland Zweifel, dass eine Klage hier eine Erfolgsaussicht haben könnte.

Eine andere Frage ist, ob die Bundespressekonferenz nicht im Internet-Zeitalter zumindest die Möglichkeit schaffen müsste, das Fragen und vor allem Nachfragen (fern-)mündlich via Audio- oder Video-Schalte zu ermöglichen – um allen Mitgliedern zumindest halbwegs gleiche Bedingungen zu verschaffen. Es geht darum, dass die Zweifel, Klagen und Sorgen von Millionen Menschen unmittelbar und direkt Widerhall finden vor der Regierung. Mit Hilfe Ihrer Unterstützung werde ich mir rechtlichen Beistand leisten und eine juristische Prüfung initiieren. Ganz herzlichen Dank für Ihre Solidarität!  

Die Bundespressekonferenz hatte schon im September durch eine Satzungsänderung für Schlagzeilen gesorgt. Waren dort früher die Bedingungen für eine Mitgliedschaft minimalistisch gehalten, so sind sie jetzt an subjektive Bedingungen geknüpft, was die Art der Berichterstattung angeht.

Eine Mitarbeiterin von reitschuster.de schrieb mir in Reaktion auf die Nachricht: „Ab jetzt nur noch Zutritt für die Gehorsamen!“ Als Mitglied der Bundespressekonferenz habe ich eine Loyalitätspflicht gegenüber dem Verein und darf mir diese Aussage nicht zu eigen machen. Als Journalist kann ich aber auch nicht umhin, zu dokumentieren, was die Entscheidung des Vorstands für Reaktionen auslöst – auch bei Kollegen wie der Mitarbeiterin. 

Foto: B.Reitschuster

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Leserpost

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Heinz Gerhard Schäfer / 23.11.2021

Sehr geehrter Herr Reitschuster, ich werde Sie auch weiterhin mit Spenden unterstützen,- auch dann,- wenn ein juristischer Erfolg bei dem Zustand unseres Justizsystems sehr fraglich ist. Sie sind für mich ein mutiger Leuchtturm der Freiheit! Wir gleiten z.Zt. immer mehr in den Totalitarismus ab, und ein Ende ist leider nicht in Sicht. / Zu: “....wonach die alte Behauptung des RKI nicht mehr haltbar sei, dass Geimpfte nicht mehr wesentlich zum Geschehen der Pandemie beitragen…” . / Wir haben z.Zt. eine Übersterblichkeit von ca. 10% (Destatis), welche (nach Aussage RKI) sich nicht durch Corona erklären lässt. Übersterblichkeit herbeigeimpft??? Die bundesweite Auslastung der belegten Intensivbetten bzgl. Corona (geimpft + ungeimpft) liegt z.Zt. bei ca. 17%. (Quelle DIVI Intensivregister). Die Frage: Wer liegt in den restlich belegten (83%) Intensivbetten? Wie hoch ist dort der Anteil/die Verteilung der Patienten mit mutmaßlichen Impfnebenwirkungen. (Thrombosen, Embolien, neurologische Vorstellungsgründe, Perikarditis, Myokarditis ... usw. ). Auf die Veränderungen in der Sterbestatistik (2022, wenn die Zahlen für 2021 vorliegen), sollten genau betrachtet werden. Eventuell ließe sich das “underreporting” von Impfnebenwirkungen und Todesfällen nach Impfungen in der EMA-Datenbank (Paul Ehrlich Institut) nachweisen.

Thomas Schmied / 23.11.2021

@R.Kühn - Das ist weder ein “Land der Dichter und Denker”, noch ein “Arbeiter- und Bauernstaat”. Das ist ein totalitärer Schwätzer- und Abkassiererstaat geworden. So wie die DDR es war und alle “sozialistischen” Regime davor. Die Schwätzer- und Abkassierer haben wieder die totale Macht übernommen oder greifen gerade danach. Aus Angst schweigen die meisten Dichter und Denker, die meisten Arbeiter und Bauern, oder sie profitieren als Mittäter. Für Massenprotest, der den Herrschenden gefährlich werden könnte, geht es uns immer noch nicht schlecht genug. Das Volk bewegt sich nur, wenn es unbequem wird. Mit den Herrschenden ist es aber auch so.

Frank Mertes / 23.11.2021

Nun, da wird jetzt aber ein Aufatmen durch die Reihen der Regierungssprecher, Ministeriumssprecher und Ihrer systemkonformen Kollegen gehen. Der Reitschuster muss draußen bleiben, möge die Pandemie ewig dauern. Nun ist man ungestört und Ihre Medienkollegen von ARD, ZDF, Zeit, Süddeutschem Beobachter & Co können sich völlig ungestört und devot ihre Instruktionen abholen, sich über die gewünschten Sprachregelungen belehren lassen und vor Seibert und Kollegen katzbuckeln. Manchmal werden sie allerdings auch etwas Aufmüpfigkeit zeigen, z. B. durch Fragen wie: “Warum geht die Bundesregierung nicht energischer gegen Impfverweigerer vor?” oder “Wann kommt endlich die Impfpflicht?” vielleicht auch “Warum werden die Kohlekraftwerke nicht schon 2025 abgeschaltet?” Das sind dann die Sternstunden unabhängigen Journalismus.

Eugen Karl / 23.11.2021

Das ist eine ausbaufähige Idee. Schon bald wird auch für Parlamentarier 2G gelten. Dann stimmen im Bundestag allein Geimpfte und Genesene über einen staatlichen Impfzwang ab. Der Genesenen muß man sich alsbald dann natürlich noch entledigen.

Christoph Ertel / 23.11.2021

Unermüdlich kämpfen die Autoren Ihrer Plattform gegen die kognitive Dissoziation in unserer Gesellschaft.  Meist sind sie auf verlorenem Posten und Rufer in der Wüste. Sogenannte Meinungsmacher können weiter mit Hilfe der öffentlich rechtlichen Medien lauthals Ihre Sicht der Dinge verbreiten. Unterstützt werden sie durch ihrem selbst erschaffenen Expertenkult.  Herr R. wird trotzt vieler Follower Einzelkämpfer bleiben. Man sollte sich in dieser Situation ein Beispiel an der Deutschen Umwelthilfe nehmen.  Bei jeder Falschbehauptung, Verzerrung, wissenschaftlicher Ungenauigkeit abmahnen.. Numerischen Analphabetismus sofort brandmarken. Hierzu wäre natürlich ein Zusammenschluss von echten Faktenchecker notwendig. Lange wissenschaftliche Ergüsse Einzelner werden gegen die medialen Hütchenspieler und die Firma Pfizer keine Chance haben.

K.kraemer / 23.11.2021

Ja,auch ich bin einer von 15 Millionen noch immer schweigenden nichtgeimpften, aber gesunden. Weil es mir die Sprache verschlagen hat - weil ich sehe, was ich nach 40 Jahren Polizeidienst in frdemgo nicht für möglich gehalten habe. Was ist aus dem auch von mir gegen Rechts und links verteidigten Rechtsstaat geworden? Resignation ? Nein. Zorn und Wut! aber voller Zuversicht,dass ich morgen aufwache und der ganze Spuk ist vorbei und man erkennt endlich die wahren Totengräber der Freiheit. Gruss an den Autor,bleiben sie stark!

Silvia Orlandi / 23.11.2021

Mein Opa könnte heute nicht mehr nachts bei Verdunkelung, schalldicht tata, tat a, tata… hören.Heute gilt wie damals: ein Volksempfänger, eine Meinung, eine Partei.Nur geimpft macht 6 Monate mit Mundhalten frei.

Regina Becker / 23.11.2021

Wieso sollen Geimpfte und Genesene die “Gehorsamen” sein? Sind unter den geimpften und genesenen Journalisten keine mutigen Fragesteller? Liegt das am Impfstoff oder an der Erkrankung? Warum soll der Zutritt zur BPK anderen Kriterien unterliegen als der Zutritt zu Gaststätten oder Fußballstadien? Ich habe mich schon genug darüber geärgert, dass man Ungeimpfter diskriminiert wird - aber im Gegenzug die Geimpften/Genesenen als gehorsam und linientreu zu diffamieren, geht mir zu weit. Gibt es irgendwelche Beweise dafür, dass man vom Erkrankungsverlauf oder Impfstatus die Gehorsamkeit ableiten kann, lässt sich vllt sogar eine genaue Aussage je Impfstoff treffen?

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