Ihr Beitrag zeigt leider nicht, dass “selbstredend in Online-Medien gut recherchierte, gedachte und formulierte Texte zu verfassen”, möglich ist ;-) Ich finde übrigens in den letzten Wochen hat der gedruckte Spiegel wieder an Inhalt gewonnen.
Kurbjuweits Sicht ist tatsächlich etwas starr, wenn er eine Print-Welt und eine Online-Welt ausmacht, jeder dieser Welten bestimmte Eigenschaften zuordnet, und das Ganze dann irgendwie für gottgegeben und unveränderlich hält. Muß aber Online-Journalismus immer auch schnell sein? Muß Online-Journalismus nicht nur durch multimediale Elemente aufgepeppt werden, die wirklich inhaltlich was bringen, sondern immer auch durch solche, die reiner Schnickschnack sind? In Wahrheit geht es doch um Informationsvermittlung (zum Zwecke der Information und/oder Unterhaltung). Die Qualität dieser Informationsvermittlung hängt im Einzelfall weniger vom Medium ab als von Talent und Aufwand des Erzeugers der Botschaften. Daß in bestimmten Medien häufiger untalentiertere Menschen wirken als in anderen, oder in bestimmten Medien die übermittelten Botschaften häufiger in Hast und Eile zusammengestellt werden, mag ja sein, aber muß das so sein, sind das unvermeidbare Eigenheiten der Übertragungswege, oder könnte das auch anders verteilt sein? Wie Herr Gutzmer bezweifle ich das. Festzuhalten bleibt, daß “Online” in der Summe der Möglichkeiten (des Mediums) hinter “Print” zurückfällt. Es gibt kein technisches Feature von “Print”, das “Online” nicht hätte, aber es gibt ein paar Features, die “Online” hat, aber “Print” nicht… etwa die Möglichkeit bewegter Bilder, oder die Möglichkeit des schnellen “Updates”. Kurbjuweit hat recht, daß diese neuen Möglichkeiten natürlich auch zu eher Unerwünschtem nicht nur führen, sondern auch verführen können… etwa zum weiter oben genanntem Schnickschnack und Huschhusch. Die eigentlichen Probleme des Journalismus liegen aktuell ganz woanders… in der Demographie und in langfristigen Veränderungen der Gewohnheiten der Menschen, die über die Tatsache der ziemlich allgemein gewordenen Netznutzung hinausgehen. Kurbjuweit wird das aber auch wissen, denn er selber ist doch Autor der Titelgeschichte in der gleichen Ausgabe des Spiegels: “Generation Merkel - unkritisch, ehrgeizig, unpolitisch”. Alle Zeit der Welt fürs Erstellen eines “Print”-Artikels zu haben nützt ja recht wenig, wenn niemand mehr die Zeit für wert erachtet, ihn zu lesen. Die maue finanzielle Lage im Sektor liegt weniger an einem zu geringen Angebot, sondern eher an der zu geringen Nachfrage. Daß Kurbjuweit auf exzellenten Journalismus steht, ist da schon was wert… ein Leser mehr für solche Texte (hoffentlich zahlend und nicht nur als online-freebies)!
Es ist mir schleierhaft, woher dieser nicht tot zu kriegende Mythos stammt, Qualität könne sich nur in gedruckter Form niederschlagen. Inhalt ist Inhalt und das Medium ist das Medium. Andersrum: Inhalt ist das Transportgut, das Medium ist das Transportmittel. Beurteilt man im Güterverkehr die Qualität des Transportguts anhand des Transportmittels? Was per Bahn kommt ist qualitativ hochstehender als das, was per LKW angeliefert wird? Natürlich nicht, das wäre vollkommen absurd. Ich erinnere mich immer wieder mit Grauen an die vollmundige Aussage des Schweizer Verlegers Michael Ringier: “Wir brauchen Edelmetall, den Schrott gibt es im Internet”. Wohlgemerkt, der Ringier Verlag publiziert Perlen wie Blick, Schweizer Illustrierte oder Glückspost. Wie weit diese Erzeugnisse das Prädikat ‘Qualitätsjournalismus’ verdienen, sei dem einzelnen Betrachter überlassen. Ich für meinen Geschmack habe einen deutlich anderen Anspruch, was Qualität betrifft.
Ich lese seit Jahren nur noch online, da kriegt man von den Grabenkämpfen kaum was mit.
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