Vera Lengsfeld / 10.03.2024 / 16:00 / Foto: Imago / 9 / Seite ausdrucken

Eine Schulung im Denken

Denken ist ein Menschenrecht, aber wer beherrscht die Kunst des Denkens?

Warum ist Propaganda so wirksam und für viele Menschen so schwer zu durchschauen? Volker Wittmann ist dieser Frage nachgegangen. In seiner „Logikfibel – Eine Schulung im Denken und Argumentieren“ gibt er interessante Antworten darauf. Der Band von Edition Sonderwege, erschienen in sehr schöner Aufmachung, ist ein Lesegenuss.

Noch nie war es so leicht, an Informationen zu kommen. Aber noch nie wurde so viel gelogen, verdreht, getäuscht, gefälscht, vernebelt, vertuscht. Die freie Presse hat sich zum „Haltungsjournalismus“ gewandelt. Nachrichtenübermittlung und wertfreie Einordnung war gestern. Heute wird den Medienkonsumenten serviert, was sie glauben sollen, das was die Journalisten von ihrem vermeintlich hehren Standpunkt aus für wünschenswert halten. Von „Narrativen“ ist die Rede, also Erzählungen, die man getrost Märchen nennen sollte. Die Presse ist die selbsternannte vierte Gewalt im Lande. 

Laut des französischen Staatsdenkers Montesquieu lenken drei klassische Kräfte das Gemeinwesen: Die gesetzgebende, die richterliche und die ausführende Gewalt, verkörpert durch Parlamente, Gerichte und Regierung. Von Presse steht bei Montesquieu nichts. Die drei Gewalten sollten sich gegenseitig kontrollieren und in Schach halten. Davon sind wir im besten Deutschland aller Zeiten weit entfernt. Das hat der ehemalige Kanzlerkandidat der Union Armin Laschet in aller Naivität offenbart. Er habe Angst vor einer Machtübernehme der AfD, denn dann hätte die Partei „Zugriff auf die Sicherheitsbehörden, auf die Ernennung der Polizeipräsidenten, auf den Verfassungsschutz, die Medienaufsicht und die Staatsanwaltschaften einschließlich der Ernennung der Richter“. Das „schleichende Ende der Demokratie, das Laschet befürchtet, ist längst Realität, denn es gibt die gegenseitige Kontrolle der drei Kräfte nicht mehr, wenn die Politik alles in der Hand hat.

In Zeiten, wo es immer schwieriger wird, Orientierung zu finden, möchte Wittmann mit seiner Fibel eine „nüchterne Einführung in die Regeln des folgerichtigen Schließens“ geben, unabhängig von persönlichen Befindlichkeiten. „Wer weiß, wie das Denken selbst funktioniert und nach welchen Gesetzen es abläuft, der kann sie auch am besten benutzen“ Im Zeitalter von Fake News eine nützliche Fähigkeit.

Das Buch zu lesen, ist ebenso vergnüglich, wie lehrreich. Man erfährt etwas über die Grenzen der Wahrnehmung, über Orientierung, Schlüssigkeit und Wahrheit und vieles mehr. Alles lässt sich in Formeln kleiden, aber wer die Formeln nicht immer nachvollziehen kann, dem wird mit anschaulichen Beispielen geholfen. Nebenbei gibt es jede Menge interessanter Informationen, wie zum Beispiel die Einsicht des russischen Soziologen Pitrim Sorokin, dass die Menschheit etwa alle 52 Jahre einen Krieg anfängt. Da müssen wir uns nicht wundern, dass die Kriegstreiber inzwischen aus allen Löchern kriechen. Schließlich haben wird den Durchschnittswert für friedliche Zeiten längst überschritten. 

Um nicht so düster zu schließen: Wittmann zeigt auch ein Vexierbild, das sowohl einen Totenkopf, als auch eine Frau vor einem Spiegel zeigt. Es hat mich etwas Mühe gekostet, Zweiteres zu erkennen, aber dann war die Freude um so größer! Wahrnehmen und Denken ist ein Abenteuer!

Volker Wittmann „Logikfibel – Eine Schulung im Denken und Argumentieren“. Edition Sonderwege, 250 Seiten, 48,- Euro. Hier bestellbar.

 

Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt.

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Rid Banks / 10.03.2024

Denken ist Sprechen, dass innere Gespraech der Seele mit sich selbst..

Gabriele Klein / 10.03.2024

PS: Insoweit die Methoden der Manipulation aufgedeckt werden sind solche Werke sicherlich nicht schlecht, vor allem im statistischen Bereich wo nicht jeder seinen Schwerpunkt hat. Ansonsten würde ich behaupten dass wenn jeder lügt und dazu angehalten wird unter STrafandrohung die Wahrheit nicht zu benennen auch ein jeder Bescheid weiß dass gelogen wird.  Siehe dazu gewisse Einträge auf Achgut von Foristen aus der alten DDR, die das bestätigen.

Lutz Liebezeit / 10.03.2024

Ein Diplomat ist ein Mensch, der offen ausspricht, was er nicht denkt. Giovanni Guareschi

Gabriele Klein / 10.03.2024

....die Einsicht des russischen Soziologen Pitrim Sorokin, dass die Menschheit etwa alle 52 Jahre einen Krieg anfängt.” Damit hab ich ein Problem: Was genau wird unter Menschheit verstanden? Falls alle gemeint sind haben wir den Krieg dauerhaft und nicht nur alle 52 Jahren.  Das Buch ist sicher interessant, allerdings wissen die Leute auf der Straße auch ohne sowas wenn sie manipuliert u. belogen werden, bzw. das Gegenüber nicht authentisch ist. Jedes Pferd, jeder Hund merkts ob die Sympathie des Trainers echt ist u. leisten je nachdem mehr oder weniger. Sie erkennen auch sofort, ob jener der sich mutigen Schrittes mit großen einschüchternden oder schmeichelnden Worten nähert tatsächlich die Hosen voll hat oder nicht Auch Kinder merken wenn was nicht stimmt, und reakieren auf das was ist und nicht das was gespielt wird, wie in des Kaisers neuen Kleidern ja auch festgehalten.  Siehe hierzu auch den ganz hervorragenden Podcast m. Frau Kelle, in dem eine zitierte “Kleine” mit ein paar einfachen Fragen das Lügengebäude das ihr serviert wird einstürzen lässt. Die bekundete kindliche Sorge eines Töchterchens dass es auch “abgegeben” werden könnte wie das so eben auf Bestellung Dritter geborene Brüderchen ist nicht unbegründet. Der Schritt von der einen Handlung zur andern in der Tat nicht mehr weit. Es wäre zutiefst unrealistisch wenn ein Kind bei solchen Beobachtungen unbesorgt bleiben würde. Einer Aufklärung bedarf es hier von Anfang an nicht sondern eher der Ehrlichkeit u. der Umkehr, Der Mensch hat von Natur aus die Begabung zu erkennen was Sache ist. Ob er diese Erkenntnis dann auch konsequent umsetzt oder verdrängt ist eine ganz andre Frage deren Beantwortung nicht eine Frage der Logik sondern des Charakters ist.

gerhard giesemann / 10.03.2024

Hauptproblem: Die Unschärfe des Denkens. (frei nach Heisenberg, berühmter Physiker).

Fend Georg / 10.03.2024

Heute nur noch eine ganz kleine Minderheit und die bekommt keine politischen Ämter.

Rudolf Dietze / 10.03.2024

Kalenderspruch:“Es gibt Brunnen, in die nie ein Sonnenstrahl, Stirnen, in die nie ein Gedanke gefallen ist, und auch Glückliche , die nie den Geist aufzugeben brauchen.” Peter Hille. Als Wort zum Sonntag.

L. Luhmann / 10.03.2024

Wenn das Denken ein Menschenrecht ist, dann müsste man dieses Recht wieder entziehen kōnnen. Das Denken ist aber potentiell verborgen und unentziehbar und wird erst durch den Gebrauch von Sprache oder Schrift mitgeteilt, also sicht- bzw.  hōrbar. Das Denken ist Teil des Fundamentes des Menschseins, die sog. Menschenrechte sind es nicht. - Die “Kunst des Denkens”? Jeder, der denken kann, kann denken. Denkkunst erinnert mich irgendwie an die Geigenvirtuosen, die das gelangweilte Publikum mit Geigenakrobatik unterhalten haben. (Ich empfehle immer das Reclam-Heftchen:“Wittgenstein - Eine Einführung” von Joachim Schulte)—- Dass die Sache mit der Gewaltenteilung, den sog. Menschenrechten und den sog. Grundrechten einen Dreck wert ist, kann man seit der Anwendung des Infektionsschutzgesetzes wissen. Auch wissen kann man, dass nur diejenigen wirklich mächtig sind, die das Gewaltmonopol haben. Aber so etwas wird den Massenversuchsuntermenschen in Deutsch-Dodoland nicht beigebracht.

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