Das ist ja allerhand: Da verschickt die CDU Niedersachsen doch tatsächlich ein selbst fabriziertes Interview mit dem Ministerpräsidenten an Redaktionen. Ein Skandal, finden Fachpresse und Journalistenverband. Und Spiegel online hat eisenhart nachrecherchiert – und aufgedeckt: Das Interview ist auch noch unkritisch! Potztausend.
Äh, nur mal so nachgefragt – was genau ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Wortlautinterview zu PR-Zwecken und der gängigen Verfahrensweise, Pressemeldungen mit Zitaten zu bestücken und zu verschicken? Und was ist verwerflich oder zumindest überraschend daran, wenn eine Organisation es gerne hätte, dass ihre Sicht der Dinge 1:1 veröffentlicht wird? Es ist ja allgemein akzeptiert, dass Unternehmen, Regierungen oder politische Parteien es als Erfolg verbuchen, wenn ihre Pressestatements unverändert abgedruckt werden. Warum sollte das bei einem Interview anders sein?
Und nun kommt leider noch eine Enttäuschung für die Herren Journalistenverbandsvertreter: Anzeigenblätter (und an die richtete sich das Angebot der CDU-Pressestelle) betreiben gemeinhin gar keinen umfangreichen unabhängigen High Profile-Politjournalismus. Würde ich zumindest vermuten. Es ist ja nicht so, dass deren Redakteure durch die Versendung dieses Interviews daran gehindert werden, es in den Mülleimer zu werfen – und stattdessen eines der vielen selbst geführten Tiefeninterviews mit den Entscheidern dieser Welt abzudrucken, die sie ja offenbar ständig in der Schublade haben.
Also: Könnte es vielleicht sein, dass ein solches PR-Interview gar nicht den dramatischen Schritt weg vom Qualitätsjournalismus darstellt, den unsere Wächter des anspruchsvollen Politdiskurses offenbar befürchten? So weit zu lesen war, hat die CDU ja niemanden unter Druck gesetzt, das Interview zu drucken. Wenn doch, wären die knallkarten Investigativteams von Zeitungen wie dem „Hannoverschen Wochenblatt“ oder der „Lünepost“ dem sicher längst auf die Schliche gekommen.