Rainer Bonhorst / 09.11.2019 / 11:00 / Foto: NARA / 45 / Seite ausdrucken

Ausgrechnet dieser Ronald! Warum nicht Barack und Michail?

Mick Jagger und seine rollenden Steine haben recht: You can't always get what you want. Die Briten dachten bei Ihrem Rock-Gesang zwar nicht an Osteuropa, an die DDR, an Berlin und schon gar nicht an die Mauer. Aber ihre Feststellung, dass man nicht immer das kriegt, was man sich wünscht, trifft auch für den 9. November zu. Wie schön wäre es doch gewesen, wenn nicht Ronald Reagan sondern Barak Obama oder, um weiter zurück zu greifen, wenn John F. Kennedy die Hauptfiguren gewesen wären, die von westlicher Seite den entscheidenden Anstoß zum Fall der Mauer gegeben hätten. Aber nein: Es musste der Mann aus Hollywood, der Donald Trump seiner Zeit sein. So ein Pech aber auch.

Was war das damals für eine Mühe, als Washington-Korrespondent dem entsetzten deutschen Publikum diesen Ronald Reagan verständlich zu machen. Ein Filmschauspieler der zweiten Reihe – so einer hätte bei uns doch keine Chance gehabt, die Ochsentour durch die Niederungen der Politik zu bestehen. Den hätte nicht mal der Wahlkreis Niederwenigern als Kandidat aufgestellt. Die spinnen halt, die Amerikaner. Wie heute mit Donald.

Die Abneigung und der Spott, mit denen Ronald Reagan im kulturell hochmütigen Deutschland empfangen wurde, war kaum geringer als die Donald-Trump-Phobie von heute. Dabei wurde gerne übersehen, dass Reagan Chef der in Kalifornien einflussreichen Schauspielergewerkschaft war. Und dann ein begnadeter, freischaffender Redner und Menschenfänger. Und dann Gouverneur von Kalifornien, ein politischer Posten, der an Power den eines bayerischen Ministerpräsidenten deutlich übertrifft. Und dann Wahlsieger, weil er mit einer einfachen und klaren Botschaft so viele Demokraten zu seinen Republikanern herüberlockte, dass sie einen eigenen Namen bekamen: Reagan-Demokraten. So kam in Deutschland der Schock in der Morgenstunde an: Ronald Reagan im Weißen Haus.

„Mr Gorbachew, tear down this wall!“

Dann kam es noch schlimmer: Ronald Reagan nannte die Sowjetunion ein „Reich des Bösen“ und nervte Moskau mit seinen sauteuren Star-Wars-Plänen. Den Höhepunkt seiner Verachtung in Deutschland aber erklomm er, als er in Berlin den Satz in Richtung Moskau rief: „Mr Gorbachew, tear down this wall!“ Da kugelten sich die Kenner der politischen Szene und die Intellektuellen schüttelten den Eierkopf. So naiv konnte doch nur ein ehemaliger Schauspieler aus Kalifornien sein. Hat denn niemand diesem Ronald Reagan erklären können, dass die Mauer und die Teilung Deutschlands eine Einrichtung für die Ewigkeit waren? Man konnte ja träumen, aber doch nicht so laut.

Zwei Jahre später fiel die Mauer. Ronald Reagan hat mit Michail Gorbatschow, der durch die amerikanische Aufrüstung an den Rand des Ruins geraten war, das Ende des Kalten Krieges geschaffen. Aber das hat man in Deutschland natürlich nicht diesem Kalifornier zugute geschrieben, sondern fast ausschließlich dem Russen. Michail Gorbatschow war für die deutsche Seele, vor allem wenn das Herz links schlug, der Barak Obama jener Zeit

Ja, das wäre ein deutsches Traumpaar gewesen, Barrack und Michail. Wenn die beiden die Vorarbeit für die deutsche Einheit geleistet hätten, dann hätten sie längst eine schöne Statue in Berlin bekommen. Vielleicht gemeinsam auf einem Podest. Obama und Gorbatschow Hand in Hand. Aber Ronald Reagan? Der war und wird niemals „ein Berliner“ wie einst Kennedy.

Vergessen die Rolle der Amerikaner zu erwähnen

Auch George Bush, der Vater, gefiel den Deutschen nicht übermäßig, obwohl er nicht so tief in Ungnade fiel wie sein Sohn, der Double-U. Aber er ließ uns kalt genug, um hierzulande als wichtiger Helfer bei der Wiedervereinigung vergessen zu werden. Dabei hat George Bush den entscheidenden außenpolitischen Schubser gegeben, als Francois Mitterand noch an seiner Liebe zu „zwei Deutschlands“ hing und Margaret Thatcher unter heftigen German-Phobie-Attacken litt. Oder auch nicht litt.

So hat es eine glasklare Logik, wenn unser cooler Außenminister Heiko Maas in einem Beitrag zum 9. November einfach vergaß, die Rolle der Amerikaner zu erwähnen. Eine klassische Freudsche Fehlleistung, die tiefe Einblicke in die immer noch virulente Befindlichkeit mancher deutscher Politiker und Gutbürger bot. Einem Land, das uns Ronald Reagan und Donald Trump beschert hat, will man einfach keinen guten Platz in der Geschichte einräumen.

Ach, wenn es doch der angebetete Barak Obama gewesen wäre. Aber man kann nicht immer kriegen, was man sich wünscht. Die Steine der Geschichte rollen ohne Rücksicht auf die deutsche Seele und manchmal über sie hinweg. 

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Karsten Paulsen / 09.11.2019

Der Hass der westdeutschen Eliten auf alles Ostdeutsche rührt daher, daß diese ausser Kontrolle geratenen Unruhestifter die Mauer einrießen. Bis dahin fühlten sich die westdeutschen Eliten wohl in ihrer Annahme, die Teilung Deutschlands sei die ewige Bestrafung für die Verbrechen des Nationalsozialismus. Das Gute war, die Lasten dieser Bestrafung hatte man nicht selbst zu tragen, sondern konnten sie auf die Brüder und Schwestern in die DDR übertragen werden; die mussten büssen damit sich unsere Intellektuellen wohl fühlen konnten.  Dieser schöne scheinbar stabile Bestrafungsexport in den Osten wurde durch unsere randalierenden Schwestern und Brüdern platt gewalzt, und deshalb wird er gehasst der Ossi.

Thomas Kache / 09.11.2019

Ehe man dem"Nazi” Reagen in der Hauptstadt der Merkelrepublik ein Denkmal errichten wird, fließt das Wasser der Spree Richtung Süden & der BER wird eröffnet werden (und funktionieren). Als nächstes wird ein Walter- Ulbricht- Denkmal vor `s Kanzleramt gestellt werden. Wenn der die Mauer nicht hätte bauen lassen, hätten die in Berlin ja nix zu feiern. Ehre, wem Ehre gebührt. Und außerdem war das mit der Mauer gar nicht sooo schlimm. Wenn heute alles DDR wäre, währen wir seit 5 (fünf) Jahren das Pastorentöchterchen los, und sie würde jenseits des großen Teiches dem Gottseibeiuns D. Trump gehörig einheizen… wär das eine Gaudi Na dann- träumen wir weiter- was wäre wenn… Schönen Sonntag

Richard Kaufmann / 09.11.2019

Wie Recht hatte Maggie mit ihrer German-Phobie. Jetzt haben sie sie alle.

Wolfgang Richter / 09.11.2019

@ Anders Dairie—Ganz so schlimm wie beschrieben, kann Merkels USA-Phobie nicht sein, denn im aktuellen Spiegel-Interview schwadroniert sie offenbar davon, als DDR-Rentnerin einen mit ihren Alu-Chips zu bezahlenden USA-Urlaub angedacht zu haben. Vielleicht bleibt sie uns deshalb als Kanzlerette erhalten, weil derzeit die USA für sie nicht Reiseziel erster Wahl sind. Und Honeckers Exil will sie offenbar denn doch nicht.

Wolfgang Kaufmann / 09.11.2019

Die Definitionshoheit, wer uns gefällt und wer nicht, die besitzen nicht alle Deutschen im gleichen Maß, wie es zu einer Demokratie passen würde. Die haben sich vielmehr ganz eigenmächtig die 68er-kontaminierten Medien gekrallt, die uns seit 40 Jahren einhämmern, dass links = gut und rechts = schlecht sei. Der dümmste twitternde Sozialist avanciert so zum Hellmenschen und der klügste philosophierende Konservative degradiert zum Dunkelmenschen. Geld mit der Gießkanne zu verteilen gilt als heroisch; die Frage, wer das erwirtschaften soll, gilt als Häresie. – Jeder republikanische US-Präsident ist automatisch böse, gleichgültig was nun seine persönlichen Verdienste sein mögen. Der vielgeschmähte Ronald Reagan hat eine bessere Welt hinterlassen, aber ihm fehlt der linksintellektuelle Stallgeruch von Hillary Clinton, Elisabeth Warren oder The Squad. – Die gleiche naive Schwarz-Weiß-Schablone legt die deutsche Meinungs-Mafia an alle anderen Länder an, und dann gelten natürlich BoJo, Le Pen, Orbán und Salvini als Ausgeburten der Hölle, nur weil sie sich den Schutz der eigenen Landsleute auf die Fahnen schreiben und nicht die Agenda der schmarotzenden Salonsozialisten. Allein ein Blick in schweizerische oder österreichische Zeitungen zeigt den Unterschied.

Thomas Wentingmann / 09.11.2019

So etwas wie ein deutsches Mt-Rushmore-Memorial hätte doch was: Eisenhower, Kennedy, Reagan, Bush sen., eingemeisselt irgendwo in den deutschen Alpen. Gut, ich habe mich natürlich sofort von dieser Idee distanziert.

sybille eden / 09.11.2019

Werter Herr/Frau Groma!  Alles richtig was sie schreiben ,- aber woher wissen sie das Trump sich nicht mit exzellenten Fachleuten umgibt und auf deren Rat hört ? Waren sie im Weissen Haus schon mal dabei ? Ich glaube das er sogar die BESSEREN Fachleute hat, siehe Iran und Korea- Politik ! Für Old Germany braucht er allerdings keine Fachleute, daß schafft er auch alleine, denn dies Land ist für ihn zu Recht nur ein “Fliegenschiss” auf der Landkarte !

Claudius Tanski / 09.11.2019

@ Rudi Knoth : “Und Reagan wurde in Deutschland ähnlich verachtet wie Helmut Kohl”. Daran waren u.a. Persönlichkeiten wie Otto Schily an führender Stelle beteiligt. Sein “Bananen-Auftritt” damals im Zuge des Mauerfalls und der Wiedervereinigung ist mir in negativster Weise unvergeßlich. Ich konnte es nicht fassen. Dieser Auftritt war einer der Himalaya-Gipfel linker Arroganz und Menschenverachtung. Ob Otto Schily heut´ Abend, nun alt geworden (87),  an der Feier am Brandenburger Tor teilnehmen wird ? Und die Banane immer noch hochhalten würde ?

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