112-Peterson: Warum man Kinder sozialisieren muss

Werden Kinder nicht angemessen sozialisiert, finden sie keine Freunde und fallen weiter zurück. Im schlimmsten Fall enden nicht sozialisierte Kinder als notorische Kriminelle.

Kürzlich war der weltweit anerkannteste Aggressionsforscher Richard Trembley Gast in meinem Podcast. Ursprünglich war er ein Anhänger der Theorien Rousseaus, wonach der Mensch von Natur aus gut und Aggression antrainiert sei. Nachdem er jedoch 40 Jahre lang kindliche Aggression in Langzeitstudien mit Tausenden von Kindern untersucht hat, hat er seine Meinung komplett revidiert.

Zu den Fakten: Trembley fand heraus, dass Aggression, also das Streben nach Macht, uns buchstäblich in die Wiege gelegt wurde. Er unterteilte kindliches aggressives Verhalten sehr genau, um es im Rahmen seine Untersuchungen messbar zu machen. Und zwar teilte er es in Treten, Schlagen, Beißen und Stehlen ein. Derartiges Verhalten kann man bei Kindern ab zwei Jahren beobachten, die Motivation hierfür ist jedoch schon vorher vorhanden. Die Kinder sind jedoch noch nicht mobil genug, um ihre Absichten umzusetzen. Von allen Altersklassen sind Zweijährige die aggressivsten.

30 Prozent aller Zweijährigen sind jedoch nie aggressiv, 50 Prozent manchmal und 17 Prozent sind dauerhaft aggressiv. Der Großteil der aggressiven Kinder ist männlich und wird von überforderten alleinstehenden Müttern erzogen. Ein Teil der Aggression dieser Kinder hat ihren Ursprung in unzureichender Versorgung der Mutter während der Schwangerschaft, ein anderer Teil ist auf mangelhafte Sozialisation nach der Geburt zurückzuführen.

Durch die Bank nimmt das Level der Aggression jedoch dramatisch ab, je älter die Kinder werden. Bei den ohnehin kaum aggressiven Kindern bleibt alles wie es ist und selbst die Aggressivsten werden weniger aggressiv.

Aggression ist keine Erfolgsstrategie

Die grundsätzliche Folge der Sozialisation ist also Frieden anstatt Aggression. Eine kleine Gruppe der aggressiven Kinder wird jedoch bis zum Alter von vier Jahren nicht angemessen sozialisiert. Diese Kinder haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, anti-sozial zu werden und sich schließlich zu dauerhaft gewalttätigen Kriminellen zu entwickeln.

Dahinter verbirgt sich folgendes: Kinder, die bis zum Alter von vier Jahren nicht sozialisiert wurden, finden keine Freunde. Freunde sind aber der Hauptfaktor für die weitere Sozialisierung und nehmen an Wichtigkeit Jahr für Jahr zu. Wenn ein Kind also von Gleichaltrigen ausgeschlossen wird, weil es nicht angemessen interagieren kann und lieber Gewalt einsetzt, fällt es immer weiter zurück und wird noch stärker ausgeschlossen.

Das Interessante dabei: Sobald Kinder sozialisiert werden, sinkt ihr Aggressionslevel. Wenn Macht also ein Erfolgskonzept wäre, wäre es doch so, dass die begabtesten Kinder im Laufe der Zeit immer aggressiver würden. Aber genau das passiert nicht. Wir sind viel zu kompliziert, um uns nur auf uns selbst verlassen zu können. Im Kern sind wir sozial.

Dies ist ein Auszug aus einem Gespräch von Jordan B. Peterson und Ben Shapiro. Hier geht's zum Auszug und hier zum gesamten Gespräch.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Johannes Schuster / 15.09.2021

Als Insider von Psychologen und Pädagogen kann ich nur sagen: Dieser Artikel sind die Predigten eines Psychologen eine Stunde bevor es seinem Sprößling zu doof wird und der Jogurtbecher fliegt um dem Herrn Psychologen - Papa klar zu machen, daß auch Belehrungen über das Allgmeinplatz von Mensch zu Aggression führen. Das Geschwätz von Psychologen und Pädagogen ist eine Sozialisation wie in den Gettos von Chicago: Gewalt ist die Lösung wenn der Papa immer Recht hat, dann mal: Erdbeere oder Vanille ?!

Tom Tompson / 15.09.2021

Einleuchtend klingende These. Leider deckt sie sich nicht mit der Realität. Nicht jeder Junge ohne Freunde wird aggressiv. Bei den Jungs, die in der Community von Herrn Peterson sozialisiert werden sinkt der Aggressionslevel in der Regel. Bei denen, die in einer “Großfamilie” sozialisiert werden wird der Friedlichste zum Messermann.

Stanley Milgram / 15.09.2021

Vorab: Ich war damals selbst in der “Bierdosen- und Drogenszene” unterwegs. Meiner Meinung nach leben die meisten Politiker und Wissenschaftler in einer Blase, in der sie gar nicht sehen können, was auf der Straße wirklich los ist und wie viele “Asoziale” es in Wirklichkeit gibt. Schon die jahrelange Überbelegung sämtlicher Gefängnisse und Forensiken ist für mich Indiz genug, dass etwas aus dem Ruder gelaufen ist. In Mexico-City habe ich mich auch nur mit dem Auto zwischen Haus, Schulministerium und Restaurant, wo man das Auto eingeparkt bekommt, bewegt und von der Gewalt auf den Straßen nicht viel mitbekommen. Doch die existiert, und zwar nicht zu knapp. Nachts ist da keiner mehr unterwegs, außer die Gangs.

Werner Arning / 15.09.2021

Eine Aggression versteckter Sorte ist es, Kinder keine Regeln befolgen zu lassen. Derart „attackierte“ Kinder können zu wahren Tyrannen werden und zu einem Problem ihrer Umwelt gegenüber.

g.schilling / 15.09.2021

““Das Dorf erzieht das Kind.”” Das war noch in den 50er Jahren auch bei uns so, Traf ein Erwachsener am Vormittag ein Schulkind auf der Straße an, fragte er streng nach, warum man zu dieser Zeit nicht in der Schule sei. Auch Nachbarn aus dem Haus oder Anwohner hatten den Nachwuchs im Auge und verhinderten manchmal Schlimmes, dadurch dass sie sich einmischten. Heute “erzieht” schon in der Krippe und anschließend in der Kita und Schule Fremdpersonal die Kinder nach ihren Vorstellungen, die nicht unbedingt mit den elterlichen übereinstimmen müssen. Hauptsache die Indoktrination funktioniert. Wie schon in der DDR oder den Nazis wird gefügiges Fußvolk herangezüchtet.

Marc Greiner / 15.09.2021

Es gibt im Prinzip zwei Kategorien von Menschen: Diejenigen, welche glauben, dass der Mensch prinzipiell gut ist und diejenigen, welche vom Gegenteil ausgehen. Für die Ersteren ist an allem die Gesellschaft schuld, da ja der Mensch im Grunde gut ist, für die Zweite Kategorie gilt Eigenverantwortung, also auch mehr Freiheit. Durch die Lockdowns will die Politik staatsgläubige Wähler schaffen.

Jörg Haerter / 15.09.2021

“Ursprünglich war er ein Anhänger der Theorien Rousseaus, wonach der Mensch von Natur aus gut und Aggression antrainiert sei.” Als Christ weiss man: Das Dichten und Trachten des Menschlichen Herzens ist böse von Jugend an. Mansche lernen es erst sehr spät, manche nie. Kindererziehung oder Sozialisierung ist ein weites Feld. Den Leuten ist heute der natürliche Instinkt dafür abhanden gekommen. Es herrscht grosse Verwirrung, niemand gibt klare Orientierung mehr, auch nicht die Kirchen. Wer heute seine Kinder erzieht, steht schon mit einem Bein im Knast. Ein extremes Beispiel habe ich im Freundeskreis, hier muss man schon von Vernachlässigung sprechen. Der Sohn mit 22 keinen Abschluss und keine Ausbildung, lebt von Hartz 4, die Tochter, 18, völlig neben der Spur, versucht einen Abschluss hinzubekommen. Es fing damals schon mit bitte und danke sowie guten Tag und auf Wiedersehen an. Nichts wurde angewöhnt. Konsequenzen des eigenen Handelns? Fehlanzeige. Der Sohn hat charakterlich dank externer Hilfe die Kurve bekommen, die Tochter ist ein Drama. Ein Trauerspiel. Alles Reden und Hilfsangebote haben nicht geholfen, jetzt sind die Kinder nicht alleine überlebensfähig.

Thomas Taterka / 15.09.2021

Die Quelle beinahe jeder Aggression ist der Neid und so beginnen oder enden auch die meisten ” Freundschaften “.

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