Peter Grimm / 10.07.2021 / 13:32 / Foto: KV/RLP / 179 / Seite ausdrucken

Besser hetzen mit Dr. Heinz

Ist es eigentlich schon Volksverhetzung, wenn ein Mann in einem quasi öffentlichen Amt fordert, einer Gruppe von Bürgern das Reisen ins Ausland oder den Besuch im Schwimmbad generell zu verbieten?

Ist es eigentlich schon Volksverhetzung, wenn ein Mann in einem quasi öffentlichen Amt in einer Zeitung erklärt, einer Gruppe von Bürgern sei der Besuch von Stadien und Schwimmbädern oder das Reisen ins Ausland generell zu verbieten? Was ist es sonst, wenn der selbe Mann davor fordert, dieser Gruppe von Bürgern dürften die Freiheiten, die auf dem Papier theoretisch noch immer jedem Bürger zustehen, keinesfalls „zurück gegeben“ werden? Vor nicht allzu ferner Zeit hätten solche öffentlich erhobenen Forderungen außerhalb radikaler und extremistischer Kreise als mindestens so unanständig gegolten, dass der, der sie erhoben hat, kaum noch in einem herausgehobenen Amt zu halten gewesen wäre. Allerdings hätte ihn seinerzeit vor solchem Ungemach vielleicht der Umstand bewahrt, dass sich keine ernst zu nehmende Zeitung bereit gefunden hätte, solchen Unsinn zu drucken.

Doch in jetzigen Zeiten, in denen sich deutsche Redaktionen bemüßigt fühlen, besonders sensibel gegen Hass und Hetze zu stehen, findet auch solch hetzerischer Ton seine Verbreitung, wenn er sich gegen die richtet, gegen die zu polemisieren gerade zum guten Ton zu gehören scheint.

Nun finde ich es grundsätzlich vollkommen richtig, dass auch jeder Unsinn, den ein Amtsträger äußert, unbedingt seine Verbreitung finden soll. Wenn einer hetzt, dann muss das auch jeder mitbekommen dürfen. Ich bin auch da strikt gegen jede Art von Zensur. In einer freien Gesellschaft muss man auch grobe Geschmacklosigkeiten aushalten. Darüber, ob Äußerungen wirklich „Hass und Hetze“ verbreiten, kann man dann debattieren. Und da, wo es ziemlich eindeutig ist, sollte es in öffentlichen Ämtern auch um Konsequenzen gehen. Und wo es die Grenzen der Strafbarkeit tangiert, ist die Justiz am Zuge.

Keine Freiheit den Ungeimpften

Heutzutage muss man leider solche klarstellenden Vorworte schreiben, sonst könnte einer glauben, ich würde der Rhein-Zeitung, dpa oder all den Medien, die die entsprechende Agenturmeldung über die Äußerungen des Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung in Rheinland-Pfalz, Dr. Peter Heinz, verbreitet haben, selbiges vorwerfen. Doch was da steht, ist einfach unglaublich. Demnach fordert Dr. Heinz nämlich:

„Die Nicht-Geimpften haben nicht die Freiheit, ihre Maske abzulegen. Sie dürfen nicht ins Stadion, nicht ins Schwimmbad und nicht ohne Maske im Supermarkt einkaufen. Und man darf Ungeimpften und jenen mit nur einer einfachen Impfung nicht mehr gestatten, in den Urlaub zu fahren“.

So habe es der Allgemeinarzt und Kassenärzte-Chef zeit.de zufolge der „Rhein-Zeitung“ (Samstag-Ausgabe) gesagt. Weiter heißt es dort, dass nach der Auffassung von Dr. Heinz Ungeimpfte auch nicht mit einem negativen Test in den Urlaub fahren dürften, sondern gar nicht. Dass die im Grundgesetz garantierten Grundrechte eigentlich unabhängig vom Impfstatus gelten, zählt für den Ärztevertreter offenbar nicht: „Wer Ungeimpften Freiheiten zurückgibt, verspielt die Chance, alle Menschen mit der Impfung zu erreichen“, wird Heinz zitiert. Man müsse den Menschen klarmachen: „Ohne Impfung gibt es keine Freiheiten. Ohne diesen Druck werden wir die Menschen nicht überzeugen.“ Ungeimpfte seien eine Gefahr für die Gesellschaft und dürften daher nicht die gleichen Freiheiten wie Geimpfte bekommen.

Dass Dr. Heinz gleichzeitig erklärt haben soll, dass er eine Impfpflicht als „Bevormundung“ ablehnen soll, taucht die Zeilen nur ganz kurz in einen satirischen Anschein, denn er begründet das so: Freiheiten nur Geimpften zu geben, sei keine versteckte Impfpflicht, „sondern eine zwangsläufige Schlussfolgerung aus einer pandemischen Lage“.

Angesichts der vormundschaftlichen Träume von Dr. Heinz fragt man sich natürlich, ob er als Kassenarzt-Chef wirklich der Richtige ist. Aber vielleicht denkt die Mehrheit der Kassenärzte ebenso? Vielleicht liegt es an meiner eingeschränkten Wahrnehmung, dass ich nur Ärzte persönlich kenne, die Dr. Heinz entschieden widersprechen würden. Sie würden ihn wahrscheinlich nicht nur daran erinnern, dass seine Verbots- und Ausgrenzungsträume schwer vereinbar sind mit einer individuellen Aufklärung im Sinne des Patienten über Risiken und Chancen einer Impfung. Dr. Heinz will offenbar jeden, der nicht spurt, nicht gleich zur Impfung zwingen, sondern nur zur Impfung nötigen.

Nur das Bevormunden funktioniert

Das passt zum deutschen Corona-Regime, in dem vor allem das Bevormunden funktioniert und jede Art von praktischer Organisation schwächelt. Stören sich deshalb die sonst sehr Diskriminierungs- und Ausgrenzungs-Sensiblen kaum an den Forderungen von Dr. Heinz? Gibt es auch gutes Hetzen? Dann ist das vielleicht ein Muster, um besseres Hetzen zu lernen.

Ich bin – was ich nur erwähne, weil einen ja derzeit ohnehin jeder Zweite danach fragt – nicht mit einer der Corona-Vakzine geimpft. Allerdings bin ich kein genereller Impfgegner. Vor jeder Fernreise war ich im Tropeninstitut, um mir die Impfungen, die im Zielgebiet angeraten sind, verabreichen zu lassen. Doch nur notzugelassene und nicht hinreichend geprüfte Impfstoffe will ich mir nach meiner Chancen-Risiko-Abwägung nicht verabreichen lassen. Wurde ich bis vor kurzem gefragt, warum ich mich nicht impfen lasse, hatte ich manchmal keine Lust auf lange Erklärungen. Deshalb nutzte ich gern die kurze, pointierte Antwort: „Weil ich finde, dass Probanden bezahlt werden sollten.“ Inzwischen gibt es bereits Lock-Prämien für die Impfungen. Meine pointierte Antwort ist damit kaputt gemacht worden. Immerhin wendet sich Dr. Heinz auch gegen Impfbelohnungen. Weniger entrechtet zu werden als die Ungeimpften, gilt ihm als Belohnung genug.

Diese Äußerungen könnte man in normalen Zeiten noch als schwere Entgleisung eines Ärzte-Funktionärs gnädig übersehen. Doch in den letzten eineinhalb Jahren wurde so manche bis dato absurde Idee zur ganz realen Ausnahmezustandsvorschrift. Deshalb darf man solche Sätze nicht unkommentiert lassen.

Foto: KV/RLP

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Matthias Dreyer / 10.07.2021

Diese Äußerungen sind eine mehr als schwere Entgleisung eines Ärzte-Funktionärs. Und ich will das nicht übersehen. Er kommt mit auf meine Liste!

Fritz Gessler / 10.07.2021

Dr. Mengeles gelehriger Schüler. ... Ich fürchte, nach den Wahlen im September wird weitgehende Diskriminierung von ‘Impfgegnern’ (Ungeimpften) in Deutschland und Österreich Gesetz. Unter Beifall von 90% der Bevölkerung.

Bastian Kurth / 10.07.2021

Nur so viel: wir merken uns die Namen und Personen…..

Hans Reinhardt / 10.07.2021

Gegen dieses Ungeheuer in Weiss war Dr. Mengele ja ein wahrer Menschenfreund. Diesem Hassprediger gehört die Approbation auf Lebenszeit entzogen.

Stephan Jankowiak / 10.07.2021

So, wie mir in den letzten Jahren immer klarer wurde, warum es durch Deutsche betriebene Vernichtungslager und Todesstreifen, Mauertodesschützen gab, so klar ist mir jetzt geworden, wieso es in diesem Land einen Josef Mengele gab. Glückwunsch zu diesem sog. Mediziner, der ähnlich wie andere auch aus dem Gesundheitssektor sich seit Corona dermaßen selbst überhöht und sich gottgleich aufplustert und unverhohlen zur Erpressung der Bevölkerung aufruft,. Al Capone war ein Ehrenmann gegen diesen Heinz.

Ulrich Ziller / 10.07.2021

Kann mir endlich mal jemand erklären, warum Ungeimpfte eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen ? Sie gefährden sich doch höchstens selbst, weil Corona sie dann “befallen” kann, wie übrigens viele Geimpfte auch.

Martin Thum / 10.07.2021

Das ist halt so mit den Narrativen. Zuerst wurde von der Politik das Narrativ verbreitet, dass die Impfung die Erlösung wäre. Jetzt stellt sich mehr und mehr heraus, dass die Gentherapierten nicht immun gegen die neuen Virusvarianten sind und diese sogar aus unerklärlichen Gründen, wer hätte es gedacht, Virenschleudern sein können. Jetzt braucht es einen neuen Schuldigen. Flugs da kommt schon das neue Narrativ: Weil es so viele Ungeimpfte gibt, wirken die Gentherapien nicht so wie geplant. Also braucht es mehr politische Schulung für die Ungeimpften. Und bist Du nicht willig so brauch ich Gewalt.

Andreas Rolfs / 10.07.2021

Ich komme immer mehr zu der Meinung, dass viele viele Menschen aus der alten Bundesrepublik gar nicht zu schätzen wissen, welch hohes Gut ihnen mit dem Grundgesetz nach dem 2. Weltkrieg geschenkt wurde. Wer aus der DDR wüsste nicht, was demokratische Grundrechte sind und dass man diese nicht nach Gusto einfach so in die Tonne treten sollte. Vielleicht liegt hier auch ein Grund für die erhöhte Renitenz der Ostdeutschen in Anbetracht eines derartig fahrlässigen Umgangs vieler heutiger Politiker und Funktionäre. Wenn erstmal Grundrechte weg sind, kommen sie sobald nicht mehr wieder. Aber anscheinend muss man es auf die „harte“ Tour erfahren.

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