Ulrike Stockmann / 08.02.2021 / 10:00 / Foto: Achgut.com / 42 / Seite ausdrucken

Eventim und die Impfpflicht: Es ist das, wonach es aussieht

Immer seltsamere Dinge geschehen unter dem Einfluss der Corona-Zeit. Grundrechte werden schneller ausgehebelt, als man sich darüber noch empören kann, Politiker scheinen sich zunehmend als absolutistische Herrscher zu empfinden – und das Orwell'sche Neusprech findet immer häufiger Anwendung.

Ein besonders gruselig anmutender Fall der Sprachverdrehung liegt im Fall des Ticketverkäufers Eventim und seinen Plänen, nur noch Geimpfte auf Konzerte lassen zu wollen, vor (Achgut.com berichtete). Eventim-Chef Klaus-Peter Schulenberg hatte gegenüber der Wirtschaftswoche geäußert:

„Wenn es genug Impfstoff gibt und jeder sich impfen lassen kann, dann sollten privatwirtschaftliche Veranstalter auch die Möglichkeit haben, eine Impfung zur Zugangsvoraussetzung für Veranstaltungen zu machen.“

Das Unternehmen habe außerdem bereits seine Systeme so eingerichtet, dass diese auch Impfausweise lesen könnten. Nachdem dies am Mittwoch bekannt geworden war, gab es vonseiten vieler Kunden entrüstete Reaktionen, wenngleich die Presse größtenteils sehr gnädig berichtete. Ein Achgut.com-Leser wandte sich daraufhin per Mail an den Veranstalter:

„Nach monatelanger grundsätzlicher Überlegung aufgrund der bisherigen und vermutlich auch noch zukünftig kommenden, weiteren Terminverschiebungen, letztendlich aber ausgelöst durch Ihre gestrige und über die Medien lancierte Pressemitteilung über einen von Ihnen initiierten, zumindest aber geforderten Corona-Impfzwang als Voraussetzung, um auch zukünftig eine Zugangsberechtigung zu von Ihnen veranstalteten Konzerten zu erhalten, habe ich mich nun final entschieden, sämtliche von mir bereits erworbenen und noch nicht genutzten Tickets wegen der Terminverschiebungen und auf Grundlage Ihrer Geschäftsbedingungen an Sie zu retournieren.“

„Es liegt uns völlig fern ...“

Dies betreffe insgesamt zwölf Tickets für fünf Veranstaltungen. Die Antwort des Unternehmens Eventim gibt allerhand Rätsel auf:

„Lieber EVENTIM-Kunde,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Wir bedauern die entstandene Verwirrung um inhaltlich falsche Überschriften in der Wirtschaftswoche und weiteren Medien.

Es ist selbstverständlich nicht korrekt, dass CTS EVENTIM die Teilnahme an Konzerten und Veranstaltungen an eine Impfung gegen das Coronavirus binden will. Wörtlich hat unser CEO, Klaus-Peter Schulenberg der Wirtschaftswoche auf Nachfrage gesagt: 'Wenn es genug Impfstoff gibt und jeder sich impfen lassen kann, dann sollten privatwirtschaftliche Veranstalter auch die Möglichkeit haben, eine Impfung zur Zugangsvoraussetzung für Veranstaltungen zu machen'. 

Es liegt uns völlig fern, einen Veranstaltungsbesuch von einer Impfung abhängig zu machen. Als Unternehmen müssen wir uns aber auf mögliche politische oder privatwirtschaftliche Vorgaben einstellen.

Wir hoffen, Ihnen mit dieser Klarstellung weitergeholfen zu haben.“

Ein Fall von privatwirtschaftlicher Schizophrenie?

Was für eine rätselhafte Antwort! Ich weiß nicht, wie es Ihnen hinsichtlich des Textverständnisses geht, aber der Kundenservice scheint das zu bestätigen, was er gleichzeitig dementiert. Der CEO findet dass „privatwirtschaftliche Veranstalter auch die Möglichkeit haben (sollten), eine Impfung zur Zugangsvoraussetzung für Veranstaltungen zu machen“ und gleichzeitig liegt es Eventim „völlig fern, einen Veranstaltungsbesuch von einer Impfung abhängig zu machen.“

Was hat das zu bedeuten? Schlagen hier zwei Herzen in der Unternehmensbrust? Ein Fall von privatwirtschaftlicher Schizophrenie? Eine geheime Botschaft? Die Andeutung finsterer Hintergründe, die die arme Veranstaltungsfirma zu Taten zwingen, die sie gar nicht tun möchte? Am Ende haben wir es wohl doch nur mit Orwell und PR-Geschwurbel zu tun. Der erwähnte Leser fand die Eventim-Antwort ebenfalls lächerlich und antwortete:

„Es spricht jedenfalls für einen gewissen subtilen Humor bei Ihnen, dass Sie eine der wesentlichen Aussagen Ihres CEO´s einerseits zitieren, dann aber gleich im Folgesatz das genaue Gegenteil davon behaupten, wenn auch mit der kaum auffallenden 'Schuldverlagerung' durch die Verwendung des Begriffs 'Veranstalter'. Man könnte es dreist, vielleicht auch erbärmlich oder sogar jämmerlich nennen. Eine seiner weiteren Äußerungen in diesem Kontext, nämlich dass Ihre Systeme bereits jetzt schon so eingerichtet sind um auch Impfausweise lesen zu können, hat er dann sicherlich auch nicht so gemeint bzw. die technische Aufrüstung lediglich in weiser Voraussicht vornehmen lassen, um eventuelle, zukünftige Veranstaltervorgaben bedienen zu können. Ja, nee, ist klar. Ich habe mich entschieden, ich präferiere 'jämmerlich'.“

Da die Antwort reichlich standardisiert daher kommt, vermutet der Leser, dass Eventim aktuell wahrscheinlich mit ähnlichen Anliegen bombardiert wird.

Es bleibt zu hoffen, dass die breite Masse beim Impfzwang durch die Hintertür weniger Spaß versteht als bei den restlichen Corona-Einschränkungen.

Foto: Ulrike Stockmann

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Stefan Peltzer / 08.02.2021

Ich stehe dieser Problematik z.Z. noch etwas skeptisch-abwartend gegenüber. Ich war bisher der Meinung, dass Eventim i.d.R. als Ticketverkäufer auftritt und dachte, dass über eine eventuelle Maskenpflicht bei einer Veranstaltung eher der Veranstalter denn der Ticketverkäufer zu entscheiden hat. Dabei stellt sich für mich die Frage, in wie fern dieser _rückwirkend_ die Vertragsbedingungen ändern und für den Besuch der Veranstaltung das Tragen einer Gesichtsmaske vorschreiben darf, solange dies nicht gesetztlich vorgeschrieben ist. Aber nach dem Erlass des Gutscheingesetztes der Bundesregierung im letzten Jahr, welches anscheinend ja auch rückwirkend in Kraft getreten sein soll, wundert mich so schnell nichts mehr. Wie dem auch sei, über Eventim bezogene Karten in Höhe von einigen hundert Euro liegen hier noch und harren der Entscheidung, ob sie genutzt oder zurück gegeben werden, sollte der Veranstalter sich für mich untragbare Nickeligkeiten überlegen. Vielleicht noch etwas verzwickter ist der Besitz von mit dem Besuch eines Restaurants verbundenen Konzertkarten (für einen hohen dreistelligen Betrag), welche direkt beim Festhallenbetreiber erworben wurden. Einmal ist das Konzert schon verschoben worden, mal sehen, wie sich das entwickelt. Eventim ist auch hier mit dem Vertrieb von Eintrittskarten beauftragt und hängt somit “irgendwie mit drin”, und sei es “nur” per Meinungsmache. Die Sache mit den “hohen Beträgen” hat aber einen Vorteil: Anders als beim Erwerb einer Einzelkarte lohnt es sich im Streitfalle hier schon eher, einen Rechtsbeistand zu nehmen. Stefan Peltzer

Florian Bode / 08.02.2021

CTS Eventim ist kein Konzertveranstalter, sondern ein Ticketzuhälter. In diesem Kontaxt kann man die breitbeinige Verlautbarung des Herrn CEO sehen. Außerdem sucht und findet man den Staat als Auftraggeber (Impftermine/Maut).

J. Heini / 08.02.2021

Ich habe auf meine Nachricht an eventim noch keine über eine Automatikantwort hinausgehende Antwort erhalten…  :)

Georg Dobler / 08.02.2021

Vielleicht hängt es damit zusammen: Beim Twitterer “Argo Nerd” war zu finden ein Screenshot vom NDR, 27.01.21, Text: “Das Land hat mit der Vergabe von Impfterminen den Veranstaltungsdienstleister Eventim beauftragt. Für den ist es ein neues Geschäftsfeld.”——- Es geht dann also offenbar darum dass das “neue Geschäftsfeld” angekurbelt werden soll und viele Bürger zum Impfen hin geführt werden sollen. Ich werde bei dieser Firma weder einen Impftermin noch jemals eine Veranstaltung buchen.

Ferdinant Katz / 08.02.2021

Klingt ganz so, als wäre man zu feige sich gegen den übergriffigen Obrigkeitsstaat auf die Hinterbeine zu stellen, weßwegen man schon mal genehme Sprachbausteine des vorauseilenden Gehorsam absondert - jetzt aber den Zorn der zahlenden Kundschaft zu spüren bekommt, die entgegen der heißgelaufenen Propaganda-Maschine wenig bis gar kein Verständnis mehr dafür aufbringt.

Franz Klar / 08.02.2021

Niemand hat die Absicht , eine Impfpflicht einzuführen !

Heike Olmes / 08.02.2021

Auch ich wollte nach der Impfpflichtankündigung meine Tickets für eine zweimal verschobene Veranstaltung zurückgeben. Eventim klärte mich darüber auf, dass ihr Schriftzug zwar auf dem Ticket stünde, das läge aber daran, dass sie nur die Ticket-Rohlinge verkaufen. Nach mühsamer Suche auf der Website der verantwortlichen Firma Viagogo fand ich heraus, dass man die Tickets nicht zurückgeben kann. Viagogo erlaubt aber, die auf ihrer Website weiterzuverkaufen. So, das war es für mich mit derartigen Veranstaltungen. Sollen die Künstler meinetwegen pleite gehen und die Veranstalter sowieso.

Jörg Themlitz / 08.02.2021

Dummheit ist manchmal die einfachste Erklärung. (meint, die richtige Erklärung)

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