Vera Lengsfeld / 13.11.2023 / 12:00 / Foto: Sandro Halank / 49 / Seite ausdrucken

Wer nimmt Christian Lindner die Luft zum Atmen?

Christian Lindner beklagt, dass ihm die Ampelkoalition nicht „die Luft der Freiheit“ gewähre. Die Frage, die er sich längst stellen sollte: Warum beendet er sie dann nicht, sondern nickt alle freiheitsfeindlichen Maßnahmen dieser Truppe brav ab?

Am 3. November hatte Finanzminister Christian Lindner einen Auftritt an der Universität Luzern zum Thema „Ist Finanzpolitikheute noch Ordnungspolitik?“. Ob er dabei die Selbstkritik übte, die bei seiner Amtsführung angemessen wäre, ist mehr als zweifelhaft, wenn man von seinem Eingangsstatement ausgeht, das nachträglich bekannt wurde. Lindner begann mit den Worten:

„Nachdem ich im staatsgläubigen Deutschland lebe und arbeite, bin ich gern in die freisinnige Schweiz gekommen. Nachdem die politischen Realitäten mich zwingen, mit Sozialdemokraten und Grünen zu regieren, freue ich mich, die Luft der Freiheit zu atmen“.

Wer zwingt Lindner und seine FDP, die Mehrheitsbeschaffer für SPD und Grüne zu spielen, die dabei sind, die Herrschaft des Staates über die Bürger, besonders die Steuerzahler, bis ins Totalitäre auszubauen? Die FDP hat bei allen rot-grünen Vorhaben fleißig die Hand gehoben.

Sie hat das unsägliche Heizungsgesetz passieren lassen und am sogenannten „Selbstbestimmungsgesetz“ aktiv mitgewirkt. Dieses Gesetz verbietet den Bürgern – die so zu Untertanen degradiert werden, die den Geßlerhut grüßen müssen –, einen biologischen Mann in Frauenkleidern Mann zu nennen. Es gibt den Eltern die Macht, das Geschlecht ihres Neugeborenen zu bestimmen und ein biologisches Mädchen zum Jungen zu erklären, mit all den schädlichen Folgen, die das für die Psyche der Heranwachsenden hat.

Alles abgenickt, was Grün-Rot vorgab

Es kassiert das Erziehungsrecht der Eltern, wenn ein 14-jähriges Kind eine Geschlechtsumwandlung will, und setzt es Pubertätsblockern und schlimmstenfalls sogar Operationen aus, die es bereuen könnte, wenn es zu spät ist. Das sind nur zwei Beispiele, die zeigen, wie willig die FDP am totalitären Umbau unserer Gesellschaft mitwirkt. 

Lindner brüskiert die Basis seiner Partei, die längst mehrheitlich den Ausstieg aus der Koalition will, ignoriert deren Forderungen und erklärt im Gegenteil, dass er an der Ampel festhalten will, obwohl er damit riskiert, dass die FDP, ähnlich wie aus verschiedenen Landtagen, auch aus dem Bundestag rausfliegen wird.

Als bürgerliches Korrektiv der rot-grünen Koalitionäre hat die FDP vollkommen versagt. Es liegt im Gegenteil der Verdacht nahe, dass Linder nie vorhatte, seine Regierungsverantwortung in diesem Sinne wahrzunehmen. Wer sich noch einmal den Koalitionsvertrag ansieht, der wird feststellen, dass die FDP alles abgenickt hat, was Grün-Rot vorgab. Dafür durfte sie das Tempolimit 130 auf der Autobahn verhindern.

Mehr Heuchelei geht kaum

Wenn Lindner dann meint, die Luft der Freiheit nur in der Schweiz atmen zu können, so hat er aktiv daran mitgewirkt, dass die Freiheit von der Ampelkoalition abgewürgt wird. Mehr Heuchelei geht kaum.

Interessant ist, wie Bild versucht, Lindner irgendwie zu retten. Das Blatt framt ihn mit: „Eine klare Attacke des Finanzministers: SPD und Grüne nehmen ihm und seiner FDP offenbar immer wieder die „Luft zum Atmen“. Ein paar Zeilen weiter unten muss Bild allerdings eingestehen, dass Lindner gar keinen Versuch macht, sich aus der angeblichen Umklammerung zu lösen, sondern die Zusammenarbeit lobt.

Warum das Blatt versucht, Lindner beizuspringen, erschließt sich nicht. Es sei denn, der Artikel ist als Wiedergutmachung zu verstehen, weil Bild den Brief von 25 FDP-Mitgliedern, die den Austritt der Ampel aus der Ampel fordern, veröffentlicht hat. 

 

Vera Lengsfeldgeboren 1952 in Thüringen ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt.

Foto: Sandro Halank CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Karl-Heinz Böhnke / 13.11.2023

Der Neureiche will vielleicht nur eine Altersversorgung erlangen, die ihm genügt, das Gefühl zu haben, etwas besonderes gewesen zu sein, wobei er jedoch befürchtet, daß es nicht zutrifft.

Charlene Riske / 13.11.2023

Immerhin ist es erfreulich, dass der FDP-Verkehrsminister verhindern möchte, dass die Alten ihren Führerschein abgeben müssen, während sie bis zum Umfallen schuften müssen. So muss man im Alter wenigstens nicht zu Fuß zu Arbeit gehen, um den Neubürgern einen angenehmen Aufenthalt zu spendieren.

maciste rufus / 13.11.2023

maciste grüßt euch. das freie atmen endet historisch belegt manchmal an der laterne oder am baukran. battle on.

G. Männl / 13.11.2023

Er hat ja mal gesagt, es ist besser nicht zu regieren als schlecht zu regieren. Was nicht ausschließt das man grottenschlecht regieren kann. Die Wahrheit wird sein, das Frau Angela ihm kein Ministeramt mit Prestige geben wollte. Nun sitzt er in einem großen Haus mit großen Büro. Das Leben kann doch so schön sein.

W. Renner / 13.11.2023

Der Sausemann weiss doch nicht mal was Liberalismus ist. Und wenn die FDP samt dem ganzen Land den Bach runter geht, ist dem so sch … egal wie sonst was, so lange sein Porsche läuft und das Luxusgehalt für nichts, in Fülle fliesst.

Horst Jungsbluth / 13.11.2023

Was kann man denn anderes erwarten von einem Wehrdienstverweigerer, der dann später ausgerechnet in der Bundeswehr Karriere machte und sich pompös kirchlich trauen ließ, aber keiner Kirche angehörte. Er wollte einst besser nicht, als schlecht regieren und genau das tut er aber nun seit fast zwei Jahren, denn er befindet sich in der katastrophalsten Regierung seit Kriegsende. Ganz stinknormale Bürger haben das inzwischen fassungslos begriffen und selbst in seiner eigenen Partei gibt es etliche ohne Scheuklappen, die nicht nur an ihren eigenen Posten denken, sondern das angerichtete Desaster wahrnehmen. Nicht Herr Lindner ist wichtig, nicht einmal die FDP, sondern die einst ganz funktionierende demokratische Bundesrepublik Deutschland. Aber das ist wohl zu hoch für einen deutschen Politiker.

Uta Buhr / 13.11.2023

Danke, Ferdin@nt Katz! Da haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Den Namen Pfuschmann für unseren Justizverdreher werde ich mir merken. Dauerstrack Z. auch. Da wollen die FDJ…. pardon die FDPler sich also noch gerade über die Ziellinie retten, um ihre Pfründe für ein sorgloses Alter zu sichern. Ich frage mich seit längerem, woher dieser schon jetzt bankrotte Staat die Knete für die Alimentierung all dieser Nichtsnutze nehmen will. Wahrscheinlich wird, wenn es soweit ist, gewürfelt, wer etwas aus dem Topf bekommt, auf dessen Boden schon der berühmte Hund mit gefletschten Zähnen lauert. Oder werden da wieder einige Wummse, Doppel- oder Trippelwumse - also milliardenschwere “Sondervermögen” - aufgelegt, die die nachfolgenden Kartoffelgenerationen mühselig abstottern müssen?  Irgendwas wird unseren Politdilettanten schon einfallen, denn im Erfinden neuer Abzocke sind sie unschlagbar. Und wenn nix mehr geht, muss die gemeine Kartoffel eben bis zum Exitus malochen. 70 plus als Renteneintrittsalter haben die ja schon im Visier. Warum nicht 80 oder 95? Geht doch auch - oder etwa nicht?

Gerhard Schweickhardt / 13.11.2023

Ja, wenn die FDP den Atomausstieg verhindert hätte, ja, wenn die FDP das Heizungsgesetz verhindert hätte, ja dann wäre die Ampel geplatzt HURRA. Aber an Tropf des Geldes und er Macht hängt auch die FDP. Wie explizit undemokratisch! die FDP war, konnte der Souverän im Fall von Kemmerich zur Wahl und zur Nötigung seines Rücktritts verfolgen. Ich empfinde kein Verlust, wenn diese Partei in die Unbedeutsamkeit verschwindet.

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