Ulrike Stockmann / 12.07.2023 / 16:00 / Foto: Tim Maxeiner / 38 / Seite ausdrucken

Der Sommerschreck im Hitzeschutzraum

Karl Lauterbach feiert sein Comeback als Sommerschreck und die Länder und Kommunen ziehen nach. In Castrop-Rauxel in Nordrhein-Westfalen wurden jetzt sieben Hitzeschutzräume eingerichtet.

Es gibt neues aus der Rubrik „eigentlich zu lächerlich für einen ernsthaften Kommentar, aber zu relevant, um es unbesprochen zu lassen“: Die Stadt Castrop-Rauxel in Nordrhein-Westfalen hat sieben Hitzeschutzräume für heiße Tage eingerichtet. „Verschiedene Einrichtungen und Unternehmen in Castrop-Rauxel stellen ihre Räume als sogenannte Hitzeschutzräume zur Verfügung“, heißt es in einem WDR-Bericht. Und weiter:

„Den Anfang machen unter anderem städtische Jugendzentren, das Rathaus, das Familien- und Bildungsbüro sowie das Kundenbüro der Stadtwerke. Wer will, kann sich dort an einem Sitzplatz ausruhen und auf Wunsch ein Glas Wasser bekommen.“

Das Angebot soll auf weitere Einrichtungen, Einzelhändler oder Unternehmen ausgedehnt werden. Diese können sich bei der Stadt einen entsprechenden Aufkleber holen, der dann hitzegeplagte Passanten darauf hinweist, dass sie sich bei einer herannahenden Ohnmacht in diesen kühlen Oasen ausruhen können.

Während man sich in der Coronazeit fragte, warum der bis dahin übliche Umgang mit Infektionskrankheiten plötzlich als nicht mehr valide genug betrachtet wurde und es staatlich verordnete Maßnahmen brauchte, staunt man nun über die offizielle Aberkennung eines verlässlichen Temperaturempfindens der Bevölkerung. „Viel trinken, sich im Schatten aufhalten, leicht essen und mehr Pausen einlegen, sind Grundregeln, die jeder kennt“, gibt die Stadt Castrop-Rauxel auf ihrer Homepage immerhin selber zu.

Hitzeschutz vom Klassenstandpunkt aus

Karl Lauterbach feiert derzeit sein Comeback als Sommerschreck und hat einen nationalen Hitzeplan mit „Schutzmaßnahmen“ angekündigt (natürlich wegen des Klimawandels). „Hitzeschutz ist Lebensschutz“, zitiert ihn das Gesundheitsministerium. Er stellte bereits das Verbot von Sportveranstaltungen ab einer bestimmten Temperatur in Aussicht. Schon gibt es vom Robert-Koch-Institut ein Hitzeradar, das die aktuellen hitzebedingten Todesfälle schätzt. Die entsprechenden Werte sind gerundet, und ob ein Mensch beispielsweise mit oder an Hitze gestorben ist, wird nicht erläutert.

Denn das weiß das RKI selber so genau: „In einigen Fällen, zum Beispiel beim Hitzeschlag, führt die Hitzeeinwirkung unmittelbar zum Tod, während in den meisten Fällen die Kombination aus Hitzeexposition und bereits bestehenden Vorerkrankungen zum Tod führt. Daher wird Hitze auf dem Totenschein normalerweise nicht als die zugrunde liegende Todesursache angegeben. Stattdessen müssen statistische Methoden angewendet werden, um das Ausmaß hitzebedingter Sterbefälle abzuschätzen“, heißt es auf der Homepage. Näheres zu dieser Zahlenverdreherei schreibt Thilo Spahl für Novo. Corona-Inzidenz, ick hör dir trapsen.

Das Bundesland Brandenburg hat schon im vergangenen Herbst ein Gutachten zum Hitzeschutzplan vorgestellt, mit dem Ziel eines eigenen „Hitzeaktionsplans“. Und weitere Landes- und Kommunalpolitiker nehmen sich beherzt der Sache an, wie zum Beispiel in NRW mit den oben erwähnten Hitzeschutzräumen. Im selben Bundesland werden, ebenfalls auf Landesebene, leidenschaftlich Hitzeschutz-Maßnahmen diskutiert.

NRW-Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte vor zwei Wochen angekündigt, „dass wie im Vorjahr erneut 250.000 Euro zur Verfügung gestellt würden, um Obdachlose besser zu schützen. Mit dem Geld könnten Träger der Wohnungslosenhilfe Sonnensegel, Zelte, Trinkflaschen, Wasser oder Sonnenschutzmittel beschaffen“. Bin ich naiv, weil ich bislang immer Kälte für die tödlichere Temperatur gehalten hatte, wenn man auf der Straße lebt? Offizielle Zahlen scheinen mir recht zu geben, denn NRW gab im letzten Winter 850.000 Euro für die Kältehilfen von Obdachlosen aus, mehr als das Doppelte im Vergleich zum Vorjahr. Hysterische Schlagzeilen über die Bedrohung durch Kälte begleiteten das Unterfangen jedoch nicht. Ebenso wenig eine gesamtgesellschaftliche Kältediskussion. Das heißt, wenn man von der Diskussion um Wärmehallen angesichts des Energie-Missmanagements einmal absieht.

„Der SPD in NRW gehen die Ansätze der Landesregierung zum Hitzeschutz für die gesamte Bevölkerung nicht weit genug“, heißt es weiter im Bericht. Sie fordere eine „soziale Klimagesundheits-Strategie“, da besonders diejenigen betroffen seien, die schon jetzt nicht zu den Gewinnern in der Gesellschaft gehören. Wird demnächst der Hitzeschutz vom Klassenstandpunkt aus diskutiert?

„Flächendeckende Errichtung kostenloser Trinkwasserbrunnen“

Vize-Fraktionschefin der SPD, Lisa-Kristin Kapteinat, forderte in diesem Zusammenhang ein „Aktionsbündnis“ zum Schutz von Risikogruppen. „Dort könnte zum Beispiel über die Verlagerung von Arbeitszeiten in die Morgen- und Abendstunden, die Anpassung von Kleiderordnungen oder mehr Ventilatoren und Klimaanlagen in öffentlichen Gebäuden oder Pflegeeinrichtungen gesprochen werden“, heißt es außerdem im Text.

Kapteinat verlangte desweiteren die Unterstützung einer „flächendeckenden Errichtung kostenloser Trinkwasserbrunnen“ in den Kommunen. Dumm nur, dass diese teilweise während der Coronazeit zurückgebaut worden sind. Die SPD schlägt außerdem kostenlose Sonnencreme-Spender in öffentlichen Schwimmbädern, an Seen oder in Schulen (gibt’s auch schon in Holland) sowie die Einführung eines landesweiten „Hitze-Telefons“ und „Hitzeschutz-Beauftragten“ vor.

Die flächendeckende Versorgung mit kostenlosem Trinkwasser funktioniert immerhin noch in Deutschland (nämlich an jedem Wasserhahn), und auch Sonnencreme gehört Gottseidank nicht zu den Luxusartikeln. Man kann kaum glauben, mit welchem Eifer sich Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker in den Aktionismus rund um den „Hitzeschutz“ stürzen. In einem Land, das sich nach wie vor in der gemäßigten Klimazone befindet. Währenddessen herrscht Pflegenotstand, Bildungsnotstand, Energienotstand, Ärztemangel, Medikamentenmangel, Inflation und ein Besuch im Freibad gerät immer mehr zur Mutprobe. Selbst die hartgesottene Nancy Faeser sprach sich gerade für Polizeipräsenz in Freibädern aus. Mal wieder schlägt Aberglauben die Realpolitik. Doch am Ende holt die Realität das Wunschdenken ein.

 

Ulrike Stockmann, geb. 1991, ist Redakteurin der Achse des Guten. Mehr von ihr finden Sie auf ihrem YouTube-Kanal.

Foto: Tim Maxeiner

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Wolfgang Richter / 12.07.2023

@ Isabella Martini - “Offensichtlich hält man die Bürger für zu blöd, um angemessen mit den Jahreszeiten umzugehen.” “Man” hält den Bürger offenbar für “gar nichts”. Es geht nämlich gar nicht um “den Bürger” - es geht um Polithörnchen,  die Probleme mit ihrer Selbstdarstellung haben und geschlagen mit einer Art Psychose ständig auf der Suche nach Kamera und Mikro durch die Gegend rennen (Lauterbach zB könnte als Gesundheitsminister doch direkt seine Dateien bezüglich Behandlung seiner erkennbar vorhandenen ADHS-Erkrankung filuen u. sich behandeln lassen) , um der Welt eine neue Panik-Version zu verkünden, für die NUR sie die Lösung parat haben. Diese Figuren meinen ausersehen zu sein, ständig die Welt retten zu müssen, vor allem retten zu können. Ich warte drauf, daß zB Lauterbach demnächst den Sonnenhut, mit dem geschützt er zuletzt in irgendwelche Kamera grinste, gegen ein Superman- oder Batman - Kostüm tauscht. Weniger wäre ihm nicht angemessen.

W. Renner / 12.07.2023

Ja der Kalle, mit einem Sonnenstich geht der noch lange nicht nach Hause. Man sollte ihn dringend in den nächstgelegenen Hitzeschutzraum mit angeschlossener gain of function Abteilung einweisen.

D. Katz / 12.07.2023

Ich hätte gerne einen Schutzraum gegen Schwachsinn. Dort wäre ich vor dem Klabauterbachmann sicher. Es darf darin auch gerne warm sein. Meinetwegen sogar heiß. Oder kalt. Alles besser als diesem pathologischen Paniker ausgeliefert zu sein.

Dirk Jungnickel / 12.07.2023

Frau Stockmann, es gereicht Ihnen zur Ehre , wenn Sie gegen Corona- Hitze - Panik -Klaubautermann anschreiben; aber ich meine - selbst wenn er sich tatsächlich die Mühe machen sollte, es zu lesen - er würde es gar nicht kapieren. Er lebt in seiner eigenen Welt, und sein Ex - Frau hat nicht zum Spaß vor ihm gewarnt. Bin mir nicht sicher, aber es war wohl Peter Hahne, der wollte die Handschellen klicken hören, was ihn betraf. Richtig: Ab in e i n e Zelle: Klabauterbach und Drosten, aber mit Sprechverbot, sonst erfinden sie ein Bakterium, das die Menschheit dahin raffen würde.

Frank Baumann / 12.07.2023

Nicht schlecht für ein Land, das auf Platz 188 (von 217) der Welttemperaturtabelle rangiert. Aber nachdem Herr von Hirnsausen im Staatsfernsehen die Gefahr von Hitze für unser Gehirn anhand eines Hühnereis absolut plausibel erklärte (so geht Wissenschaft!), wohl offensichtlich mehr als notwendig. Bezeichnend für den desolaten Zustand dieses Wracks, das vor einigen Jahrzehnten ein durchaus funktionaler Staat war, ist, daß die staatsabhängigen Medien wie immer als unterstützender Multiplikator dieses Meisterstücks fungieren. Aber selbige erklären ja auch die weltweit zu beobachtenden Rekorde an Totgeburten durch eine Corona-Infektion oder mehr Kaiserschnitte.

Silas Loy / 12.07.2023

Wie wär’s dazu mit einem Reiseverbot in noch heissere Gegenden? Mittelmeer? Karibik? Honolulu? Das Staat*in muss doch die Leute vor sich selber schützen, denn er liebt uns doch alle! Wenigstens solange es noch keine Impfung gegen Schwitzen und Pigmentierung* gibt.  (* Das ist wirklich nicht rassistisch gemeint, wirklich nicht!)

Helmut Kassner / 12.07.2023

Ich sitze wie jeden Abend in den letzen Tagen im Garten und genieße ein Glas wunderbaren Rotwein bei 25 Grad Lufttemperatur. Sinken die Temperaturen dann gibt es Glühwein. Dabei fällt mir mein Lieblingswitz zum Rotwein ein. „Woran erkennt man einen Franzosen in der Wüste? Der trinkt auch bei 50 Grad Lufttemperatur seinen Rotwein“. Was wären wir doch ohne Lauterbach? Arme Kreaturen!

D. Schmidt / 12.07.2023

In ca. 6 Wochen hat D. ganz andere Probleme als Sommertemperaturen. Einfach aussitzen wie die Politiker. Man ist das ein deppertes Land geworden. Bekommt man hier Geld dafür, fürs doof sein? Ich stelle mich freiwillig doof. Hauptsache, es kommt mal was rum dabei.

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