Gastautor / 04.01.2024 / 06:00 / Foto: Imago / 50 / Seite ausdrucken

Warum die EU hinter Elon Musk her ist

Von Norman Lewis.

Die Brüsseler Ermittlungen gegen den Social-Media-Dienst X (ehemals Twitter) sind ein dreister Versuch der Europäischen Kommission, gegen die Meinungsfreiheit vorzugehen.

X, die Social-Media-Plattform für freie Meinungsäußerung von Elon Musk, könnte bald in der EU eingeschränkt oder sogar verboten werden. Die Europäische Kommission hat angekündigt, dass sie eine Untersuchung gegen X eingeleitet hat, weil es angeblich gegen EU-Recht in Bezug auf Desinformation und illegale Inhalte verstößt.

Das förmliche Verfahren gegen X konzentriert sich auf die angebliche Nichteinhaltung des EU-Gesetzes über digitale Dienste (DSA), das im August in Kraft getreten ist (Achgut berichtete). Dies wird die erste Nagelprobe für die Durchsetzung des DSA durch die EU sein und zeigen, wie viel Macht die Europäische Kommission darüber hat, was online gesagt, gesehen oder gehört werden darf.

Nach dem DSA muss jede „sehr große Online-Plattform“ (VLOP) oder Suchmaschine mit mehr als 45 Millionen Nutzern, Inhalte, die als illegale Hate Speech oder Desinformation gekennzeichnet sind, unverzüglich entfernen. Die Nichteinhaltung der Vorschriften kann zu einer Geldstrafe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Einkommens eines Social-Media-Unternehmens führen. In den schwerwiegendsten Fällen kann einer Plattform der Betrieb in der gesamten EU untersagt werden.

Autorität der EU über Online-Äußerungen etablieren

Bereits im Oktober schrieb Thierry Breton, der für die Durchsetzung des DSA zuständige EU-Kommissar, einen vage formulierten Brief an Musk, in dem er davor warnte, dass eine Untersuchung unmittelbar bevorstehen könnte (Achgut berichtete). Breton behauptete, dass X nach dem Angriff der Hamas auf Israel „zur Verbreitung illegaler Inhalte und Desinformationen“ benutzt wurde. Er behauptete auch, Berichte „aus qualifizierten Quellen“ über „potenziell illegale Inhalte zu haben, die trotz der Warnungen der zuständigen Behörden über Ihren Dienst verbreitet werden“.

Wer waren diese „qualifizierten Quellen“? Und vor welchen Inhalten haben welche „zuständigen Behörden“ gewarnt? Es wurden keine Einzelheiten genannt. Tatsächlich wurde nicht einmal X über die Einzelheiten informiert. In seiner Antwort auf das Schreiben forderte Musk die Europäische Kommission auf, „die Verstöße, auf die Sie anspielen, bei X aufzulisten, damit die Öffentlichkeit sie sehen kann“. Dies veranlasste Breton zu der arroganten Antwort, Musk wäre sich der Berichte der Nutzer ­– und der Behörden – über gefälschte Inhalte und Gewaltverherrlichung sehr wohl bewusst. "Es liegt an Ihnen, zu zeigen, dass Sie das auch in die Tat umsetzen“ lautete kurz gesagt, die Aufforderung an Musk, mit der Zensur der X-Nutzer zu beginnen, andernfalls …

Letztendlich ist der Inhalt der beanstandeten Beiträge für Brüssel irrelevant. Der Zweck der Untersuchung ist es, die Autorität der EU über Online-Äußerungen zu etablieren. Es ist kein Zufall, dass die erste vollständige Durchsetzung des DSA auf X abzielt, auch wenn Desinformation auf allen Social-Media-Plattformen zu finden ist. Die EU hat es speziell auf Musk abgesehen, weil er ein lautstarker Verfechter der freien Meinungsäußerung ist.

Machtkampf im Gange

Zwischen Musk und der Kommission ist schon seit einiger Zeit ein Machtkampf im Gange. Als Musk im November 2022 die Hälfte der X-Mitarbeiter entließ – darunter fast das gesamte Team, das für die Moderation von Inhalten zuständig war –, begannen EU-Vertreter öffentlich infrage zu stellen, ob man X zutrauen könne, seine Nutzer im Einklang mit den Wünschen der EU zu kontrollieren. Im Mai dieses Jahres trat X dann aus dem EU-Verhaltenskodex für Desinformation aus, einer von der Kommission koordinierten Selbstverpflichtung der Branche. Der Kodex war bei seiner Einführung freiwillig, wird aber bald Teil der DSA-Vorschriften sein.

Mit der Untersuchung von X will die Kommission das Recht Brüssels zementieren, die Debattenregeln zu diktieren. Es ist die Eröffnungssalve im Kampf um die Kontrolle des politischen Narrativs in Europa, insbesondere im Vorfeld der Europawahlen in diesem Jahr. Die Gefahr, die das für die Demokratie darstellt, ist offensichtlich. Ob es nun Big Tech oder die EU ist, die zensiert – das Recht der europäischen Bürger auf freien Zugang zu Informationen und auf freie Meinungsäußerung ist ernsthaft bedroht. Hoffen wir, dass Musk sich zur Wehr setzt.

Dieser Beitrag ist zuerst beim britischen Magazin Spiked erschienen.

 

Dr. Norman Lewis ist geschäftsführender Direktor von Futures Diagnosis und Gastwissenschaftler des MCC Brüssel. Mehr von Norman Lewis lesen Sie in dem Buch: „In 80 Minuten um die Welt – Beiträge zur Zukunft der Mobilität“.

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R. Reiger / 04.01.2024

Nur abgrundtief begrenzte Profilneurotiker haben (mangels besserer Möglichkeiten) es nötig, zu den oben beschriebenen Methoden zu greifen. Je intelligenter und besser eine Person ist, desto weniger hat sie es nötig, zu den oben beschriebenen Methoden zu greifen.

Moritz Cremer / 04.01.2024

EUdSSR Meinungsverbrechen… Musk hat sich bereits gewappnet: seine Sateliten stellen bald JEDEM X zur Verfügung, da können die kapos sperren, wie sie wollen, zwecklos ... ;-)

Henri Brunner / 04.01.2024

@ Michael Lorenz / 04.01.2024 „Gerne würde ich noch Informationen bekommen, wie man sich denn zur Wehr setzen kann, falls die EU tatsächlich ganz Europa zum “Tal der Ahnungslosen” machen will.“ Das Zauberwort heisst VPN

W. Renner / 04.01.2024

Die sozialistische EU ist halt nicht demokratiefähig. Alles was nicht in den Sozen einseitig verkorkste Weltsicht passt, wird negiert, gedisst, gebasht. Dagegen demonstriert, anarchiert und dagegen anregiert.

Marc Greiner / 04.01.2024

@Dr. Christian Rother/“Ich hoffe, Ihnen entgeht nicht, was auf X/Twitter so alles gepostet wird. Hakenkreuzbilder,...”—-In der Schweiz ist man dran Hakenkreuze zu verbieten. Ist das richtig? Mögen wir uns einig sein, dass das Symbol verboten gehört, dann bin ich aber der Meinung, dass auch Hammer und Sichel verboten sein sollte. Und da fängt es schon an. Wer bestimmt was erlaubt ist? Deshalb soll jeder das Posten können was er will, solange es nicht gegen ein Gesetz verstösst (Aufruf zu Mord usw.). Alles andere müssen wir aushalten sonst wird man auch uns einmal den Mund verbieten, mit den besten Absichten natürlich.

Peter Zinga / 04.01.2024

So lange -vorwiegend Junge - Leute solche Kreaturen wählen,  es keine Hoffnung.    Die Jugend vowärts! - obwohl sie überaus nicht weiss, wohin…

Hans Happe / 04.01.2024

Wer nichts wird, wird Politiker..wer garnichts wird ,wird EU Politiker

Michael Anton / 04.01.2024

Musk hat den gesamten polit-medialen Komplex von Washington bis Brüssel aufgemischt. Bevor Tusk in Polen die Führung der öffentlich-rechtlichen Medien entließ, wurde auch die den Massenmedien vorgelagerte Ebene der Nachrichtendienste ausgetauscht. Die Nachrichtenagenturen gehen auf Gründerfiguren wie (P.J.) Reuter´s Telegram Company zurück, die zuallererst Bankinformationen, dann alle Inhalte der Massenmedien anboten. Ihre Bedeutung ist enorm, aber nicht sonderlich sichtbar. Der Streit Musk-Breton hat zum einen Bezüge zur ambivalenten Stimmungslage zur “Debatttenregelung” um Trump herum, der ohne Twitterkanone nicht einmal präsent ist und als zweites den Umgang mit dem Bildmaterial der 7.10. Verbrechen. Der Autor mißtraut der EU, aber der Umgang mit dem Material ist heikel, kann aber auch im Interesse von Aufklärung genutzt werden. Schäuble erklärte einmal, man lasse gewisse Dinge geschehen, Websites laufen, um auszuwerten, wer da ist. Wie Medien wirken, ist nicht so klar wie Kloßbrühe. Ist es sinnvoll, das Video eines Massakers zurückzuhalten? Worüber die Leute reden, kann nicht vorgeschrieben werden, aber die Agenturen besetzen die Themen, d. h. nur ein paar Menschen, Balzac sagte, es gebe eigentlich nur eine Zeitung und die gehört Herrn Havas. Von dem lernte Reuters sein Geschäft und wurde ein Global Player zum Frust von Bismark, der Reuters nicht über den Weg traute. Da Europas Industriepolitik in das Ressort von Breton fällt, ist Musk für ihn ein rotes Tuch- Musk ist Gründer, Breton Manager mit professoraler Attitüde.

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