Im Moment haben die meisten Weißen in den USA Angst, öffentlich über Rasse und Rassismus zu sprechen, besonders über Rassismus gegenüber Schwarzen. „Progressive“ Weiße sind entweder still – oder sie überwachen, wie sich andere Weißer über Rasse äußern. Alle sind sehr nervös. Wenn eine weiße Person etwas Falsches sagt oder etwas Wahres, das aber jemanden beleidigt, wird sie niedergeschrien, beschämt, zum Schweigen gebracht, ausgeschlossen. Politisch unkorrektes Sprechen ist ein Gedankenverbrechen – und wird Konsequenzen haben.
Obwohl Sklaverei selbstverständlich furchtbar und die Diskussion darüber schmerzhaft und wirklich quälend ist, hasse ich es, zum Schweigen gebracht zu werden, und ich hasse es, mich selbst zu zensieren. Daher hatte ich gehofft, mich mal gründlich mit einer afroamerikanischen Frau zu unterhalten, die ich kenne, seit wir beide 18 sind. Ich wollte ihr sagen: „Als Jüdin beleidigt, erzürnt und ängstigt mich die Anti-Israel-Rhetorik der Black-Lives-Matter-Bewegung zu Tode. Wie fühlst du dich angesichts all der Proteste und Proklamationen, der Unruhen und der Rhetorik? Sicherer? Stärker? Hoffnungsvoller?“
Warum Israel zum Sündebock machen?
Ich versuchte, meine Freundin persönlich zu treffen, aber aus verschiedenen Gründen hat das nicht geklappt. Wir führten schließlich einen E-Mail-Wechsel über den Juneteenth (Gedenktag zur Erinnerung an die Befreiung der Afroamerikaner aus der Sklaverei, Anm.d.Red.). Sie fand es lächerlich, dass so viele Menschen einen Feiertag begingen, der darauf basierte, dass man den schwarzen Sklaven in Texas sagte, dass sie zwei Jahre früher hätten befreit werden sollen (Abraham Lincoln hatte bereits im September 1862 die Emanzipationsproklamation zur Abschaffung der Sklaverei erlassen, sie wurde allerdings erst im Juni 1865 in Texas verkündet, Anm.d.Red.).
„Warum feiert man nicht das Datum, an dem die Emanzipationsproklamation unterzeichnet wurde?“, fragte sie. Wir mailten hin und her über die Schrecken schwarzer Sklaven und weißer Besitzer in Amerika. Ich entsandte einen Stoßseufzer nach dem anderen und schrieb schließlich: „Die Sache ist noch komplizierter. Wir wissen, dass Schwarzafrikaner andere Schwarzafrikaner versklavt haben ...“ Und sie antwortete: „Oh, aber sie waren viel freundlicher zu ihnen, als es die Weißen jemals waren, sie erlaubten ihnen zu heiraten, sie gaben ihnen jede Woche einen Tag frei ...“
Ihre Antwort suggerierte also: „Ach, es gibt alle möglichen Fehlinformationen, die da draußen herumschwirren.“ Unser kurzer Austausch war beendet. Die Konversation war vorbei. Sie hatte nie stattgefunden.
Ich hatte meine Freundin Folgendes fragen wollen: Warum sind einige sehr fähige afroamerikanische Frauen und Männer, und einige People of Color im Allgemeinen, so wütend auf Israel? Angesichts all der Herausforderungen, mit denen People of Color hier in Amerika direkt konfrontiert sind – warum Israel zum Sündenbock machen, dessen Einwohner zur Hälfte „Juden of Color“ sind?
Hautnahe und persönliche Feindseligkeit
Ich denke dabei an die Kader in Washington: Alexandria Ocasio-Cortez, Ilhan Omar, Ayanna Pressley, und Rashida Tlaib. Kürzlich sagte die Abgeordnete Ilhan Omar, dass sie „ihren Tweet Anfang (Juni) nicht bereut, in dem sie Israel, die USA, die Hamas und die Taliban in einen Topf geworfen hat.“ Omar äußerte, dass ihre Kollegen bei den Demokraten, „insbesondere Juden“, keine „gleichberechtigten Partner in Sachen Gerechtigkeit“ seien, was bedeutet, dass sie nicht ihre Referenzen einer somalischen, muslimischen, oliv-häutigen Frau besäßen.
Ihre Kader-Schwestern verhalten sich nicht wie Opfer oder wie von Männern gesteuerte Roboter. Sie sind für sich selbst und aus eigenem Antrieb dabei. Sie sind laut, sie sind stolz, sie sind rechtschaffen wütend, sie sind klug, sie haben Macht – und sie glauben offensichtlich, dass die Diffamierung und Zerstörung Israels durch Propaganda ihnen zu immer höheren Ämtern verhelfen wird.
Aber ich denke auch an die Feindseligkeit, die aufbrausende Wut, die einige afroamerikanische Frauen gegenüber weißen Frauen zum Ausdruck gebracht haben – besonders gegenüber „schuldigen“ weißen Feministinnen, die sie zu einer Gruppe, einem Gremium, einem Treffen eingeladen haben – Veranstaltungen, die sich oft zu Bestrafungs- und Erniedrigungssitzungen für die weißen Mädchen entwickelt haben. Im Folgenden nun ein Beispiel für die Art von hautnaher und persönlicher Feindseligkeit, von der ich spreche.
Weigerung, mit einer weißen Frau eine Basis zu finden
Die Ökonomin Julianne Malveaux ist die neu ernannte Leiterin eines neuen College of Ethnic Studies an der California State University, L.A. Man fragt sich, ob sie Neuland betreten wird, indem sie Judenhass in ihren Lehrplan für ethnische Studien aufnimmt? Wird sie auch den islamischen Hass gegen Christen, Hindus und Buddhisten einbeziehen? Hauptsächlich frage ich mich, ob Malveaux im letzten Vierteljahrhundert weicher geworden ist, oder ob ihre frühere, ungezügelte Feindseligkeit gegenüber weißen Frauen, gegenüber weißen Menschen im Allgemeinen, weiter entfesselt wurde?
Malveaux war auch schon als Kolumnistin, Unternehmerin, College-Präsidentin und Talkshow-Moderatorin tätig. Im Jahr 1996 führte Malveaux ein Gespräch mit Tammy Bruce, der damaligen Präsidentin der Frauenrechtsorganisation NOW und ebenfalls Talkshow-Moderatorin. Ihr Austausch war ein Titelthema der Zeitschrift On The Issues. Zu dieser Zeit war ich deren Chefredakteurin. Ich bat den Herausgeber, meinen engen Freund Merle Hoffman, um eine Kopie des gesamten Original-Dialogs. Ich war verblüfft, beschämt, peinlich berührt. Aber so war Malveaux schon, lange bevor die Black-Lives-Matter-Bewegung in die Stadt kam.
In ihrem Gespräch war Malveaux sofort mit Bruce nicht einverstanden. Sie weigerte sich, mit einer weißen Frau eine gemeinsame Basis zu finden.
Als Bruce sagte, dass sie versuche, mit ihrer Anrufer-Show vordergründig Frauen anzusprechen, sagte Malveux: „Es reicht nicht aus, nur die Stimmen von Frauen zu hören ... wenn die Stimmen nicht schwarz sind, ändert man die Unterhaltung nicht ... was bringt Clarence Thomas (afroamerikanischer Richter am Obersten Gerichtshof, Anm.d.Red.) dem Obersten Gerichtshof?“ Was Sandra Day O'Connor betrifft, sagte Malveaux: „Diese weiße Frau (auch bekannt als die erste Frau am Obersten Gerichtshof), versteht die Rassen-Thematik nicht. Sie versteht auch die Geschlechts-Thematik nicht ganz.“
Als Bruce darauf bestand, wie wichtig es sei, die Stimmen aller Frauen zu hören, und Ruth Bader Ginsburg (bis zu ihrem Tod 2020 Beisitzende Richterin am Obersten Gerichtshof, Anm.d.Red.) lobte, fragte sie Malveaux, etwas sarkastisch, in Anlehnung an Sojourner Truth (amerikanische freigelassene Sklavin und Frauenrechtlerin, Anm.d.Red.): „Aber hey, bin ich denn keine Frau?“ Bruce antwortete schlagfertig: „Ist denn (O'Connor) keine Frau?“ Malveux: „Sie ist eine weiße Frau aus der Oberschicht, Republikanerin ...“
Ist das an und für sich schon ein Kardinalverbrechen?
„Sexuelle Belästigung ist nicht mein Hauptthema.“
Malveaux erwähnte weder Vergewaltigung, sexuelle Belästigung oder häusliche Gewalt zwischen Männern und Frauen, noch erwähnte sie Menschenhandel oder Prostitution. Tatsächlich machte sie sich über Bruce lustig, als diese darauf hinwies, dass sowohl republikanische als auch demokratische Politikerinnen zusammenkamen, um gegen den Tailhook-Belästigungsskandal von 1991/92 zu protestieren. Malveaux sagte ganz offen: „Sexuelle Belästigung ist nicht mein Hauptthema.“
Stattdessen äußerte Malveaux: „Oftmals, wenn ich mit einer weißen Kandidatin und einem afroamerikanischen Kandidaten konfrontiert bin, halte ich mich an den afroamerikanischen Mann, weil ich bei vielen weißen Frauen einfach nicht erkenne, dass sie Rassenfragen gegenüber die erforderliche Sensibilität an den Tag legen, vor allem in der Politik.“ Selbst wenn beide Kandidaten „links“ seien, würde sie für den afroamerikanischen Mann stimmen, weil „sie in der Politik unterrepräsentiert sind“.
Malveaux beschuldigte Bruce, sie zu unterbrechen und sagte: „Ihre Unfähigkeit ,zuzuhören, frustriert mich. Das ist wirklich kein Grund, wütend zu sein. So wichtig sind Sie nicht.“ Als Bruce sich dagegen verwahrte, beleidigt zu werden, antwortete Malveaux: „Wenn Sie sich erniedrigt fühlen, dann ist das Ihr Problem.“
Malveax griff Bruce an, weil sie „auf O. J. Simpson (afroamerikanischer Schauspieler und 1994 wegen Mordes angeklagt, Anm.d.Red.) losgegangen war. Er ist nicht der einzige reiche Mann, der gewalttätig ist.“ Weil 95 Prozent der anderen gewalttätigen Männer, die Bruce entlarvte, nicht das gleiche große Medienecho erhielten, nutzte Malveaux dies, um Bruce als Rassistin zu brandmarken – und als Opportunistin, die Simpson als „Mittel zum Zweck“ benutzte.
Lassen Sie mich an dieser Stelle aufhören. Ich habe diesen Dialog wieder aufleben lassen, weil Malveaux die Frau ist, die gerade zur Leiterin des neuen Programms für Ethnische Studien an der California State University ernannt wurde.
Wer hat Generationen in San Francisco und Los Angeles beeinflusst?
Was ist hier los?
Kalifornien ist hier los. Es liegt etwas in der Luft und auf den Straßen, eine Indoktrination „radikaler“ Ideen, die sich dort schon seit langem zusammenbraut. Wer hat Generationen in San Francisco und Los Angeles beeinflusst?
Professor Hatem Bazian in Berkeley und seine verrückten, aber gut finanzierten Ideen über die klare und gegenwärtige Gefahr einer angeblichen „Islamophobie“ und seine Besessenheit von „Palästina“ haben endlich ihren Weg zu den politisch korrekten, gebildeten Leuten an der Westküste gefunden.
Die Akademiker Daniel Boyarin und Judith Butler, ebenfalls in Berkeley, und beide jüdische postmoderne „Stars“, haben jahrelang die notwendige Juden-für-Palästina-Deckung für Bazians genozidale Absichten gegenüber dem jüdischen Staat geliefert.
Der Rassismus in Amerika ist real. Gesundheitssystem, Wohnsituation, Bildungschancen und Ungleichheiten in der Arbeitswelt, die von der Rasse abhängen, sind reale Probleme in unserem Land – aber das gilt auch für Gewalt von Schwarzen gegen Schwarze, von Schwarzen gegen Asiaten und von Schwarzen gegen Juden. Waffen, Drogen, Drogenhandel und häusliche Gewalt in jeder Gemeinde, auch in rassisch marginalisierten Gemeinden, sind reale Probleme. Ob die Polizei wirklich mehr Schwarze als andere Farbige ins Visier nimmt und/oder ob diejenigen, die ins Visier genommen und in den Schlagzeilen verherrlicht werden, Kriminelle sind – oder nicht –, wird jetzt heiß diskutiert. Ob der Rassismus in Amerika „strukturell“ ist oder nicht und ob alle Weißen „Rassisten“ sind, wird ebenfalls debattiert.
George Floyd ist ein Palästinenser geworden
Aber warum an dieser Stelle die Juden ins Spiel bringen – warum Israel ins Spiel bringen? Wir sind Zeugen der teuflischen Verknüpfung von „schwarzen und braunen Körpern“ (das ist die gewählte, akademische Formulierung) mit „Palästinensern“ – als ob die Araber in Gaza und in Yehudah und Shomron Afroamerikaner wären; als ob die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte, die ethischste Armee der Welt, in irgendeiner Weise mit den voreingenommensten und gewalttätigsten amerikanischen Polizisten vergleichbar wäre. Dank der Propaganda und der riesigen Summen, die für die Indoktrination ausgegeben werden, ist George Floyd ein Palästinenser geworden.
Es gibt kein Ende dieser faulen Gleichwertigkeit, dieses Sündenbockmachens des jüdischen Israels für das historische Verbrechen der Sklaverei und für den fortgesetzten Rassismus in den Vereinigten Staaten. Matti Friedman hat einen ausgezeichneten Artikel darüber verfasst. Er schreibt:
„Während ich die Proteste in Ferguson, Missouri, im Jahr 2014 verfolgte, die mir gerecht und notwendig erschienen, sah ich ein Schild mit der Aufschrift FROM FERGUSON TO PALESTINE. Das war rätselhaft ... Wenn Aktivisten nach ausländischer Inspiration für eine inländische Bewegung suchten, hatten sie Hunderte von laufenden ethnischen Konflikten zur Auswahl ... Für diese Amerikaner sind die fernen Juden zu einer Verkörperung des amerikanischen Übels geworden, der Rassenunterdrückung. Menschen haben schon immer Phantasien auf andere Orte und Gruppen projiziert, aber diese besondere Art der Projektion, in der Juden als das Hauptsymbol für alles, was falsch ist, angesehen werden, hat eine lange Geschichte. Wenn sie auftaucht, kündigt sie gewöhnlich eine Ungeduld mit logischer Analyse und normaler Politik an, und eine Bewegung hin zu magischem Denken.“
Dies führt auch zu individuellen physischen Angriffen auf einzelne, sichtbar jüdische Juden; zu Angriffen auf koschere Supermärkte, Synagogen und Friedhöfe; und zu Pogromen und Völkermord.
So wie die Intifada im Stile der Hamas in die Universitäten in Kalifornien und in die Aufstände der Aktivisten überall eingedrungen ist, so gilt auch hier: Kalifornien ist die Vorlage für das, was auch woanders auf uns zukommt.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei New English Review.