Wolfgang Meins / 27.10.2020 / 06:05 / 59 / Seite ausdrucken

Ist wärmeres Klima besser für die Lebenserwartung?

Die durchschnittliche Lebenserwartung gilt als wichtige sozioökonomische Messgröße. Für ein Land oder eine Region fällt sie umso höher aus, je höher der Lebensstandard ist. So lautet jedenfalls die entsprechende Faustregel. Jetzt wurde unter Federführung von Professor Roland Rau (Uni Rostock) die durchschnittliche Lebenserwartung (bei Geburt) zum ersten Mal für kleinräumige Regionen in Deutschland, nämlich für alle 402 Kreise, berechnet.

Der deutschlandweite Befund einer um 4,8 Jahre höheren Lebenserwartung von Frauen bestätigt sich auch auf der Kreisebene ausnahmslos. Selbst im Kreis mit der höchsten Lebenserwartung von Männern (Landkreis München), liegt diese mit 81,2 Jahren immer noch ein gutes halbes Jahr unter der niedrigsten Lebenserwartung von Frauen (Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt). Im Kreis mit der geringsten Lebenswartung für Männer (Bremerhaven) sterben diese mit 75,8 Jahren gar 9,9 Jahre früher als die Frauen im Kreis mit der höchsten weiblichen Lebenserwartung (Starnberg).

Welche Ursachen für die je nach Kreis und Geschlecht mehr oder weniger unterschiedlichen Lebenserwartungen konnten die Autoren ermitteln? Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf und die Arztdichte – Anzahl der Allgemeinmediziner pro 100.000 – erklären jeweils nur einen recht geringen Anteil dieser Unterschiede. Was in Bezug auf die ärztliche Versorgung auch nicht verwundert, denn ab einer bestimmten Schwelle dürfte eine weitere Zunahme der Arztdichte kaum noch zu messbaren Auswirkungen auf die Volksgesundheit führen.

Die von den Autoren gewählten sozioökonomischen Indikatoren erfassen zu einem erheblichen Anteil jeweils dasselbe. Insofern überrascht es nicht, dass sowohl die Arbeitslosenrate als auch der Anteil von Hartz-IV-Beziehern oder Kinderarmut jeweils einen recht bedeutenden Anteil der unterschiedlichen Lebenserwartung zwischen den Kreisen erklären – bei den Männern stärker als bei den Frauen. Sogenannte Lifestyle-Faktoren wie Rauchen und Alkoholkonsum berücksichtigten die Autoren nicht.

Zwei internationale Vergleiche

Hätten Sie gedacht, dass die deutschlandweit höchste Lebenserwartung von Männern (Landkreis München), gerade einmal der durchschnittlichen männlichen Lebenserwartung in Australien entspricht? Und das, obwohl die Arbeitslosigkeit in Down Under gut doppelt so hoch ist wie im Umland von München. Und vor allem: Wie passt das zu den schrillen Warnungen einschlägiger Kreise über die ganz, ganz schlimmen gesundheitlichen Folgen, sollte es in Deutschland während der nächsten Jahrzehnte ein halbes oder auch ein ganzes Grad wärmer werden? Also mitnichten so warm, wie es in Australien längst ist.

Aber die Autoren erwähnen noch einen weiteren, sehr viel krasseren Vergleich, in dem das Sultanat Oman eine tragende Rolle spielt. Dort hat mit dem Anstieg des BIP, der Verbesserung von Hygiene und Gesundheitsversorgung sowie dem Aufbau eines – für deutsche Verhältnisse – bescheidenen sozialen Sicherungssystems die Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten deutlich zugelegt. Mittlerweile haben die omanischen Männer tatsächlich die Lebenserwartung ihrer Geschlechtsgenossen in Bremerhaven erreicht. Und das, obwohl im Bundesland Bremen, zu dem Bremerhaven ja gehört, das BIP pro Kopf immer noch mehr als dreimal so hoch ausfällt und das Gesundheitssystem im Oman deutlich schlechter aufgestellt ist. Die Statistiken zur Arbeitslosigkeit sind widersprüchlich, weisen aber insgesamt auf eine höhere Quote bei den Omanis hin.

Die klimaalarmistische Perspektive

Ist dieser Anschluss des Omans an die Lebenserwartung in Deutschland auf Basis der sozioökonomischen Indikatoren also kaum nachvollziehbar, gilt das erst recht, wenn man dieses Land aus einer klimaalarmistischen Perspektive betrachtet: Der im Südosten der arabischen Halbinsel gelegene Oman weist schließlich eine um satte 16,8 Grad (25,6 vs. 8,8) höhere jährliche Durchschnittstemperatur als Bremerhaven auf. Aber vielleicht wird umgekehrt ein Schuh daraus: Wärme fördert die Lebenserwartung.

Das schließt natürlich weitere Erklärungen nicht aus. Vielleicht hat der im Oman während der letzten 50 Jahre bis vor kurzem regierende Sultan Quabus seinen Job deutlich besser gemacht als die Riege der SPD-Bürgermeister, die seit nunmehr 75 Jahren durchgehend die Geschäfte im Bundesland Bremen führen. Oder die Untertanen des Sultans pflegen einen gesünderen Lebensstil und nehmen sich zudem die Arbeitslosigkeit nicht so zu Herzen – nach dem Motto: Allah nimmt und Allah gibt.

Wie dem auch sei: Angesichts dieses australischen und vor allem omanischen Vergleichs ist es doch wohl an der Zeit, sich bei der Suche nach den Treibern und Bremsern der menschlichen Lebenserwartung auch mit der Rolle von Klima und vor allem der Temperatur zu beschäftigen. Abgesehen von der fehlenden politischen Korrektheit ein möglicherweise auch methodisch nicht ganz einfach zu lösendes Problem, da die Stärke des Temperatur-Effekts zwischen verschiedenen Klimazonen variieren könnte und zudem eingebunden sein dürfte in ein Geflecht sozioökonomischer Bedingungen.

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Leserpost

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Rainer Niersberger / 27.10.2020

Ich verstehe diesen Beitrag zunaechst einmal als eine Art Replik auf die linksgruene Behauptung, die Erhöhung der (Sommer) Temperatur hierzulande führe (automatisch) zu deutlich mehr Todesfaellen unter den Aelteren, wobei offen bleibt, ab wann der Aelteren beginnt. Wie ueblich wird auch hier unterkomplex und eindimensional eine Kausalität! hergestellt, um bestimmte, erwuenschte Reflexe zu triggern und sehr viele Einflüsse bis hin zu den gesundheitlichen Vorteilen von Wärme z. B. auch im orthopädisch/rheumatischen Bereich weggelassen, von der Gesamtrechnung bezogen auf das ganze Jahr ganz abgesehen. Richtig ist, dass die Sonnenstrahlung offenbar diverse positive Effekte ausloest, vom Vitamin D bis zur allgemeinen Stimmung und dem vermehrten Aufenthalt im Freien. Zudem gibt es zwischen der Sonnenstrahlung und dem Waermeempfinden (auch auf der Haut) sowie der Helligkeit mit ihren physiologischen Folgen eine gewisse Korrelation. Offenbar werden die im uebrigen reduzierbaren Risiken der Bestrahlung in Australien durch deren Vorteile mehr als kompensiert. Was selbst die ueberaus intelligenten Gruenen nicht beurteilen koennen ist die Anpassungsfaehigkeit des “weissen” Menschen und die moeglichen technischen Folgen an veraenderte Sonnen - und Waermebedingungen. Sie sind wie ueblich statisch, obwohl sie ansonsten meinen, Alles! konstruieren zu koennen.

Angela Seegers / 27.10.2020

Wie schief haben Zahlen schon gelegen? Sehr oft, sehr schief. Jeder ist seines Glückes Schmied lautet ein alter Spruch. Hinzu kommen müssen gute Gene, die Voraussetzung für Gesundheit sind, die wiederum Voraussetzung für hohes Alter ist. Und wenn dann in fortgeschrittenem Alter noch etwas Wärme für die alten Knochen hinzu kommt, umso besser.

Rolf Lindner / 27.10.2020

Dass in den Wintermonaten mit und ohne Corona in Deutschland mehr Menschen sterben, ist sicherlich ein alter Hut. Dem lässt durch ein General-Lockdown über die drei Wintermonate leicht begegnen. All lives matter. Außerdem versuchen sich progressiv nennende Gesellschaftsanteile Deutschland in ein Land mit möglichst vielen naturnahen Selbstversorgern inklusive medizinischer Selbstversorgung auf dem Niveau von Hildegard von Bingen umzuwandeln. Auch wieder ein Plus für die Lebenserwartung - oder?

Stephan Bender / 27.10.2020

“Ist wärmeres Klima besser für die Lebenserwartung?”—- Nein, aber für die Liebeserwartung! Bei einem 2 Grad höheren Temperaturanstieg steigt die Liebesfähigkeit, ausgelöst durch überkochende Hormone: Oxytocin (das Kuschelhormon), Serotonin, (der Stimmungsaufheller), Dopamin (die Leidenschaft), Adrenalin (das Notfallhormon), Endorphin (der Schmerzkiller), Melatonin (als Schlafmittel), Testosteron (das herb Männliche) und Östrogen (das mütterlich Weibliche) sorgen konsequent dafür, dass der Liebes- und Erlebnisinhalt pro Spanne Lebenserwartung um das sechs- bis achtfache ansteigt. Der freie, mündige Bürger oder die freie, mündige Bürgerin kann nun selbst entscheiden, ob er/sie auf dem Liebeshöhepunkt mit einem Kreislaufversagen kurz und knackig, aber eben geliebt, ökologisch rückstandsfrei und sozial verträglich verscheiden möchte, oder ebenso hormonlos wie stumpfsinnig einem hohen Lebensalter entgegen dämmern will, um im hundertsten Lebensjahr von einer Redakteurin der Lokalzeitung und dem Bürgermeister aufgesucht zu werden. Auch das ist Freiheit, liebe Mitbürger, denn Lebenserwartung bedeutet ja auch, dass man etwas erwartet!

Hjalmar Kreutzer / 27.10.2020

Sehr geehrter Herr Prof. Meins, mors certa, hora incerta, todsicher geht die Uhr falsch ;-) Ich gebe zu, von den statistischen Methoden im Artikel des Ärzteblatts nichts verstanden zu haben. Wie kann ich denn aber heute wissen, wie die sozioökonomischen Bedingungen und die Lebenserwartung in 75 bis 82 Jahren, um das Jahr 2100 sein werden? Ich kann doch nur retrospektiv erfassen, in welchem Alter im letzten Jahr und den Jahren davor die Leute im Durchschnitt verstorben sind. Eine Prognose ist doch an die z.T. spekulative Annahme bestimmter Voraussetzungen und deren Fortbestand geknüpft, also ein Modell, ähnlich wie beim „Klimamodell“. Noch spekulativer wird das Ganze, wenn man versucht, jetzt Ursachen für die unterschiedliche Lebenserwartung zu finden. Dann landet man doch schnell bei solchen Aussagen, wie „soundsoviel Menschen versterben jedes Jahr vorzeitig (was heißt das?) an der Wirkung von NOx“. Auch die Bedeutung einer „globalen Durchschnittstemperatur“ bzw. deren Veränderung um bspw. 1,5 Grad st mir nicht klar. Wie steigt dann die lokale Temperatur und Nordsibirien oder Äquatorialafrika? Die Schätzung der Lebenserwartung soll bei der Allokation von medizinischen Einrichtungen und Leistungen helfen. Wie weit erhöht eine höhere Arztdichte tatsächlich die Lebenserwartung; kann dies das alleinige Ziel sein? Was ist der Wert einer solchen Arbeit?

Helmut Driesel / 27.10.2020

So weit ich das sehe, leben in den betrachteten Regionen jeweils Menschen, die sich an das regionale Klima anpassen konnten. Ich nehme an, wenn wir Mitteleuropäer gezwungen wären, bei den arktischen Nomaden zu leben, würde sich unsere Lebenserwartung drastisch verkürzen. Vielleicht haben die Männer in Bremen ja durchschnittlich nur halb so viele Frauen wie die im Oman? Junggesellen in Deutschland sollen doch eine erheblich kürzere Lebenserwartung haben, sogar Geschiedene. Wahrscheinlich hält die tägliche Nörgelei des Ehegesponsts die Lebensgeister länger wach. Oder war da sonst noch irgendwas?

Werner Arning / 27.10.2020

Neulich beobachtete ich in einem einfachen Restaurant in Südspanien eine Gruppe ziemlich alter spanischer Männer, die sich jeden Tag zum Mittagessen an diesem Ort treffen. Sie lachten viel, unterhielten sich angeregt, tranken Wein, rauchten Zigarre (draußen), erfreuten sich einer einfachen, aber guten Mahlzeit und die Freunde saßen dort noch Stunden. Natürlich schien die Sonne. Es wundert mich überhaupt nicht, warum die Spanier eine längere Lebenserwartung als die Deutschen haben. Soziale Absicherung? Hohe Arbeitslosigkeit? Alles nicht zum Besten bestellt. Klima? Heiß. Wer die alten Männer sah, weiß, warum es trotzdem länger dauert, ihr Leben.

Matthias Böhnki / 27.10.2020

Hm, Lebenserwartung? 1° wärmer = 2 Jahre länger leben ? Wer will denn so was ? Lieber 50 Jahre jeden Tag eine Flasche Rotwein und dann mit 80 gut beschwippst vor den Brückenpfeiler gedonnert als noch zwei volldemente Jahre hinten dran. Also da bin ich glatt gegen zuviel Wärme. Andererseits - bei 20° im November abends den Rotwein auf der Terasse geleert ist auch nicht zu verachten…......, in kurzen Hosen,....., und Baden im See bis Heiligabend,......

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