Stefan Frank / 23.01.2024 / 16:00 / Foto: Al Jazeera / 2 / Seite ausdrucken

Abbas und die Diktatoren: Ziemlich beste Freunde

Mahmud Abbas, der seit dem Jahr 2009 demokratisch nicht mehr legitimierte Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, hat viele Freunde in der Welt, doch die meisten von ihnen sind Diktatoren wie er. 

Mahmud Abbas versteht sich gut mit Russlands Machthaber Wladimir Putin, mit Nordkoreas Kim Jong-un, mit dem venezolanischen Diktator Nicolas Maduro, mit den Folterregimes in Nicaragua und Algerien sowie mit dem syrischen Schlächter Baschar al-Assad

Die von Assads Regime verübten Massaker an palästinensischen Zivilisten etwa im Flüchtlingslager Jarmuk nimmt Abbas nicht krumm. Er interessiert sich dafür ebenso wenig wie für die Apartheidgesetze, die in etlichen arabischen Ländern für Palästinenser gelten. Warum sollte ihn das auch kümmern? Abbas lässt ja selbst Palästinenser foltern. Nizar Banat, ein Kritiker des Präsidenten, wurde mutmaßlich in einem Gefängnis von Mitarbeitern der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) getötet.

Unter Diktatoren hilft man einander. Unter dem Motto „Unterdrücker aller Länder, vereinigt euch!“ herrscht Solidarität, und man lobt sich gegenseitig in den Gremien der Vereinten Nationen: 50 von 91 Mitgliedsländern im UN-Menschenrechtsrat sind begeistert von der Lage der Menschenrechte in Syrien. Man verschließt die Augen, wenn es um Folter in den Palästinensischen Autonomiegebieten geht.

Wann Abbas eine Besatzung nicht stört

Auch Ramallah und Peking haben einen guten Draht zueinander. Erst im vergangenen Sommer war Mahmud Abbas zu einem viertägigen Besuch in China, um sich der Unterstützung des dortigen Regimes zu versichern. Nun pries er einmal mehr Peking für dessen Politik und betonte das angebliche Recht der Volksrepublik China, eine Besatzung über die bislang unabhängige Republik China (Taiwan) zu errichten. 

Abbas’ Botschaft an die Kommunistische Partei Chinas wurde von seiner offiziellen Nachrichtenagentur WAFA auf Englisch veröffentlicht. Palestinian Media Watch hat zuerst darüber berichtet. In dem WAFA-Artikel heißt es: „Die palästinensische Präsidentschaft brachte heute ihre tiefe Wertschätzung für die unerschütterliche Unterstützung der Volksrepublik China für das palästinensische Volk, seine gerechte Sache und sein legitimes Recht auf Freiheit und Unabhängigkeit zum Ausdruck.“

Damit dürfte gemeint sein, dass in chinesischen Medien nicht über die von der Hamas und Bewohnern des Gazastreifens am 7. Oktober verübten Massaker in Israel berichtet wurde, sondern stattdessen Israel verurteilt. „Nicht einmal die schrecklichen Bilder der von der Hamas entführten Halbchinesin Noa Argamani erregten das Mitgefühl der chinesischen Medien, die prompt erklärten, diese sei gar keine Chinesin, sondern vollwertige Israelin“, schrieb die israelische Tageszeitung Haaretz. 

Weiter heißt es in Abbas’ Botschaft an Peking: „Die palästinensische Präsidentschaft bekräftigte ihr Bekenntnis zum Ein-China-Prinzip und unterstrich die Bedeutung der Wahrung der territorialen Integrität Chinas einschließlich des Status von Taiwan … Die Präsidentschaft bekräftigte ferner ihre entschiedene Unterstützung für Chinas Recht, seine Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen und befürwortete die Wiedervereinigung des gesamten chinesischen Staatsgebiets einschließlich Taiwans.“

Merke: Nicht jede Besatzung ist schlecht. Chinas Besatzung Tibets ist in Ordnung und sollte Vorbild für Taiwan werden, sollen die dreiundzwanzig Millionen Taiwanesen doch von Peking überfallen und entmündigt werden. Was wäre, würden womöglich alle Taiwanesen, die sich dem entgegenstellen könnten, erbarmungslos liquidiert? So, wie geschätzte drei Millionen Menschen, die dem Genozid zum Opfer fielen, den Pakistan 1971 im heutigen Bangladesch verübte? Dafür, dass Abbas mutmaßlich auch daran nichts auszusetzen hätte, gibt es einen Präzedenzfall: Den guten Beziehungen zwischen der PLO und Pakistan hat kein Massaker je geschadet.

Abbas bekräftigte in seiner Botschaft die „Ablehnung jeglicher Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas und hob die positiven Auswirkungen von Chinas Einheit und kluger internationaler Politik auf die regionale Stabilität, den Frieden und die globale Sicherheit hervor.“

Kein Wort zu der gegen die muslimischen Uiguren gerichtete Apartheid in China, der Zerstörung von Moscheen und dem Versuch, die muslimische Kultur auszulöschen – alles Verbrechen, die laut einer Untersuchung des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages den Tatbestand des Völkermords erfüllen.

Angehörige der Opfer müssen Terror mitfinanzieren

Die Feinde demokratischer und liberaler Gesellschaftsordnungen machen gemeinsame Sache. Das ist wenig überraschend; schlimmer ist vielmehr, dass die Palästinensische Autonomiebehörde ein Feind des Westens ist, aber von diesem hofiert wird. 

Itamar Marcus, Direktor von Palestinian Media Watch, weist darauf hin, dass laut dem amerikanischen Präsident Joe Biden sowohl Taiwan als auch Israel Verbündete der USA und der NATO seien; die Palästinensische Autonomiebehörde aber, so Marcus, arbeite gegen alle drei: "Die Palästinensische Autonomiebehörde propagiert seit Jahren unter allen Regierungen Hass und Verachtung für die USA, verunglimpft die amerikanische Weltanschauung, lehnt Amerikas Verbündete ab, während sie Amerikas Feinde umarmt, belohnt terroristische Mörder von Israelis und Amerikanern und lehrt ihre Kinder, dass ihr Ziel die Zerstörung des amerikanischen Verbündeten Israel ist.“

Dennoch erhalte die Palästinensische Autonomiebehörde „weiterhin massive finanzielle Unterstützung von den USA«, was Marcus zu der Frage veranlasst: »Was treibt die USA dazu, eine Entität zu finanzieren, die so sehr gegen ihre Werte verstößt?“ 

Marcus’ Bemerkung lässt sich nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen. Denn Deutschland unterstützt zwar ebenfalls den palästinensischen Terror gegen Israel finanziell, will aber, anders als die USA, auf internationaler Bühne ohnehin nicht als Sympathisant des jüdischen Staates wahrgenommen werden, sondern stimmt bei der UNO stets mit Israels Feinden. 

Deutschland und die EU vertreten aber nicht einmal die Interessen ihrer eigenen Staatsangehörigen (bzw. der Staatsangehörigen ihrer Mitgliedsländer). Zahlreiche EU-Bürger wurden bei den Massakern vom 7. Oktober ermordet oder in den Gazastreifen verschleppt, darunter die 22-jährige Deutsche Shani Nicole Louk. Sie wurde durch die schrecklichen Bilder, welche die Hamas von ihr in die Welt setzte – wie ihr halbnackter Leichnam als Trophäe auf der Ladefläche eines Pickups durch Gaza gefahren wurde und Bewohner des Gazastreifens, darunter Kinder, auf die Leiche spuckten –, zu einem der bekanntesten Opfer. 

Dass die Palästinensische Autonomiebehörde diese Massaker öffentlich preist und den Tätern Renten ausbezahlt, hat für die Beziehungen zwischen Deutschland und der Palästinensischen Autonomiebehörde keinerlei Folgen, die Finanzhilfen an Ramallah werden deshalb nicht gestrichen. Dies führt zu der grotesken Konsequenz, dass in Deutschland und in der EU lebende Angehörige der Opfer der Massaker wie etwa Shani Louks in Ravensburg lebender Onkel mit ihren Steuergeldern die Mörder ihrer Angehörigen und deren Helfershelfer in Ramallah mitfinanzieren müssen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

 

Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: „Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise“ (2009); „Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos“ (2012).

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Rainer Niersberger / 23.01.2024

Ich bin mir nicht sicher, ob der Autor den Wertewesten bzw seine Machthaber realistisch einschätzt. Sehr vordergründig, wenn man auf die Fassade schaut, natuerlich schon. Immerhin nennt man sich auch Demokratie. Ein etwas genauerer Blick auf Sch’land zeigt aber ein System, Strukturen und Personen, die sich von “Diktatoren” nur durch die Wahl ihrer Mittel unterscheiden. Man “arbeitet” mit etwas subtileren Methoden, noch, wie man sieht. Im Fall Corona und auch heute darf man aber erkennen, dass aus dem weichen Totalitarismus relativ schnell ein sehr unangenehmer werden kann, wenn sich die Untertanen nicht fuegen. Und manche Methoden ähneln denen in offen totalitaeren Systemen durchaus. Man kennt sich, teilt gemeinsame Interessen und verträgt sich. Mitunter schaut man sich einige Dinge auch vom andern ab. Die Verbundenheit unter anderer zu den Mullahs im Iran oder die offene Bewunderung fuer China sollte man irgendwann richtig, vor allem realistisch, einordnen. Die Sache, caber das war ohnehin klar, laeuft nicht im Sinne Fukuyamas, leider auch nicht Huntingtons. Fuer Machthaber, natuerlich auch in Demokratien, sind die Möglichkeiten ihrer Kollegen zu verlockend, als dass man sie nicht fuer sich nutzen moechte. Man nennt das Transformation, leider etwas, was hier, warum auch immer, auffallend tabuisiert wird. Nicht nur die alten Griechen wussten es. Orwell und Huxley sind hier sicher bekannt. Fazit : Der Ansatz im “Wertewesten” sollte korrigiert werden. Er ist mehr oder weniger dabei, Geschichte zu werden. Die Naehe der “deutschen” Rotgruenen zu Totalitaeren aller Art ist kein Zufall.

Klaus Keller / 23.01.2024

Das Politiker aus Schurkenstaaten mit Politikern aus Schurkenstaaten zusammenarbeiten ist völlig normal. Das Problem ist das die anderen mit ihnen irgendwie zurecht kommen müssen ohne damit anzufangen sie zu sehr zu fördern. Das ist gar nicht so einfach. Hilary Clinton hatte die Idee eine Flugverbotszone für Syrien durchzusetzen. Das Dumme war nur das damals auch der IS gegen die syrische Armee kämpfte, der gar keine Luftfahrzeuge hat und deshalb davon enorm profitiert hätte. Heute könnte man sogar auf die Idee kommen eine Flugverbotszone für Gaza zu fordern damit die israelische Luftwaffe nicht versehentlich zivile Ziele trifft. Die Ampel überlegt gerade ob sie Panzermunition an die israelische Armee liefert, die damit dann Häuser in Gaza beschießen könnte und dann hätte man sofort propalästinensische Demonstranten gegen Faschismus vor dem Reichstagsgebäude die Grüne für Nazis halten. Der israelische MP will die Hamas vernichten. Wie vernichtet man eine Idee und wie führt man Verhandlungen über Geiselbefreiungen wenn man die Gesprächspartner umbringt? Es ist gar nicht so einfach keine falschen Entscheidungen zu treffen.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Stefan Frank / 16.04.2024 / 16:00 / 18

Israelische Ex-Geisel am Flughafen von Amsterdam schikaniert

Nicht zum ersten Mal wurden auf dem Amsterdamer Flughafen Menschen mit israelischer Staatsbürgerschaft drangsaliert. Diesmal traf es zwei Frauen, die in ihrer Not den israelischen…/ mehr

Stefan Frank / 08.04.2024 / 16:00 / 16

Hamas-Terror: Die Irrtümer der Muriel A.

Die Auffassung der deutschen Politologin, den Hamas-Terror gegen israelische Soldaten für rechtlich erlaubt zu halten, widerspricht laut Juristen den Positionen der Bundesregierung und der Europäischen…/ mehr

Stefan Frank / 05.04.2024 / 16:00 / 14

Polizei-Schikanen gegen Hamas-Überlebende

Auf einem Flughafen in Großbritannien waren Überlebende des Hamas-Massakers stundenlangen Schikanen durch Polizeibeamte ausgesetzt. Das scheint kein Einzelfall zu sein. Zwei israelische Überlebende des Massakers beim…/ mehr

Stefan Frank / 16.03.2024 / 12:00 / 9

Paris ist kein sicherer Ort mehr für Juden

Der kürzlich verübte Überfall auf einen orthodoxen Juden in Paris ist nur einer von vielen antisemitischen Gewalttaten, die sich seit dem Hamas-Angriff und dem darauffolgenden…/ mehr

Stefan Frank / 14.03.2024 / 12:00 / 4

Texas: Der Kampf um die offene Grenze (2)

Wenn man wissen möchte, welche Probleme die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko in Texas verursacht, muss man mit den Leuten vor Ort sprechen.…/ mehr

Stefan Frank / 13.03.2024 / 06:00 / 16

Texas: Der Kampf um die offene Grenze (1)

Der Bundesstaat Texas und die Bundesregierung in Washington streiten darüber, welche Kompetenzen Texas hat, um die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko – und…/ mehr

Stefan Frank / 03.03.2024 / 16:00 / 5

Israelboykott-Kampagne BDS: Jüdische Künstler im Fadenkreuz

Der Sänger Matisyahu ist wieder einmal unter Beschuss der antisemitischen BDS-Bewegung geraten. Und auch Amy Winehouse wurde posthum zum Opfer der Palästina-Solidarität. Der bekannte, jüdisch-amerikanische…/ mehr

Stefan Frank / 01.03.2024 / 14:00 / 6

Schon wieder judenfeindlicher Vorfall in Harvard

Mit Harvard erweist sich spätestens seit dem Hamas-Überfall auf Israel ausgerechnet eine der renommiertesten Hochschulen Amerikas als Brutstätte des Antisemitismus, der auch vom Lehrpersonal mitgetragen…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com