Gastautor / 16.11.2020 / 06:00 / Foto: Gage Skidmore / 52 / Seite ausdrucken

Biden: Harmloser Opa oder Racheengel der Demokraten

Von Alexander von Schönburg.

Die Sonne geht auf. Ein neuer Morgen. Die Grillen zirpen, die Vögel zwitschern, und Amerika hat bald endlich wieder einen Präsidenten, der keine Zwietracht zwischen den Menschen sät. Wirklich?

Joe Biden hat bei seiner Siegesrede in Delaware bemerkenswerte Dinge gesagt. Er sprach von der Notwendigkeit von Versöhnung: „Es ist an der Zeit, der rauen Sprache Einhalt zu gebieten, die Temperatur runter zu drehen, es ist Zeit, sich wieder gegenseitig zu sehen, sich gegenseitig wieder zuzuhören. Um voran zu kommen, müssen wir aufhören, unsere politischen Gegner als Feinde zu betrachten. Es ist die Zeit der Heilung!“

Schöne Worte. Aber darf man glauben, dass diese Worte auch in die eigene Partei hineinwirken? Eine Partei, die vier Jahre keine Gelegenheit ausließ, um Trumps Wahl 2016 als illegitim, die Wahlen damals als „gestohlen“ zu bezeichnen? Eine Partei, die jahrelang nicht nur Trump selbst, sondern all die, die ihn wählten, als zurückgebliebene Dorftrottel (eine freie Übersetzung von Hillarys „bag of deplorables“) dargestellt haben? 

Alles unbelehrbare Rassisten

Vor paar Tagen hat die heilige Michelle Obama einen Satz getweetet, der tief blicken lässt. Bei aller Freude über die Mehrheit für Biden dürfe man nicht vergessen, dass doch „zigmillionen Menschen für den Status quo gestimmt haben und damit Lügen, Chaos und Zwietracht unterstützten.“ Hört sich nicht nach „Zeit der Heilung“ an.

Da ist viel Verachtung. Nicht nur auf der einen, sondern auch auf der anderen Seite. Mit dem Unterschied, dass die angeblich brave Seite die Gerechtigkeit und die Wahrheit auf ihrer Seite hat, während alle, die das nicht so sehen, homophobe, bigotte, unbelehrbare Rassisten sind. Eintracht nach dem Geschmack von Alexandria Ocasio-Cortez, einem der Superstars der Demokratischen Partei, funktioniert so, dass du entweder allem, was sie sagt, zustimmst oder halt nicht dazugehörst, zum Kreis derer, die Eintracht verdient haben.

„AOC“, wie sie von ihren Fans genannt wird (es wird spekuliert, dass Biden sie in ihr Kabinett holen könnte), ist übrigens für eine Art Post-Trump-Säuberung des öffentlichen Lebens. Der Begriff, der dafür die Runde macht, lautet: Komitee der nationalen Versöhnung. Das soll an das Vorbild Südafrika angelehnt sein, wo man nach der Apartheid tatsächlich so etwas wie Versöhnung hinbekam. In dem Fall hat es allerdings mehr von George Orwell.

Alles aufschreiben, alles notieren

Jedenfalls führt sie schon mal Listen und ruft dazu auf, dass andere es ihr gleichtun, O-Ton AOC: „Führt jemand Buch über all die Kriecher, die jetzt versuchen, ihre Komplizenschaft mit Trump auszuradieren, damit sie künftig gut dastehen? Ich sehe voraus, dass viele Tweets und andere Äußerungen und Fotos jetzt gelöscht werden!“ Da muss die Gedankenpolizei natürlich Vorkehrungen treffen. Alles aufschreiben, alles notieren.

Harry Sevugan, ehemaliger Pressesprecher der Demokratischen Partei, ist schon fleißig dabei. Er hat die Internet-Seite Trumpaccountability.net ins Leben gerufen, damit dort Menschen, die für Trumps Kampagne gearbeitet haben, auf eine Art öffentliche Prangerliste gestellt werden und künftige Arbeitgeber nachsehen können, wen man besser nicht anstellen sollte. Um die 4.000 Menschen müssen bei einem Regierungswechsel einen neuen Arbeitsplatz suchen. 

Der Zweck des Projekts, so Sevugan, sei sicherzustellen, dass alle, die von Trump Gehaltszettel bekommen haben, nie wieder einen Job bekommen, oder, um es mit seinen eigenen Worten zu sagen, „sie für das, was sie getan haben, zur Rechenschaft gezogen werden.“

Verstehen Sie nun, warum ich Biden das Gerede von Eintracht und Aufeinanderzugehen nicht abnehme? 

Aus vielen eines?

Er selbst mag wie ein netter, harmloser Opa erscheinen. Für die Leute neben und hinter und vor ihm herrscht Eintracht erst, wenn alle das gleiche sagen und denken. „E pluribus unum“ steht auf dem Staatswappen der Vereinigten Staaten – „Aus vielen eines“ – Einheit trotz Verschiedenartigkeit. In diesem einen Satz ist das ganze Selbstverständnis dieses großartigen, einzigartig freiheitlichen Landes ausgedrückt. 

Die Avantgarde, die Ideologen, die Superstars von Bidens Partei verstehen unter „E pluribus unum“ etwas gänzlich anderes, und wir jubeln ihnen dabei zu, weil auch bei uns die gedankliche Faulheit um sich greift, dass man am besten einfach das sagt, was alle sagen. 

Willkommen im Zeitalter Orwell’scher Diversität.

PS. Die Seite Trumpaccountabilty wurde inzwischen von den Machern eingestellt.

Zuerst erschienen bei BILD.de

 

Foto: Gage Skidmore CC BY-SA 2.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Wilfried Cremer / 16.11.2020

Relotius ist oben. Der Geist des Denunzierens sitzt am Drücker. Jetzt beginnt das große Säubern, und die Hass- und Sonstigesvertauscher haben freie Bahn.

Jürgen Dannenberg / 16.11.2020

Das kommt mir irgendwie bekannt vor.

Johannes Fritz / 16.11.2020

Es gibt Stimmen, die sagen, die Staaten hätten eine Harris Administration verdient. Harris, weil der harmlose Opa offensichtlich entweder senil oder dement ist und alsbald abgesägt werden dürfte - und dann ist eben Harris dran und die ist eine Linksaußen. Dann könnte es losgehen mit Equality Act und am Ende gar Green New Deal. Das hätte nur fast niemand gewählt, weil es so offensichtlich aus dem Lalaland kommt, weshalb gemutmaßt wird, dass der etwas zynische Umweg über Creepy Joe gewählt wurde.

Dov Nesher / 16.11.2020

Biden ist nicht President elect. Er könnte es werden, es ist alles andere als sicher. Es gibt er reichlich Zündstoff falls er es werden sollte. Es gibt viele Zeugen, die offensichtlich glaubwürdig bezeugen, dass reichlich geschummelt wurde. Das könnte Biden nicht als die Fantasien eines alten Mannes, der nicht von der Macht lassen kann (wie Präsident Trump gerne dargestellt wird) abtun. Andersrum würde Trump mit dem Makel der Wahl, die “Gerichte entschieden” haben regieren. However. Die Linke kann Niederlagen so oder so nicht akzeptieren.

Peter Holschke / 16.11.2020

Da bekommt man das Gruseln. Dieses Phänomen ist ohnehin neu und kaum jemand hat es auf dem Schirm. Das Internet vergißt nicht. In Zweifelsfall kann man Alles ausgraben. In Fall von Umstürzen können Protagonisten lückenlos ausfindig gemacht werden. Anders als 1945 oder 1989, wo Vieles im Rauschen der Anonymität untergegangen ist. Das kann einen selbst betreffen, aber auch durchaus die Propagandisten, Anbiederer und Mitläufer des Systems, welche sich durch obskure Meinungsäußerungen unmöglich gemacht haben. Sollte das Finanzystem crashen oder die Blasen des Klima-Hypes, der Energiewende, des Gender-Mainstreams oder des Corona-Wahns platzen, kann schon mal nachgeprüft werden, wer den die Aktivisten und Verantwortlichen waren, welche unlogischen Bullshit verbreitet haben. Ich vermute, ein nicht unerheblicher Teil der derzeitigen hysterischen Polarisierung rührt daher, dass bestimmten Leuten - zumindetsen unterbewußt - klar ist, dass sie sich mit Vielem zu weit aus dem Fenster gelegt haben. Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen bekommte hier eine neue Bedeutung. Was im Beitrag über die Extremisten unter den Demokraten geschrieben wurde, spiegelt das ab. Solche Leute reagieren hysterische, aber als Vorfeldreaktion und im Bewußtsein, dass sie die eigentlichen Übeltäter und Scharlatane sind, welche sich vor einer Rechenschaftslegung fürchten. Wer meint ewiges Gelddrucken führt zum Reichtum aller, dass Luft eine Klimagift ist, dass es 28 Geschlechter gibt und doch wieder nicht, dass man ohne Hemd auf dem Arsch unbegrenzt Einwanderer aufnehmen kann, dass konstante Stromerzeugung und Industrie Teufelswerk sind, der mag auf eine glückliche Zukunft hoffen, bei Fortsetzung der bisherigen Politik. Wer allerdings der Meinung ist, dass vieles davon Irrsinn ist, kann sich ausrechnen, dass diese Kiste vor die Wand fährt. Und dann kann man entweder den letzten CO2-Viren-Gedanken-Verbrecher jagen oder es wird umgedreht gefragt, wer hatte hier seine Pfoten im Spiel, wer hat profitiert.

Dolores Winter / 16.11.2020

Es macht mir große Hoffnungen, dass Trump über 10 Millionen (von knapp 63 auf mehr als 73 Millionen) Wählerstimmen dazugewinnen konnte. Trotz Dauerfeuer der größten Medien wie CNN, ABC, CBC, NBC, MSNBC, Washington Post, New York Times und USA Today.

Th. Stoppel / 16.11.2020

In der 50-iger Jahren erlebten die USA im Kalten Krieg, mit der Mc Carty Ära eine ähnliche geartete Verfolgung politisch anders Handelnden. Auch in der jüngsten deutschen Politik gibt solche Tendenzen. Erinnern wir uns an die Stadtverwaltung Essen und dem Coronaverstoß-Meldebogen für Denunzianten, die allgemeine Verächtlichungsmachung von Maßnahmenskeptikern zu Corona als Covidioten durch Sozidioten (meine eigene Kreation). Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass, je ratloser die Regierung wird, desto restriktiver werden die Maßnahmen. Wie der Kadavergehorsam funktioniert, sehen und lesen wir täglich, immer nach dem Motto “Wer hat noch nicht, wer will nochmal”. Dauerabonnent K. Lauterbach macht es vor.

Gudrun Meyer / 16.11.2020

Na, im D von 2021 wird ein derart aggressiver “Widerstandskampf” gegen die Vorgängerin und deren Anhänger nicht nötig sein. Der nächste Kanzler wird ganz sicher zur Merkulatur gehören. Das heißt nicht unbedingt, dass es ein CDU-Kanzler sein müsste, wohl aber, dass er/sie stramm auf Parteilinie liegen wird. Und vielleicht laufen künftige Wahlen ja so ab wie die EU-Wahl 2019. Da gab es einen Wahlkampf mit Redeauftritten und Kandidatenlisten, so wie bei echten Wahlen. Gewonnen hat eine deutsche Ministerin mit französischer Unterstützung, die vorher auf keiner einzogen Kandidatenliste vorkam. Schon der kleinste Streit ist unter diesen Umständen ausgeschlossen. Mit der mutwilligen Zerstörung der Gastronomie in D, die mit dem “Bevölkerungsschutz” vor einer ausgesprochen seltenen Covid-19-Ansteckungsquelle “begründet” wird, hat man sogar die Stammtische stillgelegt, obwohl sie ja mehr als ungefährlich waren. Also, in D werden die politische Harmonie und der völlige Konsens erhalten bleiben, außer unmittelbar nach islamistischem Terror, den zu verschweigen nicht gelingt, und außer in Fällen, wo die unerschrockenen Widerstandskämpfer von der Antifa mal wieder gegen die rechte Gefahr toben, zu der inzwischen auch die Werte-Union gehört und zu der nach der Annullierung einer legalen MP-Wahl in Erfurt auch FDP und CDU gehörten.

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