Atemschaukel ist noch besser. Ihre glasklare, ins Mark gehende Beobachtungsgabe, die sie immer hat, verbindet sich in Atemschaukel” mit der hochpoetischen Sprache Oskar Pastiors. Kein Wunder, dass es dafür den Nobelpreis gab. Kein Wunder auch, dass Iris Radisch in der linksdummen Zeit zwei Wochen vor Bekanntgabe des Nobelpreises einen Totalverriss fabrizieren musste.
Sehr geehrter rei svager, Sie sollten nicht schlechter als nötig von den Katholikinnen denken - Birgit Kelle ist auch eine ;o)
Meine Empfehlung: Zvi Yavetz. “Erinnerungen an Czernowitz. Wo Menschen und Bücher lebten.” Aus dem Klappentext: “Zvi Yavetz läßt in seinen Erinnerungen an die 1930er und 1940er Jahre in Czernowitz eine untergegangene Welt wieder lebendig werden. Er berichtet vom multikulturellen Alltag in einer Stadt, aus der so unterschiedliche Dichter und Gelehrte wie Paul Celan, Rose Ausländer, Erwin Chargaff oder Josef Schumpeter hervorgingen. Es ist die Geschichte einer einzigartigen Kulturmetropole, die zum Symbol für das lange Zeit friedliche Zusammenleben von Ukrainern, Rumänen, Polen, Ruthenen, Juden und Deutschen wurde, ehe der Zweite Weltkrieg dem Ganzen ein Ende bereitete.” Nun, was ich herauslese über diesen schönen Klappentext hinaus, ist, dass sich die unterschiedlichen Ethnien mehr schlecht als recht arrangierten und im Auseinanderbrechen durch den Faschismus aufgestauten Vorurteile freien Lauf ließen. “Eine durch Religionen geteilte Stadt liegt entweder schon in Trümmern oder ist kurz davor.“ (Giambattista Vico)
Herta Müller lesen ist wie Klettern über einen Stacheldrahtzaun, ohne Schuhe und ohne Handschuhe. Gefährlich ist es außerdem, weil man dabei die Hoffnung verlieren kann. Aber ein Satz von Herta Müller ist wahrhaftiger als 200 Genderlehrstühlinnen in diesem vom Teufel besessenen Lande.
danke frau kelle, daß sie an HERTA MÜLLER erinnern. das kommunistische “drecksloch” hat auch ALEXANDAR TISMA furcht-erregend beschrieben. als nachgeborener von vertriebenen habe ich, ähnlich wie viele “ostdeutsche”, ein besseres sensorium für totalitäres. mehr, als die mich umgebenden katholikinnen.
“Die Systematik der Unmenschlichkeit die dort dokumentiert steht, war schwer zu ertragen.” Sie kehrt gerade wieder, Frau Kelle. Natürlich in einem modernen Gewand. Der Archipel Gulag heißt heute z.B. Ausgrenzung von “Abweichlern”, die sich erlauben, sich nicht als menschliche Versuchsratten zur Verfügung zu stellen. NOCH ist der Schritt zu Ihrer Internierung und damit der wehrlosen Aussetzung gegenüber den Mengeles nicht vollzogen, NOCH NICHT.
Tja, Frau Keller, das ist eine Bildungslücke, die sie geschlossen haben. Ich hatte alles von Herta Müller gelesen, noch bevor ihr der Nobelpreis verliehen wurde ( sie hat ihn in Gegensatz zu vielen anderen der Sparte Literatur und Frieden nicht gewonnen, sondern redlich verdient). Auslandsdeutsche achten mehr auf ihre Sprache, es ist Teil ihrer Identität und Alleinstellungsmerkmal als Minderheit in der Diaspora. Müllers Beobachtungen sind, wie ihre Beschreibung, präzise und schonungslos ehrlich. Beim Lesen stellt sich das damalige Gefühl der Unsicherheit und des Terrors wieder ein. Ich bin selbst als Mitglied einer ethnischen Minderheit in der Ceaușescu- Diktatur aufgewachsen. Die Dissonanz zwischen dem öffentlich Gesagten und im privaten, vertrauenswürdigen Rahmen Vertretenen war da, die Spaltung wurde erträglicher, weil Deutsch als Muttersprache die Sprache der Wahrhaftigkeit war, Rumänisch die Sprache der Propaganda, der feigen oder opportunistischen Anpassung. Ich habe die Beobachtung mit Freunden erörtert, die in der DDR sozialisiert sind, und zum Schluss gekommen, dass deren Schizophrenie schlimmer war, weil die Sprache der Lüge nicht wie ein Mantel abgelegt werden konnte.
»die Widerwärtigkeit von Menschen, die mitten in der Ohnmacht ihre eigene Niederung an Macht auskosten« = Niedertracht = die deutsche Regierung, denn sonst würden die nicht schon wieder von einem Lockdown faseln. So gesehen hat sich — abgesehen von einer kurzen Zwischenzeit mit Freiheit — nichts geändert.
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